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THEMEN<br />
Blick auf den Eingangs-<br />
bzw. Pfortenbereich<br />
der Justizvollzugsanstalt<br />
Uelzen.<br />
HINTER DER MAUER<br />
Ein Blick in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Uelzen<br />
Sie haben gelogen, betrogen oder gestohlen. Deswegen<br />
sitzen sie hinter Gittern, hier in der Justizvollzugsanstalt<br />
(JVA) Uelzen. Ihr Zuhause ist ein Raum von rund zehn Quadratmetern.<br />
Alles sieht gleich aus, genormt.<br />
Auf den Regalbrettern stehen Grünpflanzen, drei sind pro<br />
Zelle erlaubt. Wenn jemand nur ein paar Regale und zehn<br />
Quadratmeter zu Verfügung hat – wofür nutzt er diesen<br />
Raum? Fernseher, ein paar Fotos der Kinder, Kaffeemaschine,<br />
Radio. Die Bettwäsche verrät den Lieblingsfußballclub: den<br />
HSV. Ein Leben, reduziert auf das Wesentliche.<br />
Der Alltag in Freiheit hat mit dem im Knast nicht viel zu<br />
tun. Die Fenster sind vergittert, die Türen verschlossen, Beamte<br />
in Uniform sind überall. Doch es gibt auch Ähnlichkeiten<br />
mit dem Leben draußen. Die Häftlinge gehen jeden Tag<br />
zur Arbeit oder zur Schule, sie können eine Lehre beginnen.<br />
Wer heute im Gefängnis landet, ist nicht unbedingt von der<br />
Welt vor den Mauern abgeschnitten.<br />
Aufstehen, frühstücken, arbeiten: Der Tagesablauf im<br />
Knast ist klar geregelt. Wecken gegen 6.20 Uhr, um 7 Uhr<br />
gibt es Frühstück. Danach geht es zur Arbeit oder in den<br />
Unterricht. Neun Stunden dauert ein Arbeitstag. Zwischen<br />
Feierabend und dem Abendessen hat der Häftling frei. In<br />
dieser Zeit werden Gespräche mit den einzelnen Fachdiensten<br />
(Sozialer Dienst, Hausleitung, Psychologen, Seelsorger,<br />
Suchtberatung) geführt oder Behandlungsangebote wahrgenommen.<br />
Die sind vielfältig: Suchtsport, Training sozialer<br />
Kompetenzen, Anti- Gewalt- Training, Vater- Kind- Gruppe<br />
und mehr.<br />
Von 18.30 bis 21 Uhr können die Häftlinge an Freizeitangeboten<br />
teilnehmen. Es gibt Sport, Gruppengespräche mit Ehrenamtlichen,<br />
Schachgruppe oder Chor. Um 21 Uhr, mit dem<br />
Nachteinschluss, beginnt die Nachtruhe. – Der Rhythmus<br />
des Gefängnisses bestimmt das eigene Leben.<br />
Umgeben von einer sechs Meter hohen Mauer, auf deren<br />
Krone dicker Stacheldraht thront, liegt das große graue<br />
Gebäude am Rande Uelzens da. Seit 1987 ist die JVA eine<br />
Heimat für insgesamt 359 ausschließlich männliche, erwachsene<br />
Häftlinge, die dort ihre Strafe absitzen. „Es ist<br />
unsere Aufgabe, die Gefangenen auf ein Leben in sozialer<br />
Verantwortung – und ohne dass sie weitere Straftaten begehen<br />
– vorzubereiten“, erklärt Gabriele Bröcher, die in der<br />
JVA Uelzen in der Vollzugsabteilung Freigang arbeitet und<br />
für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Um dieses Ziel zu<br />
erreichen, gibt es von Seiten der JVA vielfältige Angebote.<br />
„Während seiner Haftzeit soll sich der Gefangene mit seinen<br />
Taten auseinandersetzen. Es geht um eine Art Wiedergutmachung<br />
für das Opfer. Der Häftling soll verstehen, was er<br />
diesem Menschen angetan hat“, so Bröcher. Vom Einzug bis<br />
zum Tag der Entlassung werde mit dem Gefangenen gearbeitet.<br />
„Für Einsitzende mit mehr als einem Jahr Haft gibt es<br />
ab dem ersten Tag einen sogenannten Vollzugsplan. In diesem<br />
werden die Ziele des Vollzugs und die entsprechenden<br />
unterstützenden Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Psychotherapie,<br />
Entzug oder auch Schuldnerberatung, festgehalten.<br />
„Wir versuchen, uns ein Bild des Gefangenen zu machen.<br />
Welche Defizite hat er im persönlichen Bereich? Wie<br />
können wir diese aufarbeiten? Welche Hilfe braucht dieser<br />
Mensch?“, sagt die Justizvollzugsbeamtin. Alle sechs Monate<br />
wird der Vollzugsplan überprüft und gemeinsam mit dem<br />
Gefangenen besprochen und bei Bedarf angepasst.<br />
Während seiner Zeit im Knast ist der Häftling zur Arbeit<br />
verpflichtet. Die JVA bietet ein spezielles Arbeits- und Ausbildungsangebot.<br />
Es gibt drei handwerkliche Eigenbetriebe<br />
– eine Schlosserei, eine Holzwerkstatt und eine Näherei.<br />
Dazu kann der Gefangene in drei Unternehmensbetrieben<br />
arbeiten. „Ansonsten bieten wir die Möglichkeit, einen<br />
Haupt- oder Realschulabschluss nachzuholen oder eine<br />
Ausbildung als Garten- und Landschaftsbauer zu machen“,<br />
so Bröcher. Für Häftlinge mit Schreib- und Lesedefiziten<br />
gibt es einen Förderkurs für Semi-Analphabeten. Einsitzen-<br />
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www.barftgaans.de | Juni/Juli <strong>2017</strong>