WZB-Mitteilungen 123: Chancen und Risiken im Lebensverlauf
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chend 2,4 Prozent der Wahlbevælkerung. Die Gefangenenpopulation der USA<br />
ist seit 1980 vor allem wegen der Verschårfung der Drogenstrafen exponentiell<br />
gewachsen, so dass heute çber zwei Millionen Amerikaner <strong>im</strong> Gefångnis<br />
sitzen <strong>und</strong> insgesamt sieben Millionen unter der Aufsicht der Justizbehærden<br />
(einschließlich Bewåhrungsstrafen bzw. Haftverschonungsauflagen)<br />
stehen. Die Gesamtzahl aktueller <strong>und</strong> ehemaliger felons wird auf çber<br />
16 Millionen geschåtzt, was 7,5 Prozent der erwachsenen Bevælkerung entspricht.<br />
Unter schwarzen Månnern liegt dieser Anteil sogar bei einem Drittel.<br />
Da Afro-Amerikaner traditionell zu etwa 90 Prozent fçr die Demokraten<br />
wåhlen, wird deutlich, dass vor allem die schwarze Bevælkerung sowie die<br />
Demokratische Partei von der politischen Entrechtung Straffålliger betroffen<br />
sind.<br />
Derartige Schwåchen <strong>und</strong> Besonderheiten der amerikanischen Demokratie<br />
sind <strong>im</strong> Lande selbst spåtestens seit dem hauchdçnnen <strong>und</strong> umstrittenen Ausgang<br />
des Pråsidentschaftswahlkampfs von 2000 <strong>im</strong>mer wieder Thema æffentlicher<br />
Diskussion. Als der ehemalige Pråsident J<strong>im</strong>my Carter, dessen Carter<br />
Center <strong>im</strong>mer wieder weltweit Wahlbeobachtungsaufgaben çbern<strong>im</strong>mt, in<br />
einer Radiosendung des Jahres 2004 gefragt wurde, ob seine Gruppe auch die<br />
Beobachtung der amerikanischen Wahlen çbernehmen wçrde, antwortete er:<br />
„No. We wouldn’t think of it.“ Als Begrçndung fçhrte er an, dass in den USA<br />
gleich mehrere Kriterien fairer Wahlen nicht erfçllt seien, nåmlich der freie<br />
Zugang der Kandidaten zu Radio <strong>und</strong> Fernsehen, die unabhångige Ûberwachung<br />
der Wahlen durch çberparteiliche Gremien, die nationale Standardisierung<br />
der Prozeduren <strong>und</strong> die technische Mæglichkeit der Ûberprçfung der<br />
St<strong>im</strong>mauszåhlung.<br />
Die American Political Science Association setzte <strong>im</strong> Jahr 2004 eine Task<br />
Force on Inequality and American Democracy ein, um Gefåhrdungen der<br />
amerikanischen Demokratie durch zunehmende ækonomische Ungleichheit<br />
<strong>und</strong> die damit zusammenhångende Ungleichheit politischer Beteiligung unter<br />
die Lupe zu nehmen. Der abschließende Bericht verwies darauf, dass in den<br />
hæheren Einkommensschichten 90 Prozent, in den unteren aber nur die Hålfte<br />
der Bçrger zur Wahl gingen <strong>und</strong> dass die besser Situierten von vielfåltigen Beeinflussungsmæglichkeiten<br />
çber den bloßen Wahlakt hinaus profitierten.<br />
Empfohlen wurden deshalb Reformen, die eine breitere politische Teilnahme<br />
færdern.<br />
Auf Einladung der USA entsandte auch die Organisation fçr Sicherheit <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) <strong>im</strong> Jahr 2004 erstmals eine Beobachtergruppe<br />
in die USA, um den Pråsidentschaftswahlkampf zu çberwachen. Ihr<br />
Bericht bescheinigte zwar, dass die USA den 1990 in Kopenhagen fixierten<br />
Kriterien demokratischer Wahlen gençgen, empfahl aber auch, die Verfahren<br />
zur Ziehung der Wahlkreisgrenzen zu çberprçfen <strong>und</strong> fçr eine mæglichst<br />
breite Wahlberechtigung aller Bçrger Sorge zu tragen. Mit åhnlichem Resultat<br />
endete die erneute Beobachtungsmission <strong>im</strong> jçngsten Pråsidentschaftswahlkampf.<br />
Hier honorierte der am 6. November 2004 veræffentlichte Bericht<br />
den demokratischen Charakter der Wahl, die leicht erhæhte Wahlbeteiligung<br />
sowie die græßere Verbreitung der Abst<strong>im</strong>mung mit St<strong>im</strong>mzetteln,<br />
monierte aber die lokale Vielfalt der Wahlverfahren ebenso wie die <strong>im</strong>mer<br />
noch håufige Benutzung elektronischer Abst<strong>im</strong>mungsverfahren ohne Mæglichkeit<br />
der Nachprçfung.<br />
Die amerikanische Demokratie ist also nicht makellos, <strong>und</strong> es hieße schon,<br />
zumindest auf einem Auge politisch blind zu sein, wollte man die Schwåchen<br />
<strong>und</strong> durchaus vorhandenen plutokratischen Elemente leugnen. Trotz alledem<br />
sind die USA bis heute das Land geblieben, in dem der Gedanke der Freiheit<br />
<strong>und</strong> der allgemeinen Menschenrechte erstmals verbrieft wurde <strong>und</strong> in dem die<br />
Demokratie bis heute ununterbrochen Bestand hatte. Der Declaration of Independence<br />
verdanken wir den großartigen Gedanken unveråußerlicher Menschenrechte<br />
in Gestalt der Formulierung „We hold these truths to be self-evident,<br />
that all men are created equal, that they are endowed by their Creator<br />
with certain unalienable rights, that among these are life, liberty and the pursuit<br />
of happiness.“ Der Wehrhaftigkeit der amerikanischen Demokratie ver-<br />
Kurz gefasst<br />
Die Wahl Barack Obamas zum Pråsidenten<br />
zeigt, wie vital die Demokratie<br />
in den USA ist. Dennoch<br />
zeichnet sie sich durch einige<br />
Schwåchen aus, die <strong>im</strong> Wahlsystem<br />
<strong>und</strong> den gewachsenen, teilweise<br />
von Staat zu Staat unterschiedlichen<br />
Traditionen <strong>und</strong> Politiken begrçndet<br />
sind. Dazu zåhlen die indirekte<br />
Wahl des Pråsidenten durch<br />
das Electoral College, die Konzentration<br />
der Wahlkåmpfe auf wenige,<br />
hart umkåmpfte Staaten <strong>und</strong><br />
damit auf deren Sonderinteressen,<br />
<strong>und</strong> der weitgehende Ausschluss<br />
von Straffålligen (felons) vom<br />
Wahlrecht, was vor allem die<br />
månnliche schwarze Bevælkerung<br />
trifft.<br />
<strong>WZB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> Heft <strong>123</strong> Mårz 2009 39