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Fach 20, Seite 630<br />
Steuerrecht<br />
Erbschaft- und Schenkungsteuer – Begünstigung von Betriebsvermögen<br />
Aspekt bei der Erarbeitung von Erbfolgegestaltungen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die<br />
durch das ErbStG geprägt werden. Dieser Aufsatz greift die nun gegenwärtig geltende Rechtslage auf<br />
und bietet einen Überblick über die Regelungen.<br />
II. Begriff des Betriebsvermögens<br />
In der Struktur der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird zunächst an die beiden Tatbestandsgruppen der<br />
Erwerbe von Todes wegen (§ 3 ErbStG) oder der Schenkungen unter Lebenden (§ 7 ErbStG) angeknüpft.<br />
§ 3 ErbStG bezieht sich unmittelbar auf die zivilrechtliche Rechtslage, § 7 ErbStG ist für Schenkungen<br />
weiter gefasst als die Schenkung nach § 516 BGB; es gilt hier eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nach<br />
dem Prinzip der Bereicherung. Beide Tatbestandsgruppen schließen sich in der Systematik des ErbStG<br />
dann für die Frage der Bewertung, also der Bemessungsgrundlage der Bereicherung, der sachlichen<br />
Freibeträge, der persönlichen Freibeträge und der Progression (dem Steuertarif) zusammen.<br />
Bei der Besteuerung von Betriebsvermögen, sei es durch Erbanfall oder durch Schenkung, wird daher<br />
zunächst der Betriebsvermögensbegriff untersucht. Gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BewG sind dem Betriebsvermögen<br />
alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1, 2 EStG zuzurechnen. Daher wird an die<br />
ertragsteuerliche Gewinnermittlung angeknüpft. Es gilt der Grundsatz der Bestandsidentität (mit<br />
geringen Ausnahmen, s. § 103 Abs. 3 BewG, wonach Rücklagen nur insoweit abzugsfähig sind, als dieser<br />
Abzug ausdrücklich für die Erbschaftsteuer gesetzlich zugelassen wird).<br />
III. Bewertung des Betriebsvermögens<br />
Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit diese nicht steuerfrei ist, § 10 Abs. 1<br />
S. 1 ErbStG. Die Bewertung ist auf den Stichtag des Todes des Erblassers oder bei Schenkungen auf den Tag<br />
des Eintritts der Bereicherung abzustellen (Stichtagsprinzip des § 11 ErbStG unter Verweis auf § 9 ErbStG).<br />
Allgemein, und damit auch für das Betriebsvermögen, gilt der Grundsatz der realitätsgerechten Wertrelation.<br />
Das BVerfG hatte in einer früheren Entscheidung (Beschl. v. 7.11.2006, BVerfGE 117, 1 und zuvor auch<br />
schon in BVerfGE 93, 165, 172 f.) bereits vom Gesetzgeber eingefordert, für alle Vermögenswerte eine<br />
einheitliche Bemessungsgrundlage heranzuziehen, da auch für alle Tatbestände ein einheitlicher Steuersatz<br />
gelte. Hiernach gilt für alle Bewertungen der gleiche Maßstab des gemeinen Werts, also des aktuellen<br />
Veräußerungspreises. Dieser Wert liegt allerdings nur bei wenigen Wirtschaftsgütern vor. Werden dann<br />
pauschale Wertansätze gebildet oder typisiert, sieht das BVerfG (BVerfGE 117, 1, 36) generelle Bedenken. Daher<br />
ist generell der individuelle Wert festzustellen. Dies führt immer wieder zu Bewertungsschwierigkeiten in<br />
der Praxis der Vielzahl der Veranlagungsfälle und der Verschiedenheit der Wirtschaftsgüter. Gerade bei der<br />
Bewertung von Betriebsvermögen zeigt sich die Schwierigkeit darin, dass es aufgrund komplexer rechtlicher<br />
Verpflichtungen nicht einfach „versilberbar“ und darüber hinaus auch eine Sozialverpflichtung einzupreisen<br />
ist. Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften ist die Bewertung einfach: § 11 Abs. 1 BewG knüpft an den<br />
tagesaktuellen Börsenwert an. Bei nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften regelt § 11 Abs. 2 BewG die<br />
Anwendung der allgemeinen Betriebsvermögensgrundsätze in §§ 109, 95, 97 BewG, mithin eine unabhängig<br />
von der gesellschaftsrechtlichen Struktur des Betriebsvermögens stichtagsbezogene umfassende Gesamtbewertung<br />
unter Einbeziehung auch aller stillen Reserven, die vorrangig in einem Vergleichswertverfahren an<br />
Verkäufe unter fremden Dritten anknüpft, die weniger als ein Jahr zurückliegen, § 11 Abs. 2 S. 2 BewG. Diese<br />
Werte liegen aber nur selten vor. Daher ist eine Bewertungsmethode des gesamten Betriebsvermögens<br />
(auch bei nur anteiliger Übertragung) in Ansatz zu bringen, die unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten<br />
des Unternehmens oder einer anderen anerkannten Methode einen zeitnahen Verkaufswert widerspiegelt.<br />
Dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises für das Unternehmen<br />
zugrunde legen würde, § 11 Abs. 2 S. 2 BewG. Mindestwert ist hierbei allerdings die Summe der Verkehrswerte<br />
der Einzelwirtschaftsgüter abzüglich der Schulden, § 11 Abs. 2 S. 3 BewG.<br />
Wer beruflich in der Praxis der Unternehmensbewertung tätig ist, kennt die zwei gängigen<br />
Bewertungsverfahren, Ertragswertmethode (so auch Standard IDW S 1) und discounted cash flow.<br />
Beiden Methoden liegt zugrunde, die bisherigen Renditen als Vergangenheitsbetrachtung zur Kenntnis<br />
zu nehmen und hieraus künftige Ergebnisse fortzuschreiben und mit den Renditeforderungen der<br />
Eigenkapitalgeber auf den Bewertungszeitpunkt abzuzinsen, zu diskontieren. Da hierbei die künftigen<br />
Erträge ja nicht gemessen, sondern geschätzt werden, zeigt sich der große Spielraum der denkbaren<br />
84 <strong>ZAP</strong> Nr. 2 18.1.2017