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Fach 13, Seite 2170<br />
Grundsätze zur Bestimmung des zuständigen Gerichts<br />
Zivilprozessrecht<br />
a) Anwaltsvertrag<br />
Aufgrund des Umstands, dass sich Rechtsanwälte – in den verschiedensten rechtlichen Formen – mehr<br />
und mehr zusammenschließen, kommt Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO besonders häufig<br />
beim Anwaltsregress in Betracht. Sie scheidet allerdings von vornherein aus, wenn Rechtsanwälte<br />
lediglich eine Bürogemeinschaft bilden. Nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügt es nicht, im<br />
Gesuch lediglich den Kanzleisitz der Rechtsanwälte anzugeben. An sich muss der Wohnsitz eines jeden<br />
Rechtsanwalts angegeben werden, der vom Kläger beauftragt worden ist – bei Großkanzleien ein nicht<br />
praktizierbares Verlangen insbesondere, wenn sie weltweit residieren. Die Praxis sieht deshalb i.d.R.<br />
darüber hinweg, dass die Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lediglich die Auswahl zwischen<br />
den allgemeinen Gerichtsständen der vorgesehenen Beklagten ermöglicht. Rechtfertigen lässt sich das<br />
aber nur, wenn man – anstatt auf § 29 Abs. 1 ZPO mit widersprüchlichen Ergebnissen auszuweichen – die<br />
Kanzlei als Niederlassung i.S.d. § 21 Abs. 1 ZPO ansieht. Bei einigen deutschland- oder weltweit tätigen<br />
Anwaltsfirmen ist das sogar zwanglos möglich. Indessen bereitet die Titulierung „Besonderer Gerichtsstand“<br />
angesichts der Ausnahme des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Probleme.<br />
aa) Vertragliche Beziehung<br />
Ansonsten hindern die §§ 59, 60 ZPO jedenfalls eine Einbeziehung solcher Rechtsanwälte in die<br />
Gerichtsbestimmung, die mit dem Kläger nicht vertraglich verbunden sind. Allerdings braucht das nicht<br />
ein und derselbe Anwaltsvertrag zu sein, etwa bei erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten einerseits,<br />
zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten andererseits. Natürlich kann eine prozessfähige Gesamtheit<br />
der Rechtsanwälte als solche verklagt werden. Will ein Kläger jedoch wegen § 736 ZPO einen Titel<br />
gegen jeden einzelnen Anwalt, hilft das aber nicht stets weiter.<br />
bb) Auswahl<br />
Bei der Auswahl zwischen verschiedenen Gerichtsständen kommt es ganz darauf an, auf welchem<br />
tatsächlichen Grund die geltend gemachte Verpflichtung beruhen soll. Wird etwa mangelhafte<br />
Vertretung vor Gericht gerügt, ist es in Anlehnung an § 34 ZPO angezeigt, den allgemeinen<br />
Gerichtsstand desjenigen Rechtsanwalts zu wählen, der am Ort oder in der Nähe dieses Gerichts<br />
wohnt bzw. dort seine Kanzlei hat. Wird mangelhafte außergerichtliche Interessenvertretung gerügt,<br />
dann ist angesichts § 21 Abs. 1 ZPO primäres Auswahlkriterium die Kanzlei, wenn in ihr der Anwaltsvertrag<br />
geschlossen worden ist (insoweit zutreffend OLG Köln NJW 2000, 862). Abgestellt werden<br />
kann aber etwa auch darauf, wer zuerst das Mandat erhalten hat (BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 1Z AR<br />
17/02 – bei der Auswahl zwischen Verkehrsanwalt und Prozessbevollmächtigten). Bisweilen ist es<br />
indessen lediglich möglich, auf den Gesichtspunkt der „größeren Zahl“ zurückzugreifen.<br />
Beispiel:<br />
Klage ist vor dem Landgericht K gegen vier Rechtsanwälte erhoben, die nach Auffassung des Klägers<br />
nicht auf die drohende Verjährung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs hingewiesen hätten, so dass er<br />
einen Prozess vor dem Landgericht K, in dem er von diesen vier Rechtsanwälten vertreten worden sei,<br />
verloren habe. Beklagter ist ferner ein fünfter Rechtsanwalt, der den Kläger im Berufungsverfahren vor<br />
dem Oberlandesgericht D, von dem die Berufung zurückgewiesen worden war, vertreten hat. Ihm wird<br />
vorgeworfen, im Berufungsverfahren nicht hinreichend zur Hemmung der Verjährung vorgetragen zu<br />
haben. Der Fünftbeklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts K. Es bleibt bei der Zuständigkeit<br />
des Landgerichts K, weil dort vier der fünf Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand hätten (OLG<br />
Düsseldorf, Beschl. v. 31.1.2003 – I-19 Sa 101/02).<br />
b) Ärztlicher Behandlungsvertrag<br />
Bei „Arzthaftungsfällen“ macht es schon die häufig gegebene Kompliziertheit des Klagegrundes<br />
praktisch unmöglich, das Gesuch an den §§ 59, 60 ZPO zu messen.<br />
aa) Anknüpfungspunkt<br />
Bisweilen steht nicht einmal ein fixer Zeitpunkt zur Verfügung, bei dem im Rahmen der Prüfung, ob die<br />
Voraussetzungen dieser Vorschriften vorliegen, angeknüpft werden kann, etwa, wenn Entschädigung<br />
74 <strong>ZAP</strong> Nr. 2 18.1.2017