ZESO 2/17
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nicht. In der Schweiz ist das Modell der<br />
Aktivierung dennoch etwas erfolgreicher<br />
als in anderen europäischen Ländern, da<br />
der Arbeitsmarkt hier sehr dynamisch ist<br />
und die Arbeitslosigkeit tief.<br />
Der Spardruck im Sozialwesen und<br />
damit auch im Bereich der Sozialhilfe<br />
wird in jedem Fall weiter steigen. Für<br />
die Sozialämter bedeutet das, sie müssen<br />
möglichst viele aus der Abhängigkeit<br />
von der Sozialhilfe führen. Was<br />
bleibt also zu tun?<br />
Es ist natürlich wichtig, diese Menschen<br />
auszubilden und in den Arbeitsmarkt<br />
zurückzubringen, das ist völlig<br />
unbestritten. Aber man muss auch bei<br />
der Nachfrage ansetzen. Ich erachte es im<br />
Übrigen als problematisch, diese Menschen<br />
zu zwingen, irgendeinen Job anzunehmen,<br />
nur um die Sozialhilfekosten<br />
zu dämpfen. Es ist umso fragwürdiger,<br />
als diese Menschen Gefahr laufen, rasch<br />
wieder arbeitslos zu werden und damit<br />
zudem das Entstehen von prekären Arbeitsplätzen<br />
gefördert wird. Man kann<br />
«Es gibt zahlreiche<br />
Signale, die darauf<br />
hindeuten, dass das<br />
Gefühl der Solidarität<br />
bei vielen Menschen<br />
im Moment<br />
abnimmt.»<br />
mit der Aktivierung allein nicht alle Probleme<br />
lösen. Die aktuelle Politik verfolgt<br />
in erster Linie das Ziel zu verhindern,<br />
dass es immer dieselben sind, die von der<br />
Arbeitswelt ausgeschlossen bleiben. Insgesamt<br />
sind etwa 12 bis 15 Prozent der<br />
Schweizer Bevölkerung nicht in den Arbeitsmarkt<br />
integriert. Sie werden von der<br />
ALV, IV oder Sozialhilfe unterstützt. Diese<br />
12 bis 15 Prozent, davon ist auszugehen,<br />
Bilder: Magali Girardin<br />
lassen sich allein mit den Massnahmen<br />
und Strategien der Aktivierung auf der<br />
Angebotsebene nicht reduzieren.<br />
Die Aktivierung ist also für den Einzelnen<br />
effektiv, aber nicht für die öffentlichen<br />
Finanzen?<br />
Es ist schwer zu sagen, ob sich die Aktivierung<br />
für die Allgemeinheit auszahlt<br />
oder nicht. Das sind komplexe Rechnungen.<br />
Sicherlich hat die symbolische<br />
Dimension der Aktivierung einen starken<br />
präventiven Effekt. Jeder weiss, wenn er<br />
Sozialhilfe beziehen will, muss er viel dafür<br />
tun. In diesem Sinne wirkt die Strategie<br />
der Aktivierung und ist, was die Kontrolle<br />
der Kostenentwicklung angeht, sicher<br />
wirksam. Dennoch gibt es Personen, die<br />
aus den verschiedensten Gründen kaum<br />
eine Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt<br />
eine Stelle zu finden. Für diese Leute genügen<br />
die Massnahmen der Aktivierung<br />
nicht. Hier sind andere Lösungen gefragt.<br />
Es ist wichtig, dass der erste Arbeitsmarkt<br />
auch für die Bereitstellung geeigneter Arbeitsplätze<br />
vorbereitet ist. <br />
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