11.12.2012 Aufrufe

blick - OPUS - Universität Würzburg

blick - OPUS - Universität Würzburg

blick - OPUS - Universität Würzburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

erhob.<br />

Ab 1831 wohnte Martin von Wagner<br />

als Custode in der 1825 von Ludwig<br />

für seine Rom-Aufenthalte erworbenen<br />

„Villa Malta“. Hier besuchte ihn auch<br />

Paul Heyse und fand ihn, wie er in seinen<br />

Jugenderinnerungen und Bekenntnissen<br />

schreibt:<br />

„inmitten einer so greulichen genialen Wüstenei,<br />

wie sie mir noch nie vorgekommen war.<br />

Auf Tischen und Stühlen lagen große Blätter<br />

mit künstlerischen Entwürfen chaotisch übereinandergeschichtet,<br />

Teller mit Speiseresten,<br />

leere Weinflaschen, Kleidungsstücke und alte<br />

Schuhe, dazwischen ein wertvolles Gemälde<br />

aus der Kölnischen Schule, das er bei einem<br />

Trödler gekauft, alles mit einer dicken Schicht<br />

grauen Staubes friedlich eingehüllt. Zwischen<br />

diesen Herrlichkeiten führte er mich mürrisch<br />

herum und klagte mir seine Not: König Max<br />

habe seinen Besuch in Rom angekündigt und<br />

werde natürlich bei ihm absteigen. Er werde<br />

Mühe haben, hier alles „elegant“ zu machen<br />

…“<br />

Kein Wunder, dass der Künstler überhaupt<br />

nicht erbaut war, als König<br />

Ludwig ihn 1841 zum Zentralgaleriedirektor<br />

der Münchner Pinakothek ernannte.<br />

Wagner reichte umgehend sein<br />

Rücktrittsgesuch von diesem Posten<br />

ein – was ihm der König übrigens nicht<br />

verübelte; offensichtlich war ihm bewusst,<br />

dass ihm seine „graue Eminenz<br />

in Kunstfragen“ mit ihrem sicheren<br />

Gespür für Qualität in Rom weit mehr<br />

von Nutzen sein konnte.<br />

Insgesamt fast vier Jahrzehnte, bis<br />

1848, übte Martin von Wagner diese<br />

Funktion aus, wobei er den König unter<br />

anderem beim Aufbau der Münchner<br />

Glyptothek ebenso wie bei der<br />

Zusammenstellung einer Sammlung<br />

griechischer Vasen beriet.<br />

Aber auch wenn ihn zeit seines Lebens<br />

offensichtlich nichts nach <strong>Würzburg</strong><br />

zurückzog, so bedeutete dies keineswegs,<br />

dass Martin von Wagner seiner<br />

Heimat nicht verbunden gewesen wäre.<br />

Im Gegenteil, der bei seinen Zeitgenossen<br />

wegen seiner schroffen und bisweilen<br />

alles andere als diplomatischen<br />

Wesensart nicht immer geschätzte<br />

„mürrisch dreinsehende alte Heide“,<br />

der nach außen hin auf manche einen<br />

chaotischen Eindruck machte, traf bereits<br />

lange Jahre vor seinem Tod Vorkehrungen,<br />

die einen ganz anderen<br />

Zug seines Wesens offenbarten – und<br />

BLICK 03 - 007<br />

C.G. Küchler: Bildnis von Martin von Wagner, 1836. (Quelle Martin von Wagner-Museum)<br />

die sich für seine Geburtsstadt und ihre<br />

<strong>Universität</strong> als ausgesprochen segensreich<br />

erweisen sollten:<br />

„Alles nämlich, was ich an Gemälden, Kupferstichen<br />

und Handzeichnungen besitze“,<br />

schrieb er an einen Freund namens<br />

Rüttimann, „bin ich gesonnen, meiner Vaterstadt<br />

unentgeltlich zu überlassen. Die Empfänger<br />

hätten höchstens die Transportkosten<br />

zu bezahlen. Und sollte wider Vermuten auch<br />

dieses beschwerlich fallen, so würde ich nötigenfalls<br />

auch dafür Rat schaffen, was ich zwar<br />

nicht hoffe. Dass es Dich befremdet, dass ich<br />

schon an meinen letzten Willen denke, ist mir<br />

gewissermaßen auffallend gewesen. Ich fühle<br />

zwar keinen Drang in mir, das Zeitliche zu<br />

verlassen, um es mit dem Ewigen zu vertauschen,<br />

denn ich bin der Meinung, es sei immer<br />

noch besser ein Ei in der Hand als eine Henne<br />

auf dem Dache. Da es aber einmal ein organischer<br />

Fehler des Menschengeschlechtes ist,<br />

zu sterben und niemand seiner Stunde gewiss<br />

ist, so halte ich dafür, dass es ratsamer sei,<br />

bei Zeiten daran zu denken, wo man noch<br />

bei guter Ueberlegung ist, als in seinen letzten<br />

schwachen Stunden.“<br />

Dank dieser „guten Ueberlegung“ und<br />

einer offiziellen Schenkung, die Martin<br />

von Wagner am 7. Dezember 1857 in<br />

Rom unterzeichnete, ging seine reichhaltige<br />

private Sammlung an Gemälden,<br />

Druckgraphiken und Skulpturen<br />

ebenso wie ein großer Teil seines Ver-<br />

mögens an das 1832 gegründete sogenannte<br />

„Ästhetische Attribut“ der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Würzburg</strong>. Dieses führte<br />

zur Einrichtung des Martin-von-Wagner-Museums,<br />

das sich inzwischen mit<br />

seiner Antikensammlung, seiner Gemäldegalerie<br />

und seiner Graphischen<br />

Sammlung nicht nur zu einer der größten<br />

und bedeutendsten universitären<br />

Kunstsammlungen weltweit, sondern<br />

auch zu einer Forschungseinrichtung<br />

hohen Ranges entwickelt hat.<br />

Am 4. Dezember feiert das Museum<br />

das 150-jährige Jubiläum dieser Schenkung<br />

mit einem Festakt in der Neubaukirche.<br />

Dieser bildet den Auftakt zu der<br />

Jubiläumsausstellung „Johann Martin<br />

von Wagner – Kunstmäzen der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Würzburg</strong>“, mit der das Museum<br />

den Mann ehrt, dem es weit mehr als<br />

nur den Namen verdankt. Da die Ausstellung<br />

auf den neuesten Forschungen<br />

zu dem Künstler und Menschen Martin<br />

von Wagner basiert, kann man sicher<br />

sein, dass wir diesen dann unter einem<br />

nochmals ganz anderen Blickwinkel<br />

kennen lernen werden.<br />

Und die Moral von der Geschicht’:<br />

Fäll Urteil nach dem Äußern nicht.<br />

Mag Propertät uns auch ergetzen,<br />

Weit mehr ist Großmut noch zu schätzen.<br />

Emmett Ka<br />

campus<br />

6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!