Seite 12 Erinnerung Anzeige Nachruf auf Gunter Gabriel - dem Malocher und Stehaufmännchen! „Ich gebe zu, mein Leben war eine einzige Katastrophe“ Von HENRIE LAIB & ILHAN COSKUN „Ich gebe zu, mein Leben war eine einzige Katastrophe“! Das hast du, lieber Gunter Gabriel, in deinem Buch „Wer einmal tief im Keller saß“ geschrieben. Aber du hast dich nach einer deiner vielen Katastrophen immer wieder nach oben gekämpft. Erfolge und Abstürze, die haben sich bei dir abgewechselt. In deinem privaten, wie in deinem Musikerleben. Von der Zehnzimmerwohnung in Berlin ging`s über den Wohnwagen am Starnberger See schließlich auf ein Hausboot im Hamburger Hafen. Dort haben wir dich im Mai 2012 besucht, einen Monat vor deinem 70. Geburtstag. Eigentlich hatten wir vor, dich auch zu deinem 75. zu interviewen, aber du warst nicht zu erreichen. Und dann kam plötzlich die Nachricht: Gunter Gabriel ist tot. Das ging uns nahe. Weil wir dich auf deinem Hausboot als offenen, direkten - manchmal zu direkten - Menschen kennen und schätzen gelernt haben. Als einen, der sein Herz auf der Zunge trägt, aber ein weiches Herz. Was haben wir nicht alles in all den Jahrzehnten über dich gelesen, vor allem über dein Verhältnis zu deinen Frauen? Die Boulevardpresse überschlug sich. Uns gegenüber aber saß ein tiefsinniger Mensch, mit dem wir über Gott und den Glauben sprachen. Doch von der einen zur anderen Sekunde konntest du plötzlich das Thema wechseln und hast einen Hammersatz herausgehauen, den man erst mal verdauen musste. Einer davon war an diesem Tag: „Ich habe mir in meinem Leben 22 Mal die Kavalierskrankheit, den Tripper, geholt“. Dann wiederum hast du uns dein Lieblingsgedicht vorgetragen. ‚Stufen‘ von Hermann Hesse, dass du nach eigenen Angaben stets bei dir trägst. Sicherlich auch am Vorabend deines 75. Geburtstages als du mit engen Freunden hineinfeiern wolltest. Kurz nach Mitternacht gingst du über eine steinerne Wendeltreppe hinunter in dein Zimmer, bist gestürzt, schlugst dir den Kopf an, hast geblutet und bist ins Bett gegangen, weil du gedacht hast, es sein nur eine Platzwunde. Am nächsten Morgen, deinem Geburtstag, hat man dich ins Krankenhaus gebracht und einen dreifachen Bruch des ersten Halswirbels festgestellt. Am 22. Juni hörte dann dein Herz auf zu schlagen. Lieber Gunter, wir werden den Besuch bei dir nie vergessen. Es war eines unserer interessantesten Interviews. Vor allem eine deiner Antworten hat uns sehr imponiert. Auf die Frage: Was würdest du, der alle Höhen und Tiefen des Lebens durchlebt hat, jungen Menschen raten, worauf es ankommt im Leben? Deine Antwort war tiefsinnig und deutlich, eben typisch Gabriel: „Fangt einfach an! Seid unerschrocken. Hängt nicht rum, vergeudet nicht eure Zeit. Wenn es dort, wo ihr wohnt, keine Arbeit gibt, dann müsst ihr halt die Gegend wechseln. Seid mobil, und vor allem: Lest, lest, lest. Wer viel liest, lernt viel. Und lernt Gitarre spielen. Immer wenn ich im Knast spiele, bringe ich den Jungs ein paar Gitarren mit. Keine E-Gitarren, rhythmische Gitarren. Ich sage ihnen: Jungs, ihr werdet immer wieder hier landen, wenn ihr euch nicht anstrengt. Ihr braucht nur drei Griffe zu kennen, dann könnt ihr jeden Song von Johnny Cash spielen. Fangt damit an. Schluss mit Kriminalität! Tut euch hervor als Komponist und Sänger, spielt Gitarre und ich versichere euch, dann könnt ihr auch die Frauen verführen und müsst keinen Bruch machen, nur um bei den Mädels Eindruck zu schinden.“ So warst du, Gunter. Und so behalten wir dich in Erinnerung. Als Rebell, als einen, der sich nie hat verbiegen lassen. Wir erinnern uns noch an das, was du an die Bordwand Deines Hausbootes geschrieben hast: SARG wie ,S-tress-A-lk-R-auchen- G-ewicht‘. Vielleicht kam das alles zusammen an diesem Schicksalstag. Lieber Gunter Gabriel, Ruhe in Frieden! Wir verlosen unter allen Einsendungen zwei Bücher von Gunter Gabriel: „Wer einmal tief im Keller saß“. Zuschriften per E-Mail an: medienlaib@tonline.de. Per Post: BÜR- GERSPIEGEL, Nelkenstraße 1, 26676 Barßel. Einsendeschluss: 15. <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong>. (Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.)
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