Wanderzeit, Ausgabe März 2017

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4 DWV-Ausbildung „Mein Weg zum Wanderführer“ Wie wird man eigentlich Wanderführer? Was müssen sie können? Wie bekommt man das Zertifikat des Deutschen Wanderverbandes (DWV) – und was haben Interessierte selbst davon? Ulrich Pramann, Herausgeber des Jahresmagazins „Wanderbares Deutschland“, machte eine Ausbildung mit – als Teilnehmer eines 8-tägigen Kompaktkurses in Balingen-Dürrwangen (Schwäbische Alb) und schrieb über seine Erfahrungen eine 7-Seiten-Reportage. Sonntagabend, Tatortzeit. Eigentlich. Doch wir sprechen über Wetterkapriolen, Zecken und andere Risiken unterwegs und was zu tun ist, wenn Streithanseln oder Besserwisser & Co. eine Wandergruppe stören. Tagsüber hatten wir den Umgang mit einem Kompass gelernt und unter Zuhilfenahme von Lineal und Zirkel versucht, Gehzeiten zu berechnen. „Puh“, stöhnte Kerstin, „ich frag mich echt: Welche Sau hat mich gebissen, dass ich mich hier angemeldet hab“. U. Pramann Manche Ausbildungsinhalte wie etwa zum Thema Recht sind am besten drinnen zu vermitteln. War wohl nur ein Zwischentief. Denn am Ende dieser Woche sind sich alle einig, auch Kerstin schwärmt: „Boah, waren das heftige, intensive, anstrengende Tage – aber es war eine schöne Zeit.“ So viel Stoff. So viele neue Erfahrungen, da draußen im Wald, hier im Seminarraum. Die munteren Gespräche bei Tisch. So viel neue Wörter. UTM-Gitter, Terminaltrieb, Schummerung, After Action Review. So viele interessante Leute. „Wirklich kompetente Referenten“, sagt Barbara. „So eine tolle, lustige Gruppe“, bilanziert Birgit. Wir sind 17. Manche sind zwei, drei Stunden angereist und jetzt sind wir ge- U. Pramann Der Weg zum zertifizierten DWV-Wanderführer ist anspruchsvoll. Am Ende können alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Wanderkarte problemlos lesen. Wanderzeit 1|2017
DWV-Ausbildung 5 spannt, was uns hier in den nächsten acht Tagen erwartet. Hier im historischen Haus der Volkskunst in Balingen-Dürrwangen auf der Schwäbischen Alb, hier bei der Ausbildung zum Wanderführer. Ich habe mich bei diesem Kompaktkurs angemeldet, weil mich Jürgen Wachowski heiß gemacht hatte. Zufällig saßen wir in Berlin zusammen, morgens beim Frühstück, vor der Auftaktveranstaltung zum „Tag des Wanderns“, die der Deutsche Wanderverband organisiert hatte. Beim Kaffee erzählte Jürgen, der Verbandsfachwart Wandern, dass mittlerweile 6.500 Wanderbegeisterte eine Ausbildung zum zertifizierten Wanderführer des DWV absolviert haben. Der vierte Tag. Boah, langsam wird klar, wie viel Detailwissen von einem Wanderführer erwartet wird. Unser Kompaktlehrgang dauert acht Tage, von morgens um acht Uhr (Frühstück) bis weit nach dem Abendessen (noch ein Vortrag und Absacker). In 80 Unterrichtsstunden sollen wir fit gemacht werden. tröstlich, wie Bettina ihren Vortrag schließt: „Seid achtsam, habt Spaß und fürchtet euch nicht.“ Der achte und neunte Tag. Welches Marketing ist für Wanderführer geeignet? Mit wem könnte ich kooperieren? Wie schreibe ich eine Pressemeldung? Wolf- Was? Schon so viele? Wusste ich nicht. Kartenkunde, Rhetorik, Berechnung von Gehzeiten, Grundzüge der Naturpädagogik, erlebnisorientierte Landschaftsvermittlung, Wetterkunde, Reiserecht und Haftungsfragen, Geologie und Ökologie, Marketing und Pressearbeit – „all das ist für eine professionell geführte Wanderung unverzichtbar“, sagte Jürgen und erklärte mir, warum ein Wanderführer nicht nur Weg-Weiser ist, sondern auch ein Ratgeber, ein Multiplikator, der auf Qualität setzt, der den Wandergedanken und sanften Tourismus fördert, der für Natur, Kultur und Umwelt wirbt und das Ehrenamt stärkt. Donnerwetter, dachte ich, und so ein Pensum haben sich schon 6.500 Teilnehmer zugemutet? Warum machen die das? Was haben die davon? Macht so ein Lehrgang denn auch Spaß? Um mir selbst ein Bild zu machen, meldete ich mich bei der Heimat- und Wanderakademie des Schwäbischen Albvereins an. Die Ausbildung zum zertifizierten DWV- Wanderführer wurde auch für mich eine beeindruckende Erfahrung. Wir haben viel gearbeitet und auch viel gelacht. Zum Beispiel mit Heike Krieg, einer temperamentvollen Referentin. Sie ist Schwäbin durch und durch. Sie macht uns vertraut mit Geländeformen wie Kuppe, Kegel oder Kessel, sie erklärt das geografische Koordinatensystem, Meridianzonen und die zunächst verwirrend vielen Symbole auf einer Wanderkarte, die alle bei der Orientierung helfen – wenn man sie denn kennt. Heike fasst das so zusammen: „Das A und O isch, wisset wo mir sind, sonscht häm ma verschisse.“ U. Pramann Selbst wie die Höhe eines Baumes traditionell zu peilen und zu messen ist, wird während der DWV-Ausbildung vermittelt. Wie interessiere ich potenzielle Kunden (Marketing)? Wie plane ich eine Wanderung? Was macht eine erlebnisreiche Wanderung aus (Konzeption)? Was sagt der Himmel (Wetterkunde)? Was, wie viel und wie erzähle ich unterwegs (Kommunikation)? Welches Detailwissen kann zusätzlich bereichern (Geologie, erlebnisorientierte Landschaftsvermittlung)? Was ist, wenn zum Beispiel unterwegs einer stolpert (Haftungsrecht)? „Jede Tätigkeit für andere ist mit einer rechtlichen Verantwortung verbunden“, doziert Bettina Hungerbühler, die juristisch bewandert ist. Das klingt zunächst harmlos. Aber dann steigt sie tiefer in die Tücken von „Recht und Versicherung“ ein, die das Tun als Wanderführer tangieren. „Sorgfaltspflicht“, „Fürsorgepflicht“, „Aufsichtspflicht“, „Verkehrsrecht“, „Betretungsrecht von Wald und Flur“, „Reiserecht“ oder „Strafrechtliche Haftung des Wanderführers“ – Donnerwetter, was da alles auf uns zukommen kann. Immerhin gang Pösselt, selbst erfahrener Wanderführer, der die Ausbildung moderiert und leitet, kitzelt immer wieder unsere Kreativität und lässt uns machen – an Hand von konkreten Beispielen. Was macht eine Kulturlandschaft aus? Mit welchen Strategien können sie erhalten werden? Wodurch zeichnen sich Lebensräume in der Region aus? Auf einer Lehrwanderung, der vierten in dieser Woche, lernen wir auch dies. In den letzten zwei Tagen beschäftigt uns aber vor allem eins: Was kommt in der Prüfung auf uns zu? Ulrich Pramann Die komplette Reportage „Mein Weg zum Wanderführer“ von Ulrich Pramann (Umfang: 7 Seiten) und Statements von Teilnehmern finden Sie in der neuen Ausgabe „Wanderbares Deutschland 2017“ (siehe Seite 6). 1|2017 Wanderzeit
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