Landleben neu gedacht Das Leben auf dem Land ist kein Museum. Neben den „klassischen“ Bauernhoftieren wie Kühen, Schweinen und Pferden stehen zunehmend auch fremdartige Tiere in den Ställen und auf den Weiden, die auf den ersten Blick mit ländlicher Idylle scheinbar nichts mehr zu tun haben. Und hinter der Haltung von Lamas, Straußen und anderen Exoten steckt oft auch mehr als reine Liebhaberei, sondern eine ganz neue Sicht auf Tiere und ihr Zusammenleben mit uns. Foto: Stadtteilfarm Huchting Punkt Auf den gebracht Die Stadtteilfarm Huchting, idyllisch an einem See im Südwesten Bremens gelegen, ist das Zuhause vieler Tiere. Denn hier leben nicht nur Esel, Ponys, Ziegen und Schweine, sondern auch Schafe, Hühner, Gänse, Alpakas und Katzen. Ein Schaf punktet bei den kleinen und großen Hofbesuchern ganz besonders.. Das Landidyll vor den Toren Bremens ist seit 1991 ein Projekt der offenen Kinder- und Jugendarbeit, und ermöglicht Menschen des Stadtteils, insbesondere Kindern im Alter zwischen acht und vierzehn Jahren, den Aufenthalt in der Natur und die Begegnung mit Tieren ganz unmittelbar zu erleben. Dass jeder Besuch zu einer tollen Erfahrung wird, dafür sorgt ein von den Kindern des Stadtteils ganz besonders heiß geliebtes Tier, nämlich ein elfjähriges holländisches Milchschaf namens „Pünktchen“. Sie wurde von einer Tierärztin mit der Flasche großgezogen, und kam vor etwa sieben Jahren zur Stadtteilfarm. An Pünktchens erste Begegnung mit ihren pommerschen Artgenossen können sich alle Kinder und Mitarbeiter der Stadtteilfarm noch gut erinnern: „Alle anderen Schafe sind vor Pünktchen weggelaufen und haben sich tierisch vor ihr gefürchtet“, erzählt ein Mädchen, während sie Pünktchen mit beiden Händen kräftig hinter den Ohren krault. Pünktchen unterscheidet sich von den anderen Schafen der Farm schon allein durch ihr Aussehen. Denn sie hat eine auffällige schwarz-weiß gefleckte Zeichnung, die ihr schon als kleines Lamm ihren Namen bescherte. Die anderen Schafe der Herde, alles grauschwarze Pommersche Landschafe, machten den Eindruck, als hätten sie noch niemals ein gepunktetes Schaf gesehen, und hielten anfangs tagelang Abstand vom neuen Herdenmitglied. Mittlerweile haben sie Pünktchen allerdings vollständig in ihre Herde integriert und sie sogar die Rolle der Herdenanführerin übernehmen lassen. Alle Kinder erkennen Pünktchen auf den ersten Blick, wenn sie am Holzzaun des Schafgeheges stehen und ihren Namen rufen, während Pünktchen auf dem hintersten Stück der Weide grast. Sobald sie das Rufen der Kinder wahrnimmt, hebt sie ihren Kopf aus der grünen Wiese, antwortet mit einem lautstarken „Bööööhhhh“, und läuft den kleinen Besuchern zügig entgegen, um sich ausgiebig streicheln zu lassen. „Am allerliebsten mag sie es, mit einem Rechen richtig doll abgeharkt zu werden“ erklärt Mitarbeiterin Kathy (28). Jeden Morgen beim Ställeausmisten würde sie als einziges der Schafe permanent im Wege stehen und gebe erst Ruhe, wenn sie ihre Wellnessbehandlung bekommen habe. Vorher helfe auch kein Wegschieben und auch kein Schimpfen. Im Rahmen der Angebote der Stadtteilfarm bekommen die Kinder regelmäßig die Möglichkeit, Pünktchen zu bürsten und ausgiebig mit ihr zu kuscheln. Auch lässt sie sich ein Halsband anlegen und von den Kindern über das Gelände spazieren führen. Wobei ihr die restliche Schafherde ungläubig zusieht. Die Stadtteilfarm Huchting ist eine pädagogische Einrichtung, die sich der tiergestützten Arbeit und der artgerechten Tierhaltung verschrieben hat. Sie ist als Begegnungshof der Stiftung „Bündnis Mensch und Tier“ zertifiziert und fungiert als Begegnungsstätte für Menschen und Tiere. www.stadtteilfarm.de 22 | <strong>Unsere</strong> <strong>besten</strong> Freunde | <strong>Mai</strong> <strong>2017</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2017</strong> | <strong>Unsere</strong> <strong>besten</strong> Freunde | 23