22.02.2017 Aufrufe

ADAC Urlaub März-Ausgabe 2017, Baden-Württemberg

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ecuador Inspiration<br />

Hier ist alles wie im Zoo,<br />

nur dass die Tiere uns<br />

beobachten. Denn sie<br />

sind frei und wir gehen<br />

oder fahren immer auf<br />

vorgegebenen Routen“, sagt Daniel<br />

Sanchez, unser offizieller Nationalpark-Galápagos-Reiseführer.<br />

Ich bin<br />

auf St. Cristóbal gelandet, der östlichsten<br />

Insel des Vulkan-Archipels,<br />

und sitze auf dem Rand eines Panga,<br />

eines Schlauchboots. Wir setzen<br />

gerade zu unserem Katamaran über,<br />

als plötzlich ein schwarzer Punkt aus<br />

20 Metern Höhe senkrecht herabstürzt<br />

und neben mir ins Meer platscht.<br />

Kurz darauf taucht er wieder auf – ein<br />

Fregattvogel. Mit einem dicken Fisch<br />

im Schnabel fliegt er davon.<br />

Der Katamaran gehört zu einer<br />

der Flotten eines Tourenanbieters,<br />

mit dem sich das berühmte<br />

Pazifik-Archipel, das gut<br />

1000 Kilometer vor Ecuadors Küste<br />

liegt, von See aus erkunden lässt.<br />

Tagsüber besuchen wir eine Insel,<br />

nachts steuert das Boot die nächste<br />

an. So landen wir immer wieder<br />

in entlegenen Buchten, wo wir an<br />

Land auf ausgewiesenen Wegen<br />

der Fauna so nah wie möglich<br />

kommen – ohne sie zu stören. Denn<br />

die Regeln lauten: nie näher als<br />

zwei Meter an die Tiere heran, nie<br />

füttern und stets Rücksicht auf<br />

die Natur und ihre Bewohner nehmen.<br />

Ich bin beeindruckt von der<br />

gelebten Konsequenz.<br />

Die Galápagosinseln sind einzigartig<br />

– in ihrer Entstehung, ihrer<br />

Natur und ihrer Tierwelt. Letzterer<br />

ist es zu verdanken, dass die Inseln<br />

überhaupt so bekannt sind. Der britische<br />

Naturforscher Charles Darwin<br />

besuchte während seiner Fahrt mit<br />

der „HMS Beagle“ im Jahr 1835 die<br />

Inseln und stellte später aufgrund<br />

seiner Beobachtungen die bis heute<br />

gültige Theorie des sich anpassenden<br />

Lebens auf. Damals ein Gottesfrevel,<br />

heute Basiswissen eines Siebtklässlers.<br />

Ein Beleg für Darwins Evolutionstheorie<br />

waren die Vögel des<br />

Archipels, die sich auf den einzelnen<br />

Inseln durch Selektion offenbar unterschiedlich<br />

entwickelt hatten.<br />

Die Einzigartigkeit der kargen,<br />

zumeist unbewohnten Vulkaninseln<br />

gründet auf einem Zusammentreffen<br />

besonderer geologischer<br />

Gegebenheiten: der Plattentektonik<br />

vor Südamerika, einem Hotspot<br />

unter dem Archipel sowie den<br />

Blaufußtölpel<br />

sind entgegen ihres<br />

Namens sehr geschickte<br />

Flieger und Taucher<br />

Zeitlos<br />

geht es überall<br />

auf den<br />

Galápagosinseln<br />

zu. Hier<br />

entspannen<br />

Seelöwen<br />

am Strand in<br />

der Sonne<br />

Meeresströmungen von Norden wie<br />

von Süden.<br />

Erdkundeunterricht live<br />

Die Reisebeschreibungen des Naturforschers<br />

Alexander von Humboldt<br />

spielten eine entscheidende Rolle, dass<br />

Darwin überhaupt in diese fernen<br />

Gefilde reiste. Humboldt besuchte<br />

Ecuador bereits 1802 und entdeckte<br />

den nach ihm benannten Humboldt-<br />

Peru-Strom, der von Süden nährstoffreiches<br />

Wasser zu den Inseln schaufelt.<br />

Alles Maritime hier lebt davon.<br />

Als ich Schnorcheln gehe, staune ich<br />

über das mit vielen kleinen Elementen<br />

versetzte Meerwasser, das mit 17 Grad<br />

kälter ist als erwartet. Ich tauche ein<br />

in eine unglaublich artenreiche Fauna.<br />

Ein Seelöwe dreht vor mir Pirouetten,<br />

Pinguine sausen vorbei, majestätische<br />

Mantarochen scheinen im Ozean zu<br />

schweben. Und überall wimmelt es<br />

von bunten Korallenfischen. Höhepunkt<br />

ist aber die Begegnung mit<br />

einer Riesenschildkröte, die sich in<br />

einem Meter Tiefe treiben lässt, zum<br />

Snacken die Korallenriffe abknabbert,<br />

ab und zu an die Oberfläche aufsteigt,<br />

tief einatmet und dann wieder nach<br />

unten gleitet. Auf einmal sind es sogar<br />

drei Schildkröten. Mein Herz pocht,<br />

kein halber Meter trennt die uralten<br />

Tiere von mir. Leben wie im Zeitraffer,<br />

hier sehr entspannt.<br />

Entdeckung der Langsamkeit<br />

Gleiten ist überhaupt das Wort, das<br />

sich wie ein roter Faden durch die<br />

Inselstopps zieht, neben Faulenzen.<br />

So wie die Seelöwen es hier vorführen.<br />

Und es ist ansteckend. Allerdings<br />

muss man sich gut eincremen,<br />

die Sonne brennt am Äquator gnadenlos.<br />

Es mag bedeckt sein, aber es<br />

erwischt mich schon am ersten Tag,<br />

nicht mal Lichtschutzfaktor 50 hilft.<br />

Als die Spanier auf den Inseln landeten,<br />

fanden sie weder ihr erhofftes<br />

Gold noch sonst irgendetwas. Damit<br />

war dieser Ort für sie schon wieder<br />

wertlos. Und so waren es die Walfänger,<br />

die zwischen Esmeralda am<br />

Festland und den entlegenen Inseln<br />

fette Beute machten und ihre Schiffe<br />

hier in geschützten Buchten ankerten.<br />

Auf der Insel Floreana errichteten die<br />

Seeleute auch eine Art Poststelle. Wer<br />

das Holzfass in der Post Office Bay<br />

aufsuchte, leerte es und hinterließ<br />

selbst ein Schreiben, sollte er nicht<br />

von seiner weiten Reise zurückkehren.<br />

Falls doch, so hatte er die Aufgabe,<br />

das mitgenommene Schreiben<br />

selbst zuzustellen. Ich finde einen<br />

Brief aus der Nähe von Bielefeld und<br />

werde ihn nach meiner Rückkehr in<br />

Deutschland persönlich abliefern.<br />

Weiter geht es nach Baltra und<br />

Isabela. Insel um Insel legt unser<br />

Katamaran in der Nacht die mitunter<br />

großen Entfernungen zurück, tagsüber<br />

bewundern wir schnorchelnd<br />

die Unterwasserwelt. Einmal fährt<br />

uns dabei der Schreck in die Glieder:<br />

Keine 400 Meter vom Boot pflügt<br />

ein Hai durchs Wasser, zieht dann<br />

aber zum Glück von dannen. Einen<br />

aktiven Vulkan bestaunen wir auf<br />

Fernandina. Er meldet sich von Zeit<br />

zu Zeit. Alles ist möglich auf Galápagos.<br />

Hier regiert die Natur und<br />

wir sind faszinierte Besucher.<br />

Roadtrip ins Herz Ecuadors<br />

Zurück auf dem Festland erkunde ich<br />

die reiche Natur Ecuadors auf einem<br />

Roadtrip mit dem Auto. Von der Küstenstadt<br />

Guayaquil geht es zunächst<br />

in die Anden nach Cuenca und dann<br />

die legendäre Panamericana hoch<br />

bis in die Hauptstadt Quito. So wie<br />

Experten-Tipp<br />

Carolin Nultsch aus dem <strong>ADAC</strong> Reisebüro in Worms<br />

über sehenswerte Relikte der Inka-Kultur in Ecuador<br />

Vor den Spaniern herrschten die Inka in Südamerika. Ihr<br />

mächtiges Reich expandierte zwischen 1438 bis 1527 von<br />

Kolumbien bis nach Argentinien. Die Ausgrabungsstätte<br />

Ingapirca zeigt eine Siedlung der Inka, die auf einer Kultstätte<br />

des Kañari-Volkes erbaut wurde. Sie zählt zu den<br />

bedeutendsten Relikten der Inka-Kultur in Ecuador und<br />

liegt eineinhalb Stunden nördlich von Cuenca. Die Ausgrabungen<br />

präsentieren die über 800 Jahre alten runden<br />

Grundrisse der Kañari, daneben die eckigen Gebäude und<br />

Tempel der Inka. Auf der Sonnenuhr erkennt man das<br />

fortschrittliche Wissen der Inka: Sonnenwendetage wie<br />

der 21. Juni wurden exakt bestimmt.<br />

<strong>ADAC</strong> Reiseinfos zu Ecuador:<br />

bit.ly/2jAZDxL<br />

Video „Galápagos und die Entdecker“:<br />

bit.ly/2jODjxY<br />

Alexander<br />

von Humboldt<br />

bereiste<br />

Ecuador bereits<br />

1802 und<br />

bestieg den<br />

6310 Meter<br />

hohen Chimborazo<br />

bis<br />

auf die letzten<br />

700 Meter<br />

Vergoldetes<br />

Kolonialerbe<br />

wie in der<br />

komplett mit<br />

Blattgold ausgeschmückten<br />

Kirche Compañía<br />

de Jesús<br />

in Quito<br />

Seite<br />

scannen,<br />

mehr<br />

erfahren<br />

Alexander von Humboldt durchquere<br />

ich auf der Reise, die in Höhen von bis<br />

zu 4600 Metern führt, sämtliche Vegetationszonen.<br />

Anfangs ziehen Laubbäume<br />

vorbei, dann Nadelwälder, und<br />

hoch oben bedeckt nur noch ein endloser<br />

Teppich aus Gräsern die unwirtliche<br />

Landschaft. Unter einer grauen<br />

Wolkendecke steuere ich durch den<br />

zauberhaften Nationalpark Cajas. Die<br />

Hochlandregion ist übersät mit Seen,<br />

zahlreiche Flüsse entspringen hier,<br />

die im Westen in den Pazifik münden<br />

und im Osten in den Amazonas.<br />

Ecuador erscheint mir überhaupt wie<br />

ein einziger Nationalpark, wohin man<br />

guckt, überall faszinierende Natur.<br />

Die Straße schlängelt sich steil auf<br />

3000 Meter Höhe, als unvermittelt<br />

Lamas stoisch auf dem Asphalt stehen.<br />

Oder sind es Vicuñas, eine verwandte<br />

Art? Nach einer Weile geht es<br />

bergab nach Cuenca. Die Stadt liegt in<br />

einem sattgrünen Hochlandbecken,<br />

man wähnt sich fast in Österreich.<br />

Und sie beheimatet wundervolle Kirchen<br />

und Museen. In der kolonialen<br />

Altstadt tauche ich ein in Ecuadors<br />

Geschichte. Über zehn Ethnien leben<br />

in dem Land, das vom Meer (Costa)<br />

über das Hochland (Sierra) bis in den<br />

Dschungel (Amazonas) reicht, erklärt<br />

der Guide im Museo Pumapungo. Sie<br />

alle eint, dass sie von den Inka im<br />

15. Jahrhundert unterworfen wurden.<br />

Ihr mächtiges Reich erstreckte sich<br />

auf über 4200 Kilometer von Kolumbien<br />

im Norden bis nach Argentinien<br />

im Süden und brachte Organisation<br />

und die Anbetung der Sonnengötter.<br />

Doch selbst die Inka hatten dem<br />

Ansturm und der Gier der spanischen<br />

Konquistadoren um 1532 nichts entgegenzusetzen.<br />

Die Eroberer fanden<br />

zwar kein Gold, doch sie festigten ihre<br />

Macht und gründeten ihre Provinzen<br />

in den Städten der Inka.<br />

Im Museo de Sombrero überrascht<br />

mich, dass der berühmte Panama-<br />

Hut gar nicht aus Panama stammt,<br />

sondern aus Ecuador. Er wird aus<br />

Toquillastroh gefertigt, einer tropischen<br />

Palme, deren Blätter gekocht,<br />

getrocknet und geschnürt den bekannten<br />

Hut ergeben. Weil die Kopfbedeckungen<br />

über den Panamakanal<br />

nach Europa gelangten, wurden sie<br />

fälschlicherweise nach dem Umschlaghafen<br />

Panama benannt.<br />

Nördlich von Cuenca lohnt ein<br />

Halt an den archäologisch einzigartigen<br />

Ingapirca-Ruinen (Expertentipp<br />

auf dieser Seite). Weiter geht<br />

es gen Norden auf der berühmten<br />

Panamericana, der E 35. Humboldt<br />

war in dieser Region einst mit Pferd<br />

und Esel unterwegs und beschrieb<br />

die Vegetation in seinem berümten<br />

Reisetagebuch. Ich halte an einem<br />

26 2/<strong>2017</strong> 2/<strong>2017</strong> 27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!