Depression - Medizin Akademie
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guten antidepressiven Effekt aufweisen.<br />
Leider werden in dieser Altersgruppe<br />
häufig die älteren trizyklischen<br />
Antidepressiva gegeben, wobei argumentiert<br />
wird, dass damit bereits<br />
breitere Erfahrungen vorliegen und<br />
die neueren erst in der Erwachsenen-Psychiatrie<br />
etabliert sein müssen,<br />
bevor sie bei Kindern und Jugendlichen<br />
eingesetzt werden können.<br />
Diese Argumentation ist insofern<br />
verwunderlich, da kontrollierte<br />
Untersuchungen bei Erwachsenen<br />
eine hochsignifikant höhere Nebenwirkungsrate<br />
bei Trizyklika im Vergleich<br />
zu den moderneren Antidepressiva<br />
ergeben haben (SSRIs und<br />
neuere Präparate).<br />
Die wenigen durchgeführten klinischen<br />
Untersuchungen bzw. Beobachtungen<br />
favorisieren eindeutig<br />
die moderneren Antidepressiva bei<br />
Kindern und Jugendlichen, insbesondere<br />
auf Grund der bestehenden<br />
Nebenwirkungsarmut. Untersuchungen<br />
zum Metabolismus haben ergeben,<br />
dass höhere Dosen im Kinderbzw.<br />
Adoleszentenalter gegeben<br />
werden sollten, da in dieser Altersgruppe<br />
höhere Metabolisierungsraten<br />
vorliegen.<br />
3.4.16 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach objektiver Evaluierbarkeit<br />
(Blutspiegel)<br />
Die Plasmaspiegel von Psychopharmaka<br />
können stark variieren. Wirkungslosigkeit,<br />
starke Nebenwirkungen oder Compliance-Probleme<br />
können über eine Plasmaspiegelbestimmung<br />
eine mögliche Begründung erfahren. Wirksame<br />
Metaboliten müssen in die Analysen miteinbezogen<br />
werden. Zu bedenken ist auch, dass bei Kombinationstherapien<br />
eine zusätzliche Beeinflussung möglich<br />
ist.<br />
3.4.17 Auswahl des Psychopharmakons unter dem<br />
Aspekt der drohenden Suizidalität<br />
Bei drohender Suizidalität ist in erster Linie die Auswahl<br />
des Behandlungssettings entscheidend. Gelegentlich<br />
kann es möglich sein, einen Patienten gemäß dem Unterbringungsgesetz<br />
behandeln zu müssen. In weiterer<br />
Folge kann es heutzutage als Kunstfehler angesehen<br />
werden, einen depressiven Patienten, der bereits Suizidversuche<br />
mit trizyklischen Antidepressiva hinter sich hat,<br />
mit Psychopharmaka zu behandeln, die von relativ hoher<br />
Toxizität sind.<br />
Dr. Elisabeth<br />
Lenzinger<br />
Niedergelassene<br />
Fachärztin,<br />
Wien<br />
Prim. Dr.<br />
Albert Lingg<br />
2. Abteilung für<br />
Psychiatrie,<br />
Landeskrankenhaus<br />
Rankweil<br />
Prim. Dr.<br />
Heinz Pfolz<br />
5. Psych. Abt., Psychiatrisches<br />
KH<br />
Baumgartner Höhe,<br />
Wien<br />
Prim. Dr.<br />
Thomas Platz<br />
Zentrum für seelische<br />
Gesundheit,<br />
Landeskrankenhaus<br />
Klagenfurt<br />
w. HR. Prim.<br />
Univ.-Doz. Dr.<br />
Werner Schöny<br />
Landes-NervenklinikWagner-Jauregg,<br />
Linz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Harald Schubert<br />
Psychiatrisches<br />
Krankenhaus des<br />
Landes Tirol,<br />
Hall<br />
Die neuere Generation von Antidepressiva,<br />
beginnend mit SSRIs über<br />
MAO-A-Hemmer, SNRIs oder die<br />
neuesten Antidepressiva mit dualem<br />
Angriffspunkt, sind, was die Toxizität<br />
anlangt, deutlich günstiger einzustufen<br />
als die tri- oder auch tetrazyklischen<br />
Antidepressiva. Die effiziente<br />
Behandlung der depressiven<br />
Symptomatik respektive der Suizidalität<br />
muss im Vordergrund stehen.<br />
Neben der Wahl des richtigen Settings<br />
und der Auswahl eines möglichst<br />
wenig toxischen Antidepressivums<br />
kann es auch nötig sein, in der<br />
Akutphase eine sedierende Substanz<br />
wie etwa ein Benzodiazepin, möglicherweise<br />
auch ein sedierendes, so<br />
genanntes niederpotentes Antipsychotikum<br />
zusätzlich zu verabreichen.<br />
Es ist müßig zu sagen, dass die Verwendung<br />
eines in seiner Wirksamkeit<br />
nachgewiesenen Antidepressivums in<br />
einer ausreichenden Dosierung zu erfolgen<br />
hat.<br />
3.4.18 Die Auswahl des Psychopharmakons<br />
unter dem Aspekt<br />
der Sedierung<br />
Während die älteren Antidepressiva<br />
wegen der antihistaminergen Nebenwirkung<br />
durchwegs einen sedierenden<br />
Effekt aufwiesen, ist dies bei<br />
einem Großteil der neueren Medikamente,<br />
insbesondere bei den SSRIs<br />
und den dual wirkenden Antidepressiva,<br />
sowie auch bei den selektivenNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmern,<br />
nicht gegeben.<br />
Für die Sedierung ist vorwiegend die antihistaminerge<br />
Wirkkomponente eines Psychopharmakons pharmakodynamisch<br />
von Bedeutung. Von den neueren Antidepressiva<br />
ist bei Mirtazapin eine initial sedierende Wirkung,<br />
die allerdings nach einer etwa zweiwöchigen<br />
Dauer nicht mehr zu beobachten ist (Adaptationseffekt),<br />
bekannt.<br />
3.4.19 Die Auswahl des Psychopharmakons bei perimenopausalem<br />
Syndrom<br />
Für die Behandlung einer <strong>Depression</strong> in diesem Lebensabschnitt<br />
gelten sämtliche in diesem Statement aufgezählten<br />
Kriterien. Eine ausschließliche<br />
Behandlung der depressiven Erkrankung<br />
mit Hormonen ist nicht zielführend<br />
und wissenschaftlich nicht<br />
belegt. Eine Hormonmedikation sollte<br />
in Kooperation mit der Gynäkologie<br />
in Erwägung gezogen werden.<br />
17<br />
sonderausgabe clinicum