DENKEN/HANDELN SIGNAL Reiten ist ein Wechselspiel von Senden und Empfangen von Signalen zwischen Reiter und Pferd. DENKEN/HANDELN
THEMA DES MONATS Die Reaktionsfähigkeit im Sattel verbessern So werden Sie zum Hellseher Vorausschauend reiten, gezielte Hilfen geben, dem Pferd immer einen Gedankengang voraus sein. Die wichtigste und gleichzeitig höchste Anforderung an den Reiter. Was dahinter steckt und wie es jeder lernen kann. TEXTE: SABINE GREGG, JANA JOECKEL, SARAH SCHNIEDER FOTO: RRI-ARCHIV FOTO: FN-ARCHIV UNSERE EXPERTEN Eckart Meyners Der Bewegungstrainer und Buchautor lebt in Lüneburg. Seit Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der Bewegungslehre beim Reiten. Lena-Marie Koch Die Sportwissenschaftlerin arbeitet beim Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei in der Abteilung Spitzensport und ist dort unter anderem für die sportpsychologische Beratung der Nachwuchsreiter zuständig. FOTO: WWW.ARND.NL Können Reiter Gedanken lesen? Reitlehrer scheinen diese Erwartung zu haben, wenn sie ihren Schülern sagen: „Ihr müsst schneller reagieren und ahnen, was eure Pferde machen werden.“ Niederschmetternd für jeden, der davon überzeugt ist, dass er definitiv keine magischen Fähigkeiten besitzt. Aber Kopf hoch, denn Magie beruht am Ende auf rationalem Wissen und perfekt abgestimmten Handlungen. Das kann jeder lernen. Hinter allem steckt der Begriff „Reaktionsschnelligkeit“. Beim Reiten handelt es sich nicht um ein eintöniges Frage-Antwort-Spiel, bei dem das Pferd brav mit seiner Ausführung wartet, bis der Reiter eine klare Anforderung definiert hat. Vielmehr ist es ein gegenseitiges Empfangen und Verwerten von Signalen. Wie genau ein Reiter die Signale seines Pferdes verstehen und interpretieren kann, ist sowohl von seinem Ausbildungsstand als auch von seiner Erfahrung mit dem jeweiligen Pferd abhängig. „Viele Reiter neigen dazu, zu passiv zu agieren“, sagt Sportwissenschaftlerin Lena-Marie Koch vom Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf. „Beispielsweise warten noch unerfahrene Reiter häufig einfach ab, wenn sie bereits erahnen, dass sich ihr Pferd in einer Ecke der Reithalle festguckt und erschrickt. Bis die Situation eintritt.“ Erst dann reagieren sie. Zu spät. Bei fortgeschrittenen Reitern sind es oft kleinere Störungen wie Anlehnungsprobleme oder Taktverluste, die aufgrund von mangelnder Aktivität entstehen und vermeidbar wären, wenn das Timing der Hilfe stimmen würde. Der Mensch reagiert auf Reize aber unterschiedlich schnell. „Auf einen Tastreiz folgt die schnellste Reaktion. Da braucht er nur 100 Millisekunden. Für einen optischen Reiz hingegen doppelt so lange“, erklärt Dr. Heinz Kleinöder vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule. Je unterbewusster ein Reiter eine Handlung ausführt, desto schneller kann er sie einsetzen. Mit Reaktionsschnelligkeit ist keine schnelle, abrupte Bewegung gemeint, sondern die Fähigkeit, im richtigen Moment überlegt zu reagieren. „Das Pferd braucht vor allem verständliche Hilfen“, macht Pferdewirtschaftsmeister Markus Scharmann deutlich. Bekommt es diese nicht oder sind … > FOTO: FN-ARCHIV FOTO: T. BECKER FOTO: PRIVAT Markus Scharmann Der Pferdewirtschaftsmeister und Diplomtrainer arbeitet in der Abteilung Ausbildung und Wissenschaft der FN. Wibke Hartmann- Stommel Die Dressurausbilderin ist bis zur schweren Klasse erfolgreich. Vor allem ist sie aber als Jungpferdereiterin bekannt. Da muss man manchmal schnell reagieren können. Dr. Heinz Kleinöder Der Leiter der Abteilung Kraftdiagnostik und Bewegungsforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln weiß, wie schnell welche Sportler handeln. Hier aktuelle Ausgabe bestellen REITER REVUE INTERNATIONAL 3/<strong>2017</strong> 21