Ausgabe Mai 2009 (PDF) - Mühlenland Niedersachsen
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Mühlen im Braunschweiger Land<br />
Eine bemerkenswerte Brücke zwischen Tradition und Moderne<br />
Rüdiger Hagen, Wedemark<br />
Kaum eine andere Region in Deutschland<br />
hat eine solch umfangreiche<br />
Mühlengeschichte, die zudem noch neben<br />
der Vergangenheit auch die Gegenwart<br />
maßgeblich prägt, wie die des alten<br />
Braunschweiger Landes. Betrachtet man<br />
ungeachtet aller alten Gebietsgrenzen<br />
die gesamte Region zwischen Hannover,<br />
Hildesheim und Braunschweig, so kommt<br />
man ohne Zweifel nicht an den zahlreichen<br />
großartigen Mühlenbaumeistern, den<br />
Mühlsteinfabrikationen, den zuliefernden<br />
Maschinenbaufirmen und zuletzt den<br />
Mühlenbaufirmen des heutigen Zeitalters<br />
vorbei. Die guten Getreideanbauflächen,<br />
hervorzuheben besonders die der Hildesheimer<br />
Börde, bildeten zusammen mit der<br />
hierzulande u. a. durch den Bau der Eisenbahn<br />
früh erfolgten Industrialisierung die<br />
Grundlage für ein heute noch bedeutendes<br />
Mühlenbaugewerbe.<br />
Noch heute werden in Braunschweig Müllereimaschinen<br />
und Mühlenanlagen für<br />
den weltweiten Einsatz geplant und gefertigt.<br />
Noch heute steht seit 1949 mit der bereits<br />
am 2. 11. 1882 in Roßwein (Sachsen)<br />
gegründeten „Deutschen Müllerschule“<br />
Braunschweig als Traditionsstandort für<br />
die Ausbildung in diesem Gewerbe. Noch<br />
heute zeigt eine außergewöhnliche Konzentration<br />
großer Industriemühlen rund um<br />
Braunschweig vom heutigen Standard dieser<br />
lebenswichtigen Ernährungsbranche.<br />
Haben diese neuzeitlichen Mühlenwerke<br />
längst die Mehlproduktion übernommen,<br />
so zeigen immer noch viele historische<br />
Wind-, Wasser- und Motormühlen, welch<br />
hoher Standard im Mühlengewerbe sich<br />
seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
hier angesiedelt hat. Bezeichnend sei hierfür<br />
als Schlussbetrachtung, dass mit dem<br />
Müllermeister Erich Röhl aus Abbenrode<br />
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ein Windmüller über Jahrzehnte der Neuzeit<br />
im Prüfungsausschuss des Müllerhandwerks<br />
gearbeitet hat und seine Bockwindmühle<br />
erst mit seinem Tod 1980 in den<br />
gewerblichen Ruhestand ging.<br />
Die Geburt der heute noch berühmten<br />
Braunschweiger Mühlenbauindustrie<br />
Noch heute ist Braunschweig als Standort<br />
für die Produktion und Entwicklung von<br />
Müllereimaschinen und ganzer Mühlenanlagen<br />
sowie für die Ausbildung im momentanen<br />
Nachwuchs der Müller, Müllerei- und<br />
Mühlenbautechniker in aller Munde. Dass<br />
sich hier einmal die über Jahrzehnte lang<br />
bedeutendste Mühlenbauindustrie der<br />
Welt ansiedeln sollte, bietet heute einen<br />
wunderbaren Einblick in eine spannende<br />
Epoche eines der ältesten Gewerbe der<br />
Menschheit.<br />
Begonnen hat die Entwicklung dieses<br />
Gewerbes in der Nachbarstadt Wolfenbüttel.<br />
Beide Städte verband u. a. ein<br />
geschichtsträchtiges Ereignis der Industriellen<br />
Revolution: am 1. Dezember 1838<br />
wurde zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel<br />
die erste Deutsche „Staatseisenbahn“<br />
eröffnet, gerade einmal drei Jahre<br />
nach dem überhaupt ersten Eisenbahnbau<br />
in Deutschland mit der „Ludwigsbahn“ von<br />
Nürnberg nach Fürth. Lokomotiven, technische<br />
Anlagen und die federführenden<br />
Ingenieure kamen aus dem Mutterland<br />
der Eisenbahn, aus England, nach Braunschweig.<br />
Als eine Art Nebenprodukt schufen<br />
englische Techniker auch zwischen<br />
1832 und 1838 im Braunschweiger Land<br />
erstmals zwei Mühlen nach dem damals<br />
von Amerika über England herüber gekommenen<br />
neuzeitlichen System im Auftrag<br />
wohlhabender Kaufleute: die Dampf-<br />
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