Wanderzeit, Ausgabe März 2017
DWV-Wanderführer - Ausbildung mit Anspruch Tag des Wanderns - Buntes Programm am 14. Mai Norwegen- Sommerparadies für Aktive
DWV-Wanderführer - Ausbildung mit Anspruch
Tag des Wanderns - Buntes Programm am 14. Mai
Norwegen- Sommerparadies für Aktive
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DWV-Ausbildung<br />
5<br />
spannt, was uns hier in den nächsten<br />
acht Tagen erwartet. Hier im historischen<br />
Haus der Volkskunst in Balingen-Dürrwangen<br />
auf der Schwäbischen Alb, hier<br />
bei der Ausbildung zum Wanderführer.<br />
Ich habe mich bei diesem Kompaktkurs<br />
angemeldet, weil mich Jürgen Wachowski<br />
heiß gemacht hatte. Zufällig saßen wir<br />
in Berlin zusammen, morgens beim<br />
Frühstück, vor der Auftaktveranstaltung<br />
zum „Tag des Wanderns“, die der Deutsche<br />
Wanderverband organisiert hatte.<br />
Beim Kaffee erzählte Jürgen, der Verbandsfachwart<br />
Wandern, dass mittlerweile<br />
6.500 Wanderbegeisterte eine<br />
Ausbildung zum zertifizierten Wanderführer<br />
des DWV absolviert haben.<br />
Der vierte Tag. Boah, langsam wird klar,<br />
wie viel Detailwissen von einem Wanderführer<br />
erwartet wird. Unser Kompaktlehrgang<br />
dauert acht Tage, von morgens um<br />
acht Uhr (Frühstück) bis weit nach dem<br />
Abendessen (noch ein Vortrag und Absacker).<br />
In 80 Unterrichtsstunden sollen wir<br />
fit gemacht werden.<br />
tröstlich, wie Bettina ihren Vortrag<br />
schließt: „Seid achtsam, habt Spaß und<br />
fürchtet euch nicht.“<br />
Der achte und neunte Tag. Welches Marketing<br />
ist für Wanderführer geeignet? Mit<br />
wem könnte ich kooperieren? Wie<br />
schreibe ich eine Pressemeldung? Wolf-<br />
Was? Schon so viele? Wusste ich nicht.<br />
Kartenkunde, Rhetorik, Berechnung von<br />
Gehzeiten, Grundzüge der Naturpädagogik,<br />
erlebnisorientierte Landschaftsvermittlung,<br />
Wetterkunde, Reiserecht und<br />
Haftungsfragen, Geologie und Ökologie,<br />
Marketing und Pressearbeit – „all das ist<br />
für eine professionell geführte Wanderung<br />
unverzichtbar“, sagte Jürgen und erklärte<br />
mir, warum ein Wanderführer nicht<br />
nur Weg-Weiser ist, sondern auch ein Ratgeber,<br />
ein Multiplikator, der auf Qualität<br />
setzt, der den Wandergedanken und<br />
sanften Tourismus fördert, der für Natur,<br />
Kultur und Umwelt wirbt und das Ehrenamt<br />
stärkt. Donnerwetter, dachte ich, und<br />
so ein Pensum haben sich schon 6.500<br />
Teilnehmer zugemutet? Warum machen<br />
die das? Was haben die davon? Macht so<br />
ein Lehrgang denn auch Spaß? Um mir<br />
selbst ein Bild zu machen, meldete ich<br />
mich bei der Heimat- und Wanderakademie<br />
des Schwäbischen Albvereins an.<br />
Die Ausbildung zum zertifizierten DWV-<br />
Wanderführer wurde auch für mich eine<br />
beeindruckende Erfahrung. Wir haben<br />
viel gearbeitet und auch viel gelacht. Zum<br />
Beispiel mit Heike Krieg, einer temperamentvollen<br />
Referentin. Sie ist Schwäbin<br />
durch und durch. Sie macht uns vertraut<br />
mit Geländeformen wie Kuppe, Kegel<br />
oder Kessel, sie erklärt das geografische<br />
Koordinatensystem, Meridianzonen und<br />
die zunächst verwirrend vielen Symbole<br />
auf einer Wanderkarte, die alle bei der<br />
Orientierung helfen – wenn man sie denn<br />
kennt. Heike fasst das so zusammen:<br />
„Das A und O isch, wisset wo mir sind,<br />
sonscht häm ma verschisse.“<br />
U. Pramann<br />
Selbst wie die Höhe eines Baumes traditionell zu peilen und zu messen ist, wird<br />
während der DWV-Ausbildung vermittelt.<br />
Wie interessiere ich potenzielle Kunden<br />
(Marketing)? Wie plane ich eine Wanderung?<br />
Was macht eine erlebnisreiche<br />
Wanderung aus (Konzeption)? Was sagt<br />
der Himmel (Wetterkunde)? Was, wie<br />
viel und wie erzähle ich unterwegs (Kommunikation)?<br />
Welches Detailwissen<br />
kann zusätzlich bereichern (Geologie,<br />
erlebnisorientierte Landschaftsvermittlung)?<br />
Was ist, wenn zum Beispiel unterwegs<br />
einer stolpert (Haftungsrecht)?<br />
„Jede Tätigkeit für andere ist mit einer<br />
rechtlichen Verantwortung verbunden“,<br />
doziert Bettina Hungerbühler, die juristisch<br />
bewandert ist. Das klingt zunächst<br />
harmlos. Aber dann steigt sie tiefer in die<br />
Tücken von „Recht und Versicherung“<br />
ein, die das Tun als Wanderführer tangieren.<br />
„Sorgfaltspflicht“, „Fürsorgepflicht“,<br />
„Aufsichtspflicht“, „Verkehrsrecht“, „Betretungsrecht<br />
von Wald und Flur“, „Reiserecht“<br />
oder „Strafrechtliche Haftung des<br />
Wanderführers“ – Donnerwetter, was da<br />
alles auf uns zukommen kann. Immerhin<br />
gang Pösselt, selbst erfahrener Wanderführer,<br />
der die Ausbildung moderiert<br />
und leitet, kitzelt immer wieder unsere<br />
Kreativität und lässt uns machen – an<br />
Hand von konkreten Beispielen. Was<br />
macht eine Kulturlandschaft aus? Mit<br />
welchen Strategien können sie erhalten<br />
werden? Wodurch zeichnen sich Lebensräume<br />
in der Region aus? Auf einer Lehrwanderung,<br />
der vierten in dieser Woche,<br />
lernen wir auch dies.<br />
In den letzten zwei Tagen beschäftigt<br />
uns aber vor allem eins: Was kommt in<br />
der Prüfung auf uns zu?<br />
Ulrich Pramann<br />
Die komplette Reportage „Mein Weg<br />
zum Wanderführer“ von Ulrich Pramann<br />
(Umfang: 7 Seiten) und Statements von<br />
Teilnehmern finden Sie in der neuen<br />
<strong>Ausgabe</strong> „Wanderbares Deutschland<br />
<strong>2017</strong>“ (siehe Seite 6).<br />
1|<strong>2017</strong> <strong>Wanderzeit</strong>