Ernestine Gohr Die Akte Atlan - Der Atlan-Club-Deutschland
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16. Juni 2040, 02:17 früh; noch einmal <strong>Atlan</strong><br />
Kosnow veränderte sich. Er schien zu schrumpfen und starrte mich plötzlich mit durchdringend<br />
hellen Augen an, die sogar durch meinen Monoschirm hindurch stachen. Dann zerflossen seine<br />
Konturen endgültig zu einem metallisch schimmernden Klumpen.<br />
Ich saß wie gelähmt auf meinem Stuhl und wollte die Leute um mich herum anschreien, endlich<br />
etwas zu unternehmen. Sahen sie denn nicht, was da passierte?<br />
Mein Rufen wurde nicht mehr als ein heiseres Flüstern, dass auch nur ich allein zu hören schien.<br />
Entsetzt sah ich das Metall sich aufblähen und immer noch größer werden. <strong>Die</strong> mattschimmernde<br />
Kugel nahm bereits den halben Raum ein und dehnte sich immer noch weiter aus. <strong>Die</strong> stummen<br />
Beobachter rührten sich nicht und wurden einer nach dem anderen zerquetscht. Nur noch Sekunden<br />
und es würde auch mich erreichen.<br />
*<br />
Plötzlich war Marlis an meiner Seite. Ihre vollen Lippen bewegten sich, doch ich konnte ihre Worte<br />
nicht verstehen. Wenn ich nichts unternahm, würde sie noch vor mir sterben. Dann war die metallene<br />
Fläche direkt hinter ihr und drückte sie unerbittlich zur Seite weg. Eine kalte, emotionslos klirrende<br />
Stimme ertönte und behauptete, dass alles sei meine eigene Schuld.<br />
Ich ächzte und zerrte, doch ich bekam meine Arme nicht von diesem verdammten Stuhl los. Ich sah<br />
mein verzerrtes Gesicht, wie es sich im Metall spiegelte. Kein Ausweg...<br />
Wach endlich auf! Aus dem Flüstern meines Extrahirns war ein lautes Schreien geworden. Ich<br />
öffnete weit die Augen und richtete mich auf. Ich zitterte und meine Sachen klebten mir am Leib.<br />
Schon wieder ein Albtraum, schlimmer als je zuvor. Meine Kehle war wie ausgedörrt. Noch mehr<br />
dürstete mich aber nach Stimmen und nach Licht.<br />
Ich versuchte tief und gleichmäßig zu atmen, aktivierte die Beleuchtung, das Radio und wankte zum<br />
Waschraum. Lange blieb ich unter der Dusche, wechselte mehrmals heißes und kaltes Wasser. <strong>Die</strong><br />
Erinnerung an den Traum wurde nur ganz allmählich schwächer und verlor etwas von ihrem<br />
Schrecken.<br />
Es ist wegen Marlis. Ein schlechtes Gewissen, Arkonprinz? Insgeheim erkannte ich, dass mein<br />
Extrasinn richtig vermutete. Vor zwei, nein, vor drei Tagen hatte ich sie flüsternd darum gebeten, mir<br />
zu helfen. Sie erschrak nicht, sie hatte mich nur mit ihren großen dunklen Augen fragend angesehen.<br />
Ich wusste, ich hatte kein Recht sie hineinzuziehen.<br />
Wenn sie so klug ist wie Du glaubst, wird sie Dir nicht helfen. Ich lachte freudlos. Ein schöner<br />
Ratgeber bist Du, vielen Dank!<br />
Ich schenkte vom kalifornischen Rotwein ein und versuchte mich zu entspannen. Das Interieur<br />
meines Gefängnisses war eigentlich hell und freundlich, doch trotz des Komforts würde mir dieses<br />
Haus immer verhasst bleiben.<br />
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