blick - OPUS - Universität Würzburg
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menschen<br />
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BLICK 03 - 007<br />
er gar nicht an. „Wir waren 130 Diplomer<br />
und nur zehn Lehrämtler. Weil<br />
damals die Stellenaussichten für Lehrer<br />
schlecht waren, habe ich mich auf das<br />
Diplom konzentriert“, sagt Trefzger.<br />
Trotzdem galt sein Interesse nicht nur<br />
der Physik. Auch Lehrveranstaltungen<br />
in Germanistik hat er besucht, „denn<br />
gelesen habe ich schon immer sehr gerne.“<br />
Thomas Mann, Marcel Proust und<br />
Arno Schmidt nennt er als einige seiner<br />
Lieblingsautoren.<br />
Eigene Experimente zur<br />
Teilchenpysik entwickelt<br />
Eindeutig spannender aber sind für<br />
Trefzger die Großforschungseinrichtungen<br />
der Physik, die Teilchenbeschleuniger.<br />
Seit der Diplomarbeit hat<br />
er immer wieder in solchen Institutionen<br />
gearbeitet, am CERN in Genf,<br />
beim DESY in Hamburg, im Fermilab<br />
in den USA. „Das sind beeindruckende<br />
Anlagen, ringförmige Beschleuniger<br />
mit einem Umfang von 27 Kilometern,<br />
100 Meter tief unter der Erde gebaut,<br />
damit sie von der kosmischen Strahlung<br />
abgeschirmt sind“, schwärmt der<br />
Professor etwa über den Beschleuniger<br />
am CERN. Seine Freude an dieser<br />
Forschung teilen allerdings nicht alle<br />
Studierenden. „Es ist schwer, die Studenten<br />
dafür zu begeistern, weil Projekte<br />
wie Atlas eine sehr lange Anlaufzeit<br />
haben“, erklärt er. Zu lange Jahre,<br />
in denen nur vorbereitet und gebaut,<br />
nicht aber gemessen und experimentiert<br />
wird. Trotzdem kann Trefzger<br />
sich vorstellen, dass seine Arbeit für die<br />
<strong>Würzburg</strong>er Studierenden interessant<br />
ist. Zum Einen soll das Atlas-Experiment<br />
Mitte 2008 starten. Zum Anderen<br />
sei die Teilchenphysik an der Uni nun<br />
erstmals auch mit einem experimentellen<br />
Lehrstuhl vertreten. Das ist neu und<br />
könnte darum so manchen Studenten<br />
reizen, seine Diplom- oder Doktorarbeit<br />
bei Trefzger zu machen.<br />
Aber wo bleiben bei all dieser Forschung<br />
die Didaktik und die Lehramtsstudierenden?<br />
Die werden bestimmt nicht zu<br />
kurz kommen, denn den Großteil seiner<br />
Arbeitszeit hat der neue Professor für<br />
die angehenden Physiklehrer reserviert.<br />
Seine anfangs reine Forscherlaufbahn<br />
erweiterte er mit seinem Wechsel von<br />
München nach Mainz – dort übernahm<br />
er die Ausbildung der Lehrämtler. Im<br />
vergangenen Sommer hatte er in Mainz<br />
noch acht Staatsexamensarbeiten zu<br />
betreuen. Bei einer ging es darum, für<br />
die zehnte Klasse ein Schülerlabor<br />
zum Thema „Physik und Musik“ zu<br />
entwickeln. „Das Arbeitsprogramm<br />
sah so aus, dass der Student ein Labor<br />
mit Experimenten aufbaute, dann eine<br />
Schulklasse einlud, sie vor Ort betreute<br />
und so direkt Rückmeldungen darüber<br />
bekam, ob die Versuche verständlich<br />
und gut sind“, erklärt Trefzger. Solche<br />
Schülerlabors für die Mittel- und Oberstufe<br />
sollen künftig auch die <strong>Würzburg</strong>er<br />
Lehramtskandidaten kreieren.<br />
Weil es für den Schulunterricht keine<br />
Experimente zur Teilchenphysik gab,<br />
hat der Professor eines gebaut, und<br />
zwar mit seinem Staatsexamenskandidaten<br />
Matthias Fuidl. Die Versuchsanordnung<br />
schlägt gleich vier Fliegen mit<br />
einer Klappe. Sie gibt nicht nur Ein<strong>blick</strong><br />
in die Teilchenphysik, sondern auch<br />
gleich noch in die Relativitätstheorie,<br />
den Cherenkov-Effekt und die Statistik.<br />
Wie sie aussieht? Eine mit Wasser gefüllte,<br />
innen verspiegelte Thermoskanne,<br />
daraufgesetzt ein Photo-Multiplier<br />
und eine selbst gebaute Impulswandler-Elektronik:<br />
Damit lassen sich Elementarteilchen<br />
namens Myonen und<br />
deren Lebensdauer nachweisen. Dank<br />
einer Geldspritze aus dem Bundesforschungsministerium<br />
konnte die Idee<br />
in Serienfertigung gehen: Bislang hat<br />
Trefzger rund 70 Experimentiersätze<br />
an Schulen und <strong>Universität</strong>en ausgeliefert<br />
– die Kunden sitzen in Deutsch-<br />
Zur Person<br />
Thomas Trefzger, 1966 in Wehr<br />
in Baden geboren, ist verheiratet<br />
und hat vier Kinder. Nach dem<br />
Abitur in Schopfheim studierte<br />
er an der Uni Freiburg Physik auf<br />
Diplom und Lehramt (Mathematik,<br />
Physik, Germanistik). Diplom<br />
in Physik 1992, Promotion 1996,<br />
ebenfalls in Freiburg. Danach<br />
ging er als wissenschaftlicher<br />
Assistent an die Uni München,<br />
wo er sich habilitierte. Ende<br />
2001 Wechsel an die Uni Mainz,<br />
wo er bis zu seiner Berufung<br />
nach <strong>Würzburg</strong> tätig war. Hier<br />
hat er die Nachfolge von Dieter<br />
Heuer angetreten. Kontakt: Telefon<br />
(0931) 888-5786, l-didaktik@physik.uni-wuerzburg.de<br />
land, Holland, Italien und den USA.<br />
Mit Schülerlabors und Schulexperimenten<br />
lässt es der Physiker aber nicht<br />
bewenden. Wenn er schon allgemein<br />
verständliche Physik-Experimente erarbeitet<br />
hat – warum sollte er die dann<br />
nicht gleich für Jedermann zugänglich<br />
machen? Erste Schritte in diese Richtung<br />
tat Trefzger schon in seiner Zeit<br />
an der Uni München, wo er bei „Tagen<br />
der offenen Tür“ physikalische Experimente<br />
für die Öffentlichkeit aufbaute.<br />
Physik auf dem Markt<br />
mit Gemüse unterm Arm<br />
In Mainz nahm er dann weiter Fahrt<br />
auf: Er bot Fortbildungen für Lehrer<br />
an, trug bei der Kinder-Uni vor, entwickelte<br />
für den Wissenschaftsmarkt<br />
immer neue Experimente, um die Physik<br />
für ein Laien-Publikum interessant<br />
darzustellen. Auf dem Wissenschaftsmarkt<br />
stellt sich die Uni Mainz seit 2002<br />
jedes Jahr den Bürgern vor. Es gibt dafür<br />
vier große Zelte in der Innenstadt,<br />
gleich neben dem Wochenmarkt. „Das<br />
ist toll dort, da kommen die Leute mit<br />
ihren Gemüseeinkäufen unterm Arm<br />
in die Zelte spaziert und schauen sich<br />
die Stände an“, sagt Trefzger.<br />
In Mainz organisierte der Wissenschaftler<br />
mit einem Kollegen auch die<br />
Vortragsreihe „Physik am Samstagmorgen“.<br />
Klar, dass er für das <strong>Würzburg</strong>er<br />
Pendant, die seit Jahren erfolgreich laufende<br />
Reihe „Physik am Samstag“, neue<br />
Ideen mitbringt. So plant er, die Vorträge<br />
in jedem Semester unter wechselnde<br />
Leitthemen zu stellen. Physik und<br />
Sport etwa, oder Physik und Biologie.<br />
Er denkt auch daran, unter den besonders<br />
eifrigen Teilnehmern zum Beispiel<br />
eine Reise zu verlosen, die dann – wie<br />
sollte es anders sein – etwa nach Genf<br />
ins CERN führen könnte.<br />
Und ihm schwebt für <strong>Würzburg</strong> noch<br />
mehr Neues vor: ein Science Center. Dabei<br />
denkt er an eine Art Wissenschaftsmuseum,<br />
mit physikalischen und naturwissenschaftlichen<br />
Exponaten und<br />
Experimenten für Jung und Alt. Auch<br />
andere Fachbereiche sollen sich dort<br />
präsentieren können. Mathematiker<br />
und Biologen haben ihm schon signalisiert,<br />
dass sie mitmachen würden.<br />
Nicht zuletzt könnte das Science Center<br />
auch immer wieder Spezialthemen<br />
aufgreifen, etwa wenn bundesweite<br />
Sonderaktionen anstehen wie 2005 das<br />
Einstein-Jahr. Robert Emmerich