... der steirer land ... Ausgabe 4/2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
04017<br />
9 190001 016276<br />
43. <strong>Ausgabe</strong> Nr. 04/ <strong>2017</strong> I EUR 5,00<br />
5 JEDER MENSCH HAT SEINE ZEIT 5<br />
„s’ kloani<br />
Vaterunser“ Seite 5<br />
Meine<br />
Zieheltern<br />
lSeite 15<br />
Bitten &<br />
Oh-beten<br />
lSeite 47<br />
Die Kraft<br />
des Wortes<br />
lSeite 57
Sehr geehrte<br />
Leserinnen und Leser<br />
von ...<strong>der</strong> <strong>steirer</strong> <strong>land</strong>...,<br />
es ist vollbracht: 10 Jahre „Steirer<strong>land</strong>“<br />
liegen hinter mir und<br />
mit VERGISSmeinNICHT 2 ist<br />
auch das 10. Buch geschrieben.<br />
In Summe sind es Hun<strong>der</strong>te von Menschen und mittlerweile<br />
weit über 1.000 Geschichten, die Erinnerungen aus<br />
<strong>der</strong> Vergangenheit bewahren. Jetzt kommt Weihnachten,<br />
also die Zeit, in <strong>der</strong> wir wohl am stärksten mit Erinnerungen<br />
konfrontiert sind. Es ist aber auch jene Zeit, in<br />
<strong>der</strong> wir – gerade wegen unserer Erinnerungen – an mehr<br />
Ruhe, mehr Harmonie und mehr Bescheidenheit denken.<br />
Nur allzu oft bekomme ich zu hören, dass es heute nur<br />
mehr um Geschenke geht. Wie sollen unsere Kin<strong>der</strong> da<br />
noch den wahren Wert von Weihnachten erkennen? Meine<br />
Antwort darauf ist eine sehr einfache.<br />
Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an das Weihnachten<br />
Ihrer Kindheit zurückdenken? Sie erinnern sich nicht an<br />
Geschenke, son<strong>der</strong>n an die Vorfreude. An eine Stimmung,<br />
wie sie nur in <strong>der</strong> Vorweihnachtszeit herrschte,<br />
an ein glückliches Gefühl, weil Wärme und Harmonie Sie<br />
umgeben haben. Sie erinnern sich daran, wie Ihre Eltern<br />
ein wenig mehr Zeit hatten, wie glücklich die Familie war<br />
und wie sich alles ausschließlich um das Thema „Christkind“<br />
und somit um das Glück <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> drehte. Das<br />
sind unsere Erinnerungen an Weihnachten: schöne Gefühle<br />
– nicht die vielen Geschenke. Und wenn wir uns<br />
ein klein wenig bemühen, können wir diesen Weihnachtszauber<br />
an unsere Kin<strong>der</strong> und Enkel weitergeben. Nicht an<br />
diesem und auch nicht am nächsten Weihnachtsabend,<br />
aber irgendwann, wenn sie größer sind, wird auch ihre<br />
Erinnerung an den Heiligen Abend nichts mit Geschenken<br />
zu tun haben, son<strong>der</strong>n allein damit, wie schön, wie<br />
sanft und wie liebevoll das Miteinan<strong>der</strong> war. Es ist nicht<br />
wichtig, was Sie schenken und wie viel Sie schenken!<br />
Wichtig ist, dass Sie heute Erinnerungen schaffen und<br />
Gefühle vermitteln, denn das werden morgen die wahren<br />
Werte von Weihnachten sein. Ich wünsche Ihnen viel<br />
Vergnügen bei Ihrer Reise durch unsere Geschichten, viel<br />
Freude mit den Erzählungen und ein klein wenig Gewissheit<br />
darüber, dass nicht <strong>der</strong> materielle Wert Bestand hat,<br />
son<strong>der</strong>n einzig und allein <strong>der</strong> emotionale.<br />
INHALT 5<br />
s’ kloani Vaterunser 5<br />
Die drei Engel mit den Stöckelschuhen 6<br />
Gesegnet sei… 8<br />
Weihnachten im Wandel? 10<br />
Mundart 12<br />
Meine Zieheltern 15<br />
Woaßt es noch? 18<br />
Keine Angst, kleiner Engel 20<br />
Altes Obst 22<br />
Naturpark Südsteiermark 23<br />
„Heit stinkst noch Stoll“ 27<br />
LAG Südsteiermark 30<br />
Kräuter Rath 34<br />
„Wos is do los?“ 37<br />
Glab net olls! 40<br />
Stmk. Berg- und Naturwacht 43<br />
Bitten & Oh-beten 47<br />
Gestern noch… 50<br />
Weihnachtsbasteleien 53<br />
Die Kraft des Wortes 57<br />
Buschenschänker 60<br />
Steirer<strong>land</strong>-Advent 62<br />
Vergissmeinnicht 64<br />
Veranstaltungen 67<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> von<br />
Ihr Karl Oswald<br />
erscheint am 2. März 2018.<br />
5
6
Du liabes Kind im Krippal drin, wia leichtn deini Augn so kloa,<br />
du fangst mi ei mit deinem Blick und zoagst, a Wunda wird hiaz woa.<br />
Du liabes Kind, wia lochst du höll, und nur wal du die Liebe gspiarst,<br />
a Segn schon wal als Mensch geboarn, und Vater unser – <strong>der</strong> du wirst.<br />
Du liabes Kind geborn im Stoll, wia losst dei Geist mia ruhig werdn,<br />
a andra Takt schlogt jetzt im Herz und sogt, i muaß aufs Rechti hearn.<br />
Du liabes Kind gamz frei von Sorgn, wirst Großes tuan in deinen Togn,<br />
sölba wiarst nur Liebe kennan, doch des Leid <strong>der</strong> Wölt am Buckl trogn.<br />
Du liabes Kind gamz ohne Schutz, bringst zam – dein Wille sull geschehn,<br />
valetzlich, kloa und doch vull Leben, sulln olli Leit des Guati sehn.<br />
Du liabes Kind so oarm geboren, zoagst Glick fangd net ban kriagn aun,<br />
fia umsa Wohl schenkst du dei Leben, des Hechsti, wos ma gebn kaun.<br />
Du liabes Kind bestrohlt vom Stern, vollbringst dei Wunda olli Tog.<br />
A jedes Kind des wird geborn, a Stickal von dem Liachtal trog.<br />
Du liabes Kind mit so vüll Kroft, schenkst weiter, wos uns wichtig ist,<br />
als Christuskind und umsa Hei<strong>land</strong>, und Vater unser – <strong>der</strong> du bist.<br />
7
Die drei Engel mit<br />
den Stöckelschuhen<br />
Eine Weihnachtsgeschichte<br />
Es ist nun schon einige Jahre her, dass ich mein ganz persönliches kleines<br />
Weihnachtswun<strong>der</strong> erlebte – mit Engeln und Botschaften sowie <strong>der</strong> Erfahrung,<br />
dass Gott hier und heute Mensch wird, lebendig mitten in meinem Leben. Eigentlich<br />
UNSEREM Leben – denn das Wun<strong>der</strong> erlebte nicht nur ich, son<strong>der</strong>n meine<br />
ganze Familie, beson<strong>der</strong>s meine Frau.<br />
Der Advent hatte gerade begonnen. Wir hatten<br />
ein anstrengendes Jahr und eine schwere Herbstzeit<br />
hinter uns – mit viel Arbeit, viel Sorgen, viel<br />
Aufregung, viel Mühsal. Voll Sehnsucht warteten<br />
wir auf die stille Zeit, auf gemütliche Abende,<br />
auf den Duft von Keksen, auf gemeinsames<br />
Feiern und Singen um den Adventkranz, auf das<br />
Strahlen des Weihnachtssterns und des Lichts in<br />
<strong>der</strong> Krippe. Wir hofften, dass Vieles davon Wirklichkeit<br />
werden möge – dass endlich Weihnachten<br />
werde.<br />
Mitten in diese Sehnsucht hinein kam es dann<br />
ganz an<strong>der</strong>s. Statt Stille und Licht kamen Dunkelheit<br />
und Schmerz. Völlig unerwartet erkrankte<br />
ich schwer. Die Gesundheit wollte nicht und nicht<br />
zurückkehren. Einem ersten Spitalsaufenthalt<br />
folgte ein zweiter. Während dieser ganzen Zeit<br />
versuchte meine Frau – auf sich allein gestellt<br />
– den Kin<strong>der</strong>n und auch mir durch zahlreiche<br />
Besuche im Krankhaus dennoch Hoffnung und<br />
Freude auf Weihnachten spürbar werden zu lassen.<br />
Trotz dieses Bemühens blieb Vieles auf <strong>der</strong><br />
Strecke: Nichts wurde aus dem Duft <strong>der</strong> Kekse,<br />
aus gemütlichen Abenden um den Adventkranz<br />
mit heißem Tee und anregenden Gesprächen, aus<br />
ruhiger Muße und freudiger Erwartung. Man war<br />
schon zufrieden, wenn ein Tag ohne größere Probleme<br />
über die Runden gebracht werden konnte<br />
– alles an<strong>der</strong>e war nebensächlich. Zu diesen<br />
„an<strong>der</strong>en Nebensächlichkeiten“ zählte auch <strong>der</strong><br />
Weihnachtsputz. Wenn die innere Reinigung für<br />
die Ankunft des Gotteskindes wichtig ist, so gilt<br />
das auch für das Äußere: Es feierte sich einfach<br />
besser, wenn alles frisch duftete und seine Ordnung<br />
hatte. Doch daraus würde in diesem Jahr<br />
wohl nichts werden. Da geschah das Wun<strong>der</strong>:<br />
Direkt aus dem Himmel ereilte uns die Botschaft,<br />
dass sich drei Engel spontan bereit erklärt hatten,<br />
zu uns zu kommen und vor Weihnachten das<br />
ganze Haus auf Vor<strong>der</strong>mann zu bringen. Und so<br />
geschah es, dass just an jenem Tag, als ich das<br />
Spital verlassen durfte, die drei Engel am Werk<br />
waren. Erschöpft vom Krankenhausaufenthalt<br />
zog ich mich dankbar ins schon fertig geputzte<br />
Schlafzimmer im Obergeschoss zurück und genoss<br />
es, endlich wie<strong>der</strong> zu Hause zu sein.<br />
Rundherum wurde geschrubbt und gesaugt, gewischt<br />
und gesäubert, gewaschen und getrocknet,<br />
dass es eine helle Freude war. Da blieb kein<br />
Staubkörnchen auf dem an<strong>der</strong>en, und wenn ein<br />
Kalkfleck glaubte, er würde im Badezimmer den<br />
Jahreswechsel feiern, so hatte er sich gewaltig<br />
getäuscht. In null Komma nichts erstrahlte das<br />
Haus im hellsten Weihnachtsglanz, sodass <strong>der</strong><br />
8
Stall von Bethlehem hätte neidisch werden können.<br />
Ich musste wohl eingedöst sein, denn nach<br />
einiger Zeit registrierte ich, dass <strong>der</strong> Putzlärm<br />
abgelöst war von fröhlichem Stimmengewirr,<br />
dem Geklimper von Kaffeetassen und dem<br />
Klang <strong>der</strong> Löffel, wenn sie, Weihnachtsglocken<br />
gleich, beim Umrühren des Zuckers an den Tassenrän<strong>der</strong>n<br />
anschlugen. Als Draufgabe hatten<br />
die Engel noch Kekse für den Weihnachtstisch<br />
mitgebracht – irgendjemand musste ihnen wohl<br />
gesteckt haben, dass es in diesem Jahr auch dafür<br />
nicht reichen würde. Die Kekse hatten sie<br />
wohl bei so manchem schönen Winterabendrot<br />
gebacken, und jetzt wurden sie vorgekostet. Als<br />
ich das nächste Mal aus meinem leichten Schlaf<br />
erwachte und mein Ohr wie<strong>der</strong> am Geschehen<br />
im Untergeschoss Anteil nahm, erreichten mich<br />
freundliche und dankbare Abschiedsworte. Kurz<br />
darauf hörte ich die Tür ins Schloss fallen. Voller<br />
Dankbarkeit sagte meine Frau zu den Kin<strong>der</strong>n:<br />
„Ja, das waren wirklich drei Engel.“ „Du, Mama“,<br />
sagte meine ältere Tochter mit Verwun<strong>der</strong>ung in<br />
<strong>der</strong> Stimme, „hast du das gesehen? Die trugen ja<br />
Stöckelschuhe.“<br />
9
Altes Brauchtum: Hl. Dreikönigs-Kreuz<br />
esegnet sei…<br />
Seit jeher war es Brauch, um den<br />
Jahreswechsel herum den Segen für<br />
Haus und Hof zu erbitten. In manchen<br />
Regionen geschah dies durch Versprengen<br />
von Weihwasser, in an<strong>der</strong>en sorgte das<br />
„Rach’n“, das Ausräuchern von Haus<br />
und Stall, für Schutz und Segen. Im<br />
südsteirischen Maltschach übernahmen<br />
diese Aufgabe von jeher die Hl. Dreikönigs-Kreuze.<br />
10<br />
Es war <strong>der</strong> Tag vor Hl. Dreikönig, an dem man<br />
in den vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ten dafür sorgte,<br />
dass die himmlischen Mächte wohlgestimmt sind<br />
und erkennen, wo redliche und gläubige Menschen<br />
ihr Hab und Gut haben. Gut erinnert man<br />
sich noch daran, wie mit dem Vater jener Palmbuschen,<br />
<strong>der</strong> die stärksten Weiden hatte, zerlegt<br />
wurde und wie man dann aus diesem Holz die<br />
Hl. Dreikönigs-Kreuze schnitzte. Die kleineren<br />
wurden auf das Brunnenhäuschen, die Stalltür,<br />
die Keller- und Haustür genagelt, die größeren<br />
kamen auf die Getreideäcker. Oft war es so, erzählte<br />
man mir, dass man als Kind vor lauter<br />
Schnee den Acker nicht fand, aber zum Glück<br />
wurde man ja von <strong>der</strong> Mutter mit dem Weihwasser<br />
begleitet. Diese Aufgabe war Pflicht an jenem<br />
beson<strong>der</strong>en Tag, denn sonst hätte <strong>der</strong> Vater<br />
kein ruhiges Dreikönigsfest gehabt. Die Mutter<br />
sorgte mit dem Versprengen des Weihwassers<br />
noch zusätzlich für Schutz und Segen auf unseren<br />
Äckern und Gebäuden. Beinahe drohte dieser<br />
schöne Brauch in Vergessenheit zu geraten,<br />
bis die Feuerwehr Maltschach überlegte, wie sie<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung ein Dankeschön für die gute<br />
Unterstützung zukommen lassen könne. Im Jahr
1976 wurden die ersten Hl. Dreikönigs-Kreuze<br />
geschnitzt und verschenkt. Die Arbeit dafür beginnt<br />
bereits beim Schnitt. Es ist wichtig, den<br />
Weidenstock, <strong>der</strong> das Palmholz hervorbringt,<br />
ganz zurückzuschneiden, denn nur so erhält man<br />
wun<strong>der</strong>bar starke und lange Palmzweige. Diese<br />
werden vor Palmsonntag zu einem Palmbuschen<br />
gebunden, aber nicht zu irgendeinem Palmbuschen,<br />
vielmehr sprechen wir hier von 30 Metern<br />
und mehr. Ihren Rekord stellten die Florianijünger<br />
zu ihrem 70-Jahr-Jubiläum auf, denn damals<br />
trug man einen 72,3 Meter langen Buschen zur<br />
Kirche. Nach <strong>der</strong> Segnung bringen die Feuerwehrleute<br />
ihren Buschen zum Feuerwehrhaus,<br />
dort wird er zerteilt und am Turm des Feuerwehrhauses<br />
befestigt. In <strong>der</strong> Vorweihnachtszeit<br />
ist es dann soweit: Das Palmholz ist mittlerweile<br />
knochentrocken und ebenso hart. Da machen<br />
sich die freiwilligen Helfer an die Arbeit, um<br />
den Buschen zu zerlegen und aus den schönsten<br />
Hölzern ihre Hl. Dreikönigs-Kreuze herzustellen.<br />
Dabei wird gesägt, geschnitzt und gesteckt, sind<br />
es doch an die 600 Kreuze, die gemacht werden<br />
müssen. Dass dabei die Geselligkeit und so<br />
manche Geschichten nicht zu kurz kommen, ist<br />
selbstverständlich.<br />
Beginnt das neue Jahr, machen sich die Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Feuerwehr Maltschach auf den Weg, um<br />
jedes Haus <strong>der</strong> Region zu besuchen. Viele Menschen<br />
warten schon auf diesen Segensgruß und<br />
nehmen die Kreuze als Erinnerung an längst vergangene<br />
Zeiten und als Dankesgabe gerne entgegen.<br />
So schaffte es ein Verein, die Freiwillige Feuerwehr<br />
Maltschach, ein altes Brauchtum zu bewahren<br />
und mit ihren Hl. Dreikönigs-Kreuzen<br />
alljährlich Schutz und Segen in die Häuser <strong>der</strong><br />
Menschen zu tragen.<br />
11
Mit Weihnachten feiern wir die Geburt<br />
Jesu in Bethlehem. In <strong>der</strong> Adventzeit<br />
stimmen wir uns auf ein wichtiges<br />
Familienfest ein. Aber ist es denn<br />
wirklich so besinnlich und freudvoll?<br />
Wenn wir vor Weihnachten auf die<br />
Straße gehen, sehen wir viele gestresste<br />
Menschen und überladene Dekorationen<br />
auf Häusern.<br />
Es sind noch Weihnachtsgeschenke zu besorgen,<br />
das Weihnachtsessen muss perfekt geplant und<br />
eventuell <strong>der</strong> Winterurlaub noch gebucht werden.<br />
Die Kin<strong>der</strong> erzählen uns schon im November, welche<br />
Geschenke sie haben wollen – die Werbung im<br />
Fernsehen hat ihren Zweck erfüllt.<br />
Wir werden medienwirksam gesteuert, es wird<br />
gekauft und eine online-Wishlist verschickt, damit<br />
unsere Freunde ankreuzen können, was wir ihnen<br />
schenken sollen. Es werden Gutscheine besorgt,<br />
damit man ja nichts falsch macht, denn es zählt ja<br />
<strong>der</strong> Gedanke, o<strong>der</strong>? Denken – das würde grundsätzlich<br />
ganz gut in diese Zeit passen, aber nicht<br />
an Schenken, Essen o<strong>der</strong> was uns angeblich sonst<br />
noch so wichtig ist, son<strong>der</strong>n daran, dass Weihnachten<br />
eine Zeit vieler Bräuche und Traditionen<br />
ist. Wie viele Kin<strong>der</strong> wissen eigentlich, dass <strong>der</strong><br />
Adventkranz ursprünglich 24 Kerzen hatte? Dass<br />
am 4. Dezember <strong>der</strong> Barbaratag ist o<strong>der</strong> dass es die<br />
Raunächte gibt? Heutzutage geht es viel mehr ums<br />
Schenken und beschenkt werden. Weihnachten,<br />
wie es Oma und Opa kennen, hat mit dem Heute<br />
nicht mehr viel zu tun.<br />
Die Kommerzialisierung hat in den letzten Jahrzehnten<br />
deutlich zugenommen. Den Drei-Generationen-Haushalt<br />
von früher gibt es nicht mehr. Dort<br />
saß man beisammen und es wurden Strohsterne<br />
gebastelt, Volkslie<strong>der</strong> gesungen, Mützen gestrickt<br />
und Kekse gebacken. Der Weihnachtsbaum wurde<br />
mit Stanniol-Lametta, Holzfiguren und Kerzen<br />
geschmückt. Am Heiligen Abend wurde gesungen,<br />
Gedichte vorgetragen, Flöte gespielt und zur<br />
Christmette gegangen. Und wenn es dann endlich<br />
soweit war, wurden die Kin<strong>der</strong> in ein an<strong>der</strong>es Zimmer<br />
geschickt und sie warteten gespannt auf das<br />
Klingeln des Glöckchens. Unterm Baum lagen früher<br />
weniger Geschenke: selbstgestrickte Socken,<br />
die Puppe bekam ein neues Kleid o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Holzroller<br />
wurde neu angestrichen – Bescheidenheit auch<br />
12
aus materieller Not o<strong>der</strong> aus innerer Überzeugung<br />
heraus. Der Sinn von Weihnachten und Familie<br />
stand im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Die Zeiten haben sich geän<strong>der</strong>t und <strong>der</strong> Wohlstand<br />
ist gestiegen, lei<strong>der</strong> ist dabei viel von dieser Freude<br />
und <strong>der</strong>en Sinnhaftigkeit verlorengegangen. Obwohl<br />
es überall glitzert und leuchtet, wird gejammert<br />
und lamentiert. Wäre es denn nicht schöner,<br />
zu Weihnachten das zu feiern, wofür es eigentlich<br />
steht? Für Besinnlichkeit und familiären Zusammenhalt.<br />
Leben wir den Moment um Weihnachten<br />
intensiver, erfreuen wir uns an kleinen Dingen.<br />
Nehmen wir den Geruch des Weihnachtsbaumes<br />
wahr, genießen wir das Weihnachtsessen bewusst<br />
und nehmen wir dankbar das Glück an, eine Familie<br />
zu haben. Der Wunsch danach ist bei vielen<br />
vorhanden, manch einer schafft es und an<strong>der</strong>e meinen,<br />
sie würden gerne Ruhe und Beschaulichkeit<br />
einkehren lassen, aber das geht heute nicht. Natürlich<br />
geht es! Wir haben Weihnachten, wir haben<br />
das Christkind, wir haben Hoffnungen und Sehnsüchte<br />
und wenn nicht am Heiligen Abend, wann<br />
sonst dürfen Wun<strong>der</strong> geschehen?<br />
13
Unsere Sprache - unsere Seele<br />
kluag wenig, rar Es Fleisch wird schon kluag, höchste Zeit, dass da<br />
Schlochttog kummt.<br />
muats viel, etliches Gestern host wie<strong>der</strong> muats an Rausch hoambrocht.<br />
Ach und Krach<br />
gerade noch, mit Müh ‚ u. Not Jetzt hob i mit Ach und Krach den Berg bezwungen,<br />
jetzt muaß i wie<strong>der</strong> owi.<br />
stiadln nachbohren, aufhetzen Die Nochbarin mocht olli Leit narrisch,<br />
wal sie so gern stiadln tuat.<br />
Heapfifal Hühnerkot Die Grean uman Haus is wie<strong>der</strong> vull mit Heapfifaln.<br />
Humdsmess unnötige Zusammenkunft Heit bleibst dahoam, wal du muasst net<br />
ba je<strong>der</strong> Humdsmess dabei sein.<br />
zwegn bringan zustande bringen Wennst di a bissal mehr austrengst,<br />
dann wirst es a zwegn bringan.<br />
vawoartaglt verstümmelt A so an vawoartagltn Goblstuhl ham i iwahapt<br />
noch niea gsechn.<br />
terrasch schwerhörig Wüllst mi net hearn o<strong>der</strong> bist wirklich so terrasch?<br />
schouban stop fen Die Woazfe<strong>der</strong>n san trocken, jetzt kimmas wieda<br />
in die Pulstern schouban.<br />
rougli locker Je ölta i wear, umso mehr werdn meine Zähn rougli.<br />
pumpan heftig klop fen Her auf zan pumpan, i sperr die Tür eh schon auf.<br />
ninascht nirgendwo I ham iwarol gfrogt, owa ninascht hots des geben.<br />
Loast Fahrspur Ba dem Regn musst aufpassen, dass du mit dem Wogn<br />
net in da Loast steckn bleibst.<br />
kugln rollen Tua schea schlichten, sumst kugln die Kiawasn<br />
iban Riegl owi.<br />
Kaplzahm Halfter Nimm die Kuha ban Kaplzahm und geha mit ihr<br />
zum Gemeindestier.<br />
hummari hungrig Wia lang dauerts denn noch, i bin schon so hummari.<br />
himmaramol manchmal Himmaramol gehts leicht und himmaramol spahlt sie ‚ s.<br />
grechtln herrichten Morgen is wie<strong>der</strong> Schul, tua dei Gwand glei heit grechtln.<br />
Mundart unterm Weihnachtsbaum:<br />
Rotzbua & Hobagoaß Siehe Bestellkarte im Anhang!<br />
14
GESCHICHTSTRACHTIG<br />
s’ Christuskind<br />
im Trochtngwand<br />
So wie sich das Brauchtum rund um<br />
Weihnachten in den verschiedenen<br />
Regionen <strong>der</strong> Steiermark unterscheidet,<br />
so unterschiedlich sind auch die Trachten.<br />
Als Ausdruck unserer regionalen Identität<br />
und als sichtbares Zeichen einer lebendigen<br />
Volkskultur ist das Trachtengewand<br />
ebenso Teil unseres Brauchtums wie das<br />
Bekenntnis zu Weihnachten.<br />
Es kommt die Zeit, in <strong>der</strong> man etwas ruhiger<br />
wird, menschliche Werte und die Gemeinschaft<br />
in den Vor<strong>der</strong>grund treten und das Heimatgefühl,<br />
verbunden mit kindlichen Erinnerungen,<br />
die Menschen innerlich zum Leuchten bringt. Es<br />
ist jene Zeit, in <strong>der</strong> das „Christkind“ kommt und<br />
Kin<strong>der</strong>herzen bereits Tage vor dem großen Fest<br />
in freudiger Erwartung schneller zu schlagen beginnen.<br />
Genau in dieser Zeit spürt ein je<strong>der</strong> von<br />
uns, dass es abseits <strong>der</strong> großen Einkaufsströme<br />
und des Massenkonsums doch noch mehr gibt,<br />
das tiefer geht als nur das bloße Verteilen von Geschenken.<br />
Es geht um Hoffnung, um Lebensfreude<br />
und darum, sich an diesen Tagen des Jahres<br />
seiner kindlichen Phantasie und seinem Wunsch<br />
nach Verbundenheit ein wenig näher zu fühlen. Es<br />
geht darum, an<strong>der</strong>en, aber auch sich selbst eine<br />
Freude zu bereiten.<br />
Trachten Trummer GmbH<br />
Dietersdorf 76 am Gnasbach<br />
8093 St. Peter a.O.<br />
Tel. 03477/3150, trachten-trummer@aon.at<br />
Gerade in dieser Zeit, wenn <strong>der</strong> Besuch <strong>der</strong> Christmette,<br />
<strong>der</strong> lange nicht gesehenen Verwandtschaft<br />
o<strong>der</strong> des Weihnachtsgottesdienstes ansteht, verspürt<br />
man unweigerlich den Wunsch, sich heimatbezogen,<br />
traditionell und bodenständig zu kleiden.<br />
Wie schön ist es mitanzusehen, dass Kin<strong>der</strong><br />
voll Stolz mit Steirerrock und Dirndlgwand die<br />
Geburt Christi feiern. Wie leuchten die Augen <strong>der</strong><br />
Eltern und Großeltern, wenn sie ihre nachfolgenden<br />
Generationen im zeitlich und modisch passenden<br />
Trachtengewand ihrer Vorfahren sehen.<br />
Und da jedes Kind ein Gottesgeschenk – sprich<br />
ein Christuskind – ist, steht auch hier das Gewand<br />
als sichtbares Zeichen dafür, wer wir sind und was<br />
wir sind.<br />
Dank <strong>der</strong> Tracht haben wir zu jedem Anlass das<br />
richtige Gewand – zeitlos und einfach schön, so<br />
wie uns <strong>der</strong> Christbaum und das Weihnachten<br />
unserer Kindheit im Gedächtnis geblieben sind.<br />
„Wir freuen uns, wenn sich die Menschen für echte<br />
Trachten und Trachtenmode interessieren. Getreu<br />
unserem Motto: Unser Trumpf ist die Vielfalt,<br />
führen wir alles, was Tracht und Land zu bieten<br />
haben.“ Ihre Familie Trummer<br />
Trachten Trummer am Kurpark<br />
Kaiser-Franz-Josef-Straße 1 • TOP 3<br />
8344 Bad Gleichenberg, Tel. 03159/44604<br />
www.trachten-trummer.at<br />
15
Ihr Physiotherapeut Rene Strohmaier<br />
PHYSIOTHERAPIE Rene Strohmaier<br />
JETZT NEU!<br />
im Kin<strong>der</strong>mannzentrum Leibnitz<br />
Dechant Thaller-Straße 39/206<br />
TERMIN VEREINBAREN<br />
0664 47 11 464<br />
www.re-physio.at<br />
Als Physiotherapeut<br />
behandle ich meine<br />
Patienten durch die<br />
Anwendung verschiedener<br />
Techniken wie manuelle<br />
Therapie, Bewegungsübungen,<br />
Lymphdränagen<br />
und vieles mehr.<br />
Mein Einsatz ist immer dann notwendig, wenn ein<br />
Patient zum Beispiel schmerzende Gelenke o<strong>der</strong><br />
auftretende Probleme <strong>der</strong> Wirbelsäule hat. Falsche<br />
Bewegungsmuster können häufig die Ursache von<br />
Schmerzen sein.<br />
Meine Aufgabe sehe ich darin, diese Ursachen zu<br />
erkennen, gezielt zu behandeln und somit weitgehende<br />
Schmerzfreiheit <strong>der</strong> Patienten zu erlangen.<br />
Ebenso ist es nach Sportverletzungen und Nachbehandlungen<br />
von Operationen wie Arthroskopien,<br />
Endoprothesen (künstlicher Gelenkersatz) o<strong>der</strong> unfallchirurgischen<br />
Operationen für Patienten wichtig,<br />
durch physiotherapeutische Behandlung die<br />
Funktionalität im Alltag wie<strong>der</strong> herzustellen.<br />
ABLAUF DER THERAPIE<br />
Für die Therapie benötigen Sie eine Überweisung<br />
vom Haus- o<strong>der</strong> Facharzt. Nach ausführlicher physiotherapeutischer<br />
Befun<strong>der</strong>hebung wird in Kombination<br />
mit manualtherapeutischen Techniken<br />
und für den Patienten möglichst einfach umzusetzenden<br />
Übungen das Ziel verfolgt, sich wie<strong>der</strong><br />
schmerzfrei bewegen zu können.<br />
PATIENTENINFO:<br />
Wie bei freiberuflichen Therapeuten üblich,<br />
bekommen Sie einen Teil <strong>der</strong> Behandlungskosten<br />
von Ihrer Krankenversicherung rückerstattet.<br />
16
Erinnerungen an Maria und Friedl<br />
Meine Zieheltern<br />
Dass man bei fremden Eltern als Ziehkind aufgenommen wurde, war<br />
in früheren Zeiten durchaus üblich. Einerseits waren viele Familien sehr<br />
kin<strong>der</strong>reich und das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Kind wurde an kin<strong>der</strong>lose Verwandte<br />
weitergereicht, an<strong>der</strong>erseits gab es die ganz armen Knechte und Mägde, die<br />
selbst keine Möglichkeit hatten, ein Kind zu versorgen und froh waren, wenn<br />
ihr Nachwuchs Aufnahme bei einer Familie fand. So war es bei<br />
Frau Maria Winter, geboren 1945, wie sie hier zu erzählen weiß.<br />
17
Erinnerungen an Maria und Friedl<br />
Meine Zieheltern<br />
Ich kam in Berghausen zur Welt. Meine Mutter war<br />
als Magd hier am Hof und weil sie keine Möglichkeit<br />
hatte, für mich zu sorgen, bin ich, als sie eine<br />
Stelle in Ehrenhausen antrat, hier verblieben. An<br />
meine frühe Kindheit kann ich mich kaum erinnern.<br />
Im Jahr 1948 haben meine Zieheltern, Maria<br />
und Friedl Hauser, geheiratet und wir sind auf die<br />
Wirtschaft des Ziehvaters gezogen. Hier wuchs ich<br />
auf. Gut eine Stunde musste ich zur Schule laufen;<br />
mein Alltag bestand, wie bei vielen an<strong>der</strong>en, aus<br />
Arbeit. Gut erinnere ich mich daran, dass das Haus<br />
damals in einem so desolaten Zustand war, dass<br />
die Großtante und ich in <strong>der</strong> warmen Jahreszeit am<br />
Heuboden schliefen und wir nur dann, wenn es kalt<br />
wurde, ein Platzerl im Haus hatten. Einige meiner<br />
Aufgaben sind mir in beson<strong>der</strong>s guter Erinnerung<br />
geblieben. Da Friedl auf Grund eines Unfalls seine<br />
Hände kaum gebrauchen konnte, war es meine Aufgabe,<br />
für ihn die Zigaretten zu „wuzzeln“. Später<br />
– wir hatten schon etliche Stück Vieh – kümmerte<br />
ich mich um die Wasserversorgung unserer Tiere.<br />
Da wir dieses Wasser nicht aus dem Brunnen holten,<br />
son<strong>der</strong>n von einer Quelle, war dies für mich<br />
als junges zartes Mädchen sehr anstrengend. Wann<br />
immer es möglich war, brachte ich nicht das Wasser<br />
zu den Kühen, son<strong>der</strong>n die Kühe zur Quelle. Dafür<br />
band ich immer eine alte, brave Kuh mit einem jungen<br />
Kalb zusammen und trieb sie zur Wasserstelle.<br />
Das Wasser hatte es mir angetan; einmal mussten<br />
wir unseren Brunnen reinigen. Die Ziehmutter Maria<br />
traute sich nicht in den 12 Meter tiefen Schacht<br />
hinunter und <strong>der</strong> Ziehvater konnte es nicht. So blieb<br />
mir nichts An<strong>der</strong>es übrig, als mitten im Sommer<br />
mein Wintergewand anzuziehen und in die Tiefe zu<br />
steigen. Unten war es immer kalt. Meine Aufgabe<br />
bestand darin, den Lehm, <strong>der</strong> während des Jahres<br />
vom Hohlweg hereingeschwemmt worden war,<br />
auszuheben. Mit <strong>der</strong> Schaufel füllte ich Kübel für<br />
Kübel an, diese wurden hinaufgezogen und ausgeleert.<br />
Es war eine anstrengende und mühsame<br />
Arbeit, bis ich endlich zu jenem Kranz aus Eichenholz<br />
vorstieß, <strong>der</strong> den Grund unseres Brunnens<br />
einsäumte. War meine Kleidung in <strong>der</strong> Tiefe von<br />
Nutzen, so merkte ich beim Hinaufsteigen, wie mir<br />
wärmer und wärmer wurde. Oben angekommen,<br />
war ich verschwitzt und musste aus den Wintersachen<br />
heraus, aber es war jedes Mal ein gutes Gefühl,<br />
denn jetzt war unser Brunnen wie<strong>der</strong> sauber<br />
und schon bald stand uns erneut klares Wasser zur<br />
Verfügung. Wenn <strong>der</strong> Winter kam, verbrachten wir<br />
viel Zeit im Haus. Gut erinnere ich mich noch daran,<br />
wie ich mit <strong>der</strong> Ziehmutter neben dem Herd<br />
saß, wir gemeinsam arbeiteten und sie mir Geschichten<br />
erzählte. Ich habe die Weiden geputzt<br />
und sie hat Strohkörbe genäht. Auch Weidenkörbe<br />
und Streubogen haben wir in dieser Zeit gemacht<br />
und ich durfte ihren Erinnerungen lauschen.<br />
Meine Ziehmutter wurde als Maria Petritsch in<br />
einem Winzerhaus in Ottenberg geboren. Sie war<br />
das älteste von 14 Kin<strong>der</strong>n und erinnerte sich gut<br />
daran, wie sie und ihre Geschwister zusammen in<br />
einem Raum schlafen mussten. Dass damals Kin<strong>der</strong><br />
in jungen Jahren starben, war keine Seltenheit<br />
und lei<strong>der</strong> passierte das auch bei zwei ihrer Geschwister.<br />
Aus Platzmangel wurden die Verstorbenen<br />
ebenfalls in diesem einen Zimmer aufgebahrt.<br />
Jene Nächte, die Maria als Kind dort verbrachte,<br />
18
sind ihr nachhaltig in Erinnerung geblieben. Ihr Leben<br />
bestand nur aus Arbeit. Ihren späteren Mann<br />
Friedl kannte sie schon von Kindesbeinen an, aber<br />
erst nach dem Weltkrieg haben sie zueinan<strong>der</strong> gefunden.<br />
Friedl musste bereits 1938 einrücken und kam erst<br />
nach Kriegsende wie<strong>der</strong> heim. In <strong>der</strong> Zwischenzeit<br />
war seine Mutter mit <strong>der</strong> Wirtschaft, immerhin 12<br />
Joch, und dem Haus alleine. Als er aus <strong>der</strong> Kriegsgefangenschaft<br />
heimkehrte, war das Haus in einem<br />
<strong>der</strong>maßen schlechten Zustand, dass er gleich wie<strong>der</strong><br />
in die Fremde ziehen wollte. Nur dem guten<br />
Zureden eines Nachbarn ist es zu verdanken, dass<br />
er blieb. 1948 heirateten die beiden und obwohl<br />
Maria immer sagte, dass sie nie in den Graben<br />
hinunterziehen würde, tat sie es dann doch. Zwei<br />
Tage, so erzählte sie mir, dauerten die Hochzeitsfeierlichkeiten,<br />
dann begann <strong>der</strong> Ernst. Die Wirtschaft<br />
musste aufgebaut und das Haus hergerichtet<br />
werden. Ein kleiner Weingarten gehörte ebenfalls<br />
dazu. Mit 3 Halben Wein (900 Liter) bezahlten<br />
Marias Eltern damals das Holz für den Dachstuhl.<br />
Sie waren bereits fünf Jahre verheiratet, als ein<br />
schwerer Unfall unser aller Leben schwerer machte.<br />
Es war ein verregneter Tag, Friedl war mit unserem<br />
Ochsengespann unterwegs. Als er auf dem Heimweg<br />
war, wollte Maria ihm mit dem Schirm entgegengehen<br />
und dabei passierte es. Im Hohlweg ging<br />
Friedl neben den Ochsen her, <strong>der</strong> Weg war gerade<br />
breit genug, dass <strong>der</strong> Wagen dahinter Platz hatte.<br />
Nur langsam kam er voran, da <strong>der</strong> Boden durch den<br />
vielen Regen so aufgeweicht war, dass man beinahe<br />
knöcheltief im Dreck dahinwaten musste. Als<br />
Maria ihm mit ihrem Schirm entgegenlief, schreckten<br />
sich die Ochsen so sehr, dass sie durchgingen.<br />
Friedl konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten,<br />
stürzte und geriet unter den Fuhrwagen. Dabei<br />
verletzte er sich so schwer, dass er wochenlang im<br />
Krankenhaus bleiben musste und seine Hände nie<br />
mehr richtig gebrauchen konnte.<br />
An dieser Stelle wurde Maria beim Erzählen traurig<br />
und ich tröstete sie damit, dass wir ja doch alles<br />
geschafft haben und dass es uns nie schlecht<br />
gegangen ist. So waren unsere Wintertage: voll<br />
von Erinnerungen und Geschichten. Weil Maria<br />
und Friedl kin<strong>der</strong>los blieben, bekam ich als ihre<br />
Ziehtochter ihre ganze Zuneigung geschenkt. Bis<br />
zu meinem 26. Lebensjahr blieb ich bei ihnen, dann<br />
habe ich geheiratet und bin nach Gamlitz gezogen.<br />
Heute leben beide schon lange nicht mir und jetzt<br />
geht es mir in den kalten, dunklen Winternächten<br />
gleich wie damals Maria. Ich erzähle Geschichten<br />
von früher und erstatte durch meine Erinnerungen<br />
meinen Zieheltern den verdienten Dank.<br />
19
Woaßt es noch?<br />
Über hun<strong>der</strong>te, ja sogar tausende von Jahren erfuhren die Werkzeuge des täglichen<br />
Gebrauchs zwar eine ständige Weiterentwicklung, aber kaum eine entscheidende<br />
Verän<strong>der</strong>ung. Erst im letzten Jahrhun<strong>der</strong>t wurden viele unserer Hilfsmittel durch<br />
technische Errungenschaften abgelöst und beginnen seitdem langsam in Vergessenheit zu<br />
geraten. Erinnern Sie sich noch an den Verwendungszweck nachstehen<strong>der</strong> Werkzeuge?<br />
1)<br />
2)<br />
3) 4) 5)<br />
Die Exponate wurden uns von www.erinnerungshof-hermann.at zur Verfügung gestellt.<br />
1) Korbnähen<br />
Das Korbnähen war wohl <strong>der</strong> Klassiker unter den<br />
Winterarbeiten. War es draußen kalt und finster,<br />
machte man sich in <strong>der</strong> wohlbeheizten Stube daran,<br />
Stroh mit Weiden zu Körben zu vernähen. Manches<br />
Mal brauchte man sie für den Verkauf, meistens aber<br />
für die Arbeiten und Aufgaben am eigenen Hof.<br />
20<br />
2) Vogelkäfig<br />
Keine Seltenheit war früher die Vogelhaltung in<br />
Bauernhäusern, vor allem bei Winzern. Gerade im<br />
Spätherbst und im beginnenden Winter, wenn Wein<br />
und Most in den Fässern ihren Gärungsprozess<br />
durchliefen, dienten die Vögel dazu, Gärgase in den<br />
meist tieferliegenden Gewölbekellern anzuzeigen.
3) Streubogen<br />
Der Streubogen war ein unverzichtbares Hilfsmittel<br />
für den Transport von Heu und Einstreu. Oft war es<br />
so, dass die Einstreu, das zusammengerechte Laub, im<br />
Wald aufgeschichtet war und bei Bedarf heimgetragen<br />
wurde. Das Heu musste ebenfalls immer wie<strong>der</strong><br />
von Hiefeln o<strong>der</strong> Heustellen zu den Tieren gebracht<br />
werden. Diese leichten, aber voluminösen Lasten ließen<br />
sich mit dem Streubogen hervorragend am Rücken<br />
transportieren.<br />
AKAZIENHOF<br />
St. Andrä / Höch<br />
Daheim in Neudorf im Sausal<br />
6)<br />
4) Petroleumofen<br />
Der Petroleumofen war eine sehr fortschrittliche Einrichtung,<br />
ermöglichte er es doch „mobil“ zu heizen.<br />
Gerne verwendet von Marktfahrern, wurde er des<br />
Weiteren zum kurzfristigen Beheizen von Werkstätten<br />
gebraucht. Denn wenn die hölzernen Rechen und<br />
Gabeln zu reparieren waren, hatte es durchaus auch<br />
<strong>der</strong> Bauer gerne warm.<br />
5) Spinnen<br />
Im Winter fand man Zeit und Muße, sich mit dem<br />
Spinnrad daranzumachen, die Grundlagen für die<br />
Stoffherstellung zu schaffen. Egal ob Wolle o<strong>der</strong><br />
Flachs, ein Kleidungsstück o<strong>der</strong> ein Leintuch konnten<br />
nur entstehen, wenn zuvor das Rohmaterial zu einem<br />
Faden versponnen worden war.<br />
6) Rosenkranz<br />
Gebetet wurde in früheren Zeiten viel, aber ganz<br />
beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Vorweihnachtszeit. Unverzichtbar<br />
war dabei <strong>der</strong> Rosenkranz. Ein Rosenkranz (früher<br />
regional auch Paternosterschnur) ist eine Zähl- o<strong>der</strong><br />
Gebetskette, die für das Rosenkranzgebet verwendet<br />
wird und die Gebetsfolge vorgibt.<br />
Der Akazienhof steht für Plege und<br />
Betreuung mit Herz und Qualität und<br />
bietet seinen Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern ein familiäres Umfeld<br />
sowie individuelle Betreuung.<br />
Unser Angebot:<br />
• Langzeitplege<br />
• Betreuung für Menschen mit psychiatrischer<br />
Beeinträchtigung<br />
• Kurzzeitplege<br />
• Einzel und Doppelzimmer<br />
• Mo<strong>der</strong>nst ausgestattete Zimmer mit Bad,<br />
WC und TV<br />
• Individuelle Gestaltung <strong>der</strong> Zimmer<br />
gemäß den Wünschen <strong>der</strong> BewohnerInnen<br />
• Gemütliches Café mit Terrasse<br />
• Zuzahlung durch die öffentliche Hand<br />
möglich<br />
mit Herz<br />
Plege<br />
u n d Q ualität <br />
Infos: Frau Ilse Masser<br />
0664 881 25 463<br />
www.plegemitherz.co.at<br />
21
Einfach zum Nachdenken<br />
Keine Angst,<br />
kleiner Engel<br />
Man spielt sein Leben, liefert ab, was gefor<strong>der</strong>t wird, passt sich an –<br />
an die Gegebenheiten <strong>der</strong> Zeit, an die Wünsche an<strong>der</strong>er und an die jeweilige Rolle,<br />
die erwartet wird, erhofft ist, ins Klischee passt.<br />
Ob es leichtfällt o<strong>der</strong> nicht – wen interessiert es,<br />
wen kümmert es? Wer sieht schon, wenn ein Engel<br />
müde wird, wer achtet darauf, dass ein Engel<br />
mit gebrochenen Flügeln mitten unter uns steht?<br />
Es ist eine oberflächliche Zeit: seicht, ohne Tiefgang;<br />
kein Meer an Gefühlen, son<strong>der</strong>n nur eine<br />
Pfütze, in <strong>der</strong>en Spiegelbild man nicht die Seele<br />
des an<strong>der</strong>en wahrnimmt, son<strong>der</strong>n lediglich den<br />
Wi<strong>der</strong>hall <strong>der</strong> eigenen Gefälligkeit. Die Menschen<br />
verkommen zu einem Passbildautomaten, in den<br />
man investiert und hineinsteckt, nur um etwas zu<br />
erhalten, das den eigenen Wunschvorstellungen<br />
entspricht. Auf <strong>der</strong> Strecke bleibt das Individuum,<br />
bleibt die Individualität, bleibt <strong>der</strong> Schauspieler<br />
hinter <strong>der</strong> Rolle.<br />
Es sind die Einsamkeit unter Menschen, das Fremdsein<br />
unter „Freunden“, die oft beängstigende Ausmaße<br />
annehmen. Jene tiefe Leere, jenes Angstgefühl,<br />
das einen langsam überkommt, wenn man<br />
inmitten <strong>der</strong> Masse, inmitten seines Publikums<br />
bemerkt, wie allein man trotz Zuspruch, wie einsam<br />
man trotz Lob und wie traurig man in <strong>der</strong><br />
größten Heiterkeit ist. Je<strong>der</strong> will sehen, was du zu<br />
zeigen hast, niemand kümmert sich darum, wie<br />
es dir geht. Dann ist es da: jenes dumpfe, düstere,<br />
angsteinflößende Gefühl, das lähmt, das hin<strong>der</strong>t<br />
und verhin<strong>der</strong>t. Dieses Verlangen danach, mit einem<br />
lachenden Gesicht Tränen zu vergießen, jene<br />
Beklemmung, die erstarren lässt und handlungsunfähig<br />
macht. Dann ist <strong>der</strong> Moment da, in dem man<br />
selbst ehrlich gemeinte Zuneigung nicht annimmt,<br />
nicht annehmen kann, nur damit es einem sofort<br />
leidtut, man trotz allem jedoch zu keiner Reaktion<br />
fähig ist. Irgendwann kommt die Zeit, in <strong>der</strong> die<br />
Ignoranz siegt – nicht aus einer bösen Absicht heraus,<br />
son<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> tiefsten Verzweiflung einer<br />
emotionalen Lähmung. Eine Zeit, in <strong>der</strong> man voll<br />
Tatendrang unfähig ist zu agieren, eine Zeit, in <strong>der</strong><br />
man bei einfachsten Dingen nicht zu reagieren vermag.<br />
Man steht daneben, abseits seiner selbst und<br />
wird Zeuge <strong>der</strong> eigenen Unfähigkeit zu handeln.<br />
Die Gewinner sind die Müdigkeit, die Sehnsucht<br />
danach, dass es endlich Nacht wird, dass es endlich<br />
Wochenende wird, dass Telefone verstummen,<br />
Computer ausgeschaltet sind und man sich aus <strong>der</strong><br />
Gesellschaft <strong>der</strong> Menschen zurückziehen kann.<br />
Sich verkriechen, einsperren, unter <strong>der</strong> Bettdecke<br />
verschwinden kann. Eine Zeit, in <strong>der</strong> nur mehr <strong>der</strong><br />
Schlaf Erlösung von dem Erdrücktwerden, dem<br />
Verbrennen, dem Explodieren bringt.<br />
Wie schwer ist es, statt eines offenen Mundes ein<br />
offenes Ohr zu finden? Wie krank ist unsere Gesellschaft<br />
in ihrem Rollenspiel, wenn es statt ehrlicher<br />
Herzlichkeit nur mehr klischeehafte Drehbücher<br />
gibt, und wie feige sind wir allesamt geworden,<br />
wenn wir uns unserer Ängste, Sorgen und<br />
Leiden schämen? Warum ist Zuhören eine Bürde<br />
geworden, wo doch nur Zeit und Aufmerksamkeit<br />
dafür erfor<strong>der</strong>lich sind? O<strong>der</strong> ist das Selbstwertgefühl<br />
so vieler <strong>der</strong>maßen gering geworden, weil sie<br />
instinktiv erkennen, dass ihre oberflächliche Wertedefinition<br />
eigentlich keinen Wert hat, und hört<br />
man sich deshalb so gerne selbst reden, weil es die<br />
einzige Möglichkeit ist, <strong>der</strong> eigenen selbstgefälligen<br />
Wichtigkeit Ausdruck zu verleihen? Hab keine<br />
Angst, kleiner Engel, es geht auch an<strong>der</strong>s. Es gibt<br />
22
sie immer noch: Jene, die ihr Leben ausrichten,<br />
um deines zu bereichern. Menschen, die dir einfach<br />
zuhören, damit du dich erleichtern, dich befreien<br />
kannst. Jene, die nicht ihre Meinung zu deinem<br />
Kummer kundtun und so das Feuer <strong>der</strong> Frustration<br />
mit Brennstoff versorgen anstatt es durch<br />
ehrliche Aufmerksamkeit zu löschen. Es gibt Menschen,<br />
die Teile deiner Verantwortung mittragen,<br />
ohne sich selbst damit eine Last aufzubürden, weil<br />
sie stark genug, selbstsicher genug und ruhig genug<br />
sind, weil sie einfach für dich da sind, um dir<br />
zu helfen. Nicht aus Mitleid, nicht aus Heuchelei<br />
und schon gar nicht aus Eigennutz. Menschen, die<br />
verstehen, weil sie vielleicht selbst ähnliche Wege<br />
gegangen sind, weil ihr Schmerz sie zu dem gemacht<br />
hat, was sie heute sind. Menschen, die wissen,<br />
dass es <strong>der</strong> Ratschläge genug gibt, die wissen,<br />
dass Mitleid alles nur schlimmer macht, die wissen,<br />
dass nur du allein dich aus deiner Misere, deinem<br />
Sumpf herausziehen kannst. Denen aber auch<br />
klar ist, dass einfaches Zuhören, das Annehmen<br />
deiner Sorgen, Ängste und Probleme, das Akzeptieren<br />
von Fehlern dir eine Stütze bieten können.<br />
Nur wer den Schmerz, das Leid, den Kummer und<br />
die Verzweiflung kennt, kann verstehen. Nur wer<br />
durch die eigene Hölle gegangen ist, weiß das Licht<br />
des Himmels zu preisen, und nur wer gezwungen<br />
war zu verheimlichen, erkennt den Wert des Redens,<br />
schätzt die Qualitäten des Zuhörens, wird<br />
Vertrauen fassen und selbst zu jemandem werden,<br />
dem Vertrauen entgegengebracht wird. Darum,<br />
kleiner Engel, habe keine Angst, wenn dein Geist<br />
müde ist und dein Flügel gebrochen. Die Zeit wird<br />
dich zur Heilung führen, wird dich mit jenen zusammenbringen,<br />
die dich verstehen und dir Gutes<br />
tun. Selbst wenn scheinbar eine Unendlichkeit vergeht,<br />
so wirst du doch wie<strong>der</strong> fliegen können.<br />
Von S. Taler<br />
23
Die schönsten<br />
Geschichten<br />
UNTERM WEIHNACHTSBAUM<br />
KURT NEBL<br />
Man kann sie beinahe als Urangst bezeichnen: Jene ßerst „steuerschonend“ tat. Seine Markenzeichen waren<br />
Schmerzen, die uns quälen und uns den Schlaf rauben. ein Fahrrad und die Le<strong>der</strong>tasche, in <strong>der</strong> er seine Utensilien<br />
transportierte. Gearbeitet wurde hauptsächlich in <strong>der</strong><br />
Die uns durch Mark und Bein fahren, dafür sorgen, dass<br />
wir nichts mehr essen können, unser Gesicht anschwelen<br />
Nacht und so könnte man, den Zustand mancher Zähne<br />
lassen und uns beinahe in den Wahnsinn treiben. Die Rede berücksichtigend, durchaus von „Schwarzarbeit“ sprechen.<br />
ist von Zahnschmerzen. Wenn wir einige Jahrzehnte zurückgehen,<br />
dann können wir uns vorstelen, wie schwierig von Ersatzzähnen und Gebissen. Dass das eine o<strong>der</strong> ande-<br />
Als Zahntechniker war er spezialisiert auf die Herstelung<br />
es zu jener Zeit war, Abhilfe zu schaffen. Waren es über re Mal auch ein Zahn gerissen wurde, spielt dabei weniger<br />
Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg die Schmiede und später die Barbiere,<br />
die mit groben Zangen für eine Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Leiden für Schmerzlin<strong>der</strong>ung und Betäubung sehr eingeschränkt<br />
eine Ro le, spannend ist jedoch, dass die Möglichkeiten<br />
sorgten, so entwickelte sich langsam die Zahnheilkunde waren. Hier spielte natürlich <strong>der</strong> doppelt gebrannte Hausgeist,<br />
<strong>der</strong> Schnaps, eine wesentliche Ro le und bewährte<br />
mit fachkundigen Helfern, den Zahnärzten. Doch nur, weil<br />
es Hilfe gab, hieß das noch lange nicht, dass man diese sich gleich in mehrfacher Hinsicht. Zuerst wurde er für<br />
auch in Anspruch nahm. Zum Glück für viele Menschen das Einreiben <strong>der</strong> geschwollenen Ste len verwendet, vor<br />
in <strong>der</strong> Gegend um Heimschuh, Kitzeck, St. Nikolai und dem Zahnziehen nahm er die Angst, dann diente er als<br />
Großklein gab es Kurt Nebl, einen gelernten Zahntechniker,<br />
<strong>der</strong> nicht nur zu den Menschen nach Hause kam, um Ausreißen brachte die nötige Betäubung. Natürlich ent-<br />
Desinfektionsmittel und ein ordentlicher Schluck vor dem<br />
ihnen ihre Zähne zu richten, son<strong>der</strong>n dies auch noch äuging<br />
auch <strong>der</strong> Exekutive nicht das fröhliche Schaffen von<br />
Vom Reißen und Beißen.<br />
Auf den Zahn gefühlt<br />
„Durchbeißen“ war anno dazumal nicht nur eine Frage <strong>der</strong> Willenskraft, son<strong>der</strong>n auch,<br />
im wahrsten Sinne des Wortes, vom Zustand <strong>der</strong> Zähne abhängig. Wir erzählen ihnen<br />
hier eine kleine Geschichte aus den ausklingenden 1950er Jahren über Kurt Nebl<br />
(1931-1991), welche uns von seinem Sohn sowie Alois Sebernegg<br />
(geboren 1937) aus Heimschuh erzählt wurde.<br />
Zahndoktor Nebl, wie er bei den Leuten genannt wurde, Man konnte sagen: Wenn es mitten in <strong>der</strong> Nacht bei einem<br />
also waren äußerste Vorsicht und Diskretion bei <strong>der</strong> Arbeit Haus klopfte, war es entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachbar, bei dem die<br />
gefor<strong>der</strong>t. In Heimschuh und Umgebung war es Herr Alois Kuh zum Kalben war, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zahndoktor mit dem neuen<br />
Sebernegg, <strong>der</strong> Schleicher Luis, <strong>der</strong> sich und sein Motorrad Gebiss für die Großmutter. Und weil <strong>der</strong> Herr Doktor ein<br />
in den Dienst <strong>der</strong> guten Sache ste lte und <strong>der</strong> Folgendes sehr gese liger Mensch war, wurden die neuen Kauwerkzeuge<br />
des Öfteren auch mit ein paar Gläsern Wein o<strong>der</strong><br />
aus jener Zeit zu berichten weiß: „Gekommen ist <strong>der</strong> Dr.<br />
Nebl immer am Abend. Er hat tagsüber ja in Graz gearbeitet,<br />
fuhr danach mit dem Zug nach Leibnitz und mit wie Ordinationszeiten hatte. Es war eine gute Zeit, als<br />
Most gefeiert. Es gab sogar Häuser, in denen er so etwas<br />
seinem Rad zu uns nach Heimschuh. Das Rad musste immer<br />
im Erdäpfelke ler versteckt werden und wenn es eini-<br />
Schotterstraßen ordentlich durchgebeutelt wurden. Der<br />
wir zu später Stunde über Feldwege rumpelten o<strong>der</strong> auf<br />
ge Tage bei uns blieb, durfte auch niemand damit fahren. Herr Doktor absolvierte wirklich ein großes Arbeitspensum<br />
Der Doktor hatte Angst, dass die Gendarmen sein Fahrrad und des Öfteren brachte ich ihn in <strong>der</strong> Nacht auch direkt<br />
erkennen und seinen Dienst an den Menschen abstelen<br />
zurück nach Leibnitz“. Das Ende seiner „Nachtschichten im<br />
könnten. Dann ging es los.<br />
Außendienst“ kam Anfang <strong>der</strong> 60er Jahre. 1961 absolvierte<br />
er in Wien die Prüfung zum Dentisten und bereits 1963<br />
Seine Aktentasche unter den Arm geklemmt, machten wir eröffnete er seine erste Praxis in Kaindorf. Viele Menschen<br />
uns mit meinem „Mopperl“ auf den Weg. Ich fuhr ihn nie in <strong>der</strong> Region erinnern sich noch heute an den mobilen<br />
zu einem Hof, son<strong>der</strong>n musste immer irgendwo stehenbleiben.<br />
Er verschwand dann über Wiesen und Wege und cke für ein Gebiss abnahm, bei allzu großen Schmerzen<br />
Zahndoktor, <strong>der</strong> bei den Eltern o<strong>der</strong> Großeltern die Abdrü-<br />
ich wusste nie, wohin er genau ging. Erkennen konnte ich für Lin<strong>der</strong>ung sorgte und <strong>der</strong> darauf achtete, dass man in<br />
auch nichts, weil wir ja nur in <strong>der</strong> Nacht unterwegs waren. jenen Zeiten wie<strong>der</strong> so richtig „durchbeißen“ konnte.<br />
12 13<br />
HANS HIRSCHMANNER<br />
(1923)<br />
„Der Wald bestimmte seit jeher<br />
das Leben in unserer Region“<br />
15