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ReiterRevue-03-2017

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PRAXIS HALTUNG<br />

FOTO: PRIVAT FOTO: PRIVAT FOTO: PRIVAT<br />

UNSERE<br />

EXPERTEN<br />

Dr. Stephan<br />

Hartmann<br />

leitet die Arbeitsgruppe<br />

„Züchtungsforschung<br />

bei Futterpflanzen<br />

und<br />

Pflanzenbausysteme im Futterbau“<br />

an der Bayerischen Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft.<br />

Willi Pütter<br />

ist Produktmanager<br />

für Futterpflanzen<br />

bei der Deutschen<br />

Saatveredelung AG.<br />

Helge Bernotat<br />

ist Züchter und beschäftigt<br />

sich intensiv<br />

mit Fragen der<br />

Pferdefütterung.<br />

FOTO: TIERFOTOAGENTUR<br />

Sie ist so etwas wie ein Multifunktionsraum<br />

im Freien: die<br />

Pferdeweide, die gleich mehrere<br />

artspezifische Bedürfnisse zu<br />

befriedigen hat. Ausgiebige<br />

Bewegung an der frischen Luft soll sie<br />

ebenso ermöglichen wie Sozialkontakte<br />

zu Artgenossen, dem Lauftier Pferd<br />

ebenso gerecht werden wie dem Herdentier.<br />

Und, auch wenn es banal<br />

klingt: Eine noch wichtigere Aufgabe<br />

erfüllt sie als Ernährungsgrundlage,<br />

liefert sie doch mit ihren Gräsern und<br />

Kräutern scheinbar im Selbstläufermodus<br />

das Grundfutter. Mit der Betonung<br />

auf „scheinbar“. Denn von selbst läuft<br />

hier in Wirklichkeit gar nichts.<br />

Wer seine Pferde vernünftig ernähren<br />

will, sollte mehr als nur ein paar<br />

oberflächliche Gedanken an ihre Weide<br />

verschwenden – und sich vor Augen<br />

halten, dass sie teils deutlich höheren<br />

Anforderungen genügen muss als beispielsweise<br />

eine Rinder- oder Schafweide.<br />

Stichwort „Trittbelastung“: Während<br />

eine durchschnittliche Milchkuh<br />

beim Grasen rund zwei Kilometer pro<br />

Tag zurücklegt, bringen es Pferde locker<br />

auf 15 bis 20 Kilometer – Galoppaden,<br />

schnelle Stopps und abrupte Wendungen<br />

inklusive. Alleine schon ihre<br />

harten, obendrein oft beschlagenen<br />

Hufe ziehen die Weide deutlich in Mitleidenschaft.<br />

Und nicht nur das: Pferde<br />

verbeißen die Gräser auch tiefer als<br />

Rinder. Was fast zwangsläufig zu der<br />

Frage führt: Welche Gräser halten diesen<br />

Strapazen stand? Und welche eignen<br />

sich von den Nähr- und Inhaltsstoffen<br />

her für Pferde?<br />

Gras im Wettbewerb<br />

Grundsätzlich unterscheidet man<br />

zwischen Ober- und Untergräsern. Erstere<br />

wachsen höher, haben nur wenige<br />

Bodenblätter, dafür aber zahlreiche Blütenhalme<br />

und blätterreiche Sprossachsen.<br />

Wiesenschwingel und Wiesenlieschgras,<br />

aber auch Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz,<br />

Aufrechte Trespe<br />

und Glatthafer fallen unter anderem in<br />

diese Kategorie. Untergräser sind dagegen<br />

eher niedrig wachsende, halmartige<br />

und feinblättrige Kandidaten. Typische<br />

Vertreter sind neben dem Deutschen<br />

Weidelgras zum Beispiel Rotschwingel,<br />

Wiesenrispe und Rotes<br />

Straußgras. Ihr Vorteil: Dank ihrer Wurzelausläufer<br />

und unterirdischen Sprossachsensystemen<br />

halten Untergräser<br />

den Boden zusammen und verleihen<br />

ihm mehr Festigkeit.<br />

Eine zweigeteilte Welt also, die Dr.<br />

Stephan Hartmann, Leiter der Arbeitsgruppe<br />

„Züchtungsforschung bei Futterpflanzen<br />

und Pflanzenbausysteme<br />

im Futterbau“ an der Bayerischen Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft, folgendermaßen<br />

beschreibt: „Auf der Wiese<br />

herrscht ein permanenter Verdrängungswettkampf<br />

unter den Arten, der je<br />

nachdem, welche Einflussfaktoren gegeben<br />

sind, die einen<br />

benachteiligt und<br />

Untergräser sind<br />

häufig kohlenhydrat-<br />

und proteinreicher<br />

als<br />

Obergräser, die<br />

dafür einen höheren<br />

Rohfasergehalt<br />

haben.<br />

die anderen begünstigt.“<br />

Während Oberdie<br />

Untergräser auf<br />

Schnittwiesen prinzipiell<br />

ins Hintertreffen<br />

geraten lassen,<br />

weil sie ihnen die<br />

Sonne wegnehmen,<br />

gewinnen auf Pferdeweiden<br />

meist die Untergräser<br />

die Oberhand.<br />

„Hier können<br />

Obergräser wegen<br />

des größeren Blattverlusts durch Verbiss<br />

ihren Vorteil weniger ausspielen“, erklärt<br />

Dr. Hartmann. „Dadurch bekommen<br />

die Untergräser mehr Licht, und<br />

die Konkurrenz verschiebt sich.“ Je<br />

mehr Pferde auf der begrenzten Fläche<br />

sind, desto stärker herrschen mit der<br />

Zeit die Untergräser vor.<br />

Während Pferdeweiden untergrasbetont<br />

sind, eignen sich Obergräser dank<br />

ihrer längeren Stängel besser für die<br />

Heugewinnung. Die Krux mit den Untergräsern:<br />

Sie sind häufig kohlenhydrat-<br />

und proteinreicher als die Obergräser,<br />

die im Gegenzug einen höheren<br />

Rohfasergehalt aufweisen. Vor allem<br />

eine hohe Kohlenhydrat- und damit<br />

Energiezufuhr ist in der Pferdeernährung<br />

aber mit Vorsicht zu genießen,<br />

führt sie doch häufig zu Übergewicht<br />

und begünstigt damit vom Sommerekzem<br />

bis zur Hufrehe gleich eine ganze<br />

Reihe von Erkrankungen.<br />

Ein erschreckend weit verbreitetes<br />

Problem, wie der niedersächsische ><br />

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REITER REVUE INTERNATIONAL 3/<strong>2017</strong> 67

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