Auszug aus der Machbarkeitsstudie - Lindenberg
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Aufträge ertragreicher erledigt werden. 1885 gab es 23 Fabrikanten und 13<br />
Händler in <strong>der</strong> westallgäuer Hutbranche. Die bedeutendsten Firmen waren<br />
Milz (gegr. 1828), Huber (gegr. 1835) und Reich (gegr. 1838), die zusammen<br />
drei Viertel <strong>der</strong> gesamten Hutproduktion im Allgäu stellten.<br />
Um <strong>der</strong> schlechten wirtschaftlichen Lage nach dem Ersten Weltkrieg<br />
entgegen zu wirken, versuchten die <strong>Lindenberg</strong>er Hutfabrikanten im Ausland<br />
Produktionsstätten zu gründen. Durch einen Zusammenschluss <strong>der</strong> Firmen<br />
Reich, Milz, Huber und Seeberger-Weiler entstand in Rio de Janeiro die<br />
deutsche Hutfirma Algovia. Erwin Reich und ein Stab <strong>aus</strong>gesuchter Mitarbeiter<br />
versuchten sich am Aufbau eines Unternehmens, das jedoch<br />
scheiterte.<br />
Im Kontext <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise sank <strong>der</strong> Absatz für Herrenstrohhüte<br />
1925 bis 1927 drastisch, wodurch viele Handelsbeziehungen abbrachen. Ein<br />
Rettungsversuch bestand darin, Damenstrohhüte in billigen Preislagen<br />
herzustellen. Außerdem wurde eine neue Sparte in <strong>der</strong> Hutproduktion für<br />
<strong>Lindenberg</strong> erschlossen: <strong>der</strong> Filzhut.<br />
Mit dem Beginn <strong>der</strong> Verarbeitung von Filzstumpen zu Damenhüten wurde bei<br />
<strong>der</strong> Firma Milz erstmals 1928 begonnen. 1937 stand die Produktion bei <strong>der</strong><br />
Firma Reich bereits bei 1,5 Millionen Hüten. Während des Zweiten Weltkriegs<br />
war die Hutindustrie gezwungen, sich auf die Herstellung von Sonnenschuten,<br />
Schneeschuhen und Tropenhelmen zu konzentrieren.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren Brennstoffe für die<br />
Hutproduktion knapp. Deswegen behalfen sich die Menschen mit dem<br />
Stechen von Torf <strong>aus</strong> dem <strong>Lindenberg</strong>er Moor am Waldsee. Im Zuge des<br />
„Wirtschaftswun<strong>der</strong>s“ stieg in den 1950er Jahren die Nachfrage nach Damen-<br />
und Herrenfilzhüten wie<strong>der</strong> stark an – eine letzte Boomphase <strong>der</strong><br />
Hutindustrie, die bis in die 1960er Jahre anhielt.<br />
Die gesellschaftlichen und kulturellen Verän<strong>der</strong>ungsprozesse beeinflussten<br />
auch das Kleidungs- und Modeverhalten. Eine Reihe von Faktoren sorgten so<br />
dafür, dass das Huttragen „<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Mode“ kam. In <strong>Lindenberg</strong> war dieser<br />
Rückgang vor allem in den 1970er und 1980er Jahren zu spüren. Immer mehr<br />
Hutfirmen konnten im globalisierten Wettbewerb nicht mehr bestehen und<br />
mussten nach Phasen <strong>der</strong> Kurzarbeit den Konkurs anmelden. 1997 schließlich<br />
wurde auch die Firma Ottmar Reich, einst eine <strong>der</strong> größten Hutfabriken<br />
Europas, geschlossen.<br />
3. Bestandsaufnahme: Hutmuseum <strong>Lindenberg</strong>