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Gott liebt –<br />
den aufrechten Gang<br />
Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass kritische Menschen in der Begegnung<br />
mit Kirche und dem christlichen Glauben den Eindruck gewinnen, der Glaube verlange<br />
Unterwürfigkeit und das Einbekenntnis, dass man eigentlich nichts wert sei.<br />
Sie erleben Glaube und Kirche als bevormundend:<br />
Die Kirche schreibt ihnen vor, was sie zu tun haben,<br />
sie übt Macht über sie aus. Sie stellt für sie<br />
ein Ärgernis dar und macht den Glauben deshalb<br />
unattraktiv.<br />
Niemand lässt sich gerne zum Knecht machen.<br />
Niemand lässt sich gerne vorschreiben, was er<br />
in seinem Privatleben zu tun und zu lassen hat.<br />
Niemand hört gerne, dass er klein, sündig und unwürdig<br />
ist. Zu recht, wie ich meine. Das sage ich<br />
als einer, der seit vielen Jahrzehnten in der katholischen<br />
Kirche beheimatet ist. Ich bin nämlich der<br />
Überzeugung, dass Gott den „aufrechten Gang“<br />
liebt und mit den Menschen auf Augenhöhe eine<br />
Beziehung leben möchte.<br />
Dass es der Kirche nicht immer ausreichend gelingt<br />
dies zu vermitteln, steht außer Streit. Doch<br />
der Inhalt des Evangeliums – und ganz besonders<br />
des Ostergeschehens – ist hier ganz klar: Es geht<br />
immer um Aufrichtung. Jesus begegnet Menschen<br />
und in dieser Begegnung werden Menschen heil<br />
und aufgerichtet. Das gilt für den Gelähmten auf<br />
der Bahre in gleicher Weise wie für die Sünderin,<br />
die Jesus mit ihren Tränen die Füße wäscht. Jesus<br />
ist der, der entgegen den Gepflogenheiten seiner<br />
Zeit den Aussätzigen, den Armen, den Kranken<br />
und anderen am Rand der Gesellschaft Stehenden<br />
Achtung und Respekt entgegenbringt und ihnen<br />
damit Würde gibt. Jesus verlangt von niemandem,<br />
dass sie/er zu seinen Füßen herumkriecht. Im Gegenteil,<br />
er selbst wäscht anderen die Füße, wie es<br />
uns am Gründonnerstag im Tagesevangelium erzählt<br />
wird, und gibt damit die Richtung vor. Und<br />
Gott erweckt diesen Jesus, dessen Leben man<br />
versucht hat am Kreuz auszulöschen, in der Auferstehung<br />
zu neuem Leben. Immer richtet Gott<br />
auf, immer ist Gott auf der Seite des Lebens und<br />
der Liebe.<br />
Wie sind dann Sätze wie: „Herr ich bin nicht<br />
würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber<br />
sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“<br />
einzuordnen? Vor jeder Kommunion wird dieser<br />
Satz gesprochen; er hat damit eine große Prägekraft.<br />
Will uns die Kirche damit bewusst machen,<br />
dass wir eigentlich nichts wert sind und wir froh<br />
sein können, dass Gott Gnade vor Recht ergehen<br />
lässt? Mit Sicherheit nicht! Der Satz lautet ja<br />
nicht: „Du bist nicht würdig…“, sondern: „Ich bin<br />
nicht würdig...“. Es ist also keine Aussage eines<br />
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