Wirtschaftszeitung_26062017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 BRANCHEN<br />
Neue Ideen sprudeln auf den Ma<br />
Die Macher der Getränkeprodukte Finne, Liba und Bad Meinberger haben eines gemeinsam –sie spielen bewusst<br />
die regionale Karte, beweisen viel Kreativität und setzen stark auf Nachhaltigkeit.<br />
Eine erfrischende Welle schwappt<br />
durch die Getränkebranche: Wie<br />
schmeckt sie eigentlich, eine Flasche<br />
Münster als Gerstensaft, Limonade<br />
oder Mineralwasser? Nach Lokalkolorit.<br />
Der ist am Tresen ein Hit, besonders<br />
wenn die Flasche eine „Finne“ist.Eine<br />
Masematte-Vokabel und<br />
damit ein buchstäblich zum Greifen<br />
nahes Heimat-Bekenntnis siegte<br />
beim Branding, als die Brauer Dr.<br />
Florian Böckermann und Frank Sibbing<br />
im Stadion während eines Preußenspiels<br />
einenNamen fürihr münsterisches<br />
Bio-Craft-Beer suchten:<br />
„Wir wollen die Domstadt wieder zu<br />
einer Bier-Hochburg machen. Kreativ<br />
und individuell mit einer Vielfalt<br />
an charaktervollen Bieren“, erklärt<br />
Finne-Chef-Böckermann.<br />
Und das vor allem mit viel<br />
Leidenschaft während<br />
eines Braukunst-Sabbaticals<br />
im Kreuzviertel. Denn<br />
die beiden Akademiker Böckermann<br />
und Sibbing haben ihregut bezahlten<br />
Jobs voreinem Jahr an den Nagel<br />
gehängt, um gegenden Trend der industriellen<br />
Massenproduktion handwerklich<br />
in kleinenMengenzubrauen. Acht Jahre<br />
waren die Bierfans als Hobbybrauer<br />
unterwegs, ihre Initiation erlebten sie in<br />
einer kleinen kanadischen Brauerei auf<br />
Vancouver Island.<br />
Am anderen Ende der Welt haben die<br />
beiden Freunde, die jetzt auch Geschäftspartner<br />
sind, dem Bier-Spirit in<br />
den Braukesseln nachgefühlt: Jetzt lassen<br />
sie ihrem „Hefeflüsterer“ Jörn Mertins<br />
während des Brauens auf die Finger<br />
schauen. Denn Finne ist nicht nur gemütliche<br />
Gerstensaft-Location im<br />
Kreuzviertel, sondern auch Schaubrauerei.<br />
Das frischgezapfte Fassbier<br />
verdient das Label „Made in Münster“.<br />
Dass die drei Jungunternehmer mit Bio-<br />
Hefe und eigenem Rezeptbuch im Gepäck<br />
zur Flaschenabfüllung hingegen in<br />
Finne wird imKreuzviertel gebraut: Die beiden Geschäftsführer Dr. Florian Böckermann und Frank Sibbing (2. und 3. v.l,) mit Gastro-<br />
Leiter David Lambert (l.) und Braumeister Jörn Mertiens (r.) hinter der Theke.<br />
Foto: Finne<br />
ihre Partnerbrauerei nach Zeil am Main<br />
reisen, hat nicht nur mitrechtlichen Auflagen<br />
wie dem Mindesthaltbarkeitsdatum<br />
zu tun. „Unternehmerisch wollen<br />
wir langsam wachsen, den Markt in<br />
Münster selbst vertiefen und dann auf die<br />
„Unternehmerisch wollen wir<br />
langsam wachsen, den Markt in<br />
Münster selbst vertiefen und dann<br />
auf die Region ausdehnen.“<br />
Dr. Florian Böckermann<br />
Region ausdehnen“, erläutert Böckermann,<br />
warum die Finnen noch nicht in<br />
Münster befüllt werden.<br />
Bei all der Euphorie, das Hobby zum Beruf<br />
gemacht zu haben: „Den administrativenTeil<br />
des Unternehmens haben wir ein<br />
bisschen unterschätzt. Es ist unglaublich,<br />
wie viel Zeit der bürokratische Teil des<br />
Jobs kostet, gerade in der Lebensmittelbranche“,<br />
stöhnt Böckermann, während<br />
er auch am eigentlichen Feierabend<br />
noch über den Papieren sitzt.<br />
Doch der Erfolg entschädigt für einiges:<br />
100000 Liter der vier Bio-Flaschensorten<br />
Helles, Weizen, Pale Ale und India<br />
Pale Ale mit den Münster-Etiketten Rathaus,<br />
Aasee, Hafenkran und -elefant<br />
wurden in einem Jahr in der kleinen<br />
unterfränkischen Lohnbrauerei abgefüllt.<br />
Stroetmann, die Getränkehändler<br />
Dreyer und Flaschenpost sowie einige<br />
Gastronomen haben die Hopfenkünstler<br />
bereits ins Sortiment beziehungsweise<br />
auf die Karte aufgenommen. Und teilweise<br />
trägt sich das Start-up schon: „In<br />
der Brauerei mit Ausschank und Restauration<br />
haben wir natürlich schon einen<br />
relativ guten Cashfl<br />
ow“, resümiert Böckermann.<br />
Bei den Perspektiven bewahrt<br />
er aber Bodenhaftung: „Wenn wir uns<br />
Ende 2018 richtige Gehälter auszahlen<br />
können, sind wir sehr zufrieden.“<br />
Die auf Individualitätbedachten Kunden,<br />
die Konzernen ein Schnippchen schlagen<br />
wollen, haben die Wahl: Eine Finne Bier<br />
oder doch lieber eine Liba? „Wir wollten<br />
Münster eine Marke geben und ein bisschen<br />
,liba‘ machen“, erinnert sich Kola-<br />
Kreateur Jonathan Mache an die Grundmotivation<br />
zu „Support your local<br />
brands“. Viele Abende haben Produktdesigner<br />
Jonathan Mache und Benjamin<br />
Heeke, seines Zeichens Sozialwissenschaftler<br />
und ehemals Cocktailbar-Betreiber,<br />
an der Rezeptur für das ultimative<br />
Münster-Erfrischungsgetränk gefeilt.<br />
Die Marschrichtung lautete weniger Süße,<br />
mehr Geschmack: Kola mit Limette<br />
und Limette mit Minze s<br />
2014 beim Start-up an der L<br />
aus der trendigen Flasche<br />
Deutschland über 1300 B<br />
aber nicht einmal 90 Kolapr<br />
da geht noch was“, weiß Be<br />
ke.Und erobert zusammen m<br />
Mache den münsterischen<br />
ihrem veganen Erfrischun<br />
„sogar beim Klebstoff des<br />
ketts mussten wir darauf<br />
keine tierischen Inhaltsstoff<br />
„Allerdings war essehr vi<br />
unsereMünster-Limonade i<br />
marktregalen der Stadt zu p<br />
in kleinen Läden mit ohneh<br />
gionalem Fokus. Ganz ande<br />
wartet haben“, berichtet<br />
einer wahren Siegeswelle b<br />
dagegen durch die Gastr<br />
Hammer Straße. „Viele K<br />
Restaurants haben mehrjäh<br />
mit den Produzenten. Desha<br />
Gastronomen uns zusätzlic<br />
ment mit aufgenommen“, k<br />
Mache die stetige Durchd<br />
Marktes. Von30000 im Grü<br />
gefüllten Kolafl<br />
aschen land<br />
den Mensen, denn zuerst ha<br />
tenwerk Münster an Liba g<br />
haben wir sofort sehr viele E<br />
erreicht“, ist Heeke sich sic<br />
dentischen Trendsetter habe<br />
versitätsstadt ganze Arbe<br />
2015 konnte das Start-up sc<br />
Flaschen in der Haaner Fels<br />
füllen. Dabei gilt, dass die Lim<br />
überwiegend im 0,33-Literden<br />
Tresen geht. Und ein Ja<br />
die Produktionsmenge sogar<br />
Flaschen.<br />
Doch frei von Sorgen könn<br />
Gründer noch nicht von ihre<br />
leben. Die Jungunternehme<br />
de Nebenjobs: „Wenn wir<br />
Flaschen im Jahr verkaufen<br />
uns zum ersten Mal Gehälter<br />
glaubt Mache, und hat schon<br />
die dritte Liba-Kreation im H<br />
Der ostwestfälische Mineralbrunnen Bad Meinberger setzt bei der Abfüllung zu 100 Prozent auf Nachhaltigkeit –für Glas und PET.