Interkulturellen Kompetenz forschung - Frankfurt School of Finance ...
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Vogler: Imaginationsreflexivität als Aspekt interkultureller <strong>Kompetenz</strong> – das Stiefkind interkultureller<br />
<strong>Kompetenz</strong>diskussionen<br />
zess erfahrbarer und imaginierter Räume sowie das Aufspüren<br />
der Verankerung weiterreichender Wirklichkeiten in konkreten<br />
Lebenswelten, seien maßgebliche Elemente einer Idee<br />
der Imagination und damit einer imaginativen <strong>Kompetenz</strong>.<br />
Dazu gehörten nicht nur "harte Fakten, sondern auch Faktoren<br />
wie Imagination und Phantasie“ (Appadurai 1998:24). Es<br />
geht hierbei vor allem auch um die Vorstellung möglicher<br />
interpersonaler Räume, die geprägt sind von Dialog (dialogos),<br />
Vertrauen und Harmonie.<br />
4.4 Das Reziprozitätsprinzip<br />
Jeder Interaktionsform, jeder Handlung usw. entspricht als<br />
komplementärer Beitrag eine reziproke (wechselseitige)<br />
Handlung. 39<br />
Dem Reziprozitätsprinzip kommt eine universale<br />
Gültigkeit zu und es birgt auf ethischer Ebene auch kosmische<br />
Dimensionen. Es ist als Prinzip mit einigen zentralen Auffassungen<br />
der abendländischen Philosophie nicht zu vereinbaren<br />
(vgl. Estermann 1999:152). 40 Reziprozitätsdynamiken<br />
existieren beispielsweise zwischen kulturellen und imaginativen<br />
Dynamiken, da Wahrnehmung durch kulturelle Impulse<br />
ebenso beeinflusst wird wie kulturelle Formen durch imaginative<br />
Kräfte. So kann man von einer „Multikollektivität von<br />
Individuen“ (Hansen 2009:116) ebenso sprechen wie von einer<br />
kulturellen Multikontextualität, da sich Individuen stets in<br />
verschiedenen Kollektiven und somit auch in verschiedenen<br />
Kontexten bewegen.<br />
In manchen Kulturräumen 41 ist die wechselseitige Beziehung<br />
beispielsweise „kosmische Pflicht“ einer universalen Ordnung,<br />
zu der der Mensch gehört. Es handelt sich nicht nur<br />
um den Austausch von Waren und Gegenständen, sondern<br />
auch von Personen, Werten und Gefühlen. 42<br />
Der „Tauschhandel“<br />
ist daher mehr als nur wirtschaftliches Geschäft;<br />
eben Ausdruck einer „kosmischen Gerechtigkeit“. „Das kosmische<br />
Gleichgewicht (Harmonie) bedarf der Reziprozität der<br />
Handlungen und der Komplementarität der Handlungsträger“<br />
(Estermann 1999:155) .<br />
Einseitige Beziehungen, d.h. ein<br />
Ungleichgewicht in der Komplementarität, wobei zum Beispiel<br />
ein Teil zu aktiv, der andere zu passiv bliebe, ist in diesem<br />
Gedankengebäude nicht vorstellbar. Vielmehr kann es<br />
sich dabei nur um ein temporäres kosmisches Ungleichgewicht<br />
handeln, welches wieder in ein Gleichgewicht umgewandelt<br />
werden soll. Diesem Gedanke der Harmonie kommt<br />
im alltäglichen Geschäftsleben eine besondere Bedeutung zu.<br />
Den Geschäftspartner bewusst als Partner eines Tauschhandels<br />
von Waren und Gefühlen zu sehen, kann hier die Sicht<br />
auf sich selbst und den anderen beeinflussen.<br />
Nun ist es auch so, dass nicht nur Imaginationen und Bilder<br />
des „Eigenen“ und „Anderen“ auf alltägliche Handlungskon-<br />
21 © Interculture Journal 2010 | 12