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Auszug aus der Machbarkeitsstudie - Lindenberg

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<strong>Auszug</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Machbarkeitsstudie</strong><br />

©Dr. Jörg Haller, ARGUS! Kultur&Kommunikation, München<br />

www.argus-kultur.de<br />

2010<br />

1.3 Hutmuseen in Europa<br />

Zur Einordnung des projektierten Vorhabens in die Museumslandschaft<br />

konnte festgestellt werden, dass ein neues <strong>Lindenberg</strong>er Hutmuseum eine<br />

Alleinstellung – mindestens – in Deutschland erreichen kann.<br />

Nachfolgende Einrichtungen führen den Titel „Hutmuseum“. Allerdings ist<br />

anzumerken, dass es sich dabei zumeist um kleine Präsentationen im<br />

Anschluss an ein Stadtmuseum o<strong>der</strong> ein Hutfachgeschäft sowie um<br />

zugängliche private Hutsammlungen handelt.<br />

Ein Hutmuseum von <strong>der</strong> künftig möglichen Größe und Bedeutung des im<br />

folgenden skizzierten <strong>Lindenberg</strong>er Projekts existiert in Deutschland nicht:<br />

• Nürnberg<br />

Hut-Museum Brömme<br />

• Bad Homburg<br />

Museum im Gotischen H<strong>aus</strong> – Hutmuseum<br />

• Guben<br />

1993 entstand in <strong>der</strong> einst bedeutenden Hutindustriestadt Guben an <strong>der</strong><br />

Neiße ein „Technisches Museum <strong>der</strong> Hutindustrie“. Es ist seit 2005<br />

geschlossen.<br />

Im europäischen Ausland konnten folgende Hutmuseen ermittelt werden:<br />

� England<br />

Hat Works, Stockport<br />

� Frankreich


Atelier Musée du Chapeau, Chazelles-sur-Lyon<br />

� Italien<br />

Museo del Cappello, Alessandria<br />

Museo del arte del cappello, Ghiffa<br />

Museo del Cappello, Montappone<br />

� Österreich<br />

Kaiser Franz Joseph Hutmuseum, Wien<br />

� Schweiz<br />

Coup de Chapeau, Bern<br />

Freiämter Strohmuseum, Wohlen<br />

� Tschechien<br />

Muzeum klobouků, Nový Jičín<br />

2. Hutindustrie im Westallgäu: „Stroh zu Gold“<br />

2.1 Pferde und Stroh<br />

Der erste wichtige Meilenstein in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>Lindenberg</strong>s zur Hutstadt<br />

war <strong>der</strong> Pferdehandel. Bereits 1617 geht <strong>aus</strong> Protokollen <strong>der</strong> Stadt Bregenz<br />

hervor, dass den drei <strong>Lindenberg</strong>ern Jakob Bildstain, Jakob Mauch und<br />

Magnus Stiefenhofer eine Bewilligung erteilt wurde, 13 Pferde nach Mailand<br />

zu verkaufen.<br />

Der erste bekannte Pferdehändler war <strong>der</strong> <strong>Lindenberg</strong>er Hans Georg König<br />

(1637-1712), dessen internationale Handelsbeziehungen bis Palermo und<br />

Messina reichten. Ihm gelang es, den transalpinen Pferdehandel über<br />

<strong>Lindenberg</strong> zu leiten, das eigentlich we<strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>s günstige<br />

geografische Lage, noch gute Verbindungsstraßen hatte. Er setzte durch, dass<br />

die Stadt eine Beschlagstation erhielt, wo die Tiere vor dem Weg in die Alpen<br />

versorgt werden konnten.<br />

Die <strong>Lindenberg</strong>er haben Pferde nach Italien auf eigene Kosten und eigenes<br />

Risiko geliefert. Auch bedeutende italienische Pferdehandels-Firmen, wie<br />

Fratelli Valerio o<strong>der</strong> Fratelli Gatti in Mailand, haben ihren Einkauf durch


<strong>Lindenberg</strong>er besorgen lassen. So sprachen viele Einwohner wegen ihrer<br />

Geschäftsbeziehungen Italienisch. Außerdem brachten die nationalen und<br />

internationalen Handelsbeziehungen bereits bescheidenen Reichtum in<br />

<strong>Lindenberg</strong>.<br />

Oft waren 20 bis 40 und mehr <strong>Lindenberg</strong>er auf Reisen nach<br />

Italien. Die Pferde kauften sie in Holnstein, Mecklenburg, Oldenburg,<br />

Friesland und Hannover und führten sie bis nach Rom und Neapel. Der<br />

Großteil verblieb in Oberitalien in Mailand, Turin und Florenz.<br />

Geeignete Futterplätze, Ställe und spezialisierte Schmiede boten optimale<br />

Bedingungen für alle Händler, die über die Alpen in den Süden wollten. So<br />

entwickelte sich <strong>Lindenberg</strong> zu einem Sammelpunkt vor <strong>der</strong> zirka<br />

zweimonatigen Reise eines Pferdetransports. Mit <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong><br />

Gotthard-Brenner-Arlbergbahn hörte die alte Beför<strong>der</strong>ungsweise nach und<br />

nach auf. Den letzten Transport mit zwölf Pferden unternahm 1868 Johann<br />

Georg Huber.<br />

Einer Legende nach brachte ein Pferdehändler das Wissen über die<br />

Hutfertigung nach <strong>Lindenberg</strong>. Weil er krank wurde, konnte er den Weg über<br />

die Alpen nicht mehr vor Wintereinbruch antreten und verblieb in Italien.<br />

Dort beobachtete er Frauen, die <strong>aus</strong> Stroh Hüte flochten und brachte seine<br />

Kenntnisse nach <strong>Lindenberg</strong>. So waren es die Pferdehändler, die fortan auch<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> Hutmacherei Geschäfte betrieben.<br />

Die Strohhut-Produktion blieb nicht lange auf den privaten Gebrauch<br />

beschränkt. Eine Aktennotiz von 1656 belegt, dass <strong>Lindenberg</strong>er Händler ihre<br />

Strohhüte bereits in Markt Oberdorf verkauften. Wan<strong>der</strong>händler vertrieben<br />

mit ihren „Kraxen“ die immer kunstvoller gefertigten Hüte. Bald darauf<br />

begann die professionelle Produktion von Hüten.<br />

2.2 Vom Handwerk zur Industrie<br />

Im 17. und Anfang des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts beschränkten sich die <strong>Lindenberg</strong>er<br />

auf das Flechten und Nähen von Strohhüten, genannt „Schatthüte“, die vor<br />

allem von Bauern bei <strong>der</strong> Feldarbeit getragen wurden. Diese Tätigkeit war ein<br />

Nebenerwerb während <strong>der</strong> Wintermonate, <strong>der</strong> aber zunehmend<br />

professioneller betrieben wurde. 1765 schließlich gründete Lorenz Miller die<br />

erste „Hut-Compagnie“.<br />

Ein erster Höhepunkt <strong>der</strong> Strohhutherstellung ist für die 1830er Jahre zu<br />

beobachten. Mit Beginn <strong>der</strong> Industrialisierung verdrängte dann die Einfuhr<br />

von Geflechten <strong>aus</strong> Italien, <strong>der</strong> Schweiz, Belgien und China heimische<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong>. Mit billigen Rohstoffen und einer zunehmenden<br />

Mechanisierung <strong>der</strong> Hutherstellung konnten nun die zunehmend größeren


Aufträge ertragreicher erledigt werden. 1885 gab es 23 Fabrikanten und 13<br />

Händler in <strong>der</strong> westallgäuer Hutbranche. Die bedeutendsten Firmen waren<br />

Milz (gegr. 1828), Huber (gegr. 1835) und Reich (gegr. 1838), die zusammen<br />

drei Viertel <strong>der</strong> gesamten Hutproduktion im Allgäu stellten.<br />

Um <strong>der</strong> schlechten wirtschaftlichen Lage nach dem Ersten Weltkrieg<br />

entgegen zu wirken, versuchten die <strong>Lindenberg</strong>er Hutfabrikanten im Ausland<br />

Produktionsstätten zu gründen. Durch einen Zusammenschluss <strong>der</strong> Firmen<br />

Reich, Milz, Huber und Seeberger-Weiler entstand in Rio de Janeiro die<br />

deutsche Hutfirma Algovia. Erwin Reich und ein Stab <strong>aus</strong>gesuchter Mitarbeiter<br />

versuchten sich am Aufbau eines Unternehmens, das jedoch<br />

scheiterte.<br />

Im Kontext <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise sank <strong>der</strong> Absatz für Herrenstrohhüte<br />

1925 bis 1927 drastisch, wodurch viele Handelsbeziehungen abbrachen. Ein<br />

Rettungsversuch bestand darin, Damenstrohhüte in billigen Preislagen<br />

herzustellen. Außerdem wurde eine neue Sparte in <strong>der</strong> Hutproduktion für<br />

<strong>Lindenberg</strong> erschlossen: <strong>der</strong> Filzhut.<br />

Mit dem Beginn <strong>der</strong> Verarbeitung von Filzstumpen zu Damenhüten wurde bei<br />

<strong>der</strong> Firma Milz erstmals 1928 begonnen. 1937 stand die Produktion bei <strong>der</strong><br />

Firma Reich bereits bei 1,5 Millionen Hüten. Während des Zweiten Weltkriegs<br />

war die Hutindustrie gezwungen, sich auf die Herstellung von Sonnenschuten,<br />

Schneeschuhen und Tropenhelmen zu konzentrieren.<br />

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren Brennstoffe für die<br />

Hutproduktion knapp. Deswegen behalfen sich die Menschen mit dem<br />

Stechen von Torf <strong>aus</strong> dem <strong>Lindenberg</strong>er Moor am Waldsee. Im Zuge des<br />

„Wirtschaftswun<strong>der</strong>s“ stieg in den 1950er Jahren die Nachfrage nach Damen-<br />

und Herrenfilzhüten wie<strong>der</strong> stark an – eine letzte Boomphase <strong>der</strong><br />

Hutindustrie, die bis in die 1960er Jahre anhielt.<br />

Die gesellschaftlichen und kulturellen Verän<strong>der</strong>ungsprozesse beeinflussten<br />

auch das Kleidungs- und Modeverhalten. Eine Reihe von Faktoren sorgten so<br />

dafür, dass das Huttragen „<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Mode“ kam. In <strong>Lindenberg</strong> war dieser<br />

Rückgang vor allem in den 1970er und 1980er Jahren zu spüren. Immer mehr<br />

Hutfirmen konnten im globalisierten Wettbewerb nicht mehr bestehen und<br />

mussten nach Phasen <strong>der</strong> Kurzarbeit den Konkurs anmelden. 1997 schließlich<br />

wurde auch die Firma Ottmar Reich, einst eine <strong>der</strong> größten Hutfabriken<br />

Europas, geschlossen.<br />

3. Bestandsaufnahme: Hutmuseum <strong>Lindenberg</strong>


3.1 Träger und Organisation<br />

Das Hutmuseum <strong>Lindenberg</strong> wurde 1981 eröffnet und steht unter <strong>der</strong><br />

Trägerschaft <strong>der</strong> Stadt <strong>Lindenberg</strong> im Allgäu. Es ist im 2. Obergeschoss <strong>der</strong><br />

ehemaligen Hutfabrik „Mercedes“ untergebracht.<br />

Das Hutmuseum verfügt über eine Dauer<strong>aus</strong>stellungsfläche von knapp 200<br />

m². Die Depotflächen im Dachgeschoss sowie im Keller sind <strong>aus</strong><br />

konservatorischer Sicht ungenügend hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Temperaturschwankungen und Feuchtigkeitsverhältnisse.<br />

Flächen für Son<strong>der</strong><strong>aus</strong>stellungen bzw. Son<strong>der</strong>veranstaltungen sowie für<br />

museumspädagogische Aktivitäten sind nicht vorhanden.<br />

Erweiterungsmöglichkeiten im H<strong>aus</strong> gibt es nicht. Die Erschließung über<br />

Treppen ist we<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>tengerecht noch behin<strong>der</strong>tenfreundlich.<br />

Der Museumsleiter sowie sein Stab von Mitarbeitern sind ehrenamtlich tätig<br />

und erhalten eine geringe Aufwandsentschädigung. Das Hutmuseum ist an<br />

zwei Tagen pro Woche (mit einer Gesamtstundenzahl von 20 pro Monat)<br />

geöffnet. Im Jahr 2009 konnten dennoch knapp 3900 Besucher gezählt<br />

werden. Dabei waren 86 Gruppenführungen zu verzeichnen.<br />

3.2 Sammlung<br />

Die Sammlung des Hutmuseums wurde im Auftrag <strong>der</strong> Stadt<br />

<strong>Lindenberg</strong> von ehrenamtlichen Mitarbeitern aufgebaut. Hans Stiefenhofer<br />

und sein späterer Nachfolger als Museumsleiter, Manfred Röhrl, haben mit<br />

großem Engagement die vermutlich bedeutendste Spezialsammlung zur<br />

Hutkultur zusammengetragen.<br />

Zumeist waren es Schenkungen, die Manfred Röhrl aufgrund<br />

seiner Kontakte <strong>aus</strong> <strong>der</strong> jahrzehntelangen Beschäftigung in <strong>der</strong> Hutbranche<br />

erwirken konnte. Mit geringfügigen Ankäufen und Sicherungen <strong>aus</strong><br />

Konkursbeständen steht dem Museum ein Gesamtbestand von<br />

ca. 1400 Hüten (<strong>aus</strong> Stroh, Filz, Stoff, Holz, Papier, Bast, Le<strong>der</strong>, Pelz und<br />

Kunststoff), 75 Hutschachteln, 50 Figurinen und Büsten sowie Garniturmaterial,<br />

Maschinen, Formenmaterial, Einrichtungsgegenstände, Textilien,<br />

Archivalien, Original- und Fachliteratur und eine große Fotosammlung<br />

zur Verfügung.<br />

Etwa zwei Drittel des Sammlungsbestands sind mit einem selbst<br />

geschriebenem Datenbankprogramm vom Ehepaar Röhrl auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

einer einjährigen ABM-Inventarisierungsmaßnahme im Jahr 2004 digital


erfasst.<br />

4. Konzeptskizze<br />

Im Folgenden soll anhand einer inhaltlichen Rahmenkonzeption eine<br />

realisierbare Vision für die Errichtung eines neuen Hutmuseums im<br />

historischen Fabrikationsgebäude <strong>der</strong> ehemaligen Hutfabrik Reich aufgezeigt<br />

werden.<br />

4.1 Museumsname<br />

Der Name eines Museums ist in vielen Fällen die erste Kontaktbrücke zu den<br />

Interessenten und kann bereits Assoziationen und eine Erwartungshaltung<br />

hervorrufen bzw. eine gezielte Botschaft vermitteln. Wir empfehlen deshalb<br />

eine intensive Beschäftigung mit <strong>der</strong> Benennung des neuen H<strong>aus</strong>es. Aus<br />

Gründen <strong>der</strong> strategischen Positionierung schlagen wir den Namen<br />

„Das Reich <strong>der</strong> Hüte“<br />

vor.<br />

Dieser Titel hat eine poetische Aussage, schlägt eine nominelle Verbindung<br />

zum ehemaligen Fabriknamen „Ottmar Reich“ und weckt positive<br />

Assoziationen.<br />

Der Museumsname müsste ergänzt werden durch einen <strong>aus</strong>sagekräftigen<br />

Untertitel, <strong>der</strong> einen weiteren ersten Eindruck vom zu erwartenden Angebot<br />

im Museum vermittelt. Als Varianten stellen wir zur Diskussion:<br />

Deutsches Museum <strong>der</strong> Hutkultur<br />

Handwerk – Industrie – Kultur<br />

Museum <strong>der</strong> Hutindustrie und Hutkultur<br />

Von Menschen und Hüten<br />

Kultur – Industrie – Museum


Industriemuseum <strong>der</strong> Hutkultur<br />

Menschen – Hüte – Industriekultur<br />

4.2 Konzeptionelle Leitlinien <strong>der</strong> neuen Präsentation<br />

Eine künftige Präsentation wird sich grundsätzlich vom Erscheinungsbild des<br />

jetzigen <strong>Lindenberg</strong>er Hutmuseums unterscheiden. Dies betrifft die<br />

konzeptionelle Leitlinie mit neuen inhaltlichen Schwerpunkten ebenso wie<br />

die Gestaltungssprache.<br />

Der Fokus wird im Wesentlichen auf drei Bereichen liegen:<br />

Hutherstellung - Hüte - Hüte Tragen.<br />

Dieser Ansatz verbindet die Sozialgeschichte mit <strong>der</strong> Technikgeschichte,<br />

sowie die Kunst- und Epochengeschichte mit <strong>der</strong> Wirtschaftsgeschichte <strong>der</strong><br />

Region Westallgäu.<br />

Grundsätzlich steht dabei immer die erzählerische Perspektive <strong>der</strong> mit den<br />

jeweils zu zeigenden Aspekten verbunden Menschen im Mittelpunkt. Die<br />

biografische Methode <strong>der</strong> „Oral History“ – eine auf mündliche Überlieferung<br />

zentrierte Forschungsrichtung – wird dabei die wesentlichen Informationen<br />

liefern: Die „Produzenten“ selbst dokumentieren, erklären und deuten die<br />

Produkte ihrer Arbeit. Somit sollen die vielen Spezialberufe und die vielen<br />

„Hände“, die am Herstellungsprozess beteiligt sind, den Besuchern bewusst<br />

gemacht werden.<br />

Neben den Produzenten stehen aber auch im Weiteren die „Konsumenten“<br />

im Blickfeld. Sie bestimmen durch ihr Kaufverhalten und die zeichenhafte<br />

Aussage, die sie durch das Tragen <strong>der</strong> Hüte zur Schau stellen, letztlich wie<strong>der</strong><br />

die Produktionsprozesse in ihren Phasen von Konjunktur und Krise. Der sich<br />

damit schließende Kreis macht den konzeptionellen Ansatz eines ganzheitlichen<br />

Blicks auf den Hut als Kulturfaktor deutlich und setzt den<br />

Gegenwartsbezug an den Anfang und das Ende <strong>der</strong> Dauer<strong>aus</strong>stellung.<br />

Dieser Gegenwartsbezug muss konzeptionell an verschiedenen Stellen immer<br />

wie<strong>der</strong> eine tragende Rolle spielen. So lassen die Ergebnisse <strong>der</strong> Oral History-<br />

Forschung die Blickrichtung <strong>aus</strong> <strong>der</strong> aktuellen Zeit nachvollziehen und die<br />

Verbindung <strong>der</strong> Thematik zu den Erfahrungen und dem Vorwissen <strong>der</strong><br />

Museumsbesucher erleichtern den emotionalen Einstieg in die<br />

„Geschichten“, die in <strong>der</strong> Ausstellung erzählt werden. Nicht zuletzt soll die<br />

historisch-chronologische Darstellung auch die aktuellen Entwicklungen<br />

dokumentieren.


Ein abwechslungsreicher Parcours soll die Technisierung und<br />

Industrialisierung eines Handwerks zeigen und die Produktionsprozesse sowie<br />

die damit verbundenen Arbeitsverhältnisse anschaulich machen. Ein „roter<br />

Faden“ (<strong>der</strong> in einem Hutmuseum selbstverständlich ein Hut sein muss)<br />

durchzieht die Ausstellung und führt zu den Gelenkstellen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung –<br />

zu Personen, Erfindungen, Orten o<strong>der</strong> Ereignissen, die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

bewirkt haben und somit Wendepunkte in <strong>der</strong> Geschichte des Huts markieren.<br />

Wie<strong>der</strong>kehrende Fragen nach <strong>der</strong> Zeichenhaftigkeit <strong>der</strong> Hüte in den<br />

verschiedenen Epochen, nach Moden, Zeitgeist und wirtschaftlichen Zyklen<br />

zeigen die Verwobenheit des Themas Hut mit <strong>der</strong> allgemeinen Zivilisationsgeschichte.<br />

Es muss deutlich werden, wie sich in <strong>der</strong> Hutregion Westallgäu<br />

die Entwicklungen in <strong>der</strong> Welt als Reaktionen und Impulse wi<strong>der</strong>spiegeln.<br />

Die Führungslinie soll den Besuchern durch eine logische Abfolge von<br />

thematischen Einheiten das Verstehen <strong>der</strong> Zusammenhänge erleichtern,<br />

abwechslungsreiche Raumeindrücke bieten, an geeigneten Stellen Durch-<br />

und Einblicke erlauben und immer wie<strong>der</strong> Platz für die Ansammlung bei<br />

Gruppenführungen schaffen. Für die jungen Museumsbesucher ist eine<br />

eigene „Kin<strong>der</strong>linie“ angedacht.<br />

Generalziel ist die Schaffung eines in seiner Gesamtheit attraktiven<br />

kulturellen Angebots, das besucherorientiert <strong>aus</strong>gerichtet ist,<br />

unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Besuchergruppen bereit hält<br />

und den Ausflug in das „Reich <strong>der</strong> Hüte“ zu einem schönen Erlebnis macht:<br />

Bildung, Vergnügen, Freizeitgestaltung, Kommunikation und fachliches<br />

Interesse sollen hier einen gemeinsamen Ort finden.<br />

4.3 Themenbereiche <strong>der</strong> Dauer<strong>aus</strong>stellung<br />

Die Dauer<strong>aus</strong>stellung des neuen Museums wird sich auf zwei Stockwerke im<br />

Reich-Gebäude erstrecken. In drei großen Einheiten kann dort auf einer<br />

Fläche von ca. 1000 m² die Geschichte <strong>der</strong> Westallgäuer Hutindustrie im<br />

Kontext allgemeiner Entwicklungen gezeigt werden.<br />

4.3.1 Dauer<strong>aus</strong>stellung I:<br />

Arbeits- und Sozialleben in <strong>der</strong> Hutmacherregion Westallgäu<br />

Dieser Ausstellungsbereich soll in einer Quersicht die Hutproduktion und die<br />

daran beteiligten Menschen aufzeigen. An geeigneten Stellen kann dabei die<br />

jeweilige Entwicklung einzelner Aspekte den Blick in die historische Tiefe


erweitern.<br />

A) „Innerhalb des Fabrikgeländes“<br />

Die museale Darstellung des Arbeitslebens wird zunächst den Fokus auf ein -<br />

idealisiertes - Fabrikgelände richten, innerhalb dessen Produktionseinheiten,<br />

charakteristische Einrichtungen, Maschinen und Arbeitsvorgänge deutlich<br />

werden.<br />

Wie <strong>der</strong> Großkunde einer Hutfabrik betritt <strong>der</strong> Besucher ein schön gestaltetes<br />

Musterzimmer o<strong>der</strong> einen Messestand. Dort können – zweimal pro Jahr<br />

wechselnd – eine Auswahl <strong>aus</strong> <strong>der</strong> aktuellen Kollektion <strong>der</strong> regionalen<br />

Hutproduzenten <strong>aus</strong>gestellt sein. Daran anschließend sollen Fragen gestellt<br />

und beantwortet werden: z.B. was steckt hinter diesen ästhetisch schönen<br />

Arbeitsergebnissen, wer hat sich viel Arbeit gemacht, wie wird produziert,<br />

welche Zulieferer gibt es etc.?<br />

Anhand von zwei neu zu entwerfenden Museumshüten für Damen bzw. für<br />

Herren (vielleicht im Rahmen eines Wettbewerbs in Kooperation mit <strong>der</strong><br />

Meisterschule für Mode in München) soll dabei – als Leitlinie – <strong>der</strong><br />

Produktionsprozess in allen Planungs- und Fertigungsstufen inklusive <strong>der</strong><br />

angekauften Zulieferware vermittelt werden.<br />

An geeigneten Stellen werden übergreifende Aspekte wie z.B.<br />

� Frauen-/Männer-Arbeitsbereiche<br />

� Lehrzeit und Ausbildung<br />

� Arbeitsbedingungen<br />

� Hierarchien im Betrieb<br />

� etc.<br />

unterschiedliche Erfahrungen des Arbeitsalltags illustrieren.<br />

Die Untereinheiten A) im Überblick:<br />

� Musterzimmer / Messestand<br />

� Entwurf und Modell<br />

� Fachen


� Filzen<br />

� Walken<br />

� Stumpen formen<br />

� Stroh aufbereiten und Strohbän<strong>der</strong> flechten (am Beispiel <strong>der</strong><br />

Kooperationspartnerregion Montappone/Italien)<br />

� Färben und Bleichen<br />

� Ziehen und Appretieren<br />

� Formen machen: Holz<br />

� Formen machen: Aluminium<br />

� Ziehen und Formen<br />

� Stroh nähen<br />

� Pressen<br />

� Oberflächenbearbeitung<br />

� Steppen und Beschneiden<br />

� Innen<strong>aus</strong>stattung<br />

� Garnieren<br />

� Kontrolle<br />

� Verpackung<br />

� Versand<br />

� Büro und Direktion<br />

� Betriebsrat<br />

� Vertrieb<br />

� Ensemble Hutfabrik: ein unternehmerisches Gesamtkonzept vom<br />

Kesselh<strong>aus</strong> bis zum Kin<strong>der</strong>garten


B) „Außerhalb des Fabrikgeländes“<br />

Mit <strong>der</strong> letztgenannten Untereinheit „Ensemble Hutfabrik“ ist bereits die<br />

Öffnung des Blicks auf die Aspekte jenseits des eigentlichen Arbeitsprozesses<br />

angedeutet: Was ereignet sich „außerhalb des Fabrikgeländes“, wie prägt die<br />

Hutmacherkultur die Region Westallgäu, wie leben und wohnen die<br />

„Huterer“, wie hat die Hutindustrie die Entwicklung <strong>der</strong> Orte und des dort<br />

charakteristischen gesellschaftlichen Lebens bestimmt etc.?<br />

Die Untereinheiten B) im Überblick:<br />

� Heimarbeit<br />

� Zulieferer<br />

� Wohnen<br />

� Freizeit<br />

� Vereine<br />

� Streik 1954<br />

� Gewerkschaften<br />

� Feste und Feiern<br />

� Ortsentwicklungen<br />

4.3.2 Dauer<strong>aus</strong>stellung II:<br />

Das Westallgäu und die Hutherstellung<br />

Dieser Ausstellungsbereich ist nicht nur zwischen die beiden großen Bereiche<br />

geschaltet, son<strong>der</strong>n soll die Aufmerksamkeit auf den authentischen Ort und<br />

die authentische Region lenken. Es geht also um die konkrete Verortung des<br />

vorhergehend Gezeigten und um eine exemplarische Standortbestimmung:<br />

Wo befindet sich <strong>der</strong> Besucher gerade, was haben <strong>Lindenberg</strong>, Weiler und<br />

weitere Orte <strong>der</strong> Hutproduktion an konkreter Hutgeschichte aufzuweisen,<br />

welche Funktion hatte das Museumsgebäude etc.?<br />

Leitlinien <strong>der</strong> Konzeption werden die Zeitachse und die Region sein. Die


Untereinheiten im Überblick:<br />

� Pferdehandel und <strong>Lindenberg</strong><br />

� Standortfragen<br />

� Westallgäu und italienische Strohhut-Industrie am Beispiel des<br />

Kooperationspartners Montappone<br />

� Entwicklung in <strong>der</strong> Region Westallgäu: 34 Hutfabriken<br />

� H<strong>aus</strong>geschichte und Firmengeschichte „Hutfabrik Ottmar Reich“<br />

4.3.3 Dauer<strong>aus</strong>stellung III:<br />

Der Hut und die Kulturgeschichte<br />

In einem dritten Ausstellungsbereich soll es um den Hut als Spiegel <strong>der</strong><br />

Kultur- und Zivilisationsgeschichte gehen. In einem Längsschnitt, bei dem als<br />

konzeptionelle Leitlinie die Zeitachse <strong>der</strong> Epochengeschichte fungiert, wird<br />

die Entwicklung des Huts als beson<strong>der</strong>es Gebrauchsobjekt beobachtet, das in<br />

unterschiedlichen Kontexten viele weitere Funktionen erfüllt.<br />

Bestimmte Fragestellungen werden dabei in allen Abteilungen immer wie<strong>der</strong><br />

neu formuliert und unter jeweils spezifischen Themenschwerpunkten<br />

betrachtet: Einflussfaktoren, die Entwicklungswege gelenkt haben,<br />

symbolisch-zeichenhafte Aussagen, die Hutträger machen wollten, und<br />

Bedingungen, die zu Konjunkturen und Krisen <strong>der</strong> Hutbranche geführt haben.<br />

Die Untereinheiten in Epochenschritten im Überblick:<br />

Bis zum Mittelalter<br />

� Erste Zeugnisse von Hüten<br />

� Zeichenhaftigkeit und Klei<strong>der</strong>ordnung: Hüte für Klerus<br />

16./17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

� Zünfte und Historische Produktion<br />

� Zeichenhaftigkeit: Hüte für Stände


18./19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

� Historische Hüte 18./19. Jh. (z.T. Leihgaben)<br />

� Epochen, Modephasen und Impulsgeber: Empire,<br />

Bie<strong>der</strong>meier, Paris<br />

� Globalisierung 1 und Internationalität: Allgäu-Asien im<br />

19. Jh.<br />

� Zeichenhaftigkeit: Sozialgesellschaftliche Differenzierung, Politik<br />

� Hut im Trachtenkontext: Region Westallgäu<br />

(z.T. Leihgaben)<br />

um 1900<br />

1920er<br />

� Typologie: Klassiker und ihre Geschichte<br />

� Modephase und Impulsgeber: Paris und London<br />

� Konsum und Konsumenten, Werbung<br />

� Industrialisierung <strong>der</strong> Hutherstellung<br />

� Zeichenhaftigkeit: Hüte für Berufsgruppen<br />

� Matrosenhüte Wilhelm II<br />

� Globalisierung 2: Algovia in Südamerika<br />

� Konsum und Konsumenten, Werbung<br />

� Modephasen und Impulsgeber: Paris und London<br />

� Konjunktur und Krise<br />

� Zeichenhaftigkeit: Zeitgeist<br />

1930/40er<br />

� Kriegsproduktion<br />

� Zeichenhaftigkeit: „Deutsche Hutmode“<br />

� Konsum und Konsumenten, Werbung


1950/70er<br />

Heute<br />

…..<br />

� Hut im Kleidungskontext: Schuhe, Schmuck, Accessoires, Mäntel,<br />

Klei<strong>der</strong>, Anzüge, Taschen etc.<br />

� Zeichenhaftigkeit: Wirtschaftswun<strong>der</strong><br />

� Modephasen und Impulsgeber: USA<br />

� Hut in Musik und Film<br />

� Der Hutsalon: Schaufenster<br />

� Konsum und Konsumenten, Werbung<br />

� Konjunktur und Krise<br />

� Etikette: Der Umgang mit dem Hut<br />

� Sprüche<br />

� Bekannte Hutträger, Sozialistenhut, Hutkönigin<br />

� Konsum und Konsumenten, Werbung<br />

� Die Wie<strong>der</strong>kehr des Huts?<br />

� Museums-Hutsalon: Besucher probieren Hüte, können sich selbst<br />

fotografieren und Fotos per eMail verschicken<br />

10. Ergebnis und Empfehlungen<br />

Nach <strong>der</strong> dargelegten Überprüfung <strong>der</strong> Machbarkeit einer Errichtung eines<br />

neuen <strong>Lindenberg</strong>er Hut-Museums im Fabrik-gebäude <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Hutfabrik Ottmar Reich kommen wir zum Ergebnis, diese Frage positiv zu<br />

beantworten.<br />

In <strong>der</strong> Zusammenschau sind dafür folgende Argumente zu nennen:


10.1 Gebäude<br />

Das ehemalige Fabrikgebäude <strong>der</strong> Fa. Reich wurde 1923 vom renommierten<br />

Architekten Philipp Jakob Manz <strong>aus</strong> Stuttgart errichtet. Es repräsentiert einen<br />

damals sehr mo<strong>der</strong>nen, funktio-nellen Industriebau und gleichzeitig einen<br />

authentischen Pro-duktionsort <strong>der</strong> westallgäuer Hutindustrie, an dem bis zu<br />

1200 Menschen gearbeitet haben.<br />

Das Gebäude wird damit bereits zu einem „Ausstellungsobjekt“, das durch<br />

seine H<strong>aus</strong>geschichte ein wichtiger Zeuge <strong>der</strong> Hut-kultur ist. Mit dem<br />

angebauten Kesselh<strong>aus</strong> steht es für das ideal-typische zentrale<br />

Produktionsgebäude einer Hutfabrik-Anlage.<br />

Die bereit stehenden Gebäudeflächen in den fünf Geschossen reichen <strong>aus</strong>,<br />

um die skizzierte Konzeption einer Dauer<strong>aus</strong>stellung sowie alle<br />

Funktionsbereiche für einen sinnvollen, mo<strong>der</strong>nen Museumsbetrieb<br />

realisieren zu können.<br />

10.2 Sammlung<br />

Der Objektbestand <strong>der</strong> bisherigen Museumssammlung deckt die<br />

wesentlichen inhaltlichen Kategorien für die Dauer<strong>aus</strong>stellung ab. Die<br />

Sammlung umfasst nicht nur Hüte, son<strong>der</strong>n viele Objekte <strong>aus</strong> dem Kontext<br />

von Produktion und Konsum. Hier wurde von Museums¬leiter Manfred Röhrl<br />

und seinen Mitarbeitern mit dem richtigen Gespür ein Konvolut von<br />

Gegenständen <strong>der</strong> Hutkultur von überregionaler Bedeutung<br />

zusammengetragen.<br />

In Einzelbereichen, die nun konzeptionell neu in <strong>der</strong> Dauer<strong>aus</strong>-stellung<br />

dokumentiert und inszeniert werden sollen, sind Deside-rate aufzulösen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e werden Zeitzeugeninterviews eine wichtige Quelle und zugleich<br />

eine Darstellungsgrundlage für die neue Präsentationsform im <strong>Lindenberg</strong>er<br />

Hutmuseum sein – und müssen gezielt durchgeführt und <strong>aus</strong>gewertet<br />

werden.<br />

10.3 Stadt <strong>Lindenberg</strong> als Standort<br />

Die Stadt <strong>Lindenberg</strong> i. Allgäu ist das historische Zentrum <strong>der</strong> Hutherstellung<br />

im Westallgäu. Hier beginnt die Entwicklungs-geschichte mit dem<br />

Pferdehandel über die Alpen nach Italien und hier befanden sich die größten


Fabriken sowie die dichteste Konzentration von Produktionsstätten und<br />

Heimarbeitsplätzen.<br />

Hinzu kommt, dass die <strong>Lindenberg</strong>er Stadtgesellschaft die Hutgeschichte als<br />

„ihre Geschichte“ begreift, die <strong>der</strong> Stadt ihre gewachsene Identität verliehen<br />

hat. Die ländliche Industriekultur manifestiert sich darüber hin<strong>aus</strong> in<br />

Architekturdenkmälern, Wohn¬häusern und nicht zuletzt in <strong>der</strong> Fortführung<br />

<strong>der</strong> industriellen Struktur <strong>Lindenberg</strong>s nach <strong>der</strong> Krise <strong>der</strong> Hutproduktion und<br />

dem Wandel hin zu heute wie<strong>der</strong> sehr erfolgreichen an<strong>der</strong>en<br />

Wirt¬schafts¬sektoren.<br />

<strong>Lindenberg</strong> ist also prädestiniert als fortgesetzter Standort eines zentralen<br />

und überregional bedeutenden Hutmuseums.<br />

10.4 Besucherpotenzial<br />

<strong>Lindenberg</strong> i. Allgäu ist eingebettet in die touristisch hoch attraktive Natur-<br />

und Kulturlandschaft des Westallgäus, die sich bis an den Bodensee und nach<br />

Vorarlberg sowie die Schweiz erstreckt. Während sich <strong>Lindenberg</strong> in den<br />

1960er und 1970er Jahren als Industrieort begriff, haben Kommunen in <strong>der</strong><br />

Nah-region den Tourismus als Wirtschaftszweig entdeckt und sich dort sehr<br />

erfolgreich etabliert.<br />

So ist das Besucherpotenzial für ein neues Hutmuseum als sehr bedeutend zu<br />

bezeichnen. Im Umkreis von 20 km befinden sich jährlich ca. 925.000<br />

Urlaubsgäste, im Umkreis von 50 km sind es 3,2 Mio. Gäste. Nach <strong>der</strong>zeitigem<br />

Stand ist auch mit den geplanten ca. 250.000 Gästen des Center-Parcs in<br />

Leutkirch zu kalkulieren.<br />

Mit gezielt eingesetzten Instrumenten von Marketing, Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit lässt sich diese potenzielle Besuchergruppe für das<br />

Museum und seine Son<strong>der</strong>veranstaltungen und Son<strong>der</strong>¬programme<br />

erfolgreich bewerben und zu einem Tages<strong>aus</strong>flug nach <strong>Lindenberg</strong><br />

motivieren.<br />

10.5 Ausstellungsthematik und Konzeption<br />

Das Thema „Hut“ ist positiv besetzt und lässt sich gut vermarkten. Hüte sind<br />

ästhetisch schöne Objekte; sie sind für den Alltags¬gebrauch gedacht, das<br />

Tragen macht Vergnügen, und so ist die Thematik für alle Altersschichten<br />

interessant.


Die skizzierte kulturwissenschaftliche Konzeption ermöglicht eine<br />

ganzheitliche Sicht auf die Hutkultur. Durch den stark erzäh¬ler-ischen Ansatz<br />

<strong>der</strong> biografischen Methode <strong>der</strong> „Oral History-Forschung“ stehen die<br />

Menschen im Mittelpunkt <strong>der</strong> Ausstellung und <strong>der</strong> dort erzählten<br />

Geschichten. Menschen berichten <strong>aus</strong> ihrem Arbeitsleben in <strong>der</strong><br />

Hutindustrie, „erklären“ den Besuchern die Zusammenhänge und zeigen die<br />

ländliche Industriekultur im Gegengewicht zu den ebenso bedeutsamen und<br />

interessanten zivilisationsgeschichtlichen Aspekten <strong>der</strong> Hutkultur.<br />

Mit Einzelthemen<strong>aus</strong>wahl, Gestaltungssprache, eine Kin<strong>der</strong>-Linie,<br />

museologischem Medieneinsatz, Interaktivität und Inszenierungen wird ein<br />

neues <strong>Lindenberg</strong>er Hutmuseum sich von einem „verstaubten Museum“-<br />

Image leicht distanzieren können.<br />

Ein neues Hutmuseum hat das Potenzial für eine überregionale Bedeutung als<br />

Kulturinstitution und als Identifikationsort für das ganze Westallgäu.<br />

10.6 Erfolgsstrategie<br />

Die in <strong>der</strong> Studie genannten inhaltlichen Konzepte und Erfolgs-prognosen<br />

lassen sich nur realisieren, wenn die ebenfalls auf-gezeigten notwendigen<br />

Maßnahmen zur Umsetzung kommen:<br />

• Professionalisierung und Qualitätsarbeit auf allen Ebenen<br />

• Ausarbeitung eines innovativen Präsentationskonzepts und<br />

dessen hochqualitätvolle gestalterische und<br />

museums¬technische Umsetzung<br />

• Angebot von museumspädagogischen Programmen<br />

• Angebot von publikumsträchtigen Son<strong>der</strong><strong>aus</strong>stellungen und<br />

weiteren attraktiven Son<strong>der</strong>veranstaltungen von regionaler<br />

und überregionaler Bedeutung<br />

• enge Kooperation von Museum – Tourismus – Marketing<br />

• Ausstattung mit <strong>aus</strong>reichenden Finanzbudgets<br />

• breite Verankerung <strong>der</strong> Museumsidee in <strong>der</strong> <strong>Lindenberg</strong>er<br />

Stadtgesellschaft, die das neue Hutmuseum in einem neuen<br />

Stadtquartier als ihr Gemeinschaftsprojekt sieht: den<br />

Menschen <strong>der</strong> Hutindustrie ein Denkmal setzen!

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