Justine Otto – 28. April - Der Kessener
Justine Otto – 28. April - Der Kessener
Justine Otto – 28. April - Der Kessener
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seine Bilder genauso exakt, streng und handwerklich<br />
perfekt wie die Hokusais. Kaller erfindet Hokusai neu,<br />
spielt mit farbigen Flächen, feine Lineaturen des Motivs<br />
mal schwarz auf farbigem Untergrund, mal negativ. Er<br />
führt Hokusais Motive quasi fort, hält sich nicht mehr<br />
an die Anordnung in der Natur, befreit die Motive aus<br />
ihrer Umgebung und verändert deren Größenmaßstäbe.<br />
Es entstehen neue Symbole, wie z.B. „Zwölf Kraniche<br />
vor dem Flug zum Fuji“, die logohaft die Form des Fuji<br />
annehmen. Kaller reduziert, abstrahiert, dass nur noch<br />
Flächen in ruhigen, abgetönten Flächen gegeneinander<br />
stehen.. oder es wird popartig bunt wie beim „Reiter<br />
am Sumido-Fluß“. Bei „<strong>Der</strong> Fuji bei aufgehender Sonne“<br />
bilden kleine bunte Wölkchen, die Palette des frühen<br />
Sonnenlichts spiegelnd, eine indirekte Form des Fuji<br />
an. Und bei „Zwei Sägen im dichten Rauch“ ist Kaller<br />
auf den ersten Blick in der Abstraktion angekommen.<br />
Naturdetails schweben im Bild wie bei „Windstoß in der<br />
Provinz Suniga“. Man meint förmlich, den Windstoß zu<br />
fühlen. Udo Kaller ist bei Hokusai angekommen.<br />
Bis zum 2.9.2012 in der Kunsthalle,<br />
Di-So 10-17, Do 10-21 Uhr.<br />
si<br />
http://www.kunsthalle-schweinfurt.de/<br />
In Heidingsfeld bei Ilka Klose<br />
Modern Baroque<br />
Die Überraschung gelingt<br />
immer wieder: Die Galeristin<br />
Ilka Klose präsentiert<br />
Künstler, die in ihrer eigenen<br />
Region und auch international<br />
schon erfolgreich<br />
sind und mit Preisen<br />
bedacht wurden, hier<br />
aber nicht in Konkurrenz<br />
treten zu den regionalen<br />
Kollegen.<br />
Die in Ungarn geborene<br />
Sala Lieber lebt nach ihrer<br />
Ausbildung in Dresden<br />
und Düsseldorf im Rheinland. Sie fühlte sich schon früh<br />
zur Malerin berufen. Ihre Motive fand sie im Antiquitätengeschäft<br />
ihres Vaters: Dekor, wohin das Auge<br />
blickt. Die Siebdrucke wirken wie Röntgenaufnahmen,<br />
die Ornamente bilden das Skelett eines barocken Saals<br />
und schaffen Räumlichkeit, ergänzt um zunächst fremdartige<br />
Farbflächen mit einem Schuss Popart. Dann malt<br />
sie einen überaus reichen, goldenen Barockrahmen, in<br />
den sie zwei Frauen (Zwillingsschwestern?) mit starren<br />
Gesichtern stellt, mit gleichen starren Kleidern, in deren<br />
Stoff sich barocke Ornamente fortsetzen, die Wirkung<br />
ist fast surrealistisch. In ihren großformatigen Bildern<br />
malt Lieber Figuren höfischen Lebens, über denen große<br />
und kleine Lüster schweben. Räumlichkeit und Perspektive<br />
entstehen nur durch Platzierung und unterschiedliche<br />
Größe der Motive, die wie altmodische Abziehbilder<br />
auf schwarzem Untergrund wirken. Alles ist mehr<br />
als nur dekorativ in Szene gesetzt.<br />
Die Arbeiten der in München lebenden Hertha Miessner<br />
könnten nicht gegensätzlicher sein zu denen von Sala<br />
Lieber und ergänzen sich doch gleichzeitig. Auch hier<br />
bildet die Farbe Schwarz einen starken Kontrast zu den<br />
digitalen Bildcollagen in leuchtendem Rot, Gelb oder<br />
Violett, an den Kanten der Motive leicht unscharf auslaufend.<br />
Eigentlich will man gar nicht so genau wissen,<br />
dass die Ausgangsmaterialien abgeklebte Tesastreifen<br />
sind, aus denen sich überlagernde, in sich verschlungene<br />
www.der-kessener.de … mit umfangreichem Veranstaltungskalender<br />
Nochmals Anmerkungen zu<br />
Gerhard Richter <strong>–</strong> Panorama<br />
WÜRZBURG | BERLIN<br />
plastisch wirkende Bildflächen entstehen, die barock<br />
und üppig wirken.<br />
Ergänzt wird die Ausstellung durch edle Silberschmiedearbeiten<br />
von Markus Engert. Die puristische Strenge<br />
von Kannen und Leuchtern passt wunderbar zu dem ins<br />
Moderne übersetzten Barock.<br />
Noch bis zum 22.6.2012 zu sehen im Leitengraben 3,<br />
97084 Würzburg, Öffnungszeiten nach telefonischer<br />
Vereinbarung unter 0931-784130.<br />
si<br />
www.galerie-ilkaklose.de<br />
So schnell wird es nicht wieder möglich sein, einen so<br />
großen Überblick über mehr als 50 Jahre <strong>–</strong> 1962-2012 <strong>–</strong><br />
künstlerischen Schaffens eines großen Künstlers besichtigen<br />
zu können. Gerhard Richter ist nicht irgendein Maler,<br />
er ist für Überraschungen gut, reflektiert und antwortet<br />
auf die verschiedensten Stilrichtungen, fühlt sich<br />
herausgefordert, wie z.B. auf Duchamps Urinal, auf das<br />
er mit einer photorealistischen, leicht unscharfen Klorolle<br />
antwortet.. Er probiert vieles aus, auch um Gegenpositionen<br />
zu beziehen, bleibt dabei aber immer ein klassischer<br />
Maler. Mit seinen Photobildern, Landschaften,<br />
Porträts, seinen Streifenbildern, den Rakelbildern, und<br />
den abstrakten, Arbeiten der Konzeptkunst, Spiegeln<br />
und Glasscheiben und den Monochromen „lotet er die<br />
Unendlichkeit möglicher Darstellungen und die gleichzeitige<br />
Begrenztheit dessen aus, was darstellbar ist“<br />
(Katalog). Er ist der Malerei immer treu geblieben, sagt<br />
aber gleichzeitig, dass die weiße Leinwand das schönste<br />
Bild überhaupt sei. Damit ist er vielen seiner Zeit immer<br />
einen Schritt voraus, die sich auf ein Hauptthema und<br />
eine Stilrichtung und Arbeitsweise beschränken. Richter<br />
ist nicht aus der Realität abgehoben, das handwerkliche<br />
Können ist Voraussetzung seiner Arbeit, was sicherlich<br />
auch von seiner Ausbildung in Dresden als Wandmaler<br />
herrührt. Und er kam erst spät nach seiner Übersiedlung<br />
1961 in den Westen in direkten Kontakt zur zeitgenössischen<br />
Kunst, nicht zuletzt über seinen Lehrer Karl <strong>Otto</strong><br />
Götz, einem Vertreter des Informel.<br />
Die über 140 Arbeiten in der Neuen Nationalgalerie<br />
in Berlin sind chronologisch angeordnet auf einer Geschoßebene.<br />
In dem Bau Mies van der Rohes bedurfte<br />
es nur einer sehr zurückgenommenen Ausstellungsarchitektur.<br />
Ganz anders werden die Arbeiten ab Juni<br />
im Centre Pompidou in Paris zu sehen sein, nämlich<br />
bei natürlichem Licht und dem Schwerpunkt auf Glas-,<br />
Spiegel- und monochromen Werken neben den schon in<br />
London und Berlin gezeigten.<br />
Unbeschadet der Vielfalt spielen die Photobilder eine<br />
sehr wichtige Rolle in Richters Werk. Neben der Auseinandersetzung<br />
mit Vermeer und Caspar David Friedrich<br />
sind die Photobilder mit persönlich-familiären Bezügen,<br />
„Tante Marianne“ oder „Onkel Rudi“ Dokumente der<br />
Zeitgeschichte (der Nazi-Zeit) wie auch die Serie der RAF<br />
Dokumente der bleiernen Zeit des Deutschen Herbstes<br />
sind.<br />
Es erscheint möglich, dass dem 80jährigen Künstler auch<br />
heute noch „fortgesetzte Neuanfänge“ (Katalog) möglich<br />
sind. Und sein Credo, „Zweck der Kunst ist es, die<br />
Welt zu überstehen, ein Mittel von vielen wie Brot und<br />
Liebe“, sollten wir nicht als naiv bewerten, sondern im<br />
eigenen Leben wirksam werden lassen.<br />
Noch bis zum 13. Mai in Berlin, danach vom 6. Juni <strong>–</strong><br />
24. September 2012 in Paris.<br />
si<br />
<strong>Der</strong> <strong>Kessener</strong> 2/2012 15