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PRAXIS HALTUNG<br />
FOTO: PRIVAT FOTO: PRIVAT FOTO: PRIVAT<br />
UNSERE<br />
EXPERTEN<br />
Dr. Stephan<br />
Hartmann<br />
leitet die Arbeitsgruppe<br />
„Züchtungsforschung<br />
bei Futterpflanzen<br />
und<br />
Pflanzenbausysteme im Futterbau“<br />
an der Bayerischen Landesanstalt<br />
für Landwirtschaft.<br />
Willi Pütter<br />
ist Produktmanager<br />
für Futterpflanzen<br />
bei der Deutschen<br />
Saatveredelung AG.<br />
Helge Bernotat<br />
ist Züchter und beschäftigt<br />
sich intensiv<br />
mit Fragen der<br />
Pferdefütterung.<br />
FOTO: TIERFOTOAGENTUR<br />
Sie ist so etwas wie ein Multifunktionsraum<br />
im Freien: die<br />
Pferdeweide, die gleich mehrere<br />
artspezifische Bedürfnisse zu<br />
befriedigen hat. Ausgiebige<br />
Bewegung an der frischen Luft soll sie<br />
ebenso ermöglichen wie Sozialkontakte<br />
zu Artgenossen, dem Lauftier Pferd<br />
ebenso gerecht werden wie dem Herdentier.<br />
Und, auch wenn es banal<br />
klingt: Eine noch wichtigere Aufgabe<br />
erfüllt sie als Ernährungsgrundlage,<br />
liefert sie doch mit ihren Gräsern und<br />
Kräutern scheinbar im Selbstläufermodus<br />
das Grundfutter. Mit der Betonung<br />
auf „scheinbar“. Denn von selbst läuft<br />
hier in Wirklichkeit gar nichts.<br />
Wer seine Pferde vernünftig ernähren<br />
will, sollte mehr als nur ein paar<br />
oberflächliche Gedanken an ihre Weide<br />
verschwenden – und sich vor Augen<br />
halten, dass sie teils deutlich höheren<br />
Anforderungen genügen muss als beispielsweise<br />
eine Rinder- oder Schafweide.<br />
Stichwort „Trittbelastung“: Während<br />
eine durchschnittliche Milchkuh<br />
beim Grasen rund zwei Kilometer pro<br />
Tag zurücklegt, bringen es Pferde locker<br />
auf 15 bis 20 Kilometer – Galoppaden,<br />
schnelle Stopps und abrupte Wendungen<br />
inklusive. Alleine schon ihre<br />
harten, obendrein oft beschlagenen<br />
Hufe ziehen die Weide deutlich in Mitleidenschaft.<br />
Und nicht nur das: Pferde<br />
verbeißen die Gräser auch tiefer als<br />
Rinder. Was fast zwangsläufig zu der<br />
Frage führt: Welche Gräser halten diesen<br />
Strapazen stand? Und welche eignen<br />
sich von den Nähr- und Inhaltsstoffen<br />
her für Pferde?<br />
Gras im Wettbewerb<br />
Grundsätzlich unterscheidet man<br />
zwischen Ober- und Untergräsern. Erstere<br />
wachsen höher, haben nur wenige<br />
Bodenblätter, dafür aber zahlreiche Blütenhalme<br />
und blätterreiche Sprossachsen.<br />
Wiesenschwingel und Wiesenlieschgras,<br />
aber auch Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz,<br />
Aufrechte Trespe<br />
und Glatthafer fallen unter anderem in<br />
diese Kategorie. Untergräser sind dagegen<br />
eher niedrig wachsende, halmartige<br />
und feinblättrige Kandidaten. Typische<br />
Vertreter sind neben dem Deutschen<br />
Weidelgras zum Beispiel Rotschwingel,<br />
Wiesenrispe und Rotes<br />
Straußgras. Ihr Vorteil: Dank ihrer Wurzelausläufer<br />
und unterirdischen Sprossachsensystemen<br />
halten Untergräser<br />
den Boden zusammen und verleihen<br />
ihm mehr Festigkeit.<br />
Eine zweigeteilte Welt also, die Dr.<br />
Stephan Hartmann, Leiter der Arbeitsgruppe<br />
„Züchtungsforschung bei Futterpflanzen<br />
und Pflanzenbausysteme<br />
im Futterbau“ an der Bayerischen Landesanstalt<br />
für Landwirtschaft, folgendermaßen<br />
beschreibt: „Auf der Wiese<br />
herrscht ein permanenter Verdrängungswettkampf<br />
unter den Arten, der je<br />
nachdem, welche Einflussfaktoren gegeben<br />
sind, die einen<br />
benachteiligt und<br />
Untergräser sind<br />
häufig kohlenhydrat-<br />
und proteinreicher<br />
als<br />
Obergräser, die<br />
dafür einen höheren<br />
Rohfasergehalt<br />
haben.<br />
die anderen begünstigt.“<br />
Während Oberdie<br />
Untergräser auf<br />
Schnittwiesen prinzipiell<br />
ins Hintertreffen<br />
geraten lassen,<br />
weil sie ihnen die<br />
Sonne wegnehmen,<br />
gewinnen auf Pferdeweiden<br />
meist die Untergräser<br />
die Oberhand.<br />
„Hier können<br />
Obergräser wegen<br />
des größeren Blattverlusts durch Verbiss<br />
ihren Vorteil weniger ausspielen“, erklärt<br />
Dr. Hartmann. „Dadurch bekommen<br />
die Untergräser mehr Licht, und<br />
die Konkurrenz verschiebt sich.“ Je<br />
mehr Pferde auf der begrenzten Fläche<br />
sind, desto stärker herrschen mit der<br />
Zeit die Untergräser vor.<br />
Während Pferdeweiden untergrasbetont<br />
sind, eignen sich Obergräser dank<br />
ihrer längeren Stängel besser für die<br />
Heugewinnung. Die Krux mit den Untergräsern:<br />
Sie sind häufig kohlenhydrat-<br />
und proteinreicher als die Obergräser,<br />
die im Gegenzug einen höheren<br />
Rohfasergehalt aufweisen. Vor allem<br />
eine hohe Kohlenhydrat- und damit<br />
Energiezufuhr ist in der Pferdeernährung<br />
aber mit Vorsicht zu genießen,<br />
führt sie doch häufig zu Übergewicht<br />
und begünstigt damit vom Sommerekzem<br />
bis zur Hufrehe gleich eine ganze<br />
Reihe von Erkrankungen.<br />
Ein erschreckend weit verbreitetes<br />
Problem, wie der niedersächsische ><br />
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REITER REVUE INTERNATIONAL 3/<strong>2017</strong> 67