digital finance 01-2017
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<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 3<br />
<strong>digital</strong><strong>finance</strong><br />
Zeitschrift für Technik und Digitalisierung<br />
Blockchain<br />
zwischen Mythos<br />
und Realität<br />
<strong>digital</strong><strong>finance</strong><br />
› 56
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 4<br />
Steering Business<br />
Digitally<br />
Schöpfen Sie bereits alle Potenziale der Digitalisierung<br />
für Ihr Unternehmen aus?<br />
Die <strong>digital</strong>e Transformation wird jedes Unternehmen der Bankenbranche<br />
signifikant beeinflussen. Dabei wird entscheidend sein, die richtige Strategie<br />
und die richtigen Fähigkeiten zu entwickeln, um sich dem veränderten<br />
Umfeld anzupassen und die Potenziale der Digitalisierung für Kunden und<br />
Unternehmen wertschöpfend einzusetzen.<br />
Wir unterstützen Sie bei der Steigerung Ihrer Wettbewerbsfähigkeit und<br />
Ertragskraft durch die Nutzung der sich aus der Digitalisierung ergebenden<br />
Möglichkeiten sowie bei der Definition übergeordneter Zielsetzungen<br />
und Schwerpunkte der eigenen Digitalisierungsstrategie. Wir entwickeln<br />
und implementieren für unsere Kunden wertstiftende Lösungen für das<br />
Gesamtunternehmen und einzelne Funktionsbereiche und setzen diese<br />
gemeinsam mit einem Netzwerk aus ausgewählten Partnern um.<br />
Loten Sie mit uns gemeinsam die Potenziale für Ihr Unternehmen aus.<br />
Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen.<br />
Rainer Zierhofer<br />
+49 69 2695898-1428 | RZierhofer@horvath-partners.com<br />
www.horvath-partners.com
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Alle machen mit!<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
die <strong>digital</strong>e Transformation verändert die Gesellschaft, Wirtschaft<br />
und Politik. Sie bringt eine umfassende Durchdringung,<br />
Vernetzung und Veränderung fast aller Lebens- und<br />
Wirtschaftsbereiche durch die Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
mit sich. Der Druck auf Unternehmen<br />
und Branchen steigt deshalb unaufhaltsam. Besonders für<br />
etablierte Unternehmen wird die Umstellung schwierig.<br />
Vielfach herrscht eine große Unsicherheit darüber, wie die<br />
Entwicklung das bestehende Geschäftsmodell verändern<br />
wird. Der <strong>digital</strong>e Wandel kann nicht durch allgemeinen<br />
Aktionismus bewältigt werden, sondern erfordert eine individuelle<br />
<strong>digital</strong>e Strategie. Erst auf Basis einer Analyse<br />
der <strong>digital</strong>en Trends im eigenen Geschäftsfeld und einem<br />
entsprechenden Digitalisierungskonzept lässt sich der individuelle<br />
Handlungsbedarf ermitteln. Banken müssen deshalb<br />
sinnvolle Investitionen in die <strong>digital</strong>e Transformation<br />
tätigen und nahezu alle Ressourcen mit einbinden. Es ist<br />
ein Projekt für jedermann.<br />
Die Digitalisierung birgt andererseits enorme Chancen. Sie<br />
steht für die Fähigkeit, Informationen zu sammeln, zu analysieren<br />
und in Handlungen in Interaktion, Kommunikation<br />
und Transaktion umzusetzen. Die Automatisierung von Prozessen<br />
und Verarbeitungsschritten erlaubt enorme Produktivitätssprünge,<br />
erhöht aber auch das Veränderungstempo.<br />
Im <strong>digital</strong>en Raum entstehen neue Geschäftsmodelle. Es<br />
bilden sich neue Ökosysteme mit Wertschöpfungsketten,<br />
bei denen Daten eine wichtige Ressource darstellen.<br />
Durch eine konsequente Vernetzung, den Einsatz künstlicher<br />
Intelligenz und durch eine Ausweitung der Kundenschnittstellen<br />
werden bestehende Wertschöpfungsketten<br />
fundmental verändert. Wertschöpfung findet im Ergebnis<br />
nicht länger sequenziell und zeitversetzt statt, sondern in<br />
einem Geflecht ständig kommunizierender und flexibel<br />
aufeinander reagierender Einheiten, die sich weitgehend<br />
selbst organisieren.<br />
Die Konsequenz kann im Einzelfall derart radikal sein,<br />
dass heute der bekannteste Anbieter von Unterkünften<br />
(Airbnb) keine eigenen Immobilien hat, das weltgrößte<br />
Taxiunternehmen (Uber) keine eigenen Taxis besitzt und<br />
das bedeutendste Mediennetzwerk der Welt (Facebook)<br />
keinen Content produziert. Für Banken und Sparkassen<br />
kann dieser Prozess mitunter schmerzhaft sein, denn neue<br />
Anbieter greifen sich Teile des klassischen Bankgeschäfts<br />
heraus wie die Kreditvergabe, den Zahlungsverkehr oder<br />
die Kontoverwaltung. Haben die neuen Wettbewerber den<br />
Kunden erst einmal für sich gewonnen, lassen sich die angebotenen<br />
Leistungen schnell ausbauen und um zusätzliche<br />
Bankdienstleistungen erweitern. Es droht ein Paradigmenwechsel.<br />
Diese thematische Gemengelage ist die Basis für das redaktionelle<br />
Programm dieser Ausgabe. Das Heft vereint<br />
eine Vielzahl von externen Namensbeiträgen, die sich unterschiedlichen<br />
Aspekten der „Digital Finance“ zuwenden.<br />
Berater, Praktiker, Wissenschaftler und Lösungsanbieter –<br />
allesamt Experten in Fragen für Technik und Digitalisierung<br />
– geben interessante Denkanstöße, die im Idealfall einen<br />
Mehrwert für die Institute und deren Kunden darstellen.<br />
In diesem Sinne wünschen<br />
wir Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!
6<br />
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22<br />
60<br />
12<br />
Verlag und Herausgeber: Bank-Verlag GmbH<br />
Wendelinstraße 1, 50933 Köln<br />
Tel.: +49/221/5490-0, Fax.: +49/221/5490-315<br />
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Redaktion: Chefredaktion: Dr. Stefan Hirschmann (verantwortlich),<br />
Wilhelm Niehoff<br />
Redaktion: Anja U. Kraus, Tel.: +49/221/5490-542<br />
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Mediaberatung: Alexander May, Tel.: +49/221/5490-603<br />
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Produktionsleitung: Armin Denzel<br />
Layout: Cathrin Schmitz<br />
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darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt werden.<br />
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Bildnachweise:<br />
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© LauriPatterson S. 52, © Grafner S. 53, © elementals S. 57,<br />
© solidcolours S. 58, © Martin Barraud S. 61, © supersizer S. 64,<br />
66, © Baloncici S. 69, © Gearstd S. 71.
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› 12 › 22<br />
Der <strong>digital</strong>e Fitness-Check<br />
In naher Zukunft werden neue Geschäftsmodelle die Art<br />
der Wertschöpfung grundlegend verändern. Daraus ergeben<br />
sich neben vielfältigen Wachstumschancen auch große<br />
Herausforderungen für Unternehmensorganisationen.<br />
Der Nachholbedarf ist hoch<br />
Interview mit Dr. Nico Peters, Chef der Compeon GmbH,<br />
über die Digitalisierung im Firmenkundengeschäft, die<br />
Schwierigkeiten, ein FinTech am Markt zu positionieren,<br />
sowie das Geschäftsmodell einer Vermittlungsplattform.<br />
Banking ist <strong>digital</strong> › 08<br />
Die Demokratisierung der Geldanlage › 17<br />
Europa am Scheideweg › 20<br />
Zwischen Tech und Talent › 24<br />
Digitalisierung – wo sie Sinn macht › 28<br />
IT-Fachkräfte für den Finanzmarkt › 32<br />
E-Geld: Sicherheit ist alles › 34<br />
Angriff auf die Endgeräte › 36<br />
Von der Vision zur Tat › 38<br />
Robo Advisors -<br />
Vergleich USA vs. Deutschland › 52<br />
Blockchain zwischen Mythos und Realität › 56<br />
Sensible Kundendaten nicht<br />
aus der Hand geben › 58<br />
Wissensmanagement mit Insight Engines › 60<br />
Etablierung mehrgleisiger Denkprozesse › 62<br />
Blockchain: Vertrauensmotor<br />
für die <strong>digital</strong>e Bankenwelt? › 64<br />
Eine (Asset-) Klasse für sich › 68<br />
Digitalisierung im Projektmanagemet › 71<br />
Video-Identifizierung und eSignatur › 42<br />
Über alle Kanäle › 46<br />
Invest-Tech: Durchgängig <strong>digital</strong> › 48<br />
Trends und Innovationen › 06
8<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Trends und<br />
Innovationen<br />
FinTechs machen mobil<br />
Eine Koalition aus über 65 weltweit im Finanzsektor tätigen<br />
Unternehmen und Verbänden hat ein PSD2-Manifest verfasst<br />
und sich zum Ziel gesetzt, die Europäische Kommission<br />
dazu zu veranlassen, Änderungen an dem aktuellen<br />
Entwurf der Regulatory Technical Standards (RTS) unter<br />
der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services<br />
Directive 2, PSD2) vorzunehmen. Wenn die RTS so, wie<br />
sie aktuell von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde<br />
(EBA) vorgesehen sind, verabschiedet werden, hätten sie<br />
potenziell negative Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle<br />
vieler im FinTech-Umfeld agierenden Firmen, da sie das<br />
rückgängig machten, was FinTechs in den vergangenen<br />
Jahren erreicht hätten, hieß es. Die vorgesehenen Standards<br />
hätten einen nachteiligen Einfluss auf den Wettbewerb,<br />
gefährdeten die Kontrolle der Verbraucher über ihre<br />
persönlichen Finanzdaten und hätten besonders negative<br />
Auswirkungen auf die zukünftige Innovation in Europa. Darüber<br />
hinaus seien sie nicht nur mit der PSD2 unvereinbar,<br />
sondern würden FinTechs zudem zwingen, sich in eine<br />
technologische Abhängigkeit von Banken zu begeben, da<br />
sie diese in die Position des Torwächters für den FinTech-<br />
Sektor versetzen würden.<br />
Bedarf an Blockchain-<br />
Experten steigt<br />
Über kaum eine andere Technologie wird derzeit so viel gesprochen<br />
wie über die Blockchain. Dieser Trend spiegelt sich<br />
mittlerweile auch auf dem Stellenmarkt wider: In den vergangenen<br />
zwölf Monaten wurden insgesamt 80 ausgewiesene<br />
Blockchain-Experten gesucht, wie die Metajobsuchmaschine<br />
Joblift aufzeigt. Alleine 59 Prozent der untersuchten<br />
Stellen wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres<br />
ausgeschrieben – 42 Prozent mehr als im gesamten Jahr<br />
2<strong>01</strong>6. Die meisten Stellen richteten sich dabei an Entwickler,<br />
gefolgt von Beratern und wissenschaftlichen Mitarbeitern.<br />
Die Informations- und Kommunikationstechnologie stellte<br />
sich dabei als Branche mit dem stärksten Bedarf heraus.<br />
Einsatz Künstlicher Intelligenz<br />
in den Bereichen (Jahr 2<strong>01</strong>7)<br />
32<br />
30<br />
27<br />
23<br />
IT<br />
Produktion/<br />
Operations/<br />
Verwaltung<br />
Marketing/<br />
Vertrieb<br />
Finance/<br />
Controlling<br />
Die Statistik zeigt den Einsatzbereich Künstlicher<br />
Intelligenz von Unternehmen, die im Rahmen einer<br />
Potenzialanalyse von Sopra Steria Consulting befragt<br />
wurden.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 9<br />
Cyber-Angriffe<br />
werden gezielter<br />
Die Ransomware Lockey scheint an Bedrohung verloren<br />
zu haben. Laut des vierteljährlichen Proofpoint-Bedrohungsberichts<br />
greifen Cyber-Kriminelle offensichtlich<br />
vermehrt auf kleinere und gezieltere Kampagnen zurück.<br />
Gleichzeitig erhöht sich zunehmend die Zahl der Angriffe<br />
auf Mobilgeräte und Social-Media-Kanäle. In App-Stores<br />
wurden 16.000 Anbieter identifiziert, die böswillige Apps<br />
verbreiten. Das entspricht einem Anteil von mehr als<br />
einem Prozent aller App-Entwickler weltweit. Mobilgeräte-<br />
Bedrohungen sind jedoch nicht auf offen böswillige Apps<br />
beschränkt. Laut des Berichts ist mittlerweile ein wachsender<br />
Anteil von Klicks auf Phishing-Seiten von Mobilgeräte-Apps<br />
zu verzeichen. Dabei waren die Bedrohungen im<br />
1. Quartal 2<strong>01</strong>7 mehr durch ihre Vielfalt als durch ihr großes<br />
Aufkommen geprägt: Eine große Anzahl an Ransomware-<br />
Varianten war im Umlauf, etwa mehr als vier Mal so viele im<br />
Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Webbasierte Angriffe wurden<br />
um Social-Engineering-Komponenten ergänzt. E-Mailbasierte<br />
Angriffe nutzten eine Mischung aus böswilligen<br />
URLs und Dateianhängen – eine Trendwende nach den<br />
massiven Kampagnen von 2<strong>01</strong>6, bei denen lediglich Dateianhänge<br />
zum Einsatz kamen. Die Kombination aus URLs<br />
und angehängten Dokumenten ist dabei etwa für 60 bis<br />
70 Prozent aller böswilligen Nachrichten verantwortlich.<br />
Im Supermarkt per Handy<br />
kostenlos Geld abheben<br />
Im Supermarkt Geld abholen oder einzahlen? Das können<br />
Kunden ab sofort mit der neuen Funktion SpardaBargeld<br />
in der Banking-App der Genossenschaftsbank. Für diesen<br />
Service kooperiert die Sparda-Bank West mit barzahlen.de,<br />
Deutschlands größter privater Zahlungsinfrastruktur. Mit<br />
einer aktiven Standortbestimmung erhält der Kunde eine<br />
Übersicht aller teilnehmenden Geschäfte in seiner Umgebung<br />
– dazu zählen Einzelhändler wie real, Rewe oder Penny.<br />
Auszahlungen sind kostenlos, für Einzahlungen fallen<br />
Gebühren in Höhe von 1,5 Prozent des Einzahlbetrags an,<br />
der mindestens 50 € betragen muss. Mithilfe eines Barcodes<br />
– der an der Kasse zu scannen ist – kann der Kunde<br />
schließlich Geld auf sein Konto einzahlen oder erhält Geld<br />
ausbezahlt. Der neue Service ist für Auszahlungsbeträge<br />
bis 300 € gedacht. Innerhalb von 24 Stunden dürfen Einund<br />
Auszahlungen insgesamt 999,99 € nicht überschreiten.<br />
Mit den rund 7.200 zusätzlichen Auszahlungsstellen lassen<br />
sich alle alltäglichen Bargeldgeschäfte schnell und unkompliziert<br />
abwickeln.
10<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Banking ist<br />
<strong>digital</strong><br />
Als der PC Anfang der 1990er Jahre zuerst unseren Arbeitsalltag und dann auch<br />
unsere Freizeit revolutioniert hat, konnte noch niemand erahnen, dass das Smartphone in rasender<br />
Geschwindigkeit zur Schaltzentrale unseres Lebens werden würde. Mittlerweile ist es<br />
selbstverständlich, zu jeder Zeit und an jedem Ort vernetzt zu sein.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 11<br />
In der Bahn schnell die Mails checken? Auf dem Weg zum<br />
Abendessen den Check-in erledigen? Von der Couch aus in<br />
wenigen Klicks den Sommerurlaub buchen? Alles kein Problem.<br />
Das Smartphone ist der ständige Begleiter in unserem<br />
Alltag geworden. Und mit <strong>digital</strong>en Sprachassistenten<br />
wie Alexa hat die nächste Stufe dieser Entwicklung längst<br />
begonnen. Eine Folge der Digitalisierung ist ein verändertes<br />
Konsum- und Nutzungsverhalten. Die Kunden erwarten alles,<br />
immer, überall.<br />
Wie Unternehmen sich auf die veränderten Ansprüche ihrer<br />
Kunden einstellen können, zeigen Unternehmen wie Netflix<br />
und Amazon. Während Netflix früher noch als Online-Videothek<br />
DVDs an die Briefkästen der Kunden geliefert hat, können<br />
heute fast 100 Millionen Abonnenten jederzeit tausende<br />
Serien und Filme ganz nach Belieben streamen. Auf dem<br />
Smartphone. Auf dem Tablet. Auf dem Fernseher. Und auch<br />
Amazon macht vor, wie man sich als Unternehmen neue<br />
Technologien zu eigen macht, statt vor ihnen zurückzuschrecken.<br />
Als Online-Buchhändler gestartet und schnell zum globalen<br />
Warenhaus geworden, erobert das Unternehmen aus<br />
Seattle nun unsere Wohnungen. Sei es der Dash-Button, der<br />
auf einfachen Druck die nächste Packung Waschmittel ordert<br />
und die Bezahlung gleich ganz automatisch erfolgt, oder der<br />
Sprachassistent Alexa als neues Nutzerinterface und Interaktions-Tool:<br />
Durch eine einfache mündliche Aufforderung<br />
des Nutzers kann Alexa Musik abspielen, den Kalender verwalten<br />
oder Begriffe erklären. Mit dem Skill von Comdirect<br />
wird Alexa auch zum Börsenprofi: Dieser erlaubt die Abfrage<br />
von über 10.000 Börsenkursen in Realtime – ein einfacher<br />
Sprachbefehl reicht dafür aus.<br />
Neue Rolle für Banken<br />
Ein Beispiel, das vor allem eines deutlich macht: Der technologische<br />
Wandel macht vor Branchengrenzen nicht Halt.<br />
Was für die Menschen in anderen Lebensbereichen schon<br />
selbstverständlich geworden ist, erwarten sie auch von ihrer<br />
Bank – nämlich, dass sie ihre Finanzgeschäfte rund um die<br />
Uhr und von überall aus erledigen können. Banken müssen<br />
sich rechtzeitig auf diese neue Rolle einstellen. Denn nicht<br />
nur FinTechs, auch vermeintlich Branchenfremde wie Technologiekonzerne<br />
drängen auf den Markt für Finanzdienstleistungen.<br />
Sie verlassen ihre ursprünglichen Märkte und lassen<br />
so die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Lebensbereichen<br />
immer mehr verschwimmen.<br />
In China hat die Messenger-App WeChat eine beeindruckende<br />
Entwicklung in dieser Hinsicht hingelegt. Der Nachrichtendienst<br />
ist nicht mehr nur reiner Messenger, sondern deckt<br />
mittlerweile das gesamte Leben der Nutzer ab, ohne, dass<br />
diese dafür eine andere App öffnen müssen. Vom Nachrich-<br />
Arno Walter ist CEO der<br />
Comdirect Bank AG.<br />
ten schreiben, über Taxi bestellen bis zur Zugbuchung. Und<br />
ja, sogar Banking macht WeChat möglich. Jeder Dritte der<br />
rund 700 Millionen monatlichen User benutzt die App für mobiles<br />
Bezahlen.<br />
Das Beispiel zeigt: Banken befinden sich nicht nur im Wettbewerb<br />
untereinander, sondern mit vielen anderen. Uns Banken<br />
stellen diese Entwicklungen vor eine maßgebliche Frage:<br />
Sind wir nur noch Getriebene, oder können wir nicht auch<br />
selber die Zukunft mitgestalten?<br />
Gestalter statt Getriebener<br />
Als Direktbank haben wir diese Frage bereits bei der Gründung<br />
von Comdirect 1994 für uns beantwortet: Seit über 20<br />
Jahren sind wir Innovationstreiber. Deshalb haben wir gleich<br />
zu Beginn etwas getan, das damals noch als revolutionär<br />
galt: Wir haben den Banktresen abgeschafft. Ohne Öffnungsund<br />
Wartezeiten, dafür mit Erreichbarkeit rund um die Uhr.<br />
Ein teures Filialnetz wurde ersetzt durch elektronische Kanäle<br />
wie Telefon, Fax und Internet. Wir haben Privatkunden<br />
Wertpapiere selbst kaufen lassen und unseren Kunden Tools<br />
an die Hand gegeben, damit sie ihre Finanzangelegenheiten<br />
weitgehend ohne uns regeln können. Kurz gesagt, war unser<br />
Geschäftsmodell im besten Sinne das, was man heute<br />
„disruptiv“ nennt.<br />
Ein solches Geschäftsmodell kann aber nur funktionieren,<br />
wenn auch die Prozesse im Hintergrund vollständig <strong>digital</strong><br />
sind. Wer seine Finanzen mobil verwaltet, möchte zum Beispiel<br />
ganz bestimmt nicht zuerst zur nächsten Post laufen,<br />
um sich zu identifizieren. Daher können bei Comdirect die<br />
Konto- bzw. Depoteröffnung und der Kontowechsel vollständig<br />
<strong>digital</strong> erfolgen.
12<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Vom Validierer zum Delegierer<br />
Die Digitalisierung führt nicht nur<br />
dazu, dass die Produkte und Services<br />
smarter werden – sie führt<br />
auch zu einer Demokratisierung der<br />
Geldanlage. So war eine professionelle<br />
Vermögensverwaltung früher<br />
vor allem vermögenden Kunden vorenthalten.<br />
Mittlerweile ist diese auch mit<br />
vergleichsweise geringen Beträgen möglich<br />
– bei unserem <strong>digital</strong>en Assetmanager Cominvest<br />
schon ab 3.000 €. Möglich wird dies durch schlanke <strong>digital</strong>e<br />
Prozesse und Auswahlmethoden, die weitestgehend auf<br />
Algorithmen basieren. Die dadurch entstehenden Kostenvorteile<br />
können an die Kunden weitergegeben werden.<br />
Digital heißt aber nicht, dass die Kunden auf den persönlichen<br />
Kontakt verzichten müssen. Bei Cominvest etwa erhält<br />
der Kunde auf Wunsch eine persönliche Beratung durch einen<br />
Comdirect-Mitarbeiter. Der Unterschied und Vorteil besteht<br />
vielmehr darin, dass die Kunden das für sie passende<br />
Angebot auswählen können: vom Selbstentscheider, der<br />
eigenständig bestimmen möchte, wie er sein Geld anlegt;<br />
über den Validierer, der Wert auf eine Unterstützung bei seiner<br />
Geldanlage legt; bis hin zum Delegierer, der seine Geldanlage<br />
komplett abgeben will.<br />
Gerade im aktuellen Marktumfeld bietet das <strong>digital</strong>e Asset<br />
Management damit einen Ausweg aus der Zinsfalle. Wie<br />
der Comdirect Realzins-Radar zeigt, ist das auch dringend<br />
notwendig. Denn mit ihrem derzeitigen Anlageverhalten verlieren<br />
die Deutschen im Schnitt 34,2 Mrd. € pro Jahr. Der<br />
Grund: Sie investieren in Einlagen, deren Verzinsung unterhalb<br />
der Inflationsrate liegt, wie etwa Tages- und Festgeld.<br />
Diese Zahl zeigt: An Wertpapieren führt beim langfristigen<br />
Vermögensaufbau kein Weg vorbei. An sich ist das keine<br />
neue Erkenntnis. Aber mit Tools wie Cominvest gibt es jetzt<br />
smarte Lösungen, weil sie einen einfachen Zugang zu Wertpapieren<br />
ermöglichen.<br />
Innovation Day ins Leben gerufen.<br />
Einen Tag lang können Mitarbeiter<br />
neue Technologien ausprobieren<br />
und gemeinsam über die Zukunft<br />
von Digital Finance diskutieren. Es<br />
ist immer wieder erstaunlich, welche<br />
spannenden Ideen und Ansätze dabei<br />
herauskommen. Ich bin fest davon überzeugt,<br />
dass es sich kein Unternehmen der<br />
Welt leisten kann, auf die guten Ideen seiner<br />
Mitarbeiter zu verzichten. Neue Impulse kommen<br />
aber natürlich auch aus anderen Branchen. Ein gutes Beispiel<br />
dafür ist Alexa: Nachdem wir uns bei anderen Branchen den<br />
Einsatz von Alexa genau angeschaut haben, haben wir unseren<br />
eigenen Skill auf den Markt gebracht. Um neue Ideen<br />
zu gewinnen und Bank neu zu denken, müssen wir angestammte<br />
Denkmuster und Branchengrenzen verlassen. Und<br />
wir müssen den Willen aufbringen, Dinge einfach mal auszuprobieren,<br />
auch auf die Gefahr hin zu scheitern.<br />
Arbeiten auf Augenhöhe<br />
Außergewöhnliche Ideen fördern und einfach mal was ausprobieren<br />
– davor hatten wir nie Angst. Die Comdirect<br />
Start-up Garage ist ein gutes Beispiel dafür. Oder unser<br />
Entrepreneur-in-Residence-Programm, bei dem wir jungen<br />
Menschen die Möglichkeit geben, „Gründerluft“ zu<br />
schnuppern. Neue Ideen fördern wir auch durch Formate<br />
wie dem Comdirect Finanzbarcamp. Dabei diskutieren<br />
wir gemeinsam mit anderen in offener Atmosphäre über<br />
die Zukunft des Banking. Eine feste Tagesordnung gibt es<br />
nicht – jeder, der will, kann sein Thema einbringen. Ein weiteres<br />
Format ist der Collabothon, ein Hackathon, bei dem<br />
Programmierer, Designer und weitere Innovatoren in frei<br />
zusammengestellten Teams binnen weniger Stunden ihre<br />
Ideen zum Prototypen bringen.<br />
Autor<br />
Innovative Ideen voranbringen<br />
Vor einigen Jahren wären solche Angebote zur <strong>digital</strong>en<br />
Geldanlage noch undenkbar gewesen. Es ist schon erstaunlich,<br />
wie rasant sich die Welt und damit auch die Finanzindustrie<br />
ändert. Diese Dynamik wird in Zukunft noch weiter<br />
zunehmen. Umso wichtiger ist es, offen zu sein für neue Impulse,<br />
um diese – sofern relevant – in Ideen und letztendlich<br />
in Produkte und Services umzuwandeln. Wo aber findet man<br />
diese Impulse? Die Antwort klingt zunächst banal: überall.<br />
Zum einen natürlich im Unternehmen selbst, bei den Mitarbeitern.<br />
Wir bei Comdirect haben aus diesem Grund den<br />
Arno Walter ist CEO der Comdirect Bank AG.<br />
Fazit<br />
Bei allem, was wir tun, ist der Kunde der Mittelpunkt<br />
unserer Bemühungen. Unser Ziel ist dabei klar: Wir<br />
wollen zum smarten Finanzbegleiter unserer Kunden<br />
werden und ihnen ein freieres Leben ermöglichen.<br />
Wir sind immer da, wenn sie uns brauchen. Und das<br />
geht eben am schnellsten <strong>digital</strong>.
Advertorial<br />
Verbesserung des<br />
Beratungsangebots durch<br />
Automatisierung<br />
Die richtige Kombination aus Methodik und Technologie kommt sowohl dem Anleger, als auch<br />
dem Berater und der Institution zugute und befriedigt außerdem den Regulierer.<br />
In Zeiten volatiler Finanzmärkte, niedriger Zinssätze für Rentenpapiere<br />
und dem erhöhten geopolitischen Risiko sind die<br />
Bedürfnisse von Sparern und Investoren zunehmend schwieriger<br />
zu befriedigen. Darum müssen Banken und Vermögensverwalter<br />
ihre Dienstleistungsangebote weiterentwickeln,<br />
sodaß sie alle Aspekte des Familienvermögens analysieren<br />
und diese - vor allem in Bezug auf Risiko und Diversifizierung<br />
- qualifizieren können. Außerdem sollten die neuen Regulierungen<br />
(RdR, MiFID2, IDD, PRIIPs) den Investorenschutz verbessern<br />
und die Nachfrage nach immer größerer Transparenz<br />
dürfte weiter auf den Umsatz drücken. Dieses neue Wettbewerbs-<br />
und Regulierungsumfeld legt eine Neubewertung<br />
des Beratungsangebots nahe.<br />
Wir bei Prometeia glauben, dass methodische und technologische<br />
Innovation einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg<br />
ist. Wir investieren bereits seit über 15 Jahren stark in<br />
Forschung und Entwicklung und sind in der Lage, unseren<br />
Kunden umfassende Kompetenz in der Automatisierung des<br />
Beratungsprozesses anzubieten. In diesem Sinne haben wir<br />
auch eine spezielle Marke entwickelt - WealthTech® - die<br />
unser technologisches Forschungs- und Innovations Know<br />
How in Wealth Management repräsentiert. Hier entwickeln<br />
wir Modelle, Methoden und User Experience Ansätze, die<br />
in den innovativsten Kundenprojekten angewendet werden.<br />
Zum Beispiel haben wir für „Know Your Client“ fortgeschrittene<br />
Profiling-Modelle entwickelt, die sich nicht nur auf die<br />
Erfüllung regulatorischer Verpflichtungen beschränken, sondern<br />
die Besonderheiten und Bedürfnisse des Investors im<br />
Kontext seiner Familie und Lebensphase identifizieren. Diese<br />
können dann von unserem Angebots Bot, Schritt-für-Schritt<br />
oder in vollautomatischer Weise genutzt werden und helfen<br />
dem Investor und Berater ein Anlagekonzept zu entwickeln,<br />
das eng auf ihre Bedürfnisse und Vorlieben abgestimmt ist.<br />
Außerdem ist es mit den institutionellen Beratungsstrategien<br />
& kommerziellen Zielen des Institutes konform und konsis-<br />
tent. Prometeia ist stolz darauf, die technologische Evolution<br />
anzuführen, die alle Phasen des Beratungsprozesses <strong>digital</strong>isiert:<br />
von der tiefgehenden Analyse des Kunden und seines<br />
Vermögens über die Entwicklung von personalisierten Anlagelösungen<br />
bis hin zu deren Ausführung und kontinuierlichen<br />
Überwachung.<br />
RoboAdvisory ist gleichbedeutend mit der Industrialisierung<br />
und Demokratisierung der Beratung. Automatisch erzeugte<br />
kundenspezifische Analysen und Angebote, ermöglichen<br />
es Banken und Vermögensverwaltern unter Beibehaltung<br />
der Margen Mehrwert auch für niedrigere Kundensegmente<br />
zu liefern. Damit bleibt dem Berater mehr Zeit, sich persönlich<br />
um anspruchsvollere und komplexere Segmente zu<br />
kümmern. Mit RoboAdvisory können Berater passgenauere<br />
Angebote erstellen und gleichzeitig die Durchlaufzeit der<br />
Angebotserstellung erhöhen – und dies konsistent über alle<br />
Kundenkanäle!<br />
Über Prometeia<br />
Gegründet im Jahr 1974 als Wirtschaftsforschungsinstitut<br />
, hat sich Prometeia zu einem führenden<br />
Anbieter im Wealth Management- und Risikomanagementberatung<br />
, Software-Lösungen und Business<br />
Process Outsourcing für den Finanzsektor entwickelt.<br />
Wir unterstützen die Wealth Management<br />
Operationen vieler großen Banken, Versicherungen,<br />
Vermögensverwalter und Vermögensvermittler.<br />
www.prometeia.com
14<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Der <strong>digital</strong>e<br />
Fitness-Check<br />
In naher Zukunft werden neue Geschäftsmodelle die Art der Wertschöpfung grundlegend<br />
verändern. Daraus ergeben sich neben vielfältigen Wachstumschancen auch große Herausforderungen<br />
für Unternehmensorganisationen.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 15<br />
Die Adaption bzw. die nachhaltige Nutzung der neuen<br />
Methoden und Technologien sowie die Etablierung neuer<br />
Geschäftsmodelle in einer <strong>digital</strong>en Gesellschaft werden<br />
nur dann einen Nutzen bringen, wenn das notwendige Vertrauen<br />
hinsichtlich Daten, Datenaustausch, Datensicherheit<br />
und Schutz der Identitäten geschaffen wird. Gleichzeitig<br />
müssen Unternehmen und deren Verantwortliche<br />
erkennen, dass zu einem nachhaltigen Wandel auch immer<br />
eine grundlegende Bereitschaft zur Veränderung des<br />
eigenen Verhaltens sowie der Unternehmensorganisation<br />
gehört. Erst dann ist gewährleistet, dass die Unternehmensdimensionen<br />
wie Märkte, Kunden, Wettbewerber,<br />
Organisation, Prozesse und Technologien im richtigen Kontext<br />
zueinander stehen und die daraus abgeleitete Unternehmensstrategie<br />
sich kontinuierlich an zukünftige Veränderungen<br />
adaptieren lässt.<br />
Herausforderung für Unternehmensorganisationen<br />
Digital heißt schnell und flexibel – für Unternehmen bedeutet<br />
es eine grundlegende Veränderung im Denken und<br />
Handeln. Der Markt und somit das Verhalten der Kunden<br />
bestimmt die Art und Weise, wie zukünftig Wertschöpfung<br />
im Unternehmen betrieben werden muss. Hier liegt die<br />
große Herausforderung darin, wie ein Unternehmen sich<br />
auf zukünftige Marktveränderungen vorbereitet und in der<br />
Lage ist, seine komplette Aufbau- und Ablauforganisation<br />
kontinuierlich adaptierbar zu gestalten.<br />
Selbst in der „klassischen“ Welt galt das Novum: Zur konsequenten<br />
Sicherung von Wettbewerbsvorteilen und um<br />
nachhaltig am Markt erfolgreich sein zu können, müssen<br />
Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und -prozesse an<br />
sich verändernde Marktverhältnisse anpassen. Anlass für<br />
Business-Transformationen können beispielsweise veraltete<br />
Produkte oder Dienstleistungen, Veränderung der Finanz-<br />
und Umsatzströme, neue Regulierungen oder auch<br />
ein verändertes Konsumverhalten sein. Darüber hinaus ist<br />
der Eintritt von neuen Wettbewerbern oder aufkommenden<br />
neuen Technologien insbesondere in scheinbar stabilen<br />
Märkten Anlass, bestehende Strukturen aufzubrechen<br />
und zukunftssicher auszurichten.<br />
Digitale Transformation beschreibt eine klassische Business-Transformation,<br />
die durch eine fundamentale Neuausrichtung<br />
des Geschäftsmodells auf Basis disruptiver<br />
Technologien charakterisiert ist. Gerade die Wechselwirkung<br />
neuer Technologien, verbunden mit dem Verhalten<br />
unserer Gesellschaft zu jeder Zeit „online“ zu sein sowie<br />
ein komplett verändertes Konsumverhalten, führt zu einer<br />
der größten Umgestaltungen, die die Wirtschaft seit der<br />
industriellen Revolution zu bewältigen hatte.<br />
Für Unternehmen liegt somit die Herausforderung darin,<br />
die gesamte Organisation auf den Wandel einzustellen,<br />
diesen initial mit einer ganzheitlichen Unternehmensstrategie<br />
zu definieren sowie Aufbau- und Ablauforganisation<br />
so zu gestalten, dass zukünftige Marktentwicklungen<br />
schnell und flexibel adaptiert werden können.<br />
Die wesentlichen Treiber der <strong>digital</strong>en Transformation<br />
Wenn wir uns die Entwicklung von Märkten und Kundenverhalten<br />
der letzten Jahrzehnte näher anschauen,<br />
so stellt man fest, dass es verschiedene Treiber für die<br />
<strong>digital</strong>e Transformation gibt. Insbesondere vier neue Technologien<br />
prägen die <strong>digital</strong>e Transformation: Social Media,<br />
Mobility, Data Analytics und Cloud Computing.<br />
In der Vergangenheit gab es immer wieder technologische<br />
Umbrüche, die traditionelle Wertschöpfungsstrukturen<br />
und Geschäftsmodelle ganzer Branchen infrage stellten<br />
oder gar radikal veränderten. In den meisten Fällen werden<br />
derartige Veränderungen durch disruptive Technologien<br />
ausgelöst. Zunächst unterschätzt, entfalten sie mit einem<br />
Mal ihr ganzes Potenzial und verdrängen in kürzester<br />
Zeit etablierte Systeme, Prozesse oder Unternehmen in<br />
Teilen oder gar vollständig vom Markt. Die <strong>digital</strong>e Transformation<br />
ist im Kern durch die oben genannten vier neuen<br />
Technologien bedingt, die in den letzten Jahren sowohl<br />
die Unternehmens- als auch die Konsumentenwelt erheblich<br />
verändert haben.<br />
Social Media<br />
Um von Social Media umfassend zu profitieren,<br />
sind tief greifende Veränderungen in externen<br />
sowie internen Prozessen, in der Unternehmenskultur<br />
sowie der bestehenden<br />
IT-Systemlandschaft unverzichtbar. Dabei reicht die Bedeutung<br />
von Social Media für Unternehmen weit über die Präsenz<br />
in Sozialen Netzwerken hinaus und betrifft sämtliche<br />
Organisationseinheiten eines Unternehmens. So werden<br />
Kundenanfragen über Soziale Netzwerke beantwortet,<br />
neue Mitarbeiter online rekrutiert und Kunden in den Innovationsprozess<br />
von neuen Produkten und Dienstleistungen<br />
einbezogen.<br />
Mobility<br />
Mobility bezeichnet die Möglichkeit, jede Art<br />
der Interaktion zwischen Kunden und Unternehmen<br />
oder jeglicher Personen oder Personengruppen<br />
zu jeder Zeit über jeden Kanal<br />
(Touchpoint) unabhängig der aktuellen Lokalität zu betreiben.<br />
Mobile Nutzer können somit zu jeder Zeit an jedem
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<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Ort auf Informationen und Dienstleistungen zugreifen.<br />
Dies hat erhebliche Auswirkungen auf traditionelle Geschäfts-<br />
und Erlösmodelle. Daraus ergibt sich eine Vielzahl<br />
neuer Kommunikationsmöglichkeiten mit Kunden auf der<br />
einen Seite des Unternehmens sowie Mitarbeitern und<br />
Partnern auf der anderen Seite des Unternehmens.<br />
Data Analytics<br />
Wenn Personen zu jeder Zeit an jedem Ort<br />
jede Art von Informationen abrufen und<br />
eingeben können, dann entstehen sehr<br />
schnell riesige Datenmengen über Gewohnheiten,<br />
Kaufverhalten, Erwartungen,<br />
Wünsche, Vorlieben etc. Um diese Datenmengen sofort<br />
erheben und auswerten zu können, bedarf es Anwendungen,<br />
die mittels mathematischer-statistischer Verfahren<br />
und Expertenwissen entsprechende Verhaltensweisen<br />
abbilden können. Diese Erkenntnisse dienen dann dazu,<br />
den Kunden und sein Verhalten so abzubilden, dass daraus<br />
neue Potenziale wie z. B. spezielle Angebote resultieren<br />
und dadurch eine gezielte Kundenansprache erfolgen kann<br />
und sich somit das angebotene Portfolio vom Wettbewerb<br />
differenziert. Dadurch ergeben sich in Zukunft ungeahnte<br />
Möglichkeiten der einzelnen Unternehmensbereiche wie<br />
Marketing, Vertrieb und Service, den Kunden ganz speziell<br />
auf seine Bedürfnisse hin zu betreuen.<br />
Cloud Computing<br />
Cloud Computing ermöglicht ein virtuelles,<br />
zentrales Rechenzentrum, das überall zur<br />
Verfügung steht und jede Art von Daten archiviert,<br />
in Echtzeit vorhält und den Zugriff<br />
auf diese Daten von jedem zugelassenen<br />
Device erlaubt. Dadurch erreichen Unternehmen eine große<br />
Flexibilisierung ihrer IT-Systemlandschaft – Aufwände<br />
für Hardware, Software, Schnittstellen sowie Administration<br />
reduzieren sich. Aufwände für diesen Full Service nehmen<br />
entsprechend zu. Das Thema Datensicherheit ist bei<br />
dieser Art von IT-Management nicht zu unterschätzen und<br />
bedarf noch weiterer Anstrengungen der Hersteller- und<br />
Betreiber-Industrie.<br />
Digitale Handlungsfähigkeit<br />
Die <strong>digital</strong>e Transformation bedeutet eine<br />
umfassende und nachhaltige Neuausrichtung<br />
der gesamten Unternehmensorganisation.<br />
Das Verständnis der neuen<br />
technologischen Möglichkeiten, ihrer Wechselwirkungen<br />
und der damit verbundenen Dynamik sind<br />
dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Eine abwartende<br />
Haltung wird sich nicht auszahlen, sondern vielmehr zu<br />
signifikanten Wettbewerbsnachteilen führen.<br />
Die <strong>digital</strong>e Transformation findet auf allen Unternehmensebenen<br />
statt und ist weit mehr als ein Projekt unter vielen<br />
oder ein neuer Absatzkanal oder eine neue Kommunikationsform<br />
mit dem Kunden. Vielmehr erfordert sie eine grundlegende<br />
und nachhaltige Neuausrichtung von Wertschöpfung,<br />
Prozessen sowie Aufbau- und Ablauforganisation des gesamten<br />
Unternehmens. Befragungen von Vorständen, Geschäftsführern<br />
und Bereichsleitern haben ergeben, dass die<br />
« Digital heißt<br />
schnell und flexibel<br />
– für Unternehmen<br />
bedeutet<br />
es Veränderung im<br />
Denken und Handeln.<br />
»<br />
meisten verantwortlichen Personen eines Unternehmens<br />
die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes bei der <strong>digital</strong>en<br />
Transformation noch nicht erkennen oder auch erkennen<br />
wollen. Um bestehende Strukturen weiterzuentwickeln<br />
oder gar völlig zu transformieren, wird nicht zuletzt ein Kommittment<br />
aller verantwortlichen Personen zum ganzheitlichen<br />
<strong>digital</strong>en Wandel in der Unternehmensstrategie sowie<br />
eine neue Unternehmenskultur notwendig. Die Geschwindigkeit,<br />
mit der technologische, prozessuale und kulturelle<br />
Veränderungen und Innovationen adaptiert und antizipiert<br />
werden müssen, um im Markt zu bestehen, nimmt stetig<br />
zu. Entsprechend hoch ist der Druck auf Unternehmen, auch<br />
bislang erfolgreiche, traditionelle und vermeintlich etablierte<br />
Geschäftsmodelle zu hinterfragen, anzupassen und in neue<br />
Modelle zu integrieren.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 17<br />
Digitaler Wandel bedeutet Handeln und somit das Definieren<br />
von Parametern, wie der Wandel eingeleitet werden<br />
kann – für jedes Unternehmen individuell. Folgende Fragestellung<br />
sollten initial geklärt werden: Welche Technologien<br />
haben für welchen Geschäftsbereich welche Bedeutung?<br />
Wie lassen sich aus entsprechenden Kenntnissen<br />
der erforderliche Wandel des Geschäftsmodells und der<br />
richtige Zeitpunkt dafür ableiten? Wie lässt sich dieser<br />
radikale Wandel im Unternehmen organisieren? Welche<br />
Risiken ergeben sich aus einer Neuausrichtung oder einer<br />
abwartenden Haltung?<br />
Auf dem Weg zum <strong>digital</strong>en Unternehmen gilt es kontinuierlich,<br />
grundlegende Veränderungen aufzugreifen, technologische<br />
Entwicklungen mit disruptivem Innovationspotenzial<br />
aufmerksam zu verfolgen und Implikationen für das<br />
eigene Geschäftsmodell frühzeitig zu antizipieren.<br />
Maßnahmen zum eigenen <strong>digital</strong>en Ökosystem<br />
Für das „eigene“ <strong>digital</strong>e Ökosystem gilt es, einige Themen<br />
zu adressieren, die den Wandel im Unternehmen<br />
erst ganzheitlich möglich machen. Ein wesentlicher Aspekt,<br />
der für ein Gelingen mitverantwortlich ist, umfasst<br />
das Branchenverständnis. Ob es sich um Händler, Banken,<br />
Telekommunikation, Verlagshäuser etc. handelt – Unternehmen<br />
sind weltweit und branchenübergreifend von der<br />
Digitalisierung betroffen. Dabei sind die damit verbundenen<br />
Möglichkeiten und Risiken stark von den industriespezifischen<br />
Geschäftsmodellen abhängig.<br />
Das zukünftige <strong>digital</strong>e Ökosystem steht sehr stark in Abhängigkeit<br />
von der Art und Weise, wie die Durchführung<br />
der Unternehmensanalyse erfolgt. Sofern die Dimensionen<br />
wie Märkte, Kunden, Branchen, Wettbewerber, Organisation,<br />
Prozesse, Systeme sowie aktuelle und zukünftige<br />
politische und wirtschaftliche Trends mit berücksichtigt<br />
werden, ergibt sich anschließend ein klares Bild für die<br />
Zieldefinition des Unternehmens. Erst dann lassen sich<br />
Rückschlüsse auf ein mögliches, adaptierbares Geschäftsmodell<br />
ableiten und in Form einer ganzheitlichen Unternehmensstrategie<br />
definieren.<br />
Weitere Maßnahmen sind z. B. das Einholen des Commitments<br />
des Vorstands bzw. der Geschäftsleitung für die<br />
Transformation. Nur deren sichtbares und kontinuierliches<br />
Engagement schafft die so notwendige Signalwirkung in<br />
die Organisation hinein. Dazu gehört auch die Definition<br />
einer „Digitalen Strategie“ auf Basis der festgelegten<br />
Unternehmensstrategie. Erst dann können die verschiedenen<br />
„Sparten-Strategien“, wie z. B. die CRM-Strategie,<br />
oder eine Marketing-, Vertriebs- und Service-Strategie daraus<br />
abgeleitet werden. Eine weitere, aber sicher nicht die<br />
letzte Maßnahme, betrifft das Planen, Aufsetzen und Etablieren<br />
einer unternehmensweiten psychologischen Veränderungsbegleitung<br />
(Change Management). Nur damit<br />
wird gewährleistet, dass aus „betroffenen“ Mitarbeitern<br />
„gestalterische“ Mitarbeiter werden, die die Sinnhaftigkeit<br />
der Transformation verstehen und antizipieren.<br />
Der Weg zum <strong>digital</strong>en Geschäftsmodell<br />
Es existieren einige relevante Handlungsfelder, die bei der<br />
Definition des <strong>digital</strong>en Geschäftsmodells eine wesentliche<br />
Rolle spielen:
18<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
1. Der Kunde rückt ins Zentrum – Identifizierung der<br />
Kundenwünsche und Erstellung von individuellen Angeboten.<br />
2. Auf dem Weg zum Omnikanal – Bereitstellung einer<br />
Online-Plattform für alle Kanäle und alle Devices<br />
und somit Schaffen eines einheitlichen Datenbestands<br />
über alle Kanäle hinweg.<br />
3. Befähigung des bestehenden Vertriebsnetzwerks –<br />
Alle Unternehmensbereiche, unabhängig von Ort und<br />
Zeit, müssen die gleichen Kanäle unterstützen und in<br />
Echtzeit auf einen einheitlichen Datenbestand zugreifen<br />
können.<br />
4. Anpassung der operativen Kernaktivitäten – Die Auswirkungen<br />
der Digitalisierung erfassen nicht nur den Vertrieb<br />
und die Schnittstellen zum Kunden, sondern die gesamte<br />
Unternehmensorganisation. Der Schlüssel für die<br />
allseits erhofften Effizienzgewinne liegt in der Anpassung<br />
operativer Kernaktivitäten – branchenabhängig.<br />
7. Kontinuierliche Marktbeobachtung und Reaktion<br />
auf externe Veränderungen – Lange haben Unternehmen<br />
darauf gesetzt, dass sie angesichts der komplexen<br />
Produkte und Dienstleistungen in ihrer Branche auf<br />
Dauer unter sich bleiben. Doch die Digitalisierung führt<br />
dazu, dass die Markteintrittsbarrieren sinken. Neue<br />
Anbieter wie Start-ups buhlen mit höherer Geschwindigkeit<br />
und Bequemlichkeit sowie niedrigeren Preisen<br />
um die Gunst der Kunden. Hinzu kommt, dass sich der<br />
Wettbewerb innerhalb einer Branche intensiviert. Viele<br />
Anbieter machen sich den wachsenden Wunsch nach<br />
Individualisierung zunutze und entwickeln spezifische<br />
Lösungen für klar abgegrenzte Segmente<br />
Ein <strong>digital</strong>es Geschäftsmodell impliziert alle Marktdimensionen<br />
und richtet sich immer branchenabhängig auf seine<br />
Kunden und mögliches Potenzial aus. Es sollte so konzipiert<br />
werden, dass es ohne großen Aufwand an zukünftige<br />
Markterfordernisse adaptiert werden kann.<br />
Autor<br />
Michael Bubolz ist CEO der<br />
Bubolz Consulting & Partner, München.<br />
5. Weiterentwicklung und Ausbau der IT – Zweifelsohne<br />
steigert die Digitalisierung noch einmal die Bedeutung<br />
der IT für eine Unternehmensorganisation. Denn nur mithilfe<br />
intelligenter und moderner Lösungen für den Omnikanal,<br />
für mobile Anwendungen, Soziale Medien und die<br />
Verarbeitung großer Datenmengen (Big Data) sind die Erwartungen<br />
der Kunden an ein kanalübergreifendes, einheitliches<br />
Angebot zu erfüllen. Zudem gilt es, die Möglichkeiten<br />
auszuschöpfen, die sich aus der Digitalisierung<br />
kunden- und abwicklungsrelevanter Prozesse ergeben.<br />
6. Anpassung der Organisation an die neuen Rahmenbedingungen<br />
– Die beste Digitalisierungsstrategie verpufft,<br />
wenn sie im Alltag nicht gelebt wird. Dazu bedarf<br />
es weit mehr, als sämtliche Mitarbeiter im Umgang mit<br />
den neuen Technologien zu schulen. Denn mit der Digitalisierung<br />
und der zunehmenden Macht der Konsumenten<br />
geht ein weitreichender Wandel hin zu einer kundenzentrierten<br />
Organisation einher. Diese benötigt eine neue<br />
DNA und eine entsprechende Kultur. Unternehmen können<br />
gar nicht früh genug damit beginnen, den notwendigen<br />
Bewusstseinswandel in einem Change-Management-Prozess<br />
voranzutreiben.<br />
Fazit<br />
Damit ein <strong>digital</strong>es Ökosystem entstehen kann,<br />
bedarf es im Vorfeld der <strong>digital</strong>en Transformation<br />
eines ersten Fitness-Tests. Dieser „Digital Readiness<br />
Check“ basiert auf einer standardisierten Vorgehensweise<br />
zur Ermittlung der aktuellen <strong>digital</strong>en Fitness<br />
eines Unternehmens. Er beinhaltet eine Kurz-Analyse<br />
aller relevanten Dimensionen wie Märkte, Kunden,<br />
Wettbewerber, Branchen, Organisation, Prozesse,<br />
Systeme sowie der aktuellen Strategiedefinition.<br />
Das Ergebnis sind eine detaillierte Darstellung der<br />
IST-Situation, einer möglichen SOLL-Situation sowie<br />
Maßnahmen zur Erreichung dieser. Ermittelt werden<br />
müssen zudem die möglichen Risiken durch eine<br />
Transformation sowie die Risiken bei einer abwartenden<br />
Haltung. Diese Entscheidungsgrundlage ermöglicht<br />
dem Management, auf Basis von Fakten die für<br />
die Zukunft des Unternehmens relevanten Entscheidungen<br />
zu treffen.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 19<br />
Die Demokratisierung<br />
der Geldanlage<br />
In Zeiten von Inflation, niedrigen Zinsen und schwer vorhersagbaren Marktentwicklungen<br />
suchen immer mehr Anleger nach alternativen Geldanlagen. Zwar stehen Anlagevarianten wie<br />
Fonds, Aktien oder auch binäre Optionen weiterhin hoch im Kurs. Sie werden jedoch durch die<br />
zunehmenden Möglichkeiten der Digitalisierung ergänzt.<br />
Eine Geldanlage, die sich in jüngster Zeit in Deutschland<br />
immer größerer Popularität erfreut, ist das Crowdinvesting<br />
in Immobilien. Dieses Modell ermöglicht es Privatanlegern,<br />
sich mit kleinen Anlagebeträgen an der Entwicklung<br />
von Immobilienprojekten zu beteiligen. Crowdinvesting-<br />
Plattformen übernehmen die Auswahl der Projekte und<br />
bündeln die einzelnen Anlagesummen. Sie fungieren dabei<br />
als Vermittler zwischen Investor und Projektentwickler und<br />
bieten Privatanlegern die Möglichkeit, in Mezzanine-Darlehen<br />
zu investieren.<br />
Bisher waren Immobilieninvestments vor allem Family<br />
Offices und großen Investoren vorbehalten. Wer dennoch<br />
investieren wollte, etwa in geschlossene Immobilienfonds,<br />
musste hohe Summen aufbringen und große Risiken eingehen,<br />
da das Investment an eine einzelne Immobilie gebunden<br />
war. Außerdem mussten Anleger beim Erwerb<br />
und Erhalt einer Immobilie mit sehr hohen Transaktionskosten<br />
und einem hohen zeitlichen Aufwand rechnen. Offene<br />
Fonds dagegen binden mit ihren Kündigungsregeln die Anleger<br />
über Jahre bei vergleichsweise geringer Rendite und<br />
sind deshalb wenig attraktiv.<br />
PropTechs mischen den Markt auf<br />
Das Aufkommen der neuen Digital-Plattformen hat dies<br />
verändert. Anleger können zwischen 500 und 10.000 € und<br />
mit geringem Aufwand in ein Immobilienprojekt ihrer Wahl<br />
investieren. Die jährliche Verzinsung ist festgelegt und im<br />
Vergleich zu klassischen Anlageklassen mit 5,25 Prozent<br />
hoch, die Kapitalbindungsdauer dafür kurz. Im Gegensatz<br />
zu vergleichbaren Anlageklassen fallen beim Crowdinvesting<br />
für die Investoren keine Kosten an, da neben der<br />
Crowdinvesting-Plattform keine weiteren Intermediäre der<br />
Anlage zwischengeschaltet sind.<br />
Die Anlageklasse leistet damit einen Beitrag zur Demokratisierung<br />
der Geldanlage, da im Grunde jeder zum Anleger<br />
werden und dank transparenter Renditestrukturen den<br />
Lauf seiner Anlage nachverfolgen kann. Crowdinvesting ist<br />
deshalb sowohl für jüngere Anleger, die Alternativen zum<br />
Festgeldkonto suchen, als auch für erfahrene Investoren,<br />
die ihr Portfolio erweitern möchten, attraktiv.<br />
Der Crowdinvesting-Markt für Immobilien ist jung und<br />
befindet sich noch in der Entwicklung. Dennoch ist das<br />
Segment bereits der Wachstumstreiber im deutschen<br />
Crowdinvesting-Markt. Im vergangenen Jahr wurden laut<br />
Brancheninformationsportal Crowdfunding.de deutsch-
20<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
landweit rund 40 Mio. € eingesammelt – und damit rund<br />
72 Prozent mehr als noch 2<strong>01</strong>5. Die Anzahl der erfolgreich<br />
finanzierten Projekte hat sich in diesem Zeitraum mehr als<br />
verdoppelt. Alleine im ersten Quartal 2<strong>01</strong>7 wurden bereits<br />
29,5 Mio. € investiert – eine Steigerung von beeindruckenden<br />
463 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal im Vorjahr.<br />
Ein attraktives Chancen-Risiko-Profil<br />
Anleger sind, wie bei jeder Geldanlage, gut damit beraten,<br />
das eigene Anlageportfolio zu diversifizieren und ihre Investments<br />
breit gefächert auf mehrere Immobilienprojekte<br />
zu verteilen. Chancen und Risiken sollten sorgfältig gegeneinander<br />
abgewogen werden. Denn natürlich gibt es beim<br />
Crowdinvesting auch Risiken, die zwar sinken, wenn hinter<br />
dem Anbieter genug Expertise steht – ganz ausgeschlossen<br />
werden können sie jedoch nicht.<br />
Die Investition erfolgt in Form eines nachrangigen, zweckgebundenen<br />
Darlehens. Es darf folglich nur für ein vorab<br />
bestimmtes Projekt eingesetzt werden. Wie der Name<br />
bereits vermuten lässt, ist diese Form eines Darlehens<br />
nachrangig gegenüber allen Forderungen außer dem wirtschaftlichen<br />
Eigenkapital. Im Fall der Insolvenz oder Liquidation<br />
treten die Forderungen des Anlegers hinter anderen<br />
zurück. Im schlechtesten Fall droht damit der Totalverlust<br />
des eingesetzten Kapitals. Somit geht der Nachrangdarlehensgeber<br />
ein höheres Risiko ein als ein Fremdkapitalgeber.<br />
Der Darlehensnehmer bezahlt den Investoren dieses<br />
höhere Risiko in Form einer attraktiven Rendite.<br />
Umfassende Prüfung aller Projekte<br />
Seitens der Plattformen werden zur Qualitätssicherung<br />
alle Projekte einer umfassenden Due-Diligence-Prüfung<br />
unterzogen. Bei der Investment-Plattform Zinsbaustein.de<br />
durchläuft beispielsweise jedes Projekt einen mehrstufigen<br />
Auswahlprozess, währenddessen die Leistungsbilanz<br />
des jeweiligen Bauträgers und die Risiken des Projekts<br />
umfangreich geprüft werden. Erst wenn sämtliche Baugenehmigungen<br />
vorliegen, die Bauträger den benötigten<br />
Mindestkapitalanteil mitbringen und das jeweilige Projekt<br />
zusätzlich von einer Bank mitfinanziert wird, ist es formal<br />
für eine Crowdinvesting-Kampagne geeignet. Die finale<br />
Entscheidung, ob ein Projekt für die Anleger verfügbar<br />
gemacht wird, trifft ein Komitee aus Immobilien-, Finanz-,<br />
Marketing- und Rechtsexperten.<br />
Erst im Anschluss beginnt die Funding-Phase, die durchschnittlich<br />
zwei bis sechs Wochen läuft. Der Beginn der<br />
Verzinsung startet mit Eingang des Anlagebetrags auf einem<br />
Treuhandkonto. Somit entsteht schon während der<br />
Funding-Phase ein Zinsanspruch. Nach Ende der Laufzeit<br />
wird der Anlagebetrag inklusive Zinsen für den gesamten<br />
Zeitraum wieder ausgezahlt. So profitieren sowohl die Privatanleger,<br />
weil für diese ein Anlageprodukt mit attraktiver<br />
Rendite offensteht, als auch die Immobilienentwickler, weil<br />
sie Zugang zu einem größeren Kreis von Anlegern bekommen<br />
und so zusätzliche Projekte realisieren können. Darüber<br />
hinaus legt das Kleinanlegerschutzgesetz fest, dass<br />
Privatanleger maximal 10.000 € pro Projekt anlegen dürfen.<br />
Es soll Privatanleger vor undurchsichtigen Investmentanlagen<br />
schützen und Anbieter zur Transparenz und Aktualität<br />
verpflichten.<br />
Frank Noé ist Co-Founder und CIO von<br />
Zinsbaustein.de.<br />
Ausgestaltung eines Nachrangdarlehens<br />
In der Ausgestaltung des Nachrangdarlehens liegt auch die<br />
Antwort auf die Frage, wie Privatanlegern selbst im aktuellen<br />
Niedrigzinsumfeld Renditen von mehr als 5 Prozent<br />
p.a. gezahlt werden können. Mezzanine-Finanzierungen<br />
werden zum Beispiel zur Anfangs- oder Zwischenfinanzierung<br />
diverser Projektschritte verwendet oder dienen der<br />
Erhöhung der Eigenkapitalquote des Entwicklers. Generell<br />
werden mit dem Begriff Mezzanine-Finanzierung Finanzierungsarten<br />
bezeichnet, die als Mischformen aus Fremdund<br />
Eigenkapital konzipiert werden. In den letzten zehn
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 21<br />
Jahren hat diese Finanzierungsart zunehmend an Bedeutung<br />
gewonnen.<br />
Trotz des niedrigen Zinsniveaus zahlen Bauunternehmer<br />
gerne vergleichsweise hohe Zinssätze für Mezzanine-Darlehen,<br />
da sie ihren Eigenkapitaleinsatz reduzieren können.<br />
Dies ermöglicht ihnen, mehrere Bauprojekte gleichzeitig<br />
umzusetzen. Für die Überlassung von Geldern als Mezzanine-Darlehen<br />
können sich Kapitalgeber über Zinserträge<br />
zwischen 4 und 6 Prozent p.a. freuen. Für den Darlehensnehmer<br />
hat diese Form der Finanzierung den Vorteil, dass<br />
Nachrangdarlehen als Eigenkapital gewertet werden und<br />
dies wiederum zu einer besseren Bonitätsbewertung seitens<br />
der kreditgebenden Bank führt. Somit kann das Unternehmen<br />
einen Großteil des benötigten Fremdkapitals zu<br />
attraktiveren Konditionen akquirieren.<br />
Branche mit viel Potenzial<br />
Bisher ist die Geschichte des Crowdinvestings in Deutschland<br />
ein Erfolg. Zahlreiche Projekte wurden bereits erfolgreich finanziert<br />
und haben den Mikroinvestoren überdurchschnittlich<br />
hohe Renditen eingebracht. In mehreren Fällen wurden die<br />
Investoren sogar vorzeitig ausbezahlt, da die fertiggestellten<br />
Immobilien schneller als geplant verkauft wurden. Trotz der<br />
vorzeitigen Rückzahlung erhielten die Investoren die Zinszahlungen<br />
für die gesamte vereinbarte Laufzeit.<br />
Darüber hinaus entwickelt sich der Markt rapide. Die bisherigen<br />
Player setzen stark auf Expansion, renommierte<br />
Immobiliengesellschaften wie Sontowski & Partner kooperieren<br />
mit den neu gegründeten Plattformen. Sie verhelfen<br />
dem noch jungen Modell zu weiterer Akzeptanz in der<br />
Immobilienbranche und etablieren Crowdfunding als echte<br />
Anlagealternative für Privatanleger. Wichtig ist für den<br />
weiteren Erfolg, dass sich die jungen Unternehmen von<br />
den Schwankungen des Immobilienmarkts unabhängig<br />
machen und entsprechende Vorkehrungen für einen sich<br />
abkühlenden Immobilienmarkt treffen.<br />
Autor<br />
Frank Noé ist Co-Founder und CIO von Zinsbaustein.de.<br />
Advertorial<br />
AnaCredit: Unterstützung<br />
durch Wirtschaftsauskünfte<br />
der SCHUFA<br />
Am 31.12.2<strong>01</strong>7 wird Analytical Credit Dataset (AnaCredit)<br />
wirksam; die Einführungsphase der EZB-Verordnung beginnt<br />
bereits im kommenden Herbst. AnaCredit ist eine Verordnung<br />
zur mehrstufigen Einführung eines harmonisierten<br />
granularen Kreditmeldewesens auf EZB-Ebene. Kreditinstitute<br />
werden gesetzlich verpflichtet, ab einem Kreditvolumen<br />
von 25.000 Euro einen Informationskatalog von 22 Stammdaten<br />
und bei vollem Inkrafttreten im Herbst 2<strong>01</strong>8 weitere 67<br />
Kreditmerkmale an die Bundesbank zu übermitteln. Um die<br />
AnaCredit-Anforderungen von Anfang an zu erfüllen, sollten<br />
sich Kreditinstitute bereits jetzt nach einer Auskunftei umsehen,<br />
die sie mit aktuellen Informationen bei der Umsetzung<br />
unterstützt. Besonders die Beschaffung von Informationen<br />
zu kleinen und mittelständischen Unternehmen ist oft zeitaufwendig<br />
und die Resultate meist subjektiv. Die SCHUFA kann<br />
zu 5,3 Millionen registerlich geführten Unternehmen, aber<br />
auch Kleingewerbetreibenden und Selbstständigen valide<br />
Informationen liefern. Die B2B-Auskünfte der SCHUFA sind<br />
objektiv, <strong>digital</strong> und in Echtzeit verfügbar. Kreditinstitute können<br />
so Lücken in ihrer Bestandskunden-Datenbank mit einer<br />
Initialabfrage auffüllen. Im Neukundengeschäft können sie<br />
im Anschluss individuelle Abfragen für den Kredit stellen und<br />
in den Antragsprozess integrieren. So halten sie die gesetzlichen<br />
Meldevorschriften im Rahmen von AnaCredit ein und<br />
verbessern gleichzeitig die Qualität ihrer eigenen Daten.<br />
Autor<br />
Tobias Weber, Abteilungsleiter Produktmanagement Center<br />
of Competence B2B, SCHUFA Holding AG.
22<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Europa am<br />
Scheideweg<br />
Der europäischen Finanzindustrie stehen turbulente Zeiten bevor.<br />
Brexit, die PSD2 und Entwicklungen jenseits des Atlantiks zeichnen ein<br />
hochkomplexes Bild für die Zukunft.<br />
Gleichzeitig scheint der alternative Finanzsektor unaufhörlich<br />
zu wachsen – so verzeichnete laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
KPMG beispielsweise der kontinentaleuropäische<br />
Markt für alternative Kreditvergabe von 2<strong>01</strong>5 bis<br />
zum 3. Quartal 2<strong>01</strong>6 ein Wachstum um 23 Prozent.<br />
Ein Blick auf die überragenden Wachstumsraten einzelner<br />
Länder verdeutlicht die Dynamik im kontinentaleuropäischen<br />
Markt: Insbesondere kleinere europäische Player haben in<br />
den vergangenen zwei Jahren ein beachtliches Wachstum<br />
vorweisen können. Der lettische Markt für P2P-Lending ist<br />
beispielsweise aus dem Stand in die kontinentaleuropäischen<br />
Top 3 aufgestiegen – direkt hinter Schwergewichten<br />
wie Deutschland und Frankreich. Doch dieses Wachstum<br />
des vergleichsweise jungen Markts ist keineswegs in Stein<br />
gemeißelt – insgesamt zeichnet sich eine durchaus ambivalente<br />
Entwicklung ab.<br />
Agilität wird zunehmend entscheidend<br />
Auf der einen Seite steht der innovativen europäischen<br />
Finanzbranche mit der PSD2, der Neuauflage der EU-<br />
Zahlungsdiensterichtlinie, eine der größten Chancen der<br />
vergangenen Jahre bevor. Die PSD2 muss bis Anfang 2<strong>01</strong>8<br />
implementiert werden.<br />
Die Prämissen, auf denen die PSD2 basiert, sind vielversprechend:<br />
Die durch die Direktive geschaffene Rechtssicherheit<br />
schafft Vertrauen in Anbieter von Finanzdienstleistungen,<br />
was wiederum das Potenzial hat, für vermehrtes<br />
Kapital im gesamten Markt zu sorgen. Zeitgleich ist davon<br />
auszugehen, dass innovative Player – bisher insbesondere<br />
aufgrund ihrer Agilität gegenüber Banken aufgefallen – die<br />
PSD2 deutlich schneller umsetzen können als traditionelle<br />
Banken. Diese werden aufgrund ihrer bestehenden Silostrukturen<br />
deutlich langsamer auf die Neuerungen reagieren<br />
können. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten.<br />
So ist beispielsweise schon jetzt zu beobachten, dass<br />
Fintechs, vor allem im Retail-Lending-Segment, deutlich<br />
schneller und zu niedrigeren laufenden Kosten Kredite vergeben<br />
können als traditionelle Banken. Die mit der PSD2<br />
einhergehende „Plattformisierung” des innereuropäischen<br />
Zahlungsverkehrs wird diese Entwicklung noch verstärken.<br />
Doch auch Banken erhalten durch innovative Eigenentwicklungen,<br />
Kooperationen und Akquisitionen die Chance,<br />
von technologischer Agilität zu profitieren. Ein konkretes<br />
Beispiel für fruchtbare Kooperationen sind technologische<br />
Dienstleister, die durch die Analyse des Finanzverhaltens<br />
Jevgenijs Kazanins ist Managing<br />
Director des Peer-to-Peer-<br />
Kreditmarktplatzes Twino.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 23<br />
von Kreditnehmern die Genauigkeit von Scoring-Modellen<br />
auf Bankenseite drastisch verbessern können.<br />
Große Risiken im P2P-Akquisezyklus<br />
Die positive Entwicklung des kontinentaleuropäischen Fin-<br />
Techsektors – insbesondere des P2P-Lendings – läuft allerdings<br />
Gefahr, durch die gesteigerte Vorsicht institutioneller<br />
Investoren konterkariert zu werden. Der Grund hierfür liegt<br />
im natürlichen Zyklus der Investitionsakquise von P2P-<br />
Marktplätzen, der sich wie folgt gestaltet:<br />
1) Retail Investoren<br />
2) Institutionelle Investoren<br />
3) Banken<br />
4) Sekuritisierung<br />
Die überwältigende Mehrheit kontinentaleuropäischer Anbieter<br />
befindet sich derzeit in Phase 1 bzw. 2 dieses Zyklus,<br />
während Anbieter aus dem Vereinigten Königreich bereits<br />
Phase 3 erreicht haben oder – wie beispielsweise Zopa oder<br />
Funding Circle – schon zum jetzigen Zeitpunkt Sekuritisierung<br />
der über ihre Plattformen vergebenen Kredite anbieten.<br />
Kooperation als Wachstumsperspektive<br />
Sehr wahrscheinlich wird der kontinentaleuropäische Markt<br />
ab Anfang nächsten Jahres Schwierigkeiten haben, neue<br />
Kreditgeber zu finden, da institutionelle Investoren vermehrt<br />
Vorsicht walten lassen und weniger Risiken eingehen<br />
werden – ein Trend, den wir schon jetzt beobachten.<br />
Im Ergebnis werden kontinentaleuropäische Anbieter einen<br />
« Eine der größten<br />
Chancen steht<br />
bevor. »<br />
kritischen Bedarf an zusätzlichen Mitteln zu einem Zeitpunkt<br />
entwickeln, an dem diese Mittel ob des natürlichen<br />
Zy klus nicht auf breiter Linie verfügbar sein werden. Sie sind<br />
ergo gezwungen, sich bereits jetzt nach Alternativen umzuschauen,<br />
um die drohende Krise abzuwenden und weiteres<br />
Wachstum auch in Zeiten von verminderten Mitteln institutioneller<br />
Investoren zu garantieren. Der Markt muss schneller<br />
versuchen, erwachsen zu werden.<br />
Erste Erfahrungen mit Partnerschaften zwischen Banken<br />
und FinTechs sind bereits gemacht. Während die letzten<br />
Jahre – vor allem auf Bankenseite – von Unsicherheit, wie<br />
man mit den neuen Playern umzugehen hat, geprägt waren,<br />
ist mittlerweile klar, dass großes Potenzial für Kooperationen<br />
besteht. Diese werden für beide Seiten notwendig sein, um<br />
in Zukunft bestehen zu können.<br />
Autor<br />
Jevgenijs Kazanins ist Managing Director<br />
des Peer-to-Peer-Kreditmarktplatzes Twino.
24<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Der <strong>digital</strong>e<br />
Nacholbedarf<br />
ist hoch<br />
Interview mit Dr. Nico Peters, Chef der Compeon GmbH, über die Digitalisierung im<br />
Firmenkundengeschäft, die Schwierigkeiten, ein FinTech am Markt zu positionieren, sowie<br />
das Geschäftsmodell einer Vermittlungsplattform.<br />
+Herr Dr. Peters, im B2B-Bereich ist der Grad der Digitalisierung<br />
meist etwas geringer als im B2C-Segment.<br />
Dieses Phänomen lässt sich auch im Banking beobachten.<br />
Wann kommt die Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts?<br />
Peters: Es ist bereits klar zu erkennen, dass die Kunden das,<br />
was sie aus ihrem privaten Banking kennen, mittlerweile<br />
auch im Firmenkundengeschäft erwarten. Da geht es<br />
zunächst darum, den Kontakt zum Berater oder alltägliche<br />
Bankgeschäfte wie den Zahlungsverkehr auf <strong>digital</strong>e Kanäle<br />
zu verlagern bzw. diese zusätzlich zu nutzen. Unternehmen<br />
suchen zudem im Bereich Finanzierung und Kredit immer<br />
häufiger nach <strong>digital</strong>en Angeboten. Das hielten viele Verantwortliche<br />
aus klassischen Banken lange für unwahrscheinlich.<br />
Entsprechend hoch ist der Nachholbedarf.<br />
+Wie funktioniert das Geschäftsmodell von Compeon,<br />
wer sind Ihre Kunden und Kooperationspartner?<br />
Peters: Wir bringen mittelständische Unternehmen und<br />
Finanzierungsanbieter über einen <strong>digital</strong>en Marktplatz<br />
zusammen. Damit erleichtern wir Unternehmen die Suche<br />
nach dem passenden Finanzierungsanbieter und schaffen für<br />
Kreditinstitute einen neuen <strong>digital</strong>en Vertriebsweg. Auf der<br />
Finanzierungsseite arbeiten wir mit mehr als 220 Banken,<br />
Sparkassen und Leasinganbietern zusammen, und die Zahl<br />
unserer Unternehmenskunden wächst stark an. Das Volumen<br />
der über unsere Plattform verarbeiteten Finanzierungsanfragen<br />
lag 2<strong>01</strong>6 bei einem Gesamtwert von 2,5 Mrd. €. Der<br />
Fokus liegt dabei auf dem klassischen Mittelstandsgeschäft,<br />
d. h. die Finanzierungsanfragen haben ein durchschnittliches<br />
Volumen von rund 700.000 €. Je nach Produktklasse werden<br />
bis zu 50 Prozent der Anfragen bei angeschlossenen<br />
Finanzpartnern zum Abschluss gebracht.<br />
« Unternehmen<br />
suchen immer<br />
häufiger nach<br />
di gi talen Angeboten.<br />
»<br />
+Wie funktioniert das Matching von Unternehmen und<br />
Bank konkret?<br />
Peters: Wir fragen beim Unternehmen, das auf die Plattform<br />
kommt, die relevanten Eckdaten für die geplante Finanzierung<br />
ab und leiten alle Informationen sauber aufbereitet <strong>digital</strong><br />
an die Finanzierungsanbieter weiter. Bei Interesse können<br />
die Partner ein Angebot abgeben. Im Idealfall hat das<br />
Unternehmen dann mehrere Angebote vorliegen und kann
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 25<br />
Interview mit Dr. Nico Peters, Gründer<br />
und geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Compeon GmbH.<br />
sich für das passende entscheiden. Wir haben eigene Firmenkundenberater,<br />
die das Unternehmen bei der Aufbereitung<br />
der Unterlagen und auf Wunsch auch in allen anderen<br />
Fragen unterstützen und produkt- und anbieterunabhängig<br />
beraten.<br />
+Ihr Unternehmen gehört zu Dieter von Holtzbrinck Ventures<br />
(Verlagsgruppe Handelsblatt) und ist Teil eines Fin-<br />
Tech-Portfolios, zu dem auch Wikifolio, Savedo, Liqid,<br />
Lendstar u. a. m. gehören. Welche Quereffekte gibt es<br />
hier, und was sind die Nachteile dieses Konstrukts?<br />
Peters: Die Zusammenarbeit mit DvH Ventures ist für uns<br />
besonders wertvoll mit Blick auf die Reputation und Seriosität.<br />
Bankgeschäfte haben viel mit Vertrauen zu tun, und als<br />
junges Unternehmen muss man sich dieses erst erarbeiten.<br />
Die Verbindung zu etablierten Marken wie dem Handelsblatt<br />
und der WirtschaftsWoche hilft uns, einen gewissen Vertrauensvorschuss<br />
der Kunden zu bekommen. Quereffekte oder<br />
Nachteile spüren wir bislang nicht.<br />
+Wo liegt die kritische Masse, und wann rechnen Sie<br />
mit dem Break Even?<br />
Peters: Der Markt im Firmenkundengeschäft ist sehr groß<br />
und heterogen. Eine kritische Masse lässt sich da nur<br />
schwer prognostizieren. Wir arbeiten heute bereits sehr<br />
erfolgreich und in unseren verschiedenen Kundenkanälen<br />
profitabel. Unser primäres Unternehmensziel ist aktuell<br />
jedoch das weitere Wachstum. Daher investieren wir auch<br />
in absehbarer Zeit jeden verdienten Euro wieder in die<br />
Gewinnung weiterer Kunden sowie den Aufbau unseres<br />
Teams.<br />
+Viele Start-ups mit Internetgeschäft schreiben rote<br />
Zahlen, obwohl sie erfolgversprechende Ideen haben.<br />
Wird zwangsläufig ein langer Atem benötigt?<br />
Peters: Sicher muss der Weg zum Gewinn nicht unbedingt<br />
über jahrelange Verluste führen. Andererseits ist der Aufbau<br />
der Basis vieler Geschäftsideen im <strong>digital</strong>en Bereich mit<br />
hohem Aufwand und damit auch einer gewissen Zeit und<br />
einem gewissen Kapitalbedarf verbunden. Die technische<br />
Infrastruktur ist komplex und erfordert aufwändige Entwicklungsarbeit.<br />
Um eine Plattform zu schaffen, muss man erst<br />
einmal die Mitglieder für sich gewinnen, ehe man dem Kunden<br />
Mehrwert bieten kann. Viele Ideen sind visionär und<br />
zielen auf einen Markt, der sich erst noch entwickeln muss.<br />
Insofern braucht es eine gewisse Anlaufzeit. Abgesehen<br />
davon liegt es aber natürlich auch in der Verantwortung eines<br />
jeden Unternehmers, das eigene Geschäftsmodell immer<br />
wieder zu hinterfragen und an die Bedürfnisse der Kunden<br />
anzupassen. Das gilt ganz besonders für Start-ups, die ja<br />
meist noch junge und daher wandlungsfreudige Märkte<br />
bedienen.<br />
+Herr Dr. Peters, haben Sie vielen Dank für dieses Interview.<br />
Die Fragen stellte Stefan Hirschmann.
26<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Zwischen<br />
Tech und Talent<br />
Finanzdienstleistungen und -produkte werden in großem Umfang <strong>digital</strong>isiert.<br />
Damit zahlen traditionelle und neue Finanzdienstleister gleichermaßen auf die sich<br />
ändernden Bedürfnisse der Kunden ein. Den eigentlichen Digitalisierungsprozess<br />
jedoch treiben vornehmlich Technologieunternehmen voran.<br />
FinTech ist mehr als nur ein Hype. Das zeigen nicht zuletzt<br />
die unzähligen Kooperationen zwischen traditionellen<br />
Kreditinstituten mit jungen FinTech-Unternehmen. Finanzdienstleistungen-<br />
und produkte haben an sich keine physische<br />
Komponente. Was steht also einer kompletten Digitalisierung<br />
der Finanzbranche im Weg? Es ist die Branche<br />
selbst. Seien wir doch mal ehrlich: Die jährlichen Ausgaben<br />
der Banken für Technologie und IT übersteigen die Investitionen<br />
in FinTechs um ein Vielfaches und doch sind es<br />
vornehmlich FinTechs, die Innovationen vorantreiben.<br />
Zwischen Transformation und Kreation<br />
Um der Digitalisierung im Finanzsektor Rechnung zu tragen,<br />
gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten: Transformation und<br />
Kreation. Bei der Transformation geht es um eine Umwandlung<br />
bestehender Prozesse, Produkte und auch Unternehmen.<br />
Technologisierung und Digitalisierung verändern das<br />
Marktumfeld so stark, dass die Transformation zu einem<br />
notwendigen Schritt geworden ist, um mithalten zu können.<br />
Traditionelle Banken haben die Möglichkeit, diese Transformation<br />
von innen heraus anzustoßen. Häufig sind die<br />
bestehenden Strukturen aber zu starr, um die Dynamik<br />
zu entwickeln, die für solche Veränderungen notwendig<br />
ist. Darüber hinaus sind die Entwickler und <strong>digital</strong>en Produktmanager<br />
in solchen Fällen oft externe Dienstleister,<br />
die Kosten verursachen. Veränderungen und Innovationen<br />
benötigen den richtigen Rahmen an Freiheit, Mut, Unternehmenskultur<br />
und Talent. Starke Hierarchien, überholte<br />
Gremienstrukturen, langwierige Freigabeprozesse und<br />
eine hohe Risikoaversion schränken den Rahmen ein und<br />
limitieren damit den Erfolg der Transformation. Die für die<br />
Kreation neuer Geschäftsmodelle benötigte Dynamik ist<br />
noch viel größer. Aber sie lässt sich auch weitaus leichter<br />
erzeugen. Der bei einer Transformation hemmend wirkende<br />
Rahmen ist bei der Kreation nicht vorhanden. Nehmen<br />
wir beispielsweise den <strong>digital</strong>en Versicherungsmakler<br />
Clark. Bei der Gründung von Clark wurde aus einer Idee<br />
und dem erkannten Potenzial heraus ein Service entwickelt,<br />
den es so vorher nicht gab. Clark ermöglicht seinen<br />
Nutzern die Verwaltung ihrer Versicherungsverträge über<br />
eine App. Dabei werden laufende Verträge ständig im Hinblick<br />
auf mögliche Einsparungen analysiert und entsprechende<br />
Vorschläge zu Versicherungswechseln unterbreitet.<br />
Damit war Clark am Markt ein absoluter Neuling und<br />
Wegbereiter.<br />
Talent und Erfahrung treiben Innovation<br />
Das ist auch der Anspruch eines Company Builders. Dabei<br />
stehen die Kreation von Geschäftsmodellen im Finanzsektor<br />
und ein systematisierter Prozess der Gründung im<br />
Vordergrund. Neue Geschäftsmodelle werden intensiv<br />
von der Idee bis zum Launch begleitet. Hierfür wird ein<br />
Umfeld geschaffen, in dem sich die Unternehmer auf ihr<br />
Produkt konzentrieren können. Dafür erhalten sie nicht nur<br />
bei grundlegenden Aufgaben in den Bereichen Finanzen<br />
und Regulatorik Unterstützung, sondern auch ein starkes<br />
Netzwerk mit einem Erfahrungshintergrund aus mehr als<br />
zwölf Unternehmensgründungen.<br />
Grundvoraussetzung für den Erfolg sind Menschen, die<br />
Innovationen treiben, Ideen weiterentwickeln und diese
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 27<br />
dann umsetzen können. Dazu gehören nicht nur branchenerfahrene<br />
Experten, sondern auch <strong>digital</strong>-affine Menschen.<br />
Die besten Talente sind in der Industrie hart umkämpft,<br />
angefangen beim Entwickler über den Recruiter bis hin<br />
zu den Gründern. Das ist ein weiteres Merkmal der fortschreitenden<br />
Digitalisierung. Neue Talente spielen eine<br />
größere Rolle als jemals zuvor. Auf dem Markt überleben<br />
werden nicht die Unternehmen mit den meisten stationären<br />
Filialen oder den meisten Kunden: Es werden diejenigen<br />
sein, die Technologie und User Experience in den<br />
Vordergrund stellen.<br />
Regulatorik als Feigenblatt<br />
Die Frage ist am Ende, ob Banken in Verbindung mit Technologie<br />
die Kunden besser erreichen als Tech-Unternehmen,<br />
die im Finanzsektor aktiv werden. Kooperationen<br />
zwischen FinTechs und traditionellen Banken unterstreichen<br />
den Stellenwert der Technologie. Klassische Banken<br />
haben Labs, Inkubatoren und Hubs gegründet, um der<br />
Technologisierung Rechnung zu tragen. Aber diesen Organisationen<br />
fehlt es oft an der notwendigen Risikobereitschaft,<br />
Flexibilität und Geschwindigkeit – schlimmer noch,<br />
an der richtigen Unternehmenskultur, um Neues auszuprobieren.<br />
Es kommt also unter dem Strich genauso sehr<br />
auf die richtige Governance an wie auch auf technisches<br />
Know-how. Und es existiert eine ganze Reihe positiver<br />
Beispiele, bei denen Unternehmenslenker mit dem notwendigen<br />
Mut und viel Geduld die Projekte umsetzen, von<br />
denen sie überzeugt sind.<br />
Technologie ist der Schlüssel<br />
Die internationale Konkurrenz schläft nicht. In Asien und<br />
Amerika entwickeln sich Technologiekonzerne mit rasender<br />
Geschwindigkeit. Dass die Konkurrenz für Deutschland als<br />
Wirtschaftsstandort ständig wächst, schlägt sich mit Blick<br />
auf die technologischen Entwicklungen hierzulande nicht<br />
nieder. So wäre der Umgang mit regulatorischen Vorgaben<br />
deutlich einfacher, wenn entscheidende Prozesse automatisiert<br />
wären. Das Problem beginnt hier bei der Aufbereitung<br />
von Daten und dem Umgang mit ihnen. Schätzungen<br />
der spanischen Bank BBVA zufolge beschäftigen sich<br />
durchschnittlich 10 bis 15 Prozent der Angestellten von Finanzdienstleistern<br />
in der EU mit regulatorischen Themen.<br />
Banken und FinTechs sitzen hier im gleichen Boot, denn<br />
FinTechs sind keinesfalls gänzlich unreguliert. Das gemeinsame<br />
Engagement in wichtigen Verbänden wie dem Bitkom<br />
oder dem Bundesverband deutscher Banken ist von<br />
großer Bedeutung, um den <strong>digital</strong>en Weg freizumachen<br />
und Diskriminierungen in der Branche zu verhindern.<br />
Ramin Niroumand ist Co-Founder und<br />
Managing Partner bei dem Berliner Fin-<br />
Tech Company Builder FinLeap.
28<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
« Auf dem Markt<br />
werden diejenigen<br />
überleben, die<br />
Technologie und<br />
User Experience<br />
in den Vordergrund<br />
stellen. »<br />
Das sich mit der Digitalisierung umgestaltende Kundenverhalten<br />
sorgt bereits heute für strukturelle Änderungen im<br />
Finanzmarkt. Filialen werden geschlossen und Kreditinstitute<br />
fusionieren. Während persönliche Beratungstermine<br />
beim Finanzdienstleister vor Ort immer seltener werden,<br />
entwickeln Menschen auch im Hinblick auf Finanzthemen<br />
ein neues Selbstverständnis.<br />
Autor<br />
Ramin Niroumand ist Co-Founder und Managing Partner bei<br />
dem Berliner FinTech Company Builder FinLeap.<br />
Über FinLeap:<br />
FinLeap wurde als ein auf FinTechs spezialisierter<br />
Company Builder im Sommer<br />
2<strong>01</strong>4 von der HitFox Group und Ramin<br />
Niroumand in Berlin gegründet und entwickelt<br />
FinTech-Unternehmen in Serie.<br />
Bislang wurden zwölf Ventures gelauncht:<br />
vom <strong>digital</strong>en Versicherungsmakler Clark<br />
bis zur solarisBank, einer Plattformbank<br />
mit Vollbanklizenz. FinLeap und die Ventures<br />
beschäftigen insgesamt mehr als<br />
400 Mitarbeiter aus mehr als 30 Nationen.<br />
Fazit<br />
Ob Kontowechsel oder Versicherungsabschluss:<br />
Vieles funktioniert <strong>digital</strong> und mit wenigen Klicks.<br />
Die User Experience, die als Ergebnis der Digitalisierung<br />
bereits Branchen wie Reisen und Unterhaltung<br />
grundlegend verändert hat, wird von den<br />
Menschen künftig auch bei finanziellen Themen<br />
gefordert werden. Um auf diese Bedürfnisse einzuzahlen,<br />
benötigen die Marktteilnehmer die entsprechende<br />
Technologie und damit auch die besten<br />
Talente der Branche.
Advertorial<br />
Smart Data – Raus aus<br />
dem Sandkasten<br />
Big Data ist erwachsen geworden. Nach der anfangs technikgetriebenen Spielphase, in der<br />
die Anwendung neuer Technologien oft wichtiger war als die Lösung konkreter Probleme, lässt<br />
sich mit fachlichem Expertenwissen und den richtigen Werkzeugen aus schon vorhandenen<br />
Daten inzwischen messbarer Nutzen generieren.<br />
An die Stelle starrer Kundenschablonen und Massenmailings<br />
treten dynamisches Clustering der Kunden durch ein lernendes<br />
System und automatisierte individuelle Kundenansprache.<br />
Kundenanfragen können automatisch klassifiziert und<br />
innerhalb vordefinierter Rahmenbedingungen beantwortet<br />
werden. Warum nicht dem Kunden bei jedem geplanten<br />
Kreditkauf ein besseres Angebot über das Smartphone unterbreiten<br />
als der Verkäufer? Die schnellen und intelligenten<br />
Geschäftsprozesse des „Digital Bankings“ machen die<br />
Bank zum ersten und umfassenden Ansprechpartner für<br />
alle finanziellen Aspekte des Lebens.<br />
Kunden DNA aufbauen und nutzen<br />
Die kontinuierlich wachsende Menge an gespeicherten Daten<br />
sollte Finanzinstitute jedoch nicht dazu verleiten, in der<br />
Kundenbeziehung rein auf die Quantität der Kundendaten<br />
zu setzen. Der Kunde muss als Individuum erfasst und seine<br />
Bedürfnisse frühzeitig erkannt werden – am besten noch<br />
bevor er sich selbst seines Bedarfs bewusst ist. Der Aufbau<br />
einer spezifischen Kunden-DNA innerhalb einer Peer Group<br />
ist das zentrale Instrument im datengetriebenen Kundenmanagement.<br />
Diese DNA basiert auf einer Metrik aus allen<br />
relevanten Lebensbereichen, z.B. soziodemografische<br />
Aspekte, Lifestyle, Kommunikationspräferenzen und bisherige<br />
Beschwerden. Diese Metrik wird im Laufe der Zeit<br />
für jeden Kunden gefüllt und berücksichtigt - aus sowohl<br />
internen als auch externen Datenquellen. Jede Interaktion<br />
kann diese DNA weiterentwickeln. Besonders Transaktionsdaten<br />
bergen einen umfangreichen Datenschatz für die<br />
individuelle Kundenbetrachtung, die durch Realtime Monitoring<br />
individualisierte Vertriebsimpulse anstoßen kann.<br />
Weiterhin können, aufgrund von Korrelationen innerhalb<br />
des Kundenkreises, Kauf- und Handlungswahrscheinlichkeiten<br />
rechtzeitig identifiziert werden. Dynamisches Clustering<br />
wird auch ganz neue Services ermöglichen, und zwar aus<br />
Kunden sicht. Ein Kunde hat Interesse, sich mit ihm ähnli-<br />
chen Kunden zu vergleichen und den Bedarf innerhalb seiner<br />
Peer-Group gegenüberzustellen. Dafür erhält er regelmäßig<br />
Informationen über Trendverläufe, wird an wichtige<br />
Themen erinnert und über neue, passende Produkte informiert.<br />
Solch ein Service wird auch die Bereitschaft fördern,<br />
Datenschutzvereinbarungen zuzustimmen und ermöglicht<br />
Finanzdienstleistern die Nutzung der Daten für neue Geschäftsmodelle.<br />
Aktiven Datenschutz als Chance begreifen<br />
Die Wahrung des Bankgeheimnisses und der Schutz der<br />
persönlichen Daten zählen unvermindert zu den Kernwerten<br />
von Banken und Versicherungen. Dem steht eine Generation<br />
Facebook gegenüber, die es gewohnt ist, für die<br />
Privatsphäre ihrer Daten selbst Verantwortung zu übernehmen.<br />
Dass sich mit freiwillig überlassenen Informationen<br />
Geld verdienen lässt, haben Google oder Loyalty Partner<br />
ausreichend bewiesen. Über die Möglichkeiten von Digital<br />
Finance wird viel geschrieben, in den seltensten Fällen sind<br />
diese für den Bankkunden allerdings schon erlebbar. Das<br />
liegt weniger an den technischen Möglichkeiten als am Willen<br />
der Produktverantwortlichen bzw. der Vertriebsorganisation.<br />
Bisher trifft immer noch der Bankberater oder der Kunde<br />
letztlich eine Angebots- oder Abschlussentscheidung. In<br />
einem wohldefinierten Rahmen werden zukünftig automatisierte<br />
Prozesse diese Entscheidungen übernehmen. Speziell<br />
den etablierten Häusern steht ein Bruch mit bisherigen<br />
Paradigmen des Kundenmanagements bevor: Segment of<br />
one, Beratungsassistenten, Fremdkontenzugriff über PSD2<br />
statt Lebensphasenmodell, Filialberatung und Hausbank.<br />
Möglicherweise nimmt ein Teil der Kundschaft den Aufbau<br />
ihrer <strong>digital</strong>en Finanzwelt demnächst selbst in Angriff.<br />
Autor<br />
Martin Stolberg, Director bei Sopra Steria Consulting.
30<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Digitalisierung –<br />
wo sie Sinn macht<br />
Digitalisierung ist Trend und Herausforderung zugleich, und der <strong>digital</strong>e Wandel treibt<br />
so manches Unternehmen vor sich her. Gelegentlich entsteht gar der Eindruck von<br />
Aktionismus, etwa, wenn Unternehmen den Einsatz von Technik vor den eigentlichen<br />
Bedarf stellen. Es nutzt hingegen niemandem, wenn Prozesse nur als Mittel zum<br />
Zweck automatisiert werden.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 31<br />
Getrieben durch Regulierungsbehörden, Gewinnstreben<br />
und allem voran den Wettbewerb um den Kunden, müssen<br />
sich Banken heute intensiv mit der Digitalisierung<br />
ihrer internen und externen Prozesse beschäftigen. Doch<br />
gerade in der Finanzdienstleistungsbranche lässt sich die<br />
Digitalisierung Nutzenstiftend zum Wohl aller Marktteilnehmer<br />
einsetzen.<br />
Zum einen verlangen Kunden rund um die Uhr Basis-Serviceleistungen<br />
der Bank. Diese wollen sie über den PC<br />
oder mobil immer und überall bequem abrufen können.<br />
Daneben wollen Kunden bei bestimmten Fragestellungen<br />
aber auch persönliche Beratung in Anspruch nehmen. Zum<br />
anderen verlangen die Aufsichtsbehörden heute höchstmögliche<br />
Transparenz und zutreffende Beurteilungen der<br />
Risikopositionen einer Bank. Diese Forderungen lassen<br />
sich kostenschonend nur mit weitgehend <strong>digital</strong>isierten<br />
Prozessen erfüllen.<br />
Digitalisierte Prozesse führen zudem zu Optimierungen<br />
im Bereich Ressourcen-Allokation, denn sie machen das<br />
eingesetzte Kapital extrem gut nutzbar, lassen sich fast<br />
unbegrenzt ausweiten und reduzieren somit die Kosten.<br />
Darüber hinaus gilt es, eigeninitiativ zu sein. Denn ein<br />
weitsichtiger Umgang mit den neuen Technologien bietet<br />
viele Chancen im Wettbewerb um den Kunden – ob Privatoder<br />
Geschäftskunde.<br />
Schritt für Schritt und immer auf den Kunden warten<br />
Das Geschäft mit privaten Kunden ist herausfordernd und<br />
zugleich sehr sensibel. Der Wandel hin zu elektronisch gestützten<br />
Prozessen mittels Informations- und Kommunikationstechnologie<br />
sollte behutsam und immer im Dialog<br />
mit den Kunden geschehen. Selbst dort, wo der Einsatz<br />
der Digitalisierung aus Kundensicht durchweg vorteilhaft<br />
erscheint, muss dieser Grundsatz berücksichtigt werden,<br />
denn Menschen hängen an ihren Gewohnheiten.<br />
Ein Beispiel dafür ist die Einführung der Kontoauszugsdrucker<br />
in den Filialen in den 1980er-Jahren. Der Geschäftsalltag<br />
zeigte, dass viele Kunden trotz der Zeitersparnis und<br />
der maximal einfachen Bedienung lange brauchten, um<br />
sich an diese Umstellung zu gewöhnen. Auch im Zeitalter<br />
der <strong>digital</strong>en Revolution ist eine entsprechende Sensibilität<br />
geboten. Der Kunde sollte zunächst die Wahl zwischen<br />
den alten und den <strong>digital</strong>isierten Prozessen haben. Eine<br />
„Friss-oder-Stirb“-Mentalität ist fehl am Platz.<br />
Am Anfang aller Überlegungen sollte in Banken daher immer<br />
die Frage stehen: Wo macht ein Digitalisierungsangebot<br />
gegenüber Kunden am meisten Sinn? Eine beispielhafte<br />
Antwort aus jüngster Vergangenheit lautet: Dort, wo<br />
ein Medienbruch besteht.<br />
Im Jahr 2<strong>01</strong>4 führte die SWK Bank als erste Bank in<br />
Deutschland die Videolegitimation ein: Kunden von Online-Banken<br />
sollten sich im Internet legitimieren können,<br />
lautete die Zielsetzung. Die Vorteile sind zweifelsohne<br />
enorm: Mithilfe dieser neuen Technologie legitimiert sich<br />
ein Neukunde innerhalb weniger Minuten. Dem gegenüber<br />
steht – beim analogen Post-Ident-Verfahren – der<br />
damit verbundene Zeitaufwand von mehreren Tagen für<br />
den Besuch in der Postfiliale und den Versand der Unterlagen<br />
an die Bank.<br />
Objektiv betrachtet ist der Convenience-Vorteil für Kunden<br />
eindeutig. Dennoch, trotz steigender Tendenz, liegt die Inanspruchnahme<br />
der Videolegitimation noch längst nicht<br />
bei 100 Prozent. Neukunden, die sich für die Videolegitimation<br />
entscheiden, sind durchweg zufrieden. Aber auch<br />
hier ist die Gewohnheit ein wichtiger Faktor und muss<br />
zwingend berücksichtigt werden. Wichtig ist auch der regelmäßige<br />
persönliche Dialog. Die SWK ruft deswegen<br />
regelmäßig Neukunden an und holt ihr Feedback ein. Mit<br />
dieser direkten Ansprache ist eine schnelle Reaktion möglich.<br />
Backend-Prozesse lassen sich so genau justieren und<br />
aus Kundensicht optimieren. Die Erhebung solcher Daten<br />
könnte sicherlich auch elektronisch geschehen. Doch sie<br />
ersetzt niemals die soziale Interaktion zwischen Mitarbeiter<br />
und Kunde.<br />
Digitalisierungs-Akzeptanz konsequent nutzen<br />
Besteht eine grundsätzliche Akzeptanz für einen neu eingeführten<br />
Prozess, kann dieser relativ schnell beim Kunden<br />
etabliert werden. Die Videolegitimation zeigt dies erneut<br />
sehr anschaulich: Hier hat der Kunde gelernt, über<br />
die Kamera mit der Bank bequem zu kommunizieren, nun<br />
lassen sich weitere analoge Prozesse umwandeln.<br />
Ein Beispiel dafür ist der medienbruchfreie Ratenkredit<br />
der SWK Bank. Er benutzt unterschiedliche Digitalisierungslösungen<br />
innerhalb der Prozesskette. In ihrer Kombination<br />
führen sie dazu, dass einem Neukunden innerhalb<br />
eines Bankarbeitstags ein Ratenkredit ausgezahlt werden<br />
kann, papierlos und ohne Postversand.<br />
Der Kreditantrag wird komplett online ausgefüllt. Zwecks<br />
Bonitätsbeurteilung erfolgt danach der Onlinezugriff auf<br />
die Umsätze des Gehaltskontos. Im Anschluss legitimiert<br />
sich der Kunde mit dem Video-Ident-Verfahren über die<br />
Webcam seines Smartphones, Computers oder Tablets.<br />
Die notwendige Unterschrift auf dem Kreditvertrag leistet<br />
der Kreditnehmer ebenfalls online mittels einer qualifizierten<br />
elektronischen Signatur. Aber nicht nur die Anwendungen<br />
vor dem Kunden, sondern auch die Prozesse im Backend<br />
und in der Middleware laufen vollständig <strong>digital</strong> ab.
32<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Großer Bedarf bei großen Banken<br />
Internetbanken sind in der Regel gut <strong>digital</strong>isiert, wenden<br />
unermüdlich neue technische Möglichkeiten an, überprüfen<br />
sie am Markt und optimieren ihre internen Prozesse.<br />
Im Laufe der Jahre sammeln sie so dementsprechend fundierte<br />
Erfahrungen, die sie anderen Finanzdienstleistern<br />
zur Verfügung stellen können. Die Nachfrage nach solchen<br />
Dienstleistungen ist erheblich und wächst in den letzten<br />
Jahren geradezu exponentiell.<br />
« Besonders groß<br />
ist der Digitalisierungsbedarf<br />
bei<br />
großen Kreditinstituten.<br />
»<br />
Besonders groß ist der Digitalisierungsbedarf bei großen<br />
Kreditinstituten. Systemumstellungen sind dort per<br />
se komplexer und beanspruchen relativ viel Zeit. Oft gibt<br />
es dort meist ältere und viele unterschiedliche Systeme,<br />
die ganz besondere Herausforderungen beinhalten. Die<br />
Schnittstelle zwischen den internen Systemen ist vielfach<br />
noch der Mensch. Im Backend liegen die Aufgabenstellungen<br />
ähnlich. Auch hier gibt es oftmals aufgrund der Größe<br />
Probleme, mit dem Digitalisierungstrend Schritt zu halten.<br />
Nicht selten betreiben große Kreditinstitute daher das<br />
Neugeschäft außerhalb der eigenen Systeme.<br />
wenige Mausklicks. Der Kauf eines Finanzdienstleistungsprodukts<br />
dauert hingegen ungleich länger.<br />
Wie kann das vermieden werden? Eine Antwort könnte<br />
sein: durch den kreativen Umgang mit den vorhandenen<br />
<strong>digital</strong>en Ressourcen. Die Vielfalt der <strong>digital</strong>en Anwendungsmöglichkeiten<br />
muss kreativ nutzbar gemacht werden.<br />
Es gibt hier viel mehr Lösungen als man denkt.<br />
Zur Beschleunigung des Verkaufsprozesses eines Finanzdienstleistungsprodukts<br />
an einen Neukunden könnte man<br />
beispielsweise beim Legitimationsverfahren auf die gesamte<br />
Hardware, respektive den Legitimationsprozess, verzichten.<br />
Die SWK Bank prüft gerade einen neuen Weg der Legitimation<br />
über die Hausbank eines Neukunden. Warum muss sich<br />
ein Kunde bei jeder Bank aufs Neue legitimieren? Eine entsprechende<br />
Vernetzung zwischen den jeweiligen Kreditinstituten<br />
wäre aus Kundensicht sicherlich vorteilhaft.<br />
Ein anderes Beispiel für die kreative Nutzung <strong>digital</strong>er Anwendungen<br />
ist die Absatzfinanzierung am Point of Sale.<br />
Der Verkauf von Automobilen in Autohäusern wird heute<br />
ungefähr zu 80 Prozent von Finanzdienstleistungsangeboten<br />
begleitet. Dem One-Stop-Shopping-Gedanken folgend,<br />
übernimmt der Verkäufer die Anbahnung des Kreditvertrags.<br />
Neben dem relativ zeitaufwendigen Prozess der<br />
Kundendatenerfassung fragt er den Kunden u. a. auch nach<br />
sensiblen bonitätsrelevanten Daten, wie dem monatlichen<br />
Einkommen oder den Ausgaben. Deutlich eleganter, weil<br />
zeitsparend und diskret, wäre die Kreditanbahnung über<br />
ein Tablet, das den Kunden direkt mit einer <strong>digital</strong>isierten<br />
Bank verbindet: Der <strong>digital</strong>isierte Kontoauszug verhindert<br />
die Preisgabe sensibler Daten. Online-Legitimation, Kreditzusage<br />
und elektronische Unterschrift können innerhalb<br />
von wenigen Minuten erfolgen.<br />
Autor<br />
Ulf Meyer, Geschäftsführer der Süd-West-Kreditbank<br />
Finanzierung GmbH (SWK Bank).<br />
Time to Customer – die <strong>digital</strong>en Ressourcen kreativ<br />
nutzen<br />
Schon lange ist in der Finanzdienstleistungsbranche bekannt,<br />
dass derjenige gewinnt, der am schnellsten beim<br />
Kunden ist. Die <strong>digital</strong>e Revolution bietet für dieses Streben<br />
ganz neue Möglichkeiten. Die Vertriebsprofis im Finanzdienstleistungsgeschäft<br />
haben erkannt, dass Schnelligkeit<br />
verkaufsfördernd wirkt, aber genau hier noch Vieles<br />
im Argen liegt. Möchte ein Neukunde heutzutage bei<br />
Amazon z. B. einen Stecker kaufen, benötigt er dazu nur<br />
Fazit<br />
Ob im Privatkunden- oder Geschäftskundensegment,<br />
mit Digitalisierungs-Know-how, -kreativität<br />
und dem Blick auf die Kundenbedürfnisse lässt sich<br />
sinnvoll Zeit sparen. Und Zeit ist nicht nur Geld, sondern<br />
der Wettbewerbsfaktor der Zukunft – ganz<br />
besonders in der Finanzdienstleistungsbranche.
Digitale Daten –<br />
die Währung der Zukunft<br />
Die Digitalisierung von Dokumenten ist ein Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit von Banken.<br />
Eine neue, mobile Lösung maximiert die Sicherheit und die Effizienz des Prozesses.<br />
Die Digitalisierung von Dokumenten ist<br />
für Finanzdienstleister eine große Chance,<br />
den Informationsfluss im Unternehmen<br />
und ihren Service zu optimieren. So bieten<br />
<strong>digital</strong>isierte Dokumente und elektronische<br />
Akten klare Vorteile wie Kostenersparnis und<br />
effizienteres Arbeiten: Digitale Dokumente<br />
lassen sich wesentlich schneller verarbeiten,<br />
besser teilen und leichter analysieren als eine<br />
mit Post-its gespickte Zettelsammlung.<br />
Dokumente vor Ort <strong>digital</strong>isieren<br />
mit dem Scan-Truck von Arvato<br />
CRM Solutions<br />
Viele Unternehmen scheuen die Digitalisierung<br />
von Dokumenten wegen des vermeintlich<br />
hohen Aufwands und aufgrund<br />
von Sicherheitsbedenken. Doch lassen sich<br />
die Herausforderungen mit Hilfe erfahrener<br />
Anbieter einfach, schnell und sicher lösen.<br />
Arvato CRM Solutions, führender Anbieter<br />
von Customer Relationship Management in<br />
Europa, bringt hierfür in diesem Herbst<br />
erstmals eine mobile Lösung auf den Markt:<br />
den Scan-Truck. Der Truck ist mit elf<br />
Hochleistungsscannern bestückt. Mit ihnen<br />
können Dokumente direkt vor Ort <strong>digital</strong>isiert<br />
werden, ohne dass sie das Firmenoder<br />
Unternehmensgelände verlassen –<br />
denn der Scan-Truck fährt einfach direkt<br />
zum Auftraggeber. Die Akten werden dabei<br />
unter strengen Sicherheitsauflagen und in<br />
speziellen Containern in den Scan-Truck<br />
gebracht.<br />
Die mobile Lösung erfüllt alle Anforderungen<br />
an Effizienz, Compliance und<br />
Datenschutz: Akten werden vollständig<br />
erfasst, Scans maßgeschneidert klassifiziert<br />
und revisionssicher archiviert. Bis zu 100.000<br />
Seiten können täglich verarbeitet werden, so<br />
dass ganze Aktenberge binnen weniger<br />
Tage auf ein kompaktes Speichermedium<br />
wandern.<br />
Klaus-Peter Horstmann<br />
Leitung Vertrieb ECM<br />
Sie möchten direkt mehr über die Vorteile<br />
des neuen Scan-Trucks erfahren? Ihr direkter<br />
Ansprechpartner:<br />
Klaus-Peter Horstmann<br />
Leitung Vertrieb ECM<br />
http://www.scan-truck.de<br />
klaus-peter.horstmann@arvato.com<br />
Tel. +49 (0) 4421 - 76 - 84047
34<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
IT-Fachkräfte für<br />
den Finanzmarkt<br />
Der <strong>digital</strong>e Wandel schafft auch im Finanzsektor neue Arbeitsplätze für IT-Fachkräfte.<br />
Gesucht sind vor allem Experten, die neben dem technischen Wissen auch Know-how in<br />
der Finanzbranche mitbringen. Doch gerade diese sind rar. Unternehmen müssen heute mit<br />
harten Bandagen um neue Talente kämpfen. Was können HR-Manager tun, um qualifizierte<br />
Fachkräfte zu gewinnen und diese auch langfristig im Unternehmen zu halten?<br />
IT-Spezialisten sind derzeit heiß begehrt. Das zeigt auch die<br />
aktuelle Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit: Stellen<br />
im Bereich Informatik und Software-Entwicklung waren<br />
im Jahr 2<strong>01</strong>6 durchschnittlich 134 Tage lang unbesetzt. Das<br />
sind fünf Tage länger als im Vorjahr und 44 Tage mehr als die<br />
durchschnittlichen Vakanzzeiten über alle Berufsgruppen hinweg.<br />
Der Grund hierfür ist die fortschreitende Digitalisierung.<br />
Denn durch sie wird die Software-Entwicklung zunehmend<br />
zum zentralen Bestandteil und Innovationstreiber jeder Branche<br />
– auch im Finanzsektor. Immer mehr Geldtransaktionen<br />
erfolgen per Online Banking, Neukunden eröffnen Bankkonten<br />
<strong>digital</strong> und der Anteil an mobil ausgeführten Transaktionen<br />
nimmt zu. Die IT wird zum Herzstück eines <strong>digital</strong>en<br />
Kreditinstituts. Unternehmen, die den Schritt in die Digitalisierung<br />
nicht mitgehen, laufen Gefahr, von Start-ups abgehängt<br />
zu werden.<br />
Anforderungen an Bewerber definieren<br />
Um die neuen Herausforderungen zu meistern, brauchen<br />
Unternehmen qualifizierte IT-Fachkräfte, die nicht nur über<br />
das technische Know-how verfügen, sondern gleichzeitig<br />
auch die Anforderungen im Finanzsektor kennen. Auch die<br />
Bereitschaft zum lebenslangen Lernen sollte ein wichtiges<br />
Einstellungskriterium sein. Denn die <strong>digital</strong>e Transformation<br />
ist kein Prozess, der irgendwann abgeschlossen ist. Im Gegenteil<br />
– neue <strong>digital</strong>e Lösungen werden den Arbeitsalltag<br />
in Zukunft immer wieder umkrempeln, während intelligente<br />
Systeme zunehmend Routineaufgaben übernehmen. Daher<br />
müssen Mitarbeiter in der Lage sein, sich stetig auf neue<br />
Arbeitsumgebungen mit neuen Anforderungen einzustellen.<br />
Global agierende Unternehmen mit dezentralen Organisationsstrukturen<br />
sind außerdem auf Mitarbeiter angewiesen,<br />
die eigenverantwortlich arbeiten können und wollen. Das ist<br />
umso wichtiger, wenn der Chef nicht vor Ort ist oder gar in<br />
einem anderen Land sitzt. In diesem Zusammenhang sollten<br />
sich Angestellte auch in kollaborativen virtuellen Netzwerken<br />
wohlfühlen und über entsprechende kommunikative Fähigkeit<br />
verfügen. Denn mittels Laptop, Tablet oder Smartphone<br />
können sie theoretisch von überall und zu jeder beliebigen<br />
Zeit arbeiten – vorausgesetzt, die internen Bestimmungen<br />
lassen es zu. Disziplin und reger Austausch mit den nicht<br />
physisch anwesenden Kollegen sind dafür essenziell.<br />
Hierfür sind zudem Englischkenntnisse wichtig. Denn wer –<br />
insbesondere in international tätigen Konzernen – Kommunikationsschwierigkeiten<br />
aufgrund einer Sprachbarriere hat,<br />
erschwert auch den Unternehmenserfolg.<br />
Die richtige Recruiting-Strategie wählen<br />
Die Zeiten, in denen qualifizierte Bewerber selbst an die Tür<br />
klopften, sind vorbei. Heute bewerben sich die Unternehmen<br />
bei den Kandidaten. Das bedeutet: HR-Abteilungen müssen<br />
selbst aktiv werden und potenzielle Bewerber ansprechen.<br />
Dafür sollten sie alle verfügbaren Kanäle nutzen. Business-<br />
Netzwerke wie das deutsche Xing oder sein internationales<br />
Pendant LinkedIn sind besonders geeignet, um an berufserfahrene<br />
Kräfte heranzutreten (Active Sourcing). Auf Facebook<br />
hingegen sollten Unternehmen eher auf Imagewerbung und<br />
Employer Branding setzen. Sie bieten sich an, um Berufs-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 35<br />
einsteigern zum Beispiel die Vorzüge eines Arbeitsplatzes<br />
schmackhaft zu machen. Inhalte könnten Meldungen über<br />
Events oder die Vorstellung von Mitarbeitern sowie von aktuellen<br />
Projekten sein. Das schafft eine menschliche Komponente<br />
und dadurch Vertrauen.<br />
Laut der Studie „Recruiting Trends 2<strong>01</strong>6“ der Universität<br />
Bamberg bewerten sowohl Unternehmen als auch Stellensuchende<br />
den Einsatz von Social Media im Recruiting<br />
zunehmend positiv. Die Top-1.000 der Unternehmen aus<br />
Deutschland veröffentlichen bereits 23,7 Prozent ihrer Stellenanzeigen<br />
auf Social-Media-Kanälen. An erster Stelle steht<br />
jedoch immer noch die eigene Webseite: 90,2 Prozent der<br />
Vakanzen werden dort ausgeschrieben, gefolgt von Internet-<br />
Stellenbörsen mit sieben von zehn Stellenanzeigen. Auf<br />
Print-Medien hingegen entfallen nur noch zehn Prozent.<br />
In Zukunft wird es zudem Pflicht, die Karriere-Seite mobil<br />
zu optimieren. Bereits etwa ein Drittel der Bewerber nutzt<br />
heute auch das Smartphone für die Suche nach passenden<br />
Stellenangeboten. Wird eine Website nicht richtig auf dem<br />
Smartphone angezeigt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass<br />
Karriereinteressierte ihre Suche abbrechen und diese bei der<br />
Konkurrenz fortsetzen.<br />
Neben <strong>digital</strong>en Kanälen gehören auch Aktionen in der realen<br />
Welt zu einer guten Recruiting-Strategie. Jobmessen<br />
und Events sind eine gute Möglichkeit für Unternehmen,<br />
um sich den Kandidaten vorzustellen. Auch Verbindungen zu<br />
Hochschulen zu pflegen, ist erfolgsversprechend. Im Idealfall<br />
wecken Unternehmen so bereits Interesse bei den Studierenden,<br />
bevor sie ihren Abschluss machen.<br />
Ein Duales Studium, Graduierten-Programme oder Praktika<br />
helfen dabei, Berufseinsteiger schon früh für den eigenen<br />
Betrieb zu gewinnen. Immer mehr Unternehmen, die IT-<br />
Fachkräfte suchen, erkennen zudem, wie wertvoll Mitarbeiterempfehlungen<br />
für das Recruiting sind. Denn schlicht und<br />
einfach gilt: Was Freunde, Familie oder Bekannte gut finden,<br />
erzeugt Vertrauen.<br />
Auf modernes Talent-Management setzen<br />
Haben sie qualifizierte Fachkräfte gewonnen, stehen HR-Manager<br />
vor der nächsten Aufgabe. Jetzt müssen sie alles dafür<br />
tun, um die Experten auch langfristig im Unternehmen zu<br />
halten, denn auch die Konkurrenz lockt mit attraktiven Konditionen.<br />
Einen guten Start gewährleistet etwa ein Integrationsprogramm<br />
für neue Mitarbeiter. Zudem gilt es, Unzufriedenheit<br />
am Arbeitsplatz vorzubeugen. Laut einer Oracle-Studie<br />
sind dafür vor allem fehlende Weiterbildungsmaßnahmen<br />
und Karrieremöglichkeiten verantwortlich: 45 Prozent<br />
der befragten nicht-leitenden Angestellten fühlen sich gegenüber<br />
Führungskräften benachteiligt. Fortbildungen und<br />
Karrierechancen über alle Ebenen der Belegschaft hinweg<br />
sind daher ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterbindung<br />
und sichern gleichzeitig die Kompetenzentwicklung. Vor allem<br />
neue E-Learning-Möglichkeiten bieten hier Vorteile: Mitarbeiter<br />
können lernen, wann es ihnen zeitlich am besten passt,<br />
und sind nicht an Termine oder Seminarräume gebunden. Für<br />
bestimmte Inhalte wie Führungskräftetrainings sollte jedoch<br />
nach wie vor die Präsenzschulung die erste Wahl sein. Eine<br />
zentrale Rolle bei der Mitarbeiterzufriedenheit spielt vor allem<br />
auch die Wertschätzung durch Vorgesetzte und Kollegen.<br />
Das ergab ebenfalls die genannte Umfrage von Oracle. Die<br />
aktuelle Studie Gallup Engagement Index zeigt zudem, dass<br />
sich 31 Prozent der Mitarbeiter, die in den letzten sechs Monaten<br />
ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten hatten, emotional<br />
stark an das Unternehmen gebunden fühlen – ein überdurchschnittliches<br />
Ergebnis. Für Unternehmen lohnt es sich<br />
also, dem Dialog zwischen Angestellten und Führungskräften<br />
einen geregelten Rahmen zu geben und Mitarbeitergespräche<br />
etwa im Abstand von sechs bis zwölf Monaten verpflichtend<br />
vorzuschreiben. Denn es gilt: Die Arbeitsqualität und<br />
-quantität von motivierten Mitarbeitern ist höher als die von<br />
unzufriedenen Angestellten. Unter Umständen leisten sie<br />
dann sogar mehr, als von ihnen erwartet wird.<br />
Autorin<br />
Susanne Denker, Geschäftsführerin bei<br />
Worldline Germany GmbH.<br />
Fazit<br />
Durch den <strong>digital</strong>en Wandel hat auch die Finanzbranche<br />
mit dem Mangel an IT-Fachkräften zu kämpfen.<br />
Die Anforderungen, die Unternehmen heute an<br />
Bewerber stellen, müssen sich dabei ebenso wandeln<br />
wie Recruiting-Strategien und das Talent<br />
Management. In der <strong>digital</strong>en Zukunft kann nur der<br />
seine Marktposition halten oder sogar ausbauen, der<br />
das dazu nötige Know-how in seinem Unternehmen<br />
versammelt – und langfristig bindet.<br />
Doch eines dürfen Verantwortliche dabei nicht aus<br />
den Augen verlieren: Unternehmen stehen unter<br />
stetig steigendem Effizienz- und Kostendruck. Wer<br />
sich nur einseitig auf die Bedürfnisse der Bewerber<br />
fokussiert, läuft Gefahr, den Unternehmenserfolg im<br />
Ganzen aus dem Blick zu verlieren. Ein nicht einfacher<br />
Drahtseil-Akt, der sich jedoch mit Voraussicht<br />
und Strategie erfolgreich meistern lässt.
36<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
E-Geld: Sicherheit<br />
ist alles<br />
Die Zukunft soll beim E-Geld liegen, darüber herrscht weitgehend Einigkeit.<br />
Doch wie wirken sich die vielen verschiedenen E-Geld-Produkte auf dem Markt<br />
auf die Geld-Sicherheit aus? Wir werfen einen Blick auf Sicherheit von elektronischem<br />
Geld aus der IT- und Compliance-Perspektive.<br />
Geld muss sicher sein, sonst verlieren Nutzer das Vertrauen<br />
und es kann dann seine verschiedenen Funktionen nicht<br />
mehr erfüllen. Das gilt für den Einsatz als Zahlungsmittel,<br />
aber auch als Wertmaßstab und Wertbewahrungsmittel.<br />
Könnte man Geld einfach fälschen oder Zahlungskreisläufe<br />
manipulieren, würde Chaos ausbrechen. Aktuell gibt es immer<br />
mehr E-Geld-Produkte auf dem Markt, bei denen sich<br />
die Sicherheit für Außenstehende auf den ersten Blick nur<br />
schwer beurteilen lässt.<br />
Auflagen und Vorgaben für E-Geld-Institute<br />
E-Geld-Sicherheit ist ein weites Feld, denn es existieren verschiedene<br />
Varianten von elektronischem Bargeld. Das klassische<br />
Beispiel für E-Geld ist eine aufladbare Chipkarte, etwa<br />
die schon vor 20 Jahren in Deutschland eingeführte GeldKarte.<br />
Aber Chipkarten sind neben Smartphones, Festplatten,<br />
USB-Sticks oder Fitness-Armbändern nur eines von vielen<br />
möglichen physikalischen Speichermedien, vor allem neben<br />
den Servern der Emittenten selbst.<br />
Die Ausgabe von <strong>digital</strong>em Geld obliegt den E-Geld-Instituten,<br />
die zwar per Definition nicht unbedingt Banken sein<br />
müssen, aber trotzdem bestimmte Sorgfaltspflichten einhalten<br />
müssen. Das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)<br />
macht hier klare Vorgaben. Erhält ein E-Geld-Institut Geld<br />
von Kunden, muss dieses unverzüglich in E-Geld umgetauscht<br />
werden. Das E-Geld darf auch nicht verzinst werden.<br />
E-Geld-Institute dürfen erst dann ihre Tätigkeit aufnehmen,<br />
wenn sie von den zuständigen Finanzaufsichtsbehörden<br />
eine E-Geld-Lizenz erhalten haben. Dazu müssen sie einen<br />
Zulassungsantrag bei der Aufsichtsbehörde einreichen, der<br />
das Geschäftsmodell darstellt. Zusätzlich muss ein tragfähiger<br />
Geschäftsplan beigefügt sein, die Inhaber bedeutender<br />
Beteiligungen müssen zuverlässig, die Geschäftsleiter außerdem<br />
fachlich geeignet sein. Zudem wird auf ordnungsgemäße<br />
Geschäftsorganisation, eine angemessene Unternehmenssteuerung<br />
und interne Kontrollmechanismen geachtet.<br />
Rund um die Sicherheit muss ein E-Geld-Institut also viele<br />
Anforderungen erfüllen: etwa für die Sicherung der Kundengelder<br />
sorgen, Risikomanagementverfahren einführen und<br />
einen Geldwäschebeauftragten benennen.<br />
Explizit müssen E-Geld-Institute ihre Sicherheitsstrategie<br />
darlegen und angeben, wie sie auf Sicherheitsvorfälle und<br />
sicherheitsbezogene Kundenbeschwerden reagieren. Da es<br />
sich bei E-Geld-Systemen um kritische Infrastrukturen han-<br />
Tobias Schreyer ist Mitgründer<br />
und Chief Commercial<br />
Officer der PPRO Group.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 37<br />
delt, muss ein gestaffeltes Sicherheitskonzept vorliegen. Das<br />
bedeutet, die Absicherung der Systeme muss mehrere Sicherheitsebenen<br />
umfassen, etwa Firewalls, Verschlüsselung<br />
und restriktive Zugriffsrechte. Das ist vergleichbar mit den<br />
Pflichten von Banken, die auch ähnliche Schutzmechanismen<br />
einsetzen.<br />
E-Geld-Sicherheit in der Praxis am Beispiel Prepaid-<br />
Kreditkarten<br />
Die E-Geld-Sicherheit beim Emittenten ist also gegeben und<br />
auch die Nutzer von E-Geld profitieren. Denn Anbieter von<br />
E-Geld-Produkten wissen genau, dass sich ohne Sicherheit<br />
kein Kundenvertrauen aufbauen lässt. Sicherheitsgedanken<br />
begleiten also meist schon vom ersten Schritt an die Produktentwicklung.<br />
Als Beispiel: Prepaid-Kreditkarten. Über E-<br />
Geld-Konten realisierte Prepaid-Kreditkarten vereinen gleich<br />
mehrere Sicherheitsmerkmale: Zahlungen werden durch<br />
Chip und PIN geschützt, ausgehende Überweisungen vom<br />
E-Geld-Konto in der Regel mit Mobile-TAN. Bei Verlust der<br />
Karte ist der Schaden durch das E-Geld-Institut regulatorisch<br />
auf maximal 150 € für den Nutzer begrenzt, einige Institute<br />
übernehmen für die E-Geld-Nutzer sogar dieses Risiko und<br />
senken die Selbstbeteiligung für ihre Kunden im Schadensfall<br />
auf Null. Zusätzlich wird der Besitzer einer Prepaid-Karte<br />
i. d. R. über jede Transaktion unmittelbar benachrichtigt. Erfolgen<br />
unberechtigte Zahlungsvorgänge, fällt dies sofort auf.<br />
Sicherheit durch neue Technologie<br />
Elektronisches Geld profitiert in der Praxis zudem von zusätzlichen<br />
Sicherheitsmerkmalen neuer Technologien. Viele<br />
Smartphones integrieren beispielsweise Fingerabdruck-<br />
Sensoren, um Geräte zu entsperren. Diese Art der biometrischen<br />
Authentifizierung kann auch für E-Geld-Transaktionen<br />
genutzt werden. Rund um E-Geld wird Sicherheit also<br />
großgeschrieben, was auch damit zusammenhängt, dass<br />
FinTech-Unternehmen in diesem Bereich innovativ sind<br />
und ohne Rücksicht auf alte IT-Infrastrukturen, wie viele<br />
Banken sie heute noch nutzen, schnell und sicher Produkte<br />
auf den Markt bringen.<br />
Autor<br />
Tobias Schreyer ist Mitgründer und<br />
Chief Commercial Officer der PPRO Group.<br />
Fazit<br />
Sicherheit und Geld sind siamesische Zwillinge.<br />
Das Vertrauen in Banken ist vor allem aufgrund von<br />
Sicherheitsaspekten sehr hoch. So wünschen sich<br />
Kunden beim Online Banking sowie bei Internet-<br />
Bezahlverfahren in erster Linie, man ahnt es bereits,<br />
Sicherheit. Aktuell drängen verstärkt E-Geld-Produkte<br />
auf den Markt, denen viele Menschen mit Skepsis<br />
begegnen. Daher hängt der Erfolg von elektronischem<br />
Geld und den damit verknüpften Diensten<br />
maßgeblich von der Sicherheit ab.
38<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Angriff auf die<br />
Endgeräte<br />
Traditionell legen Banken den Fokus der IT-Sicherheit auf die Netzwerkinfrastruktur.<br />
Jetzt rücken aber die Endgeräte der Mitarbeiter verstärkt ins Blickfeld von Cyber- Angreifern.<br />
Gängige Client-Sicherheitslösungen reichen nicht mehr aus, erforderlich sind neue<br />
Sicherheitsansätze.<br />
Eine hohe IT-Sicherheit<br />
ist für Banken eine<br />
Selbstverständlichkeit<br />
und die Investitionen sind<br />
entsprechend hoch. Mit<br />
den zunehmend komplexeren<br />
und raffinierteren<br />
Angriffsmethoden Schritt<br />
zu halten, wird dabei immer<br />
schwieriger – vor allem, weil<br />
traditionelle Sicherheitslösungen<br />
an ihre Grenzen stoßen, und<br />
zwar insbesondere im Bereich der<br />
Endgerätesicherheit.<br />
Oft nimmt die Sicherung der Endgeräte<br />
eine eher untergeordnete Rolle ein, der Fokus<br />
liegt auf der Netzwerksicherheit, und ein<br />
Großteil aller Investitionen in der IT-Sicherheit erfolgt<br />
in diesem Bereich. Diese Gewichtung wird aber der aktuellen<br />
Vorgehensweise von Cyber-Angreifern nicht gerecht.<br />
Die meisten Hacker-Angriffe richten sich nicht mehr gegen<br />
das Netzwerk, ihre Ziele sind vielmehr Applikationen und<br />
Clients. Das jeweilige Endgerät der Mitarbeiter stellt in der<br />
Regel eine sehr große Schwachstelle dar und ist vielfältigen<br />
Bedrohungen wie Trojanern oder Dateikompromittierungen<br />
ausgesetzt, die wiederum das gesamte Unternehmensnetz<br />
gefährden können. Die zahlreichen und vielfach erfolgreichen<br />
Ransomware-Attacken der jüngsten Vergangenheit<br />
können dafür als Beleg dienen. Der Client des einzelnen<br />
Bankmitarbeiters muss deshalb ein zentraler Bestandteil<br />
eines umfassenden Sicherheitskonzepts sein, allein schon,<br />
weil er im Rahmen einer Multichannel-Banking-Strategie in<br />
der Kundenkommunikation eine immer wichtigere Rolle einnimmt.<br />
So muss nicht nur das Herzstück der Bank-IT, also<br />
das Rechenzentrum mit Kernbankensystem, zuverlässig<br />
abgesichert werden, sondern auch das Endgerät des einzelnen<br />
Bankmitarbeiters. Und an diesem Punkt ergibt sich die<br />
nächste Herausforderung: Mit klassischen Sicherheitslösungen<br />
ist keine zuverlässige Absicherung realisierbar.<br />
Herkömmliche Lösungen bieten begrenzte Sicherheit<br />
Lösungen wie Intrusion-Prevention-Systeme, Antiviren-Software,<br />
Webfilter-Programme oder Next-Generation-Firewalls<br />
sind in den meisten Unternehmen Sicherheitsstandard. Ihr<br />
Ziel ist es, Angriffe beispielsweise unter Nutzung von Signaturen,<br />
Verhaltensanalysen oder heuristischen Methoden zu<br />
erkennen und Attacken zu blockieren, um einen Zugriff auf<br />
Systemressourcen zu unterbinden. Der gravierende Nachteil<br />
ist, dass sie keinen zuverlässigen Schutz vor der wachsenden<br />
Anzahl an polymorphen Cyber-Bedrohungen, Zero-Day-<br />
Attacken und Advanced Persistent Threats bieten können,<br />
denn diese Lösungen sind auf die Erkennung von Schadsoftware<br />
angewiesen, und Anbieter von Security-Tools hinken<br />
Angreifern naturgemäß immer einen Schritt hinterher.<br />
Auch die gegenwärtig im Trend liegenden Next-Generation-Antiviren<br />
(AV)-Lösungen weisen eine identische Unzulänglichkeit<br />
auf. Sie versprechen, unter Nutzung von<br />
maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz, Angriffe<br />
aufzuspüren. Damit tragen sie zunächst dem Umstand<br />
Rechnung, dass rein signaturbasierte Verfahrungen unzurei-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 39<br />
chend sind. Durch Codeanalysen vor der Ausführung von<br />
Aktionen auf den jeweiligen Endpunkten soll potenzielle<br />
Malware erkannt werden, das heißt aber auch, Next-Generation-AV-Anwendungen<br />
sind nach wie vor auf die Detektion<br />
angewiesen. Sie stellen zwar eine Weiterentwicklung<br />
dar, aber letztlich bleiben sie Antiviren-Lösungen und sind<br />
damit ebenfalls unzulänglich.<br />
Secure-Browsing-Lösungen gehen in die richtige<br />
Richtung<br />
Mit traditionellen auf Erkennung ausgerichteten Lösungen<br />
sind somit Sicherheitsgefahren nicht zuverlässig auszuschließen.<br />
Immer mehr Unternehmen erkennen die<br />
Begrenztheit solcher Verfahren und setzen deshalb neue<br />
Sicherheitslösungen zur Abwehr von Cyberangriffen ein.<br />
Gemeinsamer Nenner ist, dass sie auf Isolation statt Detektion<br />
setzen.<br />
Zu nennen sind vor allem Secure-Browsing-Lösungen, also<br />
Lösungen, die den zentralen Angriffsvektor Browser schützen.<br />
Ein Beispiel hierfür sind Remote-Controlled-Browser-<br />
Systeme (ReCoBS), die auch das Bundesamt für Sicherheit<br />
in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt und die von<br />
Banken vereinzelt genutzt werden. Charakterisiert sind sie<br />
durch den Aufbau einer Terminalserver-Umgebung. Der<br />
Webzugang erfolgt ausschließlich über Browser auf den<br />
Terminalservern, wodurch die Client-PCs geschützt werden<br />
sollen. Bis zu einem gewissen Grad sind solche Client-Server-Modelle<br />
erfolgreich, ihre Nachteile liegen aber auch auf<br />
der Hand. Erstens sind erfolgreiche Angriffe auf ReCoBS-<br />
Server nicht gänzlich auszuschließen, zweitens sind die<br />
Lösungen mit hohen Kosten verbunden, sowohl hinsichtlich<br />
des Hardware-Bedarfs für die Terminalserver als auch<br />
bezüglich der Betriebskosten, und drittens beeinträchtigen<br />
sie die Performance durch den erhöhten Bandbreitenbedarf<br />
für die Kommunikation zwischen Servern und Clients. Wie<br />
bei allen Client-Server-Architekturen kann eine Reduzierung<br />
des Nutzerkomforts die Folge sein.<br />
Abstriche sind auch hinsichtlich des Funktionsumfangs<br />
zu machen. Secure-Browsing-Lösungen fokussieren ausschließlich<br />
das Internet-Browsing und ignorieren damit<br />
andere Sicherheitsgefahren für den Endpunkt wie E-Mails<br />
oder USB-Speichermedien. Zudem darf ein weiterer gravierender<br />
Nachteil nicht außer Acht gelassen werden. Wird<br />
etwa ein aus dem Internet geladenes und zunächst isoliertes<br />
File dann doch in der Produktivumgebung benötigt,<br />
muss es analysiert werden. Und hier ist ein Unternehmen<br />
wiederum auf die Detektionsmöglichkeiten klassischer Antiviren-Lösungen<br />
mit den damit verbundenen Unzulänglichkeiten<br />
angewiesen.<br />
Virtualisierung und Micro-Virtualisierung sind der<br />
nächste Schritt<br />
Prinzipiell zeichnet sich ab, dass im Hinblick auf die Sicherung<br />
von Endpunkten gerade das Thema Virtualisierung<br />
zunehmend an Gewicht gewinnen wird, also die Isolation<br />
endpunktbezogener Risiken mittels Virtualisierung. Den<br />
Virtualisierungsweg beabsichtigt beispielsweise Microsoft<br />
bei seinem Browser Edge einzuschlagen. So soll künftig<br />
die Option bestehen, den Browser in einer eigenen virtuellen<br />
Maschine auszuführen.<br />
Eine weitere Option ist die Hardware-isolierte Micro-Virtualisierung.<br />
Zentrale Komponenten dabei sind ein Xenbasierter,<br />
speziell im Hinblick auf Sicherheit entwickelter<br />
Hypervisor, und die integrierten Virtualisierungsfeatures<br />
aller aktuellen CPU-Generationen. Eine hohe Sicherheit ist<br />
gerade durch die Hardware-Virtualisierung gewährleistet,<br />
denn eine CPU-Kompromittierung wäre für einen potenziellen<br />
Angreifer mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden.<br />
Durch Micro-Virtualisierung können alle potenziell gefährlichen<br />
Anwenderaktivitäten gekapselt werden, also nicht<br />
nur das Aufrufen einer Webseite wie bei herkömmlichen<br />
ReCoBS- und Secure-Browsing-Ansätzen, sondern auch das<br />
Downloaden eines Dokuments, das Öffnen eines E-Mail-<br />
Anhangs oder der Zugriff auf die Daten eines portablen<br />
Speichermediums. Eine Kompromittierung des Endpunkts<br />
und letztlich des Unternehmensnetzes über einen dieser<br />
Angriffswege ist damit vollständig ausgeschlossen.<br />
Autor<br />
Jochen Koehler ist Regional Director<br />
DACH bei Bromium, Heilbronn.<br />
Fazit<br />
Generell zeigt sich, dass bei innovativen Ansätzen<br />
in der Endpunktsicherheit nicht die Detektion von<br />
Schadcode oder das Aufspüren von Angriffen im<br />
Vordergrund steht, sondern der gezielte Schutz vor<br />
Malware, ohne dass sie zwingend als solche<br />
erkannt werden muss. Damit wird ein Paradigmenwechsel<br />
für die IT-Sicherheit begründet. Der Ansatz<br />
„Isolation statt Detektion“ führt auch dazu, dass<br />
bislang unbekannte Angriffe folgenlos bleiben.
40<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Von der Vision<br />
zur Tat<br />
Obwohl europäische Banken rd. 140 Mrd. € pro Jahr in Digitalisierung investieren, verändern<br />
oder erweitern nur weniger als die Hälfte aller Banken dabei ihr Geschäftsmodell. Produktangebot<br />
und Services, vieles bleibt beim Alten und wird bestenfalls online verfügbar.<br />
Nach wie vor setzen andere Branchen die <strong>digital</strong>en Standards<br />
– auch für innovatives Banking. Bereits heute nutzen<br />
weltweit 47 Prozent aller Bankkunden Finanzprodukte und<br />
-dienstleistungen von Non-Banks – Tendenz steigend. Die<br />
Branche darf keine Zeit verlieren. Sie muss die <strong>digital</strong>e Weiterentwicklung<br />
ihrer Geschäftsmodelle wesentlich konsequenter<br />
und vor allem kundenzentrierter vorantreiben.<br />
Ausgeprägte Regulierung und langfristige Vertragsbindungen<br />
mit Endkunden setzen erhebliche Markteintrittsbarrieren.<br />
Dennoch gelang bereits mehreren hundert FinTechs der Einstieg<br />
– auch über Kooperationsmodelle mit Banken. Erfahrungskurveneffekte<br />
und technologische Weiterentwicklung<br />
lassen die einstigen Hürden zunehmend erodieren. Auch<br />
branchenfremde Player wie Google, Amazon, Facebook,<br />
Alibaba & Co. – ausgestattet mit hohen Nutzerzahlen und<br />
Banklizenzen – steigern das Disruptionspotenzial signifikant.<br />
Sie drängen mit Payment- und Finanzierungslösungen in<br />
klassisches Bankgeschäft vor. Zudem ermöglicht PSD II ab<br />
Ende 2<strong>01</strong>7 Drittanbietern die Nutzung und damit verbundene<br />
Monetarisierung von transaktionsbezogenen Kundendaten,<br />
eine entsprechende Kundenzustimmung vorausgesetzt. Damit<br />
entfällt nunmehr auch die uneingeschränkte Hoheit der<br />
Banken über den virtuellen Datenschatz.<br />
gen sich die Institute in Europa durchgehend zwischen der<br />
Pilotierung erster Digitalisierungsideen und der Umsetzung<br />
erster konkreter Projekte. Großbanken und Spezialinstitute<br />
sind in der <strong>digital</strong>en Transformation ihrer Geschäftsmodelle<br />
etwas weiter als die Regionalbanken. Banken in Central Eastern<br />
Europe (CEE) haben einen leichten Vorsprung gegenüber<br />
„Rest-Eurpoa“. In „Süd-West-Europa (SWE) dagegen ist das<br />
Angebot an <strong>digital</strong>en Finanzdienstleistungen am schwächsten<br />
ausgeprägt.<br />
Strahlkraft und Konsequenz in Digitalisierungsstrategie<br />
fehlt<br />
Obwohl nahezu alle Institute an ihrer <strong>digital</strong>en Roadmap<br />
arbeiten, gelingt es derzeit nur 16 Prozent der Banken, ihre<br />
strategischen Überlegungen und die Vielzahl von Einzelinitiativen<br />
in einen konsistenten Umsetzungsplan zu überführen.<br />
Auch die konsequente Erfolgsmessung und Steuerung der<br />
Transformation über klar definierte KPI bleibt eine Herausforderung.<br />
Sie werden zwar in vielen Banken definiert, aber nur<br />
rudimentär zur Steuerung oder als Basis für die Incentivie-<br />
Digitale Performance europäischer Banken – Status quo<br />
Doch wo steht die <strong>digital</strong>e Transformation im Banking heute<br />
konkret? Wir haben über 100 Top-Entscheider europäischer<br />
Banken aus der DACH-Region, CEE und SWE um ihre Einschätzung<br />
zum Stand der <strong>digital</strong>en Transformation gebeten.<br />
Das klare Ergebnis: Unter den befragten Banken gibt es zurzeit<br />
keinen „Digital Leader“, der umfassend alle Facetten eines<br />
<strong>digital</strong>en Geschäftsmodells abdeckt › <strong>01</strong>. Vielmehr bewe-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 41<br />
<strong>01</strong> Verteilung des aggregierten Digital-Performance-Indicator (DPI)<br />
über alle Befragten<br />
Digital Leader<br />
Bank ist vollständig transformiert<br />
und etabliert Marktstandards<br />
Digital Player<br />
Digitale Transformation ist weitgehend<br />
abgeschlossen<br />
Digital Transformer<br />
Digitale Transformation ist in<br />
vollem Gange<br />
Digital Explorer<br />
Bank hat erste Schritte zur Transformation<br />
angestoßen<br />
Digital Resister<br />
Keine <strong>digital</strong>e Transformation<br />
erkennbar<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
50 Prozent der Teilnehmer haben<br />
einen DPI kleiner oder gleich 2,5<br />
0 25 50 75 100<br />
Kumulierte Verteilung (in Prozent)<br />
rung von Mitarbeitern und Managern genutzt. Mehr als zwei<br />
Drittel der Banken messen gar nicht.<br />
Im Vergleich zu 2<strong>01</strong>5 liegt Kooperationsbereitschaft deutlich<br />
im Trend. Alle befragten Institute sehen FinTechs als externe<br />
Partner, deren agile und kundenorientierte Ansätze die Weiterentwicklung<br />
der eigenen Geschäftsmodelle unterstützen<br />
können. Fast 90 Prozent der Banken sind grundsätzlich bereit<br />
für Kooperationen. Dies entspricht einer Verdreifachung im<br />
Vorjahresvergleich und wird mittelfristig in steigenden Fin-<br />
Tech-Kooperationen resultieren.<br />
Evolutionäre Digitalisierung im Geschäftsmodell<br />
Den Grundsatz „vom Kunden denken“ haben Banken mehrheitlich<br />
erkannt, jedoch nur in wenigen Fällen konsequent<br />
umgesetzt. Mehr als 50 Prozent der teilnehmenden Institute<br />
gaben an, sowohl Kundenbedürfnisse und -verhalten zu kennen<br />
als auch innovative Methoden, wie den Customer-Journey-Ansatz,<br />
zu testen. Dennoch erfolgt bei keinem Teilnehmer<br />
eine standardmäßige Einbeziehung von Kunden in die<br />
Produktentwicklung. Die Online-Verfügbarkeit von Bankleistungen<br />
fokussiert sich derzeit im Wesentlichen auf einfache<br />
Services wie Mobile Payment, Scan-to-pay und Kontenaggregation<br />
rund um die Produktfelder Konto und Zahlungsverkehr.<br />
Komplexere Bankprodukte sind bei der Mehrheit der<br />
befragten Institute ausschließlich offline abschließbar. Nur<br />
15 Prozent der Banken haben mindestens die Hälfte ihres<br />
Produktportfolios auf den Online-Abschluss ausgelegt. Sowohl<br />
die vollkommen <strong>digital</strong>e Beratung als auch friktionsfreie<br />
Wechsel zwischen Kanälen sind ebenfalls noch Zukunftsmusik.<br />
Der steigende Anteil <strong>digital</strong>er und hybrider Kunden von<br />
derzeit gut 50 Prozent auf rund 75 Prozent in 2020 wird den<br />
Druck auf die Transformationsgeschwindigkeit erhöhen.<br />
Umbau und Modernisierung von Prozessen und IT<br />
unerlässlich<br />
Um das dem Kunden gegebene „Online-Leistungsversprechen“<br />
einzulösen, sind moderne IT-Architekturen und<br />
weit gehend <strong>digital</strong>isierte und automatisierte Prozesse unerlässliche<br />
Voraussetzung. Insbesondere wenn neben Benutzerfreundlichkeit<br />
und hoher Leistungsverfügbarkeit aus<br />
Kundensicht auch die Effizienz der erbrachten Leistungen<br />
aus Banksicht ein wesentliche Rolle spielen soll. Die Befragung<br />
ergab, dass heutige Prozesse und IT nach Ansicht<br />
der Bankmanager grundsätzlich nicht auf neue, <strong>digital</strong>e Geschäftsmodelle<br />
ausgelegt sind. Monolithische IT-Architekturen<br />
dominieren, während nutzerzentrierte IT-Architekturen<br />
mit Echtzeit-Ausrichtung und offenen Wertschöpfungsstrukturen<br />
noch vielfach ein Zukunftsszenario sind. Ein geringer<br />
Automatisierungsgrad der Abwicklungsprozesse steht im<br />
Widerspruch zum Leistungsvermögen anderer Industrien,<br />
bei denen Real-time-Abwicklung und hohe Transparenz<br />
schon lange zum Standard zählen. Der Anteil End-to-End <strong>digital</strong>isierter<br />
Prozesse liegt über alle Produktkategorien deutlich<br />
unter 50 Prozent. Insbesondere komplexere Prozesse wie<br />
Baufinanzierungen und Ratenkredite zeigen Nachholbedarf<br />
und ungenutzte Effizienzpotenziale.
42<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
02 Überblick <strong>digital</strong>es Transformationsmodell<br />
Digital Mindset<br />
Standort Warm-up Strategie Roadmap<br />
lernen<br />
TrendScouting<br />
FinTech Screening<br />
Screening<br />
Gruppenlösungen<br />
Digital Maturity<br />
Check<br />
Einschätzung ihrer „Digital<br />
Maturity“ und Identifikation<br />
von Lücken<br />
Erleben<br />
Digitalen Alltag, <strong>digital</strong>e<br />
Geschäftsmodelle, FinTechs<br />
und Zukunftstechnologien<br />
verstehen und erleben<br />
Vision & Ambition<br />
Digitales Zielbild<br />
Digitale Prioritäten<br />
Digitales Programm<br />
Kreieren<br />
Produkte, Features, Services<br />
& Kundenreisen kundenzentriert<br />
und <strong>digital</strong> gestalten<br />
Prototypisch bauen<br />
Innovationen prototypisch<br />
bauen, mit Kunden testen Schnellboote und Quick wins<br />
und weiterentwickeln<br />
weiterentwickeln<br />
Evolutionäre Entwicklung<br />
Kooperationen/Ökosystem<br />
Greenfield<br />
bauen<br />
messen<br />
Kulturwandel und Entwicklung von „<strong>digital</strong>“ Leadership<br />
größte Herausforderung<br />
Größter Engpassfaktor ist aber nicht die technologische<br />
Weiterentwicklung, sondern die Bereitschaft und Kompetenz<br />
von Mitarbeitern und Führungskräften, die <strong>digital</strong>e<br />
Transformation anzugehen. Es fehlen das „Digital Mind<br />
Set“ und „Digital Leadership“. Nur bei 15 Prozent der befragten<br />
Institute verfügt mehr als die Hälfte der Mitarbeiter<br />
über ein entsprechendes gedankliches Grundgerüst.<br />
In rund 60 Prozent der Banken spielt Digitalisierung für<br />
Führungskräfte eine untergeordnete Rolle. Zwar experimentieren<br />
die Institute mit innovativen Arbeitsmethoden,<br />
ein flächendeckender Einsatz in relevanten Bereichen ist<br />
jedoch nicht zu beobachten. Bezogen auf Organisationsstrukturen<br />
dominieren nach wie vor klassische Ansätze.<br />
Eine bereichsübergreifende, kompetenzbasierte Zusammenarbeit<br />
findet nach Erkenntnissen der Studie nur in<br />
Ausnahmefällen statt.<br />
Digitale Transformationsroadmap – Gibt es einen<br />
Königsweg?<br />
Auf welche Art und Weise sollen Banken nun die Digitalisierung<br />
der eigenen Geschäftsmodelle vorantreiben? Antwort<br />
auf diese Frage kann ein <strong>digital</strong>es Transformationsmodell<br />
geben › 02. Dabei gibt es keinen Königsweg. Der Weg zum<br />
„Digital Leader“ ist ein iterativer Prozess, der regelmäßige<br />
Rückschau und Adjustierungen erfordert. Eine erfolgreiche<br />
<strong>digital</strong>e Transformation setzt deshalb am individuellen Reifegrad<br />
der Bank an. Diesen zu bestimmen und mögliche<br />
Lücken zu identifizieren, markiert deshalb auch den Startpunkt<br />
der Transformation. Der Status quo der Digitalisierung<br />
kann institutsspezifisch entlang der Dimensionen (1)<br />
Digitalisierungsstrategie, (2) Geschäftsmodell, (3) Daten<br />
& Prozesse und (4) Management & Organisation erhoben<br />
werden › 03. Der Vergleich mit anderen Instituten erleichtert<br />
die spätere Ableitung zielgerichteter Maßnahmen.<br />
Gleichzeitig muss institutsseitig das Bewusstsein und das<br />
Verständnis für <strong>digital</strong>e Trends und am Markt etablierte<br />
Best Practices des Finanzsektors geschaffen werden. Nur,<br />
wer den Markt und seine Lösungen kennt, kann diese bei<br />
der eigenen Zielbilddefinition berücksichtigen.<br />
Im zweiten Schritt – der Warm-up-Phase – liegt der Fokus<br />
darauf, den <strong>digital</strong>en Wandel für die Entscheidungsträger<br />
eines Instituts erlebbar zu machen. Nur wenn das Management<br />
selbst den <strong>digital</strong>en Alltag eines Kunden, <strong>digital</strong>e<br />
Geschäftsmodelle und Zukunftstechnologien sowie<br />
„Begeisterungsfaktoren“ verstehen und nachempfinden<br />
kann, besteht Bewusstsein für die Notwendigkeit der <strong>digital</strong>en<br />
Transformation des eigenen Instituts. Auf Basis dieser<br />
Erkenntnisse werden <strong>digital</strong>e Produkte, Features und<br />
Kundenreisen erstellt sowie erste Prototypen zur Lösung<br />
von Kundenproblemen kreiert und exemplarisch getestet.<br />
Schritt drei befasst sich mit der künftigen Unternehmensstrategie:<br />
Was sind Vision und Ambitionsniveau des Instituts<br />
für den <strong>digital</strong>en Wandel? Auf dieser Basis ist es möglich,<br />
ein Zielbild für die <strong>digital</strong>e Transformation zu erstellen
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 43<br />
03 Vier Dimensionen des <strong>digital</strong>en Reifegradmodells<br />
Digitalisierungsstrategie<br />
Marktintelligenz & Strategische Analyse<br />
Beobachtung und Bewertung von Trends zu Angebot,<br />
Kundenverhalten, Technologie und Innovation als Strategiegrundlage<br />
Strategische Ziele & Steuerung<br />
Digitale KPIs – Definition & Tracking<br />
Digitale Transformation & Change<br />
Transformationsansatz | Digitales Ökosystem |<br />
M&A & Budget<br />
Strategieentwicklung & -Umsetzung<br />
Digitale Agenda – strategische Initiativen und<br />
Verantwortlichkeiten<br />
Digitale<br />
Geschäftsmodell<br />
Kunden(Erlebnis)Management<br />
Kundenverständnis | Nutzung von relevanten Personas |<br />
Kundenreisen<br />
Angebotsmanagement<br />
Digitales Service-/Produktangebot | Online-Abschlussfähigkeit |<br />
Einbindung Dritter<br />
Zugangsmanagement<br />
Digitaler Beratungsprozess | Mobile-first-Optimierung |<br />
Friktionsfreier Kanalwechsel<br />
Marketing & Kommunikation<br />
Individualisiertes Marketing auf Basis Big Data |<br />
Suchmaschinenwerbung und -optimierung<br />
Prozesse, Daten & IT<br />
Prozesse<br />
End-to-End-Optimierung | Modulare Prozessarchitektur |<br />
Mobile-first-Prozessdesign<br />
Datenmangagement<br />
Einheitliche und verknüpfte Datenformate und -systeme<br />
IT<br />
Agile & skalierbare Architektur | API-Schnittstelle bzw.<br />
Integrationsschicht | Verknüpfung Kanäle und Zugangswege<br />
Bank<br />
Management & Organisation<br />
Kultur<br />
Digitale Mitarbeiterkompetenz |<br />
Ausrichtung der internen Kultur<br />
Führung<br />
Führungskräfte als <strong>digital</strong>er Leader<br />
Organisation<br />
Agile Arbeitsmethoden | Kompetenzbasierte<br />
Zusammenarbeitsmodelle<br />
und erste Sofort-Maßnahmen auf Ertrags- oder Kostenseite<br />
zu verabschieden. Mögliche Schnellboote könnten beispielsweise<br />
die Entwicklung einer App zur Lösung eines<br />
spezifischen Kundenproblems oder die Automatisierung<br />
eines manuellen Prozesses mittels Robotics sein.<br />
In der letzten Phase des Transformationsmodells werden<br />
künftige Maßnahmen, die auf das definierte <strong>digital</strong>e Zielbild<br />
einzahlen, priorisiert. Gleichzeitig muss das Management<br />
des Instituts die Entscheidung treffen, wie das künftige<br />
Zielbild erreicht werden soll. Eine Möglichkeit wäre<br />
die evolutionäre Weiterentwicklung und Optimierung<br />
des bestehenden, eigenen Geschäftsmodells. Diese ist<br />
aber erfahrungsgemäß durch eine geringe Innovationsgeschwindigkeit<br />
„inhouse“ limitiert. Anders der Greenfield-<br />
Ansatz: Unabhängig vom bereits bestehenden Geschäft<br />
kann eine völlig neue <strong>digital</strong>e und kundenzentrierte Bank<br />
aufgebaut werden. Im Vergleich zum evolutionären Ansatz<br />
bietet sich so ungeahnter Gestaltungsspielraum. Nachteil<br />
ist, dass das Institut zunächst „doppelt“ zahlt – einerseits<br />
für das bereits laufende Kerngeschäft und andererseits<br />
für die sich im Aufbau befindliche neue Bank, die möglicherweise<br />
erst nach Abschluss der Aufbauphase Erträge<br />
generiert.<br />
Autoren<br />
Dr. André Ehlerding ist Partner und Director, Mathias Gans ist<br />
Senior Manager, Cornelius Balzer ist Consultant bei zeb.<br />
Fazit<br />
Die Digitalisierung der europäischen Banken schreitet<br />
voran – es könnte aber schneller und zielgerichteter<br />
gehen. Die Branche ist noch weit davon entfernt,<br />
den Anschluss an die <strong>digital</strong>e Transformation zu finden.<br />
Neben klassischen Themen wie Prozessen,<br />
Daten und IT kann vor allem ein kultureller und führungsbezogener<br />
Handlungsbedarf konstatiert werden.<br />
Die notwendigen Veränderungen erfordern<br />
Manager mit <strong>digital</strong>em Mindset und ausgeprägten<br />
Change-Management-Kompetenzen, um die Transformation<br />
voranzutreiben und die Mitarbeiter für ihre<br />
neuen Aufgaben zu begeistern. Gelingt es nicht, diesen<br />
wichtigen Enabler der <strong>digital</strong>en Transformation<br />
zu stärken, werden die Banken die erforderliche Veränderungsgeschwindigkeit<br />
und Radikalität im Denken<br />
in der eigenen Kernorganisation nicht erreichen.
44<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Video-Identif izierung<br />
und eSignatur<br />
Veränderte Kundenerwartungen und neue technische sowie rechtliche Möglichkeiten<br />
führen auch im Client-Onboarding von Privatkunden zu einem Digitalisierungsdruck.<br />
Im Hinblick auf die Kundenidentifizierung lohnt es sich deshalb, das Video-Ident-Verfahren<br />
und die qualifizierte elektronische Signatur (QES) sowie deren regulatorischen<br />
Rahmen zu beleuchten.<br />
Der Prozess der Kunden- oder Kontoeröffnung, das sogenannte<br />
Client Onboarding, ist ein zentraler Prozess im<br />
(Private) Banking und dient der Erhebung wesentlicher<br />
Kundendaten für die Geschäftsbeziehung. Darüber hinaus<br />
ist er ein stark regulatorisch geprägter Vorgang, u. a. im<br />
Hinblick auf die Vorschriften zur Terrorismusfinanzierung<br />
und zur Geldwäsche. Es gibt verschiedene Definitionsansätze<br />
für den Client-Onboarding-Prozess, deren Kern<br />
im Allgemeinen die Initialisierung und Dokumentation einer<br />
neuen Kundenbeziehung unter Berücksichtigung von<br />
Know-Your-Client (KYC)- und Anti-Money-Laundering (AML)-<br />
Prinzipien sowie die Erstellung eines Risikoprofils und die<br />
Geeignetheitsprüfung bilden. Im Rahmen der Erhebung der<br />
KYC-relevanten Daten spielt natürlich die Feststellung und<br />
Dokumentation der Kundenidentität eine zentrale Rolle.<br />
Video-Ident-Verfahren<br />
Neben der klassischen Kontoeröffnung in einer Filiale war<br />
lange Zeit das Post-Ident-Verfahren ein bequemes Mittel zur<br />
Kundenidentifikation. Mittlerweile jedoch wird es mehr und<br />
mehr durch das Video-Ident-Verfahren abgelöst, mit dessen<br />
Hilfe es inzwischen möglich ist, eine Kontoeröffnung<br />
durchzuführen, ohne das Haus zu verlassen. Technische Voraussetzungen<br />
sind wahlweise ein Smartphone, Tablet oder<br />
Computer mit (integrierter) Webcam sowie Zugang zum Internet<br />
mit dem entsprechenden Gerät.<br />
Der Kunde verbindet sich per Klick mit einem speziell geschulten<br />
Mitarbeiter entweder der Bank oder eines externen<br />
Dienstleisters wie etwa IDnow oder der Deutschen<br />
Post. Mit Zustimmung des Kunden werden Fotos von diesem<br />
und seinem Ausweisdokument gemacht und das Gespräch<br />
mitgeschnitten. Außerdem werden verschiedene Sicherheitsmerkmale<br />
des Ausweises überprüft. Bei positivem<br />
Ergebnis wird dem Kunden ein Freigabecode per SMS oder<br />
E-Mail übermittelt. Eine Dokumentation im PDF-Format<br />
wird zur Ablage erstellt und die nötigen Daten parallel an<br />
das CRM-System der Bank übertragen.<br />
Qualifizierte elektronische Signatur (QES)<br />
Eine weitere Möglichkeit, sich vollkommen elektronisch<br />
zu identifizieren, ist die qualifizierte elektronische Signatur<br />
(QES). Hierbei muss der Kunde sich bei einem Vertrauensdiensteanbieter<br />
(VDA) identifizieren lassen (z. B. einmalig<br />
per Post-Ident-Verfahren). Der VDA stellt dem Kunden ein<br />
elektronisches Zertifikat aus, welches einen öffentlichen<br />
Signaturprüfschlüssel enthält und diesen mit den persönlichen<br />
Daten des Kunden verbindet.<br />
Der private Schlüssel darf hierbei ausschließlich in einer<br />
sogenannten sicheren Signaturerstellungseinheit (SSEE)<br />
gespeichert sein. In der Praxis wird das über eine Signaturkarte<br />
realisiert, die dem Kunden ausgehändigt wird. Um<br />
das Verfahren anwenden zu können, braucht der Kunde ein<br />
Chipkartenlesegerät, eine Signatursoftware sowie eine Signatur-PIN.<br />
Die Anschaffung zusätzlicher Hardware und die<br />
fehlende Benutzerfreundlichkeit führten bislang dazu, dass<br />
das Verfahren beim Kunden kaum akzeptiert ist. Daran hat<br />
auch die Einführung des elektronischen Personalausweises<br />
im Jahr 2<strong>01</strong>0 wenig geändert. Dieser kann gleichzeitig als Si-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 45<br />
gnaturkarte dienen. Allerdings muss zur Nutzung trotzdem<br />
noch ein Zertifikat bei einem VDA beantragt und auf den<br />
Ausweis geladen werden.<br />
« Die Digitalisierung<br />
hält gerade Einzug<br />
im Kernbereich des<br />
Client Onboarding,<br />
der Kundenidentifizierung.<br />
»<br />
Nach 20 Jahren Schattendasein der QES in Deutschland<br />
könnte nun bald die eIDAS-Verordnung der EU der QES<br />
zum Durchbruch verhelfen. Der Besitz einer Signaturkarte<br />
zur Speicherung des privaten Schlüssels ist demnach nicht<br />
mehr erforderlich. Stattdessen darf der private Schlüssel<br />
nun auch in einer SSEE in Form eines speziell zertifizierten<br />
Hardwaremoduls auf dem Server des VDA gespeichert werden,<br />
nur der Auslösemechanismus für die QES muss beim<br />
Berechtigten verbleiben. Interessant ist auch, dass die erstmalige<br />
Identifizierung für eine QES mittlerweile per Video-<br />
Ident-Verfahren durchgeführt werden kann und z. B. von<br />
IDnow aus einer Hand angeboten wird.<br />
Regulatorik zur Video-Identifizierung<br />
Die Online-Legitimierung von Neukunden ist grundsätzlich<br />
durch die sog. Fernlegitimierung unter Berücksichtigung verstärkter<br />
Sorgfaltspflichten (§6 Abs. 2 Nr. 2 GwG) und unter<br />
bestimmten Voraussetzungen gestattet. Diese Voraussetzungen<br />
wurden 2<strong>01</strong>4 im BaFin-Rundschreiben 1/2<strong>01</strong>4 teilweise<br />
konkretisiert, ließen aber auch einige Fragestellungen<br />
unbeantwortet, wie insbesondere im Schreiben des BfDI<br />
(Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit)<br />
vom 02. Mai 2<strong>01</strong>4 angemerkt wurde.<br />
Am 31. Mai 2<strong>01</strong>6 hat dann die BaFin ein überarbeitetes und<br />
in den Maßgaben verschärftes „Rundschreiben 04/2<strong>01</strong>6<br />
(GW) zu Videoidentifizierungsverfahren“ zunächst auf ihrer<br />
Webseite veröffentlicht, anschließend vorübergehend zurückgenommen<br />
und am 10. Juni 2<strong>01</strong>6 inhaltlich fast unverändert<br />
erneut publiziert. Nur wenige Wochen später wurde<br />
es per Verlautbarung vom 12. Juli 2<strong>01</strong>6 bis Jahresende 2<strong>01</strong>6<br />
ausgesetzt, sodass weiterhin das BaFin-Rundschreiben von<br />
2<strong>01</strong>4 zu beachten war.<br />
Am 10. April 2<strong>01</strong>7 veröffentlichte die BaFin das „Rundschreiben<br />
3/2<strong>01</strong>7 (GW) – Videoidentifizierungsverfahren“, das am<br />
15. Juni 2<strong>01</strong>7 in Kraft tritt. Es ersetzt das Rundschreiben aus<br />
2<strong>01</strong>4 und hebt das Rundschreiben aus 2<strong>01</strong>6 endgültig auf.
46<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Video-Identifizierung in Österreich und der Schweiz<br />
In der Schweiz wird das Thema <strong>digital</strong>e Kundenidentifikation<br />
im FINMA-Rundschreiben 2<strong>01</strong>6/7 vom 18. März 2<strong>01</strong>6<br />
geregelt. In diesem Rundschreiben werden die eigentliche<br />
Video-Identifikation und die Online-Identifikation, etwa mittels<br />
elektronisch erstellter Kopien von Identifizierungsdokumenten,<br />
beschrieben. Daneben wird auch auf die Erklärung<br />
über die wirtschaftliche Berechtigung eingegangen.<br />
Wie auch in Deutschland sind in der Schweiz bei der <strong>digital</strong>en<br />
Kundeninteraktion erhöhte Sorgfaltspflichten zu beachten,<br />
wobei die Vorgaben bzgl. zu überprüfender Angaben<br />
des Kunden, Gesprächsinhalt sowie der konkreten Identifizierung<br />
etwas weniger scharf definiert sind als in Deutschland.<br />
Insgesamt sind die Anforderungen in der Schweiz<br />
und in Deutschland aber sehr ähnlich.<br />
In Österreich ist das Video-Ident-Verfahren seit Anfang<br />
Januar 2<strong>01</strong>7 von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA)<br />
genehmigt, wobei die zu beachtenden Voraussetzungen in<br />
der Online-Identifikationsverordnung (Online-IDV) geregelt<br />
sind. Eine Besonderheit in Österreich ist, dass neben Reisepass<br />
und Personalausweis auch der Führerschein für die<br />
Online-Identifizierung zugelassen ist.<br />
Regulatorik zur Qualifizierten Elektronischen Signatur<br />
Die rechtlichen Möglichkeiten für die Benutzung einer QES<br />
wurden in Deutschland bereits vor etwa 20 Jahren mittels<br />
des Signaturgesetzes (SigG) geschaffen, welches in seiner<br />
ersten Version schon 1997 in Kraft trat und nach Überarbeitung<br />
aufgrund des Erlasses der Europäischen Signaturrichtlinie<br />
1999/93/EG im Jahr 20<strong>01</strong> erneuert wurde. Ergänzt wird<br />
das SigG durch die Signaturverordnung (SigV), die Anforderungen<br />
an die Zertifizierungsdiensteanbieter (ZDA) sowie an<br />
die bei der Zertifikats- und Signaturerstellung einzusetzenden<br />
Produkte und Verfahren enthält. Das SigG unterlag über<br />
die Jahre verschiedenen redaktionellen Änderungen, jedoch<br />
änderten sich die Regelungen zur QES seit 20<strong>01</strong> nicht grundlegend.<br />
Seit 1. Juli 2<strong>01</strong>6 gilt die eIDAS-Verordnung der EU<br />
(Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste<br />
für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt).<br />
Sie ersetzt die oben genannte Signaturrichtlinie 1999/93/EG<br />
und gilt als Verordnung unmittelbar in allen EU-Staaten. Die<br />
eIDAS-Verordnung regelt nicht nur die elektronische Signatur,<br />
sondern auch weitere elektronische Vertrauensdienste<br />
wie elektronisches Siegel (eine Art Signatur für juristische<br />
Personen), elektronischer Zustelldienst, elektronischer Zeitstempel<br />
und Webseitenauthentifizierung. Zuständige Aufsichtsbehörde<br />
für die verschiedenen Vertrauensdienste ist<br />
die BNetzA, mit Ausnahme der Webseitenauthentifizierung<br />
– hier ist das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik)<br />
zuständig.<br />
SigG und SigV bleiben für eine Übergangszeit bis zum <strong>01</strong>. Juli<br />
2<strong>01</strong>7 weiterhin anwendbar, soweit sie eIDAS-konform sind,<br />
sollen allerdings durch das Vertrauensdienstegesetz (VDG)<br />
abgelöst werden. Das Bundeskabinett hat am 29. März 2<strong>01</strong>7<br />
das Gesetz zur Durchführung der eIDAS-Verordnung der EU<br />
verabschiedet, dessen Herzstück das VDG ist. Aspekte, die<br />
in der EU-Verordnung schon hinreichend präzise geregelt<br />
sind, werden im VDG nicht mehr aufgegriffen – es ergänzt<br />
und konkretisiert die Verordnung nur. Die eIDAS-Verordnung<br />
schafft insbesondere EU-weit einheitliche Standards für die<br />
QES. Allerdings sind die EU-Staaten erst ab dem 18. September<br />
2<strong>01</strong>8 zur gegenseitigen Anerkennung der elektronischen<br />
Identifizierungssysteme verpflichtet. Dazu muss der<br />
jeweilige EU-Staat seine nationalen Identifizierungssysteme<br />
bei der EU-Kommission anmelden und von dieser bestätigen<br />
lassen, dass sie eIDAS-konform sind (Notifizierung).<br />
Deutschland hat am 20. Februar 2<strong>01</strong>7 die Notifizierung der<br />
eID-Funktion des deutschen Personalausweises gemäß Artikel<br />
9 der eIDAS-Verordnung eingeleitet. Parallel wurde am
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 47<br />
22. Februar 2<strong>01</strong>7 ein Gesetzentwurf (Drucksache 18/11279)<br />
veröffentlicht, der das Ziel verfolgt, die weitere Verbreitung<br />
der eID-Funktion des Personalausweises im Einklang mit der<br />
eIDAS-Verordnung zu fördern, auch wenn mittlerweitle QES-<br />
Verfahren ohne Signaturkarte zulässig sind.<br />
QES in Österreich und der Schweiz<br />
Im EU-Land Österreich ist die rechtliche Situation der QES<br />
grundsätzlich ähnlich zu der in Deutschland, wobei dieses<br />
jedoch in der Umsetzung der rechtlichen und technischen<br />
Möglichkeiten etwas schneller zu sein scheint. Das sogenannte<br />
E-Government-Gesetz trat bereits 2004 in Kraft und<br />
ermöglicht die Nutzung einer sogenannten Bürgerkarte mit<br />
sicherer elektronischer Signatur (entspricht der QES) für die<br />
Teilnahme an elektronischen Verwaltungsverfahren.<br />
Die Bürgerkarte ist ein technologisches System, das beispielsweise<br />
auf Sozialversicherungskarten und Bankkarten<br />
aktiviert werden kann. Sie erfordert allerdings nicht zwingend<br />
die Form einer Chip-Karte, sondern kann auch auf dem Mobiltelefon<br />
realisiert werden. Sie ist dabei mittels eines PIN-<br />
TAN-Verfahrens an eine Mobiltelefonnummer gekoppelt.<br />
Diese österreichische Variante der Handy-Signatur besteht<br />
in dieser Form seit 2009 und hat in der Bevölkerung trotz<br />
Sicherheitsbedenken mittlerweile weite Verbreitung gefunden.<br />
Das E-Government-Gesetz wurde zuletzt zum 1. Juli<br />
2<strong>01</strong>6 geändert, um das Inkrafttreten der eIDAS-Verordnung<br />
zu berücksichtigen. Die QES in der Schweiz ist durch das<br />
Bundesgesetz über Zertifizierungsdienste im Bereich der<br />
elektronischen Signatur (ZertES) sowie durch die zugehörige<br />
Verordnung VZertES geregelt. Das Obligationenrecht (OR)<br />
sieht eine Gleichstellung von ZertES-konformer elektronischer<br />
Signatur und Handunterschrift im Bereich gesetzlicher<br />
Formvorschriften sowie eine Haftung des Inhabers des Signierschlüssels<br />
für den sorgfältigen Umgang mit dem Schlüssel<br />
vor. Die entsprechenden Regelungen sind am 1. Januar<br />
2005 in Kraft getreten. Das Schweizer Recht erfordert eine<br />
Akkreditierung der ZDA durch die Schweizer Anerkennungsstelle,<br />
damit die Signatur Rechtwirksamkeit erlangt, während<br />
die EU-Signaturrichtlinie nur eine gesetzeskonforme Signatur<br />
voraussetzt und die Akkreditierung freiwillig bleibt<br />
Digitales Client Onboarding bei Privatbanken<br />
Das Client Onboarding im Private Banking für vermögende<br />
Kunden unterscheidet sich bzgl. der gesetzlichen Vorgaben<br />
zwar nicht grundsätzlich von der Neukundenaufnahme im<br />
Retailgeschäft, allerdings ist der Prozess aufgrund komplexer<br />
Vermögensverhältnisse und ggf. Firmenstrukturen deutlich<br />
aufwendiger und zeitintensiver. Das Übertragen der Vermögenswerte<br />
auf Konten und Depots des neuen Geldhauses,<br />
die Erteilung und Bestätigung von Vollmachten etc. können<br />
sich bei anspruchsvollen Kunden mit komplexer Vermögensstruktur<br />
nicht selten über Wochen hinziehen. Vor diesem<br />
Hintergrund spielt das Thema Digitalisierung (etwa über ein<br />
Video-Ident-Verfahren) im klassischen Private Banking zumindest<br />
im Client Onboarding keine besonders prägnante Rolle.<br />
Auch aus regulatorischer Sicht scheint ein rein <strong>digital</strong>er, vollumfänglicher<br />
Client-Onboarding-Prozess (im Hinblick z. B.<br />
auf Vollmachten, Beglaubigungen etc.) für Kunden mit einer<br />
komplexen Vermögensstruktur bzw. Hoch-Risiko-Kunden<br />
nicht oder nur schwer darstellbar. So gehen etwa die Anforderungen<br />
des Baseler Papiers 353 in Anhang 4 abhängig von<br />
der Risikokategorie des Kunden so weit, dass sogar Hausbesuche<br />
zur Verifikation des Wohnorts bzw. der angegebenen<br />
Adresse notwendig sein können. Fraglich ist auch, ob sich<br />
der klassische Private-Banking-Kunde von einer Privatbank<br />
nicht eher Eigenschaften wie Individualität, Exklusivität sowie<br />
Diskretion und Exzellenz erwartet und der <strong>digital</strong>e Leistungsumfang<br />
zumindest für einen Großteil der aktuell bestehenden<br />
Private-Banking-Kunden eher eine untergeordnete<br />
Rolle spielt. Für die zukünftigen und teilweise auch schon die<br />
jetzige Kundengeneration gilt dies allerdings nicht mehr. Bereits<br />
die heutige Neukundengeneration hat durch den hohen<br />
Technisierungs- und Digitalisierungsgrad vieler Alltagsbereiche<br />
eine andere Erwartungshaltung auch bezüglich der Bankdienstleistungen.<br />
Autoren<br />
Dominik Dell und Dr. Ulrich Lechner sind Manager,<br />
Jörg R. Walter ist Senior Manager bei der d-fine GmbH,<br />
Frankfurt am Main.<br />
Fazit<br />
Die Digitalisierung hält gerade Einzug im Kernbereich<br />
des Client Onboarding, der Kundenidentifizierung.<br />
Dabei ist das Video-Ident-Verfahren bei einigen Häusern<br />
trotz der vor April 2<strong>01</strong>7 noch nicht stabilen<br />
Rechtslage schon im Einsatz. Die rechtlich schon lange<br />
bestehende QES hat durch die eIDAS-Verordnung<br />
an Fahrt gewonnen. Ein breiter EU-weiter Einsatz der<br />
QES zeichnet sich ab. Banken sollten sich beider Themen<br />
annehmen und diese, soweit noch nicht geschehen,<br />
zeitnah umsetzen, um sich bei der Kundengewinnung<br />
nicht von einer Kundengruppe völlig abzukoppeln,<br />
sondern ihr Angebot auf allen Kanälen ohne<br />
Medienbrüche zugänglich machen.
48<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Über alle Kanäle<br />
Das Bankgeschäft war einmal ein Vorreiter beim Einsatz von Informationstechnologie:<br />
Großbanken gehörten zu den Stammkunden von IBM & Co. bei der Anschaffung<br />
der größten und leistungsstärksten Rechner. Heute zählt die Kreditwirtschaft nicht<br />
mehr zur IT-Avantgarde. Einige Finanzinstitute müssen aufpassen, dass sie den Zug<br />
in Richtung Digitalisierung nicht verpassen.<br />
Zwischen 2003 und 2<strong>01</strong>5 ist die Zahl der Kreditinstitute in<br />
Deutschland vor allem durch Fusionen und Insolvenzen von<br />
2.3<strong>01</strong> auf 1.960 zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum wurden<br />
bundesweit 6.628 Filialen geschlossen. Die Banken<br />
haben durch Ausdünnung des Filialnetzes und kontinuierlichen<br />
Ausbau ihrer Online-Angebote die Kunden in die Self-<br />
Service-Welt des Online Bankings getrieben. Die Kunden<br />
nutzen das neue Angebot intensiv und besuchen nur noch<br />
selten die noch vorhandene Filiale, da den meisten Kunden<br />
dort offensichtlich der individuelle Nutzen als Anreiz für ein<br />
Beratungsgespräch vor Ort fehlt.<br />
Viele Kunden fragen sich, wozu sie eigentlich noch eine Bank<br />
benötigen, wenn sie ihre Transaktionen ohnehin selbst tätigen.<br />
Es kann deshalb kaum verwundern, dass sich jeder<br />
Dritte heute vorstellen kann, mit seinen Bankgeschäften zu<br />
Google, Amazon oder Facebook zu wechseln, sofern diese<br />
Unternehmen entsprechende Services anbieten. Zum Glück<br />
für die Finanzbranche ist das noch nicht der Fall.<br />
Omnichannel löst Multichannel ab<br />
Die Banken haben bereits in den 1990er Jahren gelernt,<br />
dass sie ihren Kunden verschiedene Vertriebswege anbieten<br />
sollten, um alle Präferenzen abzudecken. Das umfasste<br />
die klassische Filiale, Internet-Banking, Telefon-Banking<br />
via Call-Center und auch mobile Lösungen für das Smartphone.<br />
Allerdings waren diese Kanäle voneinander getrennt,<br />
und die Daten liefen oft erst im Backend-System<br />
wieder zusammen. Damit war ein Wechsel des Kanals<br />
bei einem laufenden Prozess, das sogenannte Channel-<br />
Hopping, nicht möglich. Die Institute gingen bei ihren Multichannel-Kunden<br />
davon aus, dass diese das Internet vor<br />
allem für Information und Überweisung nutzen, bei komplexeren<br />
Produkten und dem Wunsch nach Beratung aber<br />
bevorzugt die Filiale aufsuchen. In der Realität nutzen aber<br />
mehr als die Hälfte der Kunden im Vertriebsprozess mehrere<br />
Kanäle. Dabei sind es im Retailgeschäft vor allem die gut<br />
verdienenden – und damit lukrativen – Kunden, die mehrere<br />
Kanäle nutzen. Um einen nahtlosen Übergang zwischen<br />
den verschiedenen Vertriebskanälen zu realisieren, haben<br />
viele Banken daher den Multichannel- zum Omnichannel-<br />
Ansatz weiterentwickelt.<br />
Dabei sollen alle Kanäle so vernetzt werden, dass an jedem<br />
Punkt im Vertriebsprozess ein reibungsloser Wechsel<br />
der Plattform möglich ist. So kann beispielsweise ein Beratungsgespräch<br />
in der Filiale punktgenau an das anknüpfen,<br />
was der Kunde zuvor auf dem Smartphone beantwortet<br />
hat. Oder eine Transaktion kann nach telefonischer Beratung<br />
auf dem Tablet vervollständigt werden. Alternativ beginnt<br />
ein Kunde abends mit dem Handy auf dem Sofa eine<br />
Kontoeröffnung und schließt den Antrag am nächsten Morgen<br />
am Arbeitsplatzrechner ab. Das Marketing spricht in<br />
diesem Zusammenhang von der „Customer Journey”, die<br />
sich zu jedem Zeitpunkt an den individuellen Bedürfnissen<br />
des Kunden ausrichten sollte.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 49<br />
Fünf Gründe für einen Omnichannel-Ansatz<br />
Für einen Omnichannel-Ansatz bei der Kundenansprache<br />
sprechen zusammengefasst fünf Gründe:<br />
1.<br />
Wenn Kunden Informationen zu Finanzprodukten suchen,<br />
ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies auf der<br />
Webseite der Bank online erledigen, doppelt so hoch<br />
wie der Besuch in einer Filiale. Wenn die Kunden online<br />
nach Informationen suchen, ist es wichtig, dass<br />
auch der Vertriebsprozess <strong>digital</strong> ist.<br />
2.<br />
Interaktionen zwischen Bank und Kunden finden immer<br />
seltener in der Filiale statt: Mehr als 50 Prozent<br />
der Banktransaktionen erfolgen über virtuelle Kanäle.<br />
Bankprodukte müssen demnach online und über mobile<br />
Endgeräte zugänglich sein und nicht nur in Filialen<br />
oder am Geldautomaten.<br />
3.<br />
Die Banken haben verstanden, dass ihre Kunden online<br />
recherchieren und am liebsten virtuell mit ihrer<br />
Bank interagieren. Dennoch wird die Mehrheit der<br />
Konten immer noch in einer Filiale eröffnet. Das entspricht<br />
sicher nicht dem Wunsch der Kunden, sondern<br />
spiegelt eher wider, wie kompliziert eine Online-Kontoeröffnung<br />
oft noch immer ist.<br />
4.<br />
Banken verpassen den <strong>digital</strong>en Vertrieb: Nur 40 Prozent<br />
der Banken haben Ziele für den <strong>digital</strong>en Vertrieb<br />
formuliert. Davon gaben 82 Prozent an, dass sie unter<br />
den Zielen für den Online-Vertrieb liegen. Das zeigt,<br />
dass die Banken noch deutlichen Nachholbedarf bei<br />
der Optimierung ihrer Initiativen zum <strong>digital</strong>en Vertrieb<br />
haben.<br />
5.<br />
Nur 50 Prozent der Banken haken bei unvollständigen<br />
Anträgen in irgendeiner Form nach, und nur eine von<br />
vier Banken ist überhaupt in der Lage, Anträge über<br />
mehrere Kanäle nachzuverfolgen, etwa wenn ein Prozess<br />
online begonnen und in der Filiale abgeschlossen<br />
wird. Das deutet darauf hin, dass die meisten Banken<br />
nicht imstande sind, zu quantifizieren, wie groß das<br />
Problem mit Abbrüchen ist.<br />
Onboarding – die Königsdisziplin<br />
Die genannten Probleme bestehen nicht nur bei Bestandskunden,<br />
sondern sie betreffen in erheblichem Umfang auch<br />
die Neukundenakquise. Vor allem Defizite im Onboarding-<br />
Prozess führen zu verlorenen Abschlüssen und damit zu verlorenem<br />
Umsatz. Das liegt primär darin begründet, dass bei<br />
Problemen im Prozess der Wettbewerb für den Kunden nur<br />
wenige Mausklicks entfernt ist. Der derzeitige Onboarding-<br />
Prozess wird den Kundenanforderungen im „Age of the<br />
Customer” nicht gerecht. Der gesamte Vertriebsprozess<br />
einschließlich des Onboardings muss deutlich stärker auf<br />
die Belange der Kunden zugeschnitten werden und darf<br />
keine unnötigen technischen Restriktionen oder Einschränkungen<br />
mitbringen. Innovative Unternehmen wie die deutsche<br />
N26-Bank zeigen hier, wie ein komplett <strong>digital</strong>isierter<br />
Prozess in kürzester Zeit zu einem neuen Konto führt.<br />
Positiver Trend und großer Optimierungsbedarf<br />
Im Rahmen einer aktuellen Avoka-Studie wurde die Qualität<br />
und Quantität der <strong>digital</strong>en Angebote von Banken in<br />
Form einer Matrix abgebildet. Das Ergebnis: Die Mehrheit<br />
der Banken in Europa und Nordamerika fällt in die Kategorie<br />
der am schlechtesten auf die Digitalisierung vorbereiteten<br />
Institute – die <strong>digital</strong>en „Under-Achiever”, wobei einige<br />
so sehr an ihren alten Systemen festhalten, dass sie halb<br />
im Scherz als „Legacy Lover” bezeichnet werden, die treu<br />
zu ihrem alten Eisen stehen. Die Top-Kategorie „Digitales<br />
gelobtes Land” wird erstaunlicherweise von sechs australischen<br />
Banken dominiert. Der Erhebung zufolge bleibt bei<br />
vielen Banken auch die mobile Online-Funktionalität gegenüber<br />
der Desktop-Version zurück, dabei zeigen die Banken<br />
in Nordamerika den geringsten Grad an mobiler Innovation.<br />
Bei der Neukundengewinnung für private Bankprodukte<br />
hat es jedoch deutliche Fortschritte gegeben. 42 Prozent<br />
der Produkte lassen sich auf einem mobilen Gerät öffnen,<br />
gegenüber 31 Prozent im Jahr 2<strong>01</strong>6.<br />
Autor<br />
Christian Brüseke ist General Manager für die<br />
DACH-Region bei Avoka Technologies.<br />
Fazit<br />
Offenbar haben die Banken die Zeichen der Zeit<br />
erkannt, die Tendenz ist positiv. Gleichwohl hat die<br />
Branche beim Thema Omnichannel noch immer<br />
Nachholbedarf. Sofern es den Instituten nicht gelingt,<br />
ihren Kunden zufriedenstellende <strong>digital</strong>e Angebote<br />
zur Verfügung zu stellen, werden es andere tun. Die<br />
meisten Kunden sehen das mittlerweile leidenschaftslos.
50<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Invest-Tech:<br />
Durchgängig <strong>digital</strong><br />
Früher oder später wird jede Investmententscheidung <strong>digital</strong> getroffen.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer eAsset Manager SpeedLab und<br />
der Privatbank Donner & Reuschel zeigt aber, wie weit die Digitalisierung im<br />
Bankensektor heute schon fortgeschritten ist.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 51<br />
Schafft sich Donner & Reuschel selbst ab – zumindest<br />
in der Sparte Asset Management? Auf den ersten Blick<br />
könnte dieser Gedanke aufkommen, wenn sich ein so<br />
tradi tionsreiches Bankhaus mit dem 2<strong>01</strong>4 gegründeten<br />
FinTech-Unternehmen SpeedLab zusammentut. Seit die<br />
Privatbank mit dem <strong>digital</strong>en eAsset Manager als einer der<br />
Pioniere in der Branche eine Kooperation vereinbart hat,<br />
arbeiten die Partner gemeinsam an Produkten für verschiedene<br />
Anlageklassen. Dieser Schritt passt genau ins Bild<br />
einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Roland<br />
Berger, in deren Rahmen 248 FinTech-Unternehmen aus<br />
18 Ländern zum Verhältnis zwischen traditionellen Banken<br />
und den noch sehr jungen Neulingen in der Finanzbranche<br />
befragt wurden – davon knapp 90 aus der DACH-Region. 1<br />
Danach glauben 66 Prozent der Befragten nicht daran, dass<br />
FinTechs die klassischen Anbieter verdrängen werden. Im<br />
Gegenteil, eine Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten<br />
wird nach dieser Einschätzung zum vorherrschenden Modell.<br />
Dabei ist die Kooperation die bevorzugte Form der Zusammenarbeit<br />
– auch, um von der Stärke etablierter, vertrauenswürdiger<br />
Marken zu profitieren und einen Zugang<br />
zum Markt zu bekommen, der sonst nur sehr aufwändig<br />
aufzubauen wäre.<br />
Regelgebundene Anlage steckt in der DNA<br />
Dass gerade Donner & Reuschel zu den ersten Instituten<br />
mit einem solchen Partner gehört, der zudem eine extrem<br />
technologiegetriebene Geschäfts- und Anlagephilosophie<br />
verfolgt, passt in den Entwicklungsplan der Bank. Zum ersten,<br />
weil 55 Prozent der FinTechs der Aussage zustimmen,<br />
dass früher oder später jede Investmententscheidung <strong>digital</strong><br />
getroffen wird. Denn wenn das die Zukunft ist, kann<br />
auch die Zukunft einer Privatbank nur darin liegen, sie selbst<br />
mitzugestalten. Und zum zweiten deshalb, weil die Bank<br />
bereits seit 2002 prognosefreies und regelbasiertes Asset<br />
Management anbietet. Die Grundlage ist eine prozyklische,<br />
trendfolgende Strategie zur Allokation verschiedener Anlageklassen<br />
innerhalb eines Depots – dynamisch, regelgebunden<br />
und prognosefrei. Dabei wird in einem aus zwei<br />
– später auch aus mehreren – Assetklassen bestehenden<br />
Depot das Portfolio stets zugunsten der Anlageklasse umgeschichtet,<br />
die sich in der Vergangenheit besser entwickelt<br />
hat. Das funktioniert mithilfe einer Austauschfunktion,<br />
die den Anleger berechtigt, in die besser performende Assetklasse<br />
zu tauschen. Dieser disziplinierte Ansatz hat zum<br />
Ziel, in steigenden Aktienmarktphasen möglichst stark an<br />
der Entwicklung der Aktienmärkte zu partizipieren, in fallenden<br />
Aktienmarktphasen jedoch möglichst in anderen,<br />
nicht korrelierten Anlageklassen investiert zu sein.<br />
Den Weg zum regelbasierten Vermögensverwalter hat die<br />
Privatbank damals vor dem Hintergrund häufiger Diskussionen<br />
mit Kunden über die richtige Aktien- und Rentenquote<br />
im Depot eingeschlagen. In guten Börsenjahren hatte<br />
der Vermögensberater die Aktienquote aus Kundensicht im<br />
Rückblick stets zu niedrig gehalten, in schlechten Börsenjahren<br />
– wieder retrospektiv natürlich – zu hoch. Die Erkenntnis,<br />
dass wir die Märkte nicht vorhersagen, aber die Risiken<br />
managen können, war nicht neu. Neu war jedoch die Konsequenz,<br />
mit der die Bank diese Erkenntnis umzusetzen begann.<br />
Mit dieser Erfahrung hat sich Donner & Reuschel zu einem<br />
Bankhaus entwickelt, das regelbasierte, prognosefreie<br />
Investment-Lösungen stets favorisiert. Heute basiert jede<br />
ihrer Anlageentscheidungen auf einem systematischen und<br />
stringenten Anlageprozess, der weitgehend unabhängig von<br />
unsicheren Kapitalmarktprognosen funktioniert.<br />
«Investment-<br />
Algorithmen machen<br />
klassische<br />
Vermögensverwalter<br />
keineswegs<br />
überflüssig.»<br />
Durchgängige <strong>digital</strong>e Lösung von A bis Z<br />
Die Kooperation mit SpeedLab hebt die Kompetenz der Privatbank<br />
in diesem Bereich auf eine neue Ebene. Dahinter<br />
steht die Überzeugung, dass Vermögensmanager mit den<br />
Investment-Algorithmen eines Anbieters wie SpeedLab<br />
keineswegs überflüssig werden. Aber sie bekommen massive<br />
technologische Unterstützung, um effizienter und rentabler<br />
zu arbeiten. Für beide Partner ist diese Kooperation<br />
mit dem Aufbau einer einzigartigen Invest-Tech-Kompetenz<br />
verbunden. Donner & Reuschel hat das Ziel, die Marktführerschaft<br />
im <strong>digital</strong>en eAsset Management in Deutschland<br />
einzunehmen, indem die Bank gemeinsam mit SpeedLab<br />
ein attraktives und hoch wettbewerbsfähiges <strong>digital</strong>es Produktangebot<br />
für professionelle Investoren entwickelt. Die<br />
meisten FinTechs in diesem Bereich sprechen mit ihren Ro-
52<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
bo-Advisors Privatanleger über das Internet direkt an. Zudem<br />
bezieht sich bei den meisten Wettbewerbern die Digitalisierung<br />
nur auf die Auswahl oder Zusammenstellung<br />
der Portfolios. Das eigentliche Asset Management erfolgt<br />
durch herkömmliche Fonds oder ETFs. SpeedLab dagegen<br />
ist der einzige Anbieter im Markt, der eine durchgängige<br />
<strong>digital</strong>e Lösung vom Portfolioaufbau bis zur Investition anbietet.<br />
Darüber hinaus handelt es sich bei der Kooperation<br />
von SpeedLab und Donner & Reuschel um eine der wenigen<br />
ausgereiften B2B-Lösungen im <strong>digital</strong>isierten Asset<br />
Management für professionelle Anwendungen.<br />
Das Wachstumspotenzial ist hoch<br />
Nach Schätzungen der Unternehmensberatung AT Kearney<br />
dürfte dieses Segment einen massiven Zufluss von Anlagevolumina<br />
erfahren – allein in den USA 2 Bio. US-$ bis<br />
zum Jahr 2020. 2 Damit könnte Invest-Tech in kurzer Zeit<br />
zum Mainstream mit schneller Marktdurchdringung werden.<br />
Beide Partner wollen daran partizipieren und sehen<br />
sich in ihrer Zusammenarbeit dabei gut aufgestellt. Denn<br />
für erfolgreiches eAsset Management bedarf es der Kombination<br />
aus eingehenden Kenntnissen in den Bereichen<br />
Finanzmärkte und Vermögensverwaltung mit dem Knowhow<br />
im Bereich <strong>digital</strong>er Technik und quantitativer Methodik.<br />
eAsset Management ist im Kern nichts anderes als<br />
die <strong>digital</strong>e Übersetzung von Finanzportfolio-, Risiko- und<br />
Geldmanagement-Expertise in High-Tech Anwendungen,<br />
die ein explizites Wissen über Finanzinstrumente sowie<br />
bestimmte Soft-und Hardware-Voraussetzungen impliziert.<br />
SpeedLab stellt systematisches Investieren regelbasiert<br />
und mit massivem Technologie-Einsatz auf eine neue Stufe.<br />
Algorithmen durchsuchen große Datenmengen nach unterschiedlichen,<br />
unkorrelierten Trends in verschiedenen Anlageklassen.<br />
Modernes eAsset Management bedeutet das<br />
Kombinieren von intelligent automatisierten Prozessen auf<br />
Basis von Marktpreis-bezogenen, quantitativen Methoden.<br />
Diese können je nach Markt- und Risikolage diversifiziert,<br />
kalibriert und skaliert werden. Dafür betreibt SpeedLab<br />
ein selbst entwickeltes, voll automatisiertes quantitatives<br />
eAsset-Management-System mit multiplen, unkorrelierten<br />
und dynamisch verwalteten Marktstrategien. Derzeit sind<br />
fünf Strategien im Einsatz:<br />
• Thales C: Langfristige Trendfolgestrategie auf Basis gleitender<br />
Durchschnitte.<br />
• Thales HL: Kurz- bis mittelfristige Strategie, die einen<br />
Ausbruch aus einem Seitwärtstrend identifiziert.<br />
• Thales S: Mittelfristige Strategie basierend auf Trend-<br />
Umschwüngen (Swing Trading).<br />
• Thales ST: Langfristige Trendfolgestrategie basierend<br />
auf Preistrends.<br />
• Thales Z: Mittelfristige Handelsstrategie für Seitwärtsmärkte.<br />
Für definierte Märkte, z. B. die Währungen EUR/USD, EUR/<br />
GBP und EUR/JPY werden alle Strategien gleichzeitig eingesetzt.<br />
Entscheidend ist aber das Risikomanagement, um<br />
zu entscheiden, welche Strategie in welchem Markt, wann<br />
mit welcher Intensität eingesetzt wird. Diese erfolgt mit<br />
Unterstützung intelligenter <strong>digital</strong>er Algorithmen und Filter,<br />
die Wertpapiere auf Grundlage von statistischen Korrelationen<br />
und Abweichungen der Märkte eigenständig kaufen<br />
und verkaufen. Verfolgt wird dabei ein Absolute Return<br />
Ansatz, mit dem Marktkorrelation minimiert und Volatilitäten<br />
ausgenutzt werden. Dabei ist der Investitionsprozess<br />
keineswegs auf Hochfrequenzhandel ausgerichtet, sondern<br />
vielmehr auf eine strategische Ausführung in verschiedenen,<br />
auch langfristigen Zeiträumen. Investiert wird<br />
ausschließlich in hoch liquide standardisierte Anlagen wie<br />
Index-Futures.<br />
Der Kern des Portfoliomanagements, die SpeedLab Quant<br />
RoboTechnologie, setzt sich aus vier Elementen zusammen:<br />
ePortfolio, eMoney Management, eOptimizer und<br />
eFilter.<br />
• Das ePortfolio umfasst eine der nachweislich größten<br />
Robo-Flotten weltweit und übernimmt das skalierbare
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 53<br />
Robo-Portfoliomanagement. Ein Robot ist ein intelligenter<br />
Algorithmus, durch den eine Strategie einen Markt<br />
handelt. In einem Robo-Portfolio wiederum, innerhalb<br />
dessen eine Vielzahl von Strategien für verschiedene<br />
Märkte gehandelt werden, kommen viele Robots – eine<br />
ganze Robo-Flotte – zum Einsatz. Mit der Anzahl der Robots<br />
steigt die Risikoprämie, also die Sharpe Ratio. Mit<br />
einer Sharpe Ratio über eins erwirtschaftet eine Strategie<br />
einen Überschuss, der das Risiko der Strategie<br />
kompensiert. Derzeit sind mehr als 200 Robots in verschiedenen<br />
Anlageklassen, Strategien und Zeitfenstern<br />
im Einsatz.<br />
• Das eMoneyManagement ist verantwortlich für die<br />
intelligente Auto-Allokation. Er investiert immer in alle<br />
Strategien gleichzeitig, verändert dabei aber je nach Risikolage<br />
die Gewichtung der Strategien.<br />
• Der eOptimizer schließlich führt regelmäßig automatische<br />
Parameter-Checks durch und sorgt dafür, dass die eingesetzten<br />
Strategien unkorreliert und effizient bleiben. Hier<br />
arbeitet SpeedLab mit wissenschaftlichen Instituten zusammen,<br />
um selbstlernende Algorithmen zu entwickeln.<br />
• Der eFilter ist ein komplexes integratives Filtersystem,<br />
das Muster im Zusammenspiel von Volatilität, Volumen,<br />
Geschwindigkeit und Trends erkennt.<br />
Wo liegt der wichtigste Vorteil gegenüber traditionellem<br />
Asset Management? Volatilitäts-, Korrelations-, Liquiditätsund<br />
Ereignis-Risiken zugleich zu managen, ist zu eine der<br />
wichtigsten Herausforderungen im Asset Management geworden.<br />
Für menschliche Manager ist dies kaum zu schaffen.<br />
Mit einer Quant-Robo-Technologie strebt SpeedLab<br />
hohe Risikoprämien und die beste Sharpe Ratio im Branchenvergleich<br />
an. Entscheidend ist nicht die absolute Höhe<br />
der Wertentwicklung, sondern der Wert in Relation zum<br />
eingegangenen Risiko. Dies soll insbesondere bei hohen<br />
Volatilitäten, Krisenszenarien oder seitwärts laufenden<br />
Märkten für einen Mehrwert sorgen. Das zeigt das Jahr<br />
2<strong>01</strong>6 mit seinen abrupten Trendwechseln bei Währungen<br />
und Anleiherenditen und seinen extremen Schwankungen<br />
an den Aktien- und Rohstoffmärkten. Mehr Risiko, mehr<br />
Stress, weniger Ertrag – Investoren suchen in diesem Umfeld<br />
nach Alternativen zum herkömmlichen Asset Management.<br />
Im Jahr 2<strong>01</strong>6 ist es bereits gelungen, den Stress für<br />
Investoren erheblich zu reduzieren: Bei allen Ereignissen<br />
mit Risikopotenzial haben die Strategien eine positive Performance<br />
erreicht oder zumindest nur einen sehr geringen<br />
Verlust verzeichnet. Dazu zählen der Aktienmarkt-Crash<br />
Anfang 2<strong>01</strong>6, Brexit, Pfund-Flashcrash und US-Wahlen.<br />
Derzeit werden Handelsstrategien für alle wichtigen Aktienindizes<br />
entworfen – so belegen die Ergebnisse des S&P<br />
500-Handelssystems die Skalierbarkeit des Systems im<br />
Sinne einer Streuung auf Anlageklassen. Hinzu kommen<br />
neben Gold weitere Rohstoffe sowie Strategien für sehr<br />
liquide Rentenmärkte wie Bundesanleihen.<br />
Autoren<br />
Marcus Vitt ist Vorstandssprecher der Privatbank Donner &<br />
Reuschel, Marcus Böhm ist CEO von SpeedLab.<br />
1 Roland Berger Study, FinTechs in Europe – Challenger and<br />
Partner, November 2<strong>01</strong>6.<br />
2 AT Kearney, 2<strong>01</strong>5 Robo-Advisory Services Study.<br />
Fazit<br />
Bei Donner & Reuschel soll die SpeedLab-Technologie<br />
zunehmend in Publikumsfonds für Retail- und<br />
Private-Banking-Kunden zum Einsatz kommen.<br />
Zudem ist geplant, Spezialfonds für institutionelle<br />
Investoren aufzulegen. Doch das Potenzial der Technologie<br />
geht weit darüber hinaus. Längst arbeitet<br />
Speedlab daran, Big Data mit künstlicher Intelligenz<br />
zu kombinieren und Algorithmen zu testen, die<br />
selbst dazulernen und in der Lage sind, sich eigenständig<br />
weiterzuentwickeln.
54<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Robo Advisors –<br />
Vergleich USA<br />
vs. Deutschland<br />
Angestoßen durch den FinTech-Hype hält die <strong>digital</strong>e Vermögensverwaltung auch im<br />
deutschen Markt Einzug. Als Technologie wird sie ihren festen Platz im Angebot der<br />
Finanzprodukte einnehmen. Aber welche Anbieter werden das Geschäft machen:<br />
die FinTechs oder die Banken, die das Thema ebenfalls aufgegriffen haben?<br />
In einer Vergleichsstudie mit den USA, dem Mutterland der<br />
Robos, wurden Pricing-Modelle, Erlöspotenziale, Akquisekosten,<br />
Assets under Management und Wachstumsstrategien<br />
analysiert. Wollen FinTechs als Stand-Alone-Anbieter<br />
überleben, ist der Average Revenue per Account (APRA)<br />
letztlich entscheidend, um die hohen Akquisekosten für<br />
Neukunden (in Deutschland derzeit 75 bis 150 € pro Kunde)<br />
zu decken.<br />
In den USA haben nur wenige FinTechs die dafür erforderliche<br />
kritische Masse von Assets under Management (AuM)<br />
erreicht. In alternativen Ertragsstrategien entwickeln sich<br />
FinTechs zum B2B-Partner bzw. Technologieanbieter für<br />
Banken, die ihr Robo-Angebot ebenfalls massiv ausweiten.<br />
Für Deutschland zeichnet sich ein vergleichbarer<br />
Trend ab.<br />
Basis für die Untersuchung<br />
waren aktuelle Zahlen<br />
aus den Vereinigten<br />
Staaten, weil die<br />
schiere Anzahl<br />
von Wettbewerbern<br />
dort deutlich<br />
größer ist<br />
als hierzulande.<br />
An ihnen orientieren<br />
sich die deutschen<br />
Anbieter, und sie bieten einen Lackmustest für die<br />
zukünftige Entwicklung in Deutschland.<br />
Aufstieg der Robo Advisors<br />
Der Einstieg von etablierten Finanzanbietern wie Blackrock,<br />
Vanguard und Charles Schwab im Jahr 2<strong>01</strong>5 hat in<br />
den USA das Thema Robo Advisor einer breiten Öffentlichkeit<br />
bekannt gemacht und für erhebliche Impulse auch bei<br />
den FinTechs gesorgt. Der eigentliche Startschuss für eine<br />
massentaugliche, <strong>digital</strong>e Vermögensverwaltung wurde allerdings<br />
schon etwas früher, etwa um 2007 / 2008 herum<br />
gegeben, nachdem einige kleine Finanzberater die Chancen<br />
erkannten, die sich durch die Kombination der bereits<br />
existierenden standar-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 55<br />
disierten Risikoklassifizierung und <strong>digital</strong>e Portfoliomanagementsysteme<br />
ergab. Durch das Angebot über das Internet<br />
konnte nun einem breiteren Publikum der Service zu geringen<br />
Kosten zugänglich gemacht werden › <strong>01</strong>.<br />
Einer der ersten Anbieter war Betterment, dann kamen<br />
Wealthfront und Personal Capital, viele weitere folgten.<br />
Ab 2<strong>01</strong>3 vermeldeten besonders die Angebote der drei<br />
genannten Robo Advisors starke Zuwächse der von ihnen<br />
verwalteten AuM. Der Anstieg des verwalteten Vermögens<br />
hat sich 2<strong>01</strong>5 – mit dem Einstieg von etablierten<br />
Finanzdienstleistern wie Charles Schwab und Vanguard sowie<br />
den medienträchtigen Übernahmen von Future Advisor<br />
durch Blackrock und Learnvest durch Northwest Mutual –<br />
nochmal vervielfacht. Die neuen Vertriebsmodelle waren in<br />
der breiten Öffentlichkeit angekommen. Darauf reagierten<br />
sukzessive weitere große Finanzdienstleister wie Bank of<br />
America, Citibank, TD Ameritrade oder E*trade und haben<br />
den Start eigener Angebote für die nahe Zukunft angekündigt<br />
oder bereits vollzogen.<br />
Was unterscheidet nun erfolgreiche Anbieter von anderen?<br />
Wichtige Anhaltspunkte liefern hierfür Zahlen, die monatlich<br />
von der SEC veröffentlicht werden. Auf Basis dieser<br />
Daten wird deutlich, welche Entwicklung der Markt für<br />
Robo Advice in den USA bereits vollzogen hat. Ein Blick<br />
auf das Datenmaterial sowie auf Geschäftsmodelle, den<br />
Funktionsumfang und den unterschiedlichen Servicegrad<br />
erlaubt einen Ausblick auf die Entwicklung in Deutschland.<br />
Der Erfolg bei der <strong>digital</strong>en Vermögensverwaltung wird<br />
auf Basis der Assets under Management gemessen,<br />
nicht an den Nutzerzahlen. Die kommunizierten jährlichen<br />
Wachstumsraten der AuMs der letzten drei Jahre<br />
sind spektakulär. Wenn man sich die AuM der USamerikanischen<br />
Anbieter zum Stand Dezember 2<strong>01</strong>6<br />
im Detail anschaut, fällt allerdings schnell auf, dass eine<br />
Drei-Klassen-Gesellschaft existiert: Die etablierten Anbieter<br />
aus der Finanzbranche, Vanguard und Charles Schwab,<br />
vereinen knapp 57,2 Mrd. US-$ auf sich. In der zweiten,<br />
mit 13,25 US-$ bereits deutlich kleineren Gruppe, sind mit<br />
Betterment, Wealthfront und Personal Capital drei klassische<br />
FinTechs versammelt. Die meisten Anbieter befinden<br />
sich allerdings in der kleinsten Gruppe und verwalten zusammen<br />
nur vergleichsweise geringe 3,1 Mrd. US-$.<br />
Markenbekanntheit und konkurrenzfähiges Pricing<br />
Die beiden etablierten Anbieter der ersten Gruppe profitieren<br />
vor allem von ihren bereits bestehenden Kundenstrukturen.<br />
Beim öffentlichen Start von Vanguard Personal Advisor<br />
beispielsweise kam es gleich zu einer Migration von<br />
9 Mrd. US-$ aus dem Bestand in das neue Angebot, das<br />
entspricht etwa 20 Prozent der aktuellen AuM. Dies wird<br />
mit einem Blick auf die Kostenstruktur erklärbar. Vanguard<br />
verlangt für seinen Service 30 Basispunkte bei einer Mindestanlagesumme<br />
von 50.000 US-$, Charles Schwab wirbt<br />
für seine Intelligent Portfolios sogar ohne Managementgebühren.<br />
Das aggressive Pricing ist als eine direkte Reaktion<br />
auf die FinTechs zu verstehen, die zwischen 15 bis<br />
85 Basispunkte jährlich für die Verwaltung des Vermögens<br />
in Rechnung stellen.<br />
In der zweiten Gruppe ließ der Strom an Neukunden nach,<br />
aber die Assets pro Konto konnten leicht gesteigert werden.<br />
Die drei großen FinTechs haben jeweils deutlich über<br />
100 Mio. US-$ eingesammelt. Betrachtet man die durchschnittlichen<br />
AuM pro Konto, kann man für 2<strong>01</strong>6 einen<br />
Anstieg um 2.695 US-$ bei Betterment verzeichnen (2<strong>01</strong>5:<br />
20.<strong>01</strong>7 US-$). Wealthfront, das nach einem Strategieschwenk<br />
2<strong>01</strong>5 bereits einen Rückgang um 13.647 US-$ pro<br />
Konto hinnehmen musste, setzt diesen Trend mit einem<br />
Rückgang der durchschnittlichen betreuten AuM pro Konto<br />
um 20.459 US-$ auch 2<strong>01</strong>6 fort. Personal Capital, das<br />
eine wohlhabendere Zielgruppe anspricht,<br />
meldete einen Anstieg von durchschnittlich<br />
132.681 US-$ auf nun<br />
134.055 US-$ pro Konto.<br />
Die Anbieter, die sich in der<br />
dritten Gruppe wiederfinden,<br />
stehen vor allem vor<br />
der Herausforderung, Neukunden<br />
in einem kompetitiven<br />
Wettbewerb zu finden. Das fällt<br />
sowohl neuen als auch schon länger im Markt aktiven Anbietern<br />
schwer. Grund dafür ist unter anderem die geringere<br />
Finanzierung mit Risikokapital, das für die Neukunden-
56<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
<strong>01</strong> Start von Angeboten im Zeitverlauf<br />
2007 2008 2009 2<strong>01</strong>0 2<strong>01</strong>1 2<strong>01</strong>2 2<strong>01</strong>3 2<strong>01</strong>4 2<strong>01</strong>5<br />
Quelle: Unternehmensangaben.<br />
gewinnung fehlt. Infolgedessen wurden ältere Robos wie<br />
Future Advisor oder Jemstep mittlerweile aufgekauft und<br />
dienen Blackrock bzw. Invesco als B2B-Provider.<br />
Jüngere Wettbewerber hingegen tendieren häufig dazu,<br />
spezifische Zielgruppen zu adressieren. Darunter fallen<br />
junge Generationen (Acorns, Stash), reichere Investoren<br />
(Hege able) oder spezifische Angebote für Frauen (Ellevest).<br />
Durchschnittliche Erträge pro Konto<br />
Ein wesentliches Kennzeichen und Produktversprechen<br />
der <strong>digital</strong>en Vermögensverwaltung ist ein niedriger Preis.<br />
Während die einfachen Modelle 15 bis 35 Basispunkte der<br />
verwalteten Kundengelder kosten, werden für die Angebote<br />
mit weitergehenden Serviceleistungen 89 Basispunkte in<br />
Rechnung gestellt, allerdings häufig mit Höhe der verwalteten<br />
AuM abnehmend. Die Erlöspotenziale sind auf Basis dieser<br />
Preisstellung von sehr hohen AuM abhängig.<br />
Die durchschnittliche Höhe des verwalteten Vermögens pro<br />
Konto beträgt bei Betterment 23.699 US-$, was einen Average<br />
Revenue per Account (ARPA) von 56,78 US-$ bedeutet<br />
(Wealthfront: 90,31 US-$; Personal Capital: 1.059 US-$). Bei<br />
den gegebenen Kostenstrukturen von Betterment, mit nach<br />
eigenen Angaben 130 Mitarbeitern, Kontoführungs- und Tradinggebühren<br />
plus hohen Kundengewinnungskosten, bedarf<br />
es einer hohen Kundenlebensdauer. Wie diese sich aufgrund<br />
des hohen Wettbewerbs entwickelt, ist noch unklar.<br />
Growth Challenge: Abhängig vom Wachstum<br />
Die erzielten Effizienzgewinne im Bereich Kunden-Onboarding,<br />
Portfolio-Management und Reporting können aktuell<br />
die Abhängigkeit von neuen Kunden noch nicht ausreichend<br />
kompensieren. Die niedrigen Erlöse pro Konto bedingen einen<br />
hohen Neukundenzustrom. Hier sind die FinTechs den<br />
beiden großen Anbietern aus der Finanzdienstleistungsbranche<br />
unterlegen. Zum einen verfügen Vanguard und<br />
Schwab über erheblich größere Marketingbudgets, zum<br />
anderen haben beide weitere Monetarisierungsquellen,<br />
wie eigene ETFs. Selbst den drei großen Start-ups, die zusammen<br />
mittlerweile über 500 Mio. US-$ von Investoren<br />
eingesammelt haben, fällt es teilweise schwer, ihr Wachstumstempo<br />
aus dem Vorjahr aufrechtzuerhalten. Darin liegt<br />
die große Herausforderung für die kommenden Monate.<br />
Ableitungen für den deutschen Markt<br />
Welche Rückschlüsse erlauben diese Auswertungen nun<br />
für den deutschen Markt, in dem sich inzwischen bereits<br />
über 20 Robo-Advice-Anbieter tummeln, der aber in Hinblick<br />
auf Größe und Volumen deutlich kleiner und weniger<br />
wertpapieraffin ist als der US-amerikanische Markt?<br />
Deutliche Parallelen zu der Entwicklung in den Vereinigten<br />
Staaten sind unverkennbar. Auch hierzulande wurde der<br />
neue Ansatz von jungen Technikfirmen aufgegriffen und<br />
häufig einfach kopiert. Getrieben von den FinTechs nehmen<br />
sich aber auch immer mehr Finanzdienstleister dieses<br />
Trends an und starten Angebote unter ihrem Namen.<br />
Eine der ersten war die Quirin Bank, die mit ihrem Ableger<br />
quirion zu den First Movern gehört, aber von der Marktrelevanz<br />
und Marketingpower eher bei den kleineren Banken<br />
einzuordnen ist. Weitere Anbieter wie Union Investment,<br />
N26 und Santander folgten.<br />
Ein Blick in die Zukunft lässt es durchaus möglich erscheinen,<br />
dass mit dem Einstieg von größeren Instituten ebenfalls<br />
ein Impuls für den ganzen Markt einhergehen könnte,<br />
so wie 2<strong>01</strong>5 in den Vereinigten Staaten geschehen.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 57<br />
Diesen Impuls würden besonders die FinTech-Player sehr<br />
begrüßen. Auch, wenn die Anbieter in Deutschland im Vergleich<br />
zu den USA mindestens doppelt so hohe Gebühren<br />
verlangen, sind die Erlöse aufgrund der noch geringen AuM<br />
aktuell sehr gering. Die Anbieter sind nicht ansatzweise<br />
vergleichbar finanziert wie die großen US-amerikanischen<br />
Vorbilder. Da helfen auch deutlich geringere Personalkosten<br />
aufgrund kleinerer Teams wenig, da die Umsätze bis<br />
zu einem AuM-Volumen von 300 Mio. € überschaubar sind<br />
und die Kundenakquise auch in Deutschland teuer ist.<br />
Autoren<br />
Dr. Christof Welker ist Partner, Jörg Müller ist Senior Project<br />
Manager bei cerasus consulting, Frankfurt am Main.<br />
Fazit<br />
Die <strong>digital</strong>e Vermögensverwaltung ist auf dem deutschen<br />
Markt nicht mehr wegzudenken, und wieder<br />
einmal haben FinTechs den entscheidenden Impuls<br />
gegeben. Für sie ist es eine Überlebensfrage, wie sie<br />
eine kritische Masse (AuM) erreichen können. Die<br />
bereits beschrittenen Wege sind ähnlich zu denen der<br />
US-Vorbilder, mit der Einführung von B2B-Angeboten<br />
(z. B. Vaamo für N26 und Santander), mit der Positionierung<br />
als IT-Anbieter (z. B. fincite für die Deutsche<br />
Bank) oder als spezielles Angebot für wohlhabendere<br />
Kundengruppen (z. B. Liqid, Scalable).<br />
Für ein langfristig überlebensfähiges Stand-Alone-<br />
Angebot im Massenmarkt fehlen den deutschen<br />
FinTechs zumindest derzeit aber die für ein aggressives<br />
Wachstum notwendigen finanziellen Mittel.<br />
Banken bietet sich mit einem Robo-Advisory-<br />
Ansatz die Möglichkeit, den Trend zu ETFs aktiv mitzugestalten.<br />
Im Massenmarkt wird der Robo zum<br />
wichtigen Baustein für das Wertpapiergeschäft. Für<br />
höherwertige Kundensegmente zeichnet sich der<br />
Trend ab, eine Kombination aus automatisierter und<br />
persönlicher Vermögensverwaltung anzubieten.
58<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Blockchain<br />
zwischen Mythos<br />
und Realität<br />
Gerade im Umfeld von Banken liegt Blockchain schwer im Trend. Allerdings haben<br />
sich rund um Blockchain einige Mythen gebildet, die einen realistischen Blick auf<br />
die Möglichkeiten und Grenzen dieser neuen Technologie verstellen.<br />
Die Blockchain-Technologie ist im Bankenumfeld innerhalb<br />
kürzester Zeit zu einem der zentralen Themen geworden.<br />
Die Erwartungen sind hoch: Während die einen schon das<br />
Ende der Finanzdienstleister heraufziehen sehen, erwarten<br />
sich Banken selbst von Blockchain-Lösungen effizientere<br />
Prozesse, beispielsweise beim Austausch von Wertpapieren.<br />
So hat sich aus ganz unterschiedlichen Gründen eine<br />
Art Blockchain-Euphorie entwickelt. Zugleich ist jedoch festzustellen,<br />
dass es oft an fundierten Kenntnissen bezüglich<br />
der zugegebenermaßen reichlich komplexen Verfahren fehlt.<br />
Rund um Blockchain haben sich einige Mythen gebildet, die<br />
nachfolgend ein wenig entzaubert werden sollen.<br />
Blockchain wird die Banken überflüssig machen<br />
Dass die Blockchain-Technologie Banken ersetzen wird, ist<br />
nicht absehbar. Im Gegenteil: Banken erforschen gerade die<br />
Blockchain-Technologie sehr aktiv; so zählt das Blockchain-<br />
Projekt R3 42 internationale Großbanken als Investoren. Es<br />
gibt im Bankenumfeld zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten für<br />
– geschlossene – Blockchain-Systeme, beispielsweise bei<br />
grenzüberschreitenden Transaktionen, bei der Übertragung<br />
von Wertpapieren zwischen Banken oder auch bei der revisionssicheren<br />
Dokumentation von Compliance-Vorgängen.<br />
Blockchain und Bitcoin sind ganz verschiedene Dinge<br />
Bitcoin ist eine Implementierung der Blockchain-Technologie.<br />
Beide sind jedoch sehr eng verbunden: Die Validierung<br />
von Blöcken in der Blockchain erfolgt, zumindest in offenen<br />
Blockchains, grundsätzlich durch das „Mining“, das nach dem<br />
aktuellen Stand der Technik nur mit Bitcoins funktioniert, und<br />
ohne Bitcoins wird niemand den enormen Validierungsaufwand<br />
übernehmen. Ohne Validierung aber funktioniert das<br />
ganze Verfahren nicht. In geschlossenen Systemen, etwa<br />
zwischen Banken, kann jedoch auf alternative Methoden der<br />
Validierung zurückgegriffen werden.<br />
Die Blockchain ist verschlüsselt<br />
Die Blockchain-Technologie nutzt kryptografische Verfahren<br />
zur Identifizierung der Nutzer und zur Validierung der Blöcke;<br />
der Inhalt der Blockchain aber liegt für jeden Nutzer<br />
sichtbar im Klartext vor. Die Nutzer sind anonym, lassen<br />
sich aber möglicherweise über den Inhalt von Transaktionen<br />
identifizieren.<br />
Blockchain ist sicher<br />
Die verwendeten kryptografischen Verfahren stellen ein hohes<br />
Maß an Sicherheit bereit. Allerdings hat sich auch gezeigt,<br />
dass beispielsweise die Software, die auf eine Blockchain<br />
zugreift, aufgrund von Programmierfehlern oder durch<br />
Hacks angreifbar ist. Dieses Schicksal teilt die Blockchain-<br />
Technologie mit der übrigen IT, und es ist nicht zu erkennen,<br />
weshalb gerade sie hier eine Ausnahme darstellen sollte. Es<br />
ist sogar zu erwarten, dass mit wachsender Popularität auch<br />
die Blockchain-Technologie verstärkt ins Visier von Cyber-<br />
Kriminellen geraten wird.<br />
Blockchain ist generell vertrauenswürdig<br />
Blockchain bietet zwar die Basis, schnellere und sicherere
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 59<br />
Prozesse zu schaffen, liefert aber nicht automatisch eine<br />
Garantie für ein Rundum-sorglos-Paket. Außerhalb von abgeschlossenen<br />
Testsystemen sind Fragen hinsichtlich der<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen zu beantworten: Wer<br />
haftet für Schäden aus fehlerhaften Protokollen und Programmcodes?<br />
Können „smarte“ Verträge (Smart Contracts)<br />
tatsächlich verbindlich umgesetzt werden? Wie sieht es mit<br />
grenzüberschreitenden Sachverhalten aus, die sich zwangsläufig<br />
durch den Aspekt der Dezentralisierung ergeben?<br />
Letztendlich endscheidet die Art der Implementierung über<br />
die Vertrauenswürdigkeit einer Blockchain-Lösung.<br />
Blockchain ist effizient<br />
Die Effizienz von Blockchain hängt von der jeweiligen Implementierung<br />
ab. So ist die in der Bitcoin-Implementierung<br />
verwendete Art der Validierung überaus energiehungrig und<br />
damit nicht sehr effizient; was auch der Skalierbarkeit Grenzen<br />
setzt. Geschlossene Implementierungen können hier<br />
auf andere Verfahren zurückgreifen und damit auch effizient<br />
arbeiten.<br />
Blockchain ist dabei, die Welt zu revolutionieren<br />
Die Blockchain-Technologie gilt als äußerst disruptive Technologie.<br />
Derzeit existiert jedoch nur eine einzige, auf breiter<br />
Basis funktionierende Implementierung, und das ist Bitcoin.<br />
Ansonsten gibt es nur Studien und Absichtserklärungen; die<br />
meisten Anwendungsbeispiele sind lediglich Gedankenspiele.<br />
Inwieweit die Blockchain-Technologie tatsächlich in der<br />
Lage ist, die Welt zu revolutionieren, ist noch nicht absehbar.<br />
Blockchain ist bloß ein kurzlebiger Hype<br />
Trotz aller Mythen, die Blockchain-Technologie ist ein interessanter<br />
Ansatz – sofern die Technologie dafür eingesetzt<br />
wird, wofür sie konzipiert ist: eine sich in einem Peer-to-<br />
Peer-Netz selbst validierende Dokumentation.<br />
Blockchain ist ein Trend-Thema, und gerade deshalb sind derzeit<br />
oft überzogene Erwartungen an diese neue Technologie<br />
zu konstatieren. Dabei wurden die Verfahren meist nicht ausreichend<br />
verstanden; so wird beispielsweise in postulierten<br />
Anwendungsszenarien gern das technisch unverzichtbare<br />
Mining vergessen. Für die Entwicklung tatsächlich relevanter<br />
Projekte ist dieses allerdings wenig hilfreich.<br />
Autor<br />
René Bader ist Manager Critical Business Applications &<br />
Big Data bei NTT Security.<br />
Fazit<br />
Die Blockchain-Technologie bietet nicht mehr, aber<br />
auch nicht weniger als eine Art ‚Trust Engine‘. Und<br />
gerade damit wird sie in der Banken-Welt eine Rolle<br />
spielen. Ob die Technologie damit gleich Wirtschaft<br />
und Gesellschaft umkrempeln wird, muss dahingestellt<br />
bleiben.
60<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Sensible Kundendaten<br />
nicht aus der<br />
Hand geben<br />
Viele deutsche Banken nutzen für die Analyse ihrer Online-Dienste Google Analytics – ein<br />
Fehler in zweierlei Hinsicht. Vor allem die Online-Banken ziehen sich so vielleicht ihren eigenen<br />
Konkurrenten groß. Darüber hinaus gewähren sie der US-amerikanischen Regierung Zugriff<br />
auf ihre Kundendaten. Indem sie ihre Daten im eigenen Haus behalten, können Banken<br />
beides verhindern.<br />
Etliche Digital Analytics Tools, wie etwa das von Google, kosten<br />
zwar kein Geld, bezahlen muss man dafür trotzdem: mit<br />
seinen Daten. Die Anbieter von Analytics Lösungen, IT- und<br />
Marketing-Entscheider wissen das. Die Management-Ebene<br />
der Finanzbranche oft nicht, deren Endkunden schon gar<br />
nicht. Sie vertrauen auf den guten Namen deutscher Finanzhäuser.<br />
Aus zwei aktuellen Gründen sollten Banken, die mit<br />
einem „kostenlosen“ internationalen Analytics-Anbieter arbeiten,<br />
über einen Wechsel nachdenken:<br />
US-Regierung hat Zugriff auf europäische Server<br />
„Safe Harbor“ wurde zu „Unsafe Harbor“, als klar wurde,<br />
dass Daten europäischer Bürger auf US-Servern nicht ausreichend<br />
geschützt sind. 2<strong>01</strong>6 sollte „Privacy Shield“ diesen<br />
Missstand beheben. Die Kritik von Datenrechtlern ließ nicht<br />
lange auf sich warten, und durch Donald Trump wurde „Privacy<br />
Shield“ endgültig zu „Privacy Sieb“. Seit Anfang Februar<br />
darf das FBI laut Beschluss eines Gerichts in Philadelphia auf<br />
die Daten von Google-Kunden auf europäischen Servern<br />
zugreifen.<br />
Google will zwar in Berufung gehen. Doch wie auch immer<br />
sich die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den<br />
USA hinsichtlich des Datenschutzes weiterentwickelt – am<br />
besten setzt man gar nicht erst auf ein Pferd, von dem man<br />
nicht weiß, in welche Richtung es morgen galoppiert und<br />
wie man es dann wieder einfängt.<br />
Google Bank hätte das geballte Wissen deutscher<br />
Kundendaten<br />
Die Finanzbranche ist zu Recht besorgt über eine potenzielle<br />
„Google Bank“. Millionen Nutzer haben ein Google-Konto<br />
inklusive E-Mail-Adresse, Abermillionen besuchen täglich<br />
die Google-Seite. So könnte Google bei jeder Online-Suche<br />
nach Girokonten oder Kreditkarten massiv die eigene Bank<br />
bewerben oder bei der Immobiliensuche gleich den passenden<br />
Kredit anzeigen. Mit einer solchen Vertriebsmacht
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 61<br />
ausgestattet, könnte Google schnell zum übermächtigen<br />
Gegner werden.<br />
Trotzdem vertrauen namhafte deutsche Finanzhäuser ihre<br />
Daten Google an, indem sie Google Analytics nutzen. Getrackt<br />
werden einzelne Nutzer, deren Interessenlagen werden<br />
– thematisch durch Unternehmenswebsites gebündelt<br />
– an Google-Server übertragen. Letzten Endes ziehen sich<br />
Finanzhäuser so ihren eigenen Wettbewerber heran.<br />
Sensible Daten gehören nicht in die Cloud<br />
Sensible Analytics-Daten von Banken und Versicherungen<br />
gehören nicht in internationale Clouds. Gerade Https-geschützte<br />
Bereiche, etwa Online-Banking- und Trading-Bereiche,<br />
Versicherungsabschlüsse oder Intranets sollten unter<br />
keinen Umständen mit Cloud-Lösungen von herkömmlichen<br />
Tracking-Anbietern analysiert werden. Durch die Übertragung<br />
der Daten in die Cloud werden geschützte Bereiche<br />
geöffnet, und es entstehen Sicherheitslücken. Sensibel<br />
sind auch Daten von Mittelständlern, die mit Informationen<br />
etwa aus Enterprise Resource Planning (ERP) oder Customer<br />
Relationship Systemen (CRS) angereichert wurden.<br />
Bei solchen Daten sollten Unternehmen genau wissen,<br />
welche dritten Parteien darauf zugreifen dürfen und welchen<br />
Datenschutzgesetzen diese Parteien unterliegen. Geben<br />
Unternehmen die Hoheit über ihre Nutzerdaten aus der<br />
Hand, können sie deren Schutz nicht mehr garantieren. Eine<br />
bessere Möglichkeit für die Datenanalyse wären vollwertige<br />
Inhouse-Lösungen, sog. „On Premises“. Im Gegensatz zu<br />
den Cloud-Lösungen („Software-as- a-Service“) werden dabei<br />
alle gesammelten Daten auf unternehmenseigenen Servern<br />
gespeichert. Abgesehen vom rigorosen Datenschutz<br />
bringen Inhouse-Lösungen einige Möglichkeiten mit, die<br />
Unternehmen zu ihrem Vorteil nutzen können.<br />
Liegen die Analysedaten auf eigenen Servern, können sie<br />
mit anderen Datensätzen des Unternehmens verzahnt und<br />
gemeinsam interpretiert werden, z. B. Kampagnenmanagement-Tools,<br />
CRM- (Customer-Relationship-Management)<br />
oder ERP- (Enterprise-Resource-Planning) Systeme. Dann<br />
können die verschiedenen Abteilungen im Unternehmen<br />
an einem Strang ziehen. Wer für jede Kundenschnittstelle<br />
getrennt Daten erhebt und sie einzeln auswertet, verliert<br />
sich in Insel-Lösungen.<br />
Die meisten Digital-Analytics-Lösungen geben keine exakten<br />
Daten an, sondern nur Näherungswerte, denn sie<br />
basieren auf Pixel-Tracking, wobei grafisch eingebaute<br />
Zählpixel die Klicks auf die Links einer Webseite tracken.<br />
Viele User nutzen aber inzwischen Tracking-Blocker. Zudem<br />
sind die Zählpixel oft eins der zuletzt geladenen Elemente<br />
einer Webseite. Bei langsamen Verbindungen oder besonders<br />
schnell weiter klickenden Nutzern bleiben sie außen<br />
vor. Für exakte Daten werden Reverse-Proxy-Tracking oder<br />
Hybrid-Tracking benötigt, eine Kombination aus beiden<br />
Tracking-Arten.<br />
Anbieter von Cloud-Lösungen versprechen geringen Aufwand<br />
für Unternehmen. Der Anbieter kümmert sich um<br />
alles Technische, und die IT-Abteilung benötigt keine zusätzlichen<br />
Kapazitäten. Diesen Service kann aber eine Inhouse-Lösung<br />
genauso bieten. Nach der Installation einer<br />
Analytics-Software kann der Dienstleister auch den laufenden<br />
Betrieb überwachen. Der Auftraggeber muss lediglich<br />
noch die richtigen Maßnahmen aus den Analytics-Ergebnissen<br />
ableiten.<br />
Wichtig ist es, Webseiten, Apps oder Software-Anwendungen<br />
auf verschiedene Weise zu analysieren und für jede<br />
Plattform eine speziell entwickelte Analytics-Lösung zu<br />
nutzen. Allgemeine Kennzahlen für alle Anwendungen sind<br />
nicht zielführend. Darüber hinaus gilt: Weder Cloud noch<br />
Hybrid-Cloud oder Inhouse-Lösung sind eine Einbahnstraße.<br />
Grundgedanke einer langfristigen Datenstrategie ist es<br />
auch, jederzeit umsteigen zu können.<br />
Autor<br />
Günter Dicks, Financial Services-Spezialist bei<br />
Mindlab Solutions.<br />
Fazit<br />
Selbst für Experten ist die rechtliche Entwicklung in<br />
Sachen internationalem Datenschutz momentan<br />
nicht abzusehen. US-Unternehmen prägen nach wie<br />
vor unsere Digitalwelt, und mit der neuen US-Regierung<br />
ist eine schwer einzuschätzende Variable auf<br />
den Plan getreten. Datensätze mit sensiblen Daten<br />
sind deswegen momentan auf unternehmenseigenen<br />
Servern besser aufgehoben.<br />
Für Banken gilt dies insbesondere im Hinblick auf<br />
Daten-Dienstleistungen von Google, das über eine<br />
europäische Banklizenz verfügt. Inhouse-Lösungen<br />
bieten die Alternative zur Datencloud und haben<br />
da rüber hinausgehende Vorteile. Wer dennoch auf die<br />
Cloud setzt, sollte sicherstellen, dass seine Daten<br />
nicht weitergegeben und zweckentfremdet werden<br />
und sich beispielsweise an Lösungen orientieren, die<br />
von deutschen Unternehmen auf Webservern ausschließlich<br />
in Deutschland gehostet werden.
62<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Wissensmanagement<br />
mit<br />
Insight Engines<br />
Bankkunden erwarten eine schnelle und individuelle Betreuung, auch abseits<br />
eines Filialbesuchs. Aus vorhandenen Daten einen Mehrwert zu generieren<br />
und die rasche Bereitstellung von Informationen sicherzustellen, wird in diesem<br />
Zusammenhang zu einem zentralen Thema.<br />
Um diesen Herausforderungen zu begegnen und gleichzeitig<br />
die hohen Auflagen von Regulierungs- und Aufsichtsbehörden<br />
zu erfüllen, müssen die Arbeitsweisen an die geänderten<br />
Rahmenbedingungen angepasst werden. Wissensmanagementlösungen<br />
kommen bereits seit Jahren in zahlreichen<br />
Branchen zum Einsatz, um Daten qualitativ aufzubereiten<br />
und bereitzustellen. Die eingesetzten Technologien haben in<br />
den letzten Jahren eine enorme Weiterentwicklung erlebt.<br />
Das Analystenhaus Gartner verwendet für entsprechende<br />
Lösungen den Begriff „Insight Engines“, denn diese gewähren<br />
einen Blick ins Innere eines Unternehmens. Als selbstlernende<br />
Technologien erweitern Insight Engines stetig ihr Wissen<br />
durch Analyse von Daten aus der Vergangenheit und den<br />
Arbeitsweisen der Mitarbeiter – oft aufgerufene Dokumente<br />
erhalten beispielsweise eine höhere Relevanz. Dabei agieren<br />
sie intelligent: Sie verstehen und verknüpfen die untersuchten<br />
Daten gleich. Als Ergebnis ihrer Suchanfragen erhalten<br />
Mitarbeiter eine konsolidierte Darstellung (360-Grad-Sicht)<br />
von relevanten Informationen über Kunden, Portfolios, Investitionsziele<br />
oder Verträge übersichtlich aufbereitet in Dashboards.<br />
Dabei ist das Einsatzgebiet nicht auf einzelne Abteilungen<br />
oder Anwendungsfälle beschränkt, denn die Insight<br />
Engines lassen sich individuell für verschiedene Geschäftsfelder<br />
oder Aufgabengebiete wie Leasing, Immobilien- oder<br />
Aktienverwaltung anpassen.<br />
Integration in den Bankenbetrieb und Rechteverwaltung<br />
Die Anzahl der Anbieter im Bereich Digitalisierung und<br />
speziell bei Big Data Analytics steigt laufend. Besonders<br />
Start-ups widmen sich diesem Innovationsthema. Auch<br />
wenn ihre Entwicklungen kombiniert mit intelligenten Technologien<br />
einen raschen Zugriff auf Daten erlauben, ist das<br />
Thema „Zugriffsberechtigungen“ oft nur unzureichend gelöst.<br />
Ein häufig anzutreffendes Sicherheitsproblem ist die<br />
Anfertigung von Kopien außerhalb der analysierten Datenquelle.<br />
Insight Engines, die als Appliance, als schlüsselfertige<br />
Hard- und Software-Lösung, angeboten werden, bieten<br />
die ideale Voraussetzung für den Einsatz im sensiblen<br />
Bankenumfeld. Die Integration erfolgt direkt im (eigenen)<br />
Rechenzentrum ohne Verbindung nach außen. Die Anbindung<br />
aller relevanten Datenquellen, etwa E-Mail-Systeme,<br />
Fachanwendungen oder das unternehmensinterne Intranet,<br />
erfolgt über vorhandene Standard-Konnektoren durch<br />
die eigene IT-Abteilung. Nach der Inbetriebnahme startet<br />
die Analyse der Informationen und die Erstellung einer<br />
Wissensdatenbank, ohne Kopien der Daten zu erstellen.<br />
Abfragen erfolgen gegen die Wissensdatenbank, wobei<br />
die Zugriffsberechtigungen direkt von den Datenquellen,<br />
wo die Daten gespeichert sind, abgerufen und bei jeder<br />
Abfrage erneut geprüft werden. So erhält jeder Mitarbeiter<br />
„seine“ individualisierte Sicht auf die relevanten Informationen,<br />
entsprechend ihrer eigenen Zugriffsberechtigungen.<br />
Für die Usability und Akzeptanz ist es wichtig, dass diese<br />
Recherchemöglichkeiten in bestehende Anwendungen<br />
integriert sind, um direkt eine Abfrage an die Wissensdatenbank<br />
zu starten. Erst wenn Aktionen wie „Öffnen“ aus-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 63<br />
« Durch die<br />
360-Grad-Sicht<br />
erhalten die Mitarbeiter<br />
einen<br />
umfassenden<br />
Überblick. »<br />
geführt werden, wird in die entsprechende Anwendung,<br />
beispielsweise Microsoft Word, gewechselt, um das Dokument<br />
bearbeiten zu können.<br />
Zentraler Zugang zum Unternehmenswissen<br />
Ein Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Oberbank<br />
mit Sitz in Linz/Österreich. Als Teil der 3-Banken-Gruppe<br />
bietet sie mit rund 2.000 Angestellten Finanzdienstleistungen<br />
für Firmen und Privatpersonen. Der 1997 entstandene<br />
Zusammenschluss von drei österreichischen Kreditinstituten<br />
– der Bank für Tirol und Vorarlberg, der BKS Bank AG<br />
sowie der Oberbank – dient der Synergieschöpfung und<br />
Effizienzsteigerung. Die Banken sind gegenseitig am Kapital<br />
der jeweils anderen Banken beteiligt und nutzen ein<br />
gemeinsames Corporate Design, sind aber dennoch voll<br />
eigenständig. Die Institute betreiben Filialen in Deutschland,<br />
der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und<br />
der Schweiz. Im Zentrum eines umfangreichen Wissensmanagements<br />
steht für die Oberbank das Analysieren, Verstehen<br />
und optimale Auffinden von Informationen. Ziel ist,<br />
verborgenes, aber vorhandenes Wissen im Rahmen von<br />
Zugriffsbeschränkungen zugänglich zu machen. Ein zentraler<br />
Zugang zu Wissen und eine zentrale Wissensquelle<br />
stellt das In tranet dar. Um das Intranet aufzuwerten und<br />
Informationen aus anderen Datenquellen einzubinden, haben<br />
die Führungskräfte beschlossen, eine Insight Engine<br />
einzusetzen. Diese Wissensmanagementlösung ist bei der<br />
Oberbank bereits seit Juli 2<strong>01</strong>4 im Einsatz.<br />
Die integrierte Lösung versetzt die Oberbank in die Lage,<br />
Daten aus den unterschiedlichen Standorten in Österreich,<br />
Deutschland, Tschechien, Ungarn und der Slowakei abzurufen,<br />
ohne die Benutzeroberfläche zu wechseln. Durch die<br />
360-Grad-Sicht auf alle geschäftsrelevanten Daten innerhalb<br />
der 3-Banken-Gruppe erhalten die Mitarbeiter einen<br />
umfassenden Überblick über geschäftsbezogene Themen.<br />
Das beschleunigt Prozesse, spart Zeit sowie Ressourcen<br />
und erhöht die Kundenzufriedenheit durch zielorientiertes<br />
Bearbeiten der Kundenanliegen.<br />
Autorin<br />
Ulrike Kogler ist Trendscout und Wissensmanagerin<br />
bei der Mindbreeze GmbH.<br />
Fazit<br />
Die Digitalisierung bietet heute neben den damit verbundenen<br />
Herausforderungen auch eine Vielzahl an<br />
Chancen. Beispielsweise kann mithilfe von künstlicher<br />
Intelligenz die Interaktion mit den Kunden individueller<br />
gestaltetet werden. Mit einem zentralen<br />
Wissensmanagement können Informationen besser<br />
aufgefunden, analysiert und verarbeitet werden.
64<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Etablierung<br />
mehrgleisiger<br />
Denkprozesse<br />
Die Digitalisierung hat große Auswirkungen auf die Art und Weise des beruflichen<br />
Miteinanders. Nicht nur bei den Bankkunden, sondern auch bei den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern sowie den Führungskräften in den Instituten findet sich oftmals<br />
ein unterschiedliches Verständnis von Digitalisierung. Vor allem im Rahmen von<br />
<strong>digital</strong>en Transformationsprojekten und im Einsatz disruptiver Technologien ist eine<br />
neuartige Herangehensweise gefragt. Weshalb es ratsam ist, sich mit dem Gedanken<br />
an disruptives Denken anzufreunden, erläutert Professor Dr. Peter Fischer,<br />
Lehrstuhl inhaber für Arbeits-, Organisations-, Sozial- und Wirtschaftspsychologie<br />
an der Universität Regensburg, im Gespräch mit unserer Redaktion.<br />
+Herr Professor Fischer, Disruption ist ein omnipräsentes<br />
Schlagwort im Bereich der Digitalisierung, aber disruptives<br />
Denken ist eher ein ungewohnter Begriff. Was<br />
ist darunter zu verstehen?<br />
Fischer: Von der Notwendigkeit her gesehen die Antwort<br />
auf den von der Globalisierung und der Digitalisierung weltweit<br />
angestoßenen disruptiven Prozess, also die Verdrängung<br />
existierender Technologien, am Markt befindlicher<br />
Produkte und Dienstleistungen sowie kompletter Geschäftsmodelle<br />
durch stark wachsende Innovationen. Vom Inhalt<br />
her gesehen ein Denken, das darauf abzielt, den betrieblichen<br />
Denkhorizont und -prozess auf diese Entwicklung hin<br />
auszurichten, blinde Flecken in den betrieblichen Gedankenspielen<br />
auszuschalten und das Denken aus den Fesseln<br />
des Widerspruch nicht tolerierenden Gruppendrucks zu<br />
befreien.<br />
+In der kontinuierlich komplexer, weiträumiger und in<br />
ihren Zusammenhängen entsprechend schwieriger zu<br />
erfassenden Wirtschaftswelt wird die Durchdringung von<br />
bestimmten Konstellationen immer wichtiger. Warum tun<br />
sich in der Praxis damit viele Menschen schwer?<br />
Fischer: Aufgrund des menschlichen Beharrungsvermögens.<br />
Was jeder in gewissem Maße an sich selbst beobachten<br />
kann, gilt auch für den homo oeconomicus: Der<br />
Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wer hat in Teamsitzungen<br />
oder Meetings bei vom Mainstream des Denkens abweichenden<br />
Beiträgen wohl noch nie den Satz gehört „Das<br />
haben wir schon immer so gemacht“, mit dem eine nicht in<br />
das gewohnte Denkbild passende Argumentation abgewürgt<br />
wurde? Hinzu kommt, dass der Mensch gefolgschaftsorientiert<br />
ist. Was im praktischen betrieblichen Alltagsgeschehen<br />
bedeutet: Dem Alphatier zu widersprechen,<br />
ist bekanntlich weder populär noch förderlich. Außerdem<br />
sind die meisten kognitiven Prozesse, die Art, wie wir<br />
Entscheidungen treffen, wie wir mit anderen Menschen<br />
umgehen usw., ein uraltes Produkt der Evolution.<br />
+Diese erworbenen Muster haben die Wahrscheinlichkeit<br />
des Überlebens in der Geschichte des Menschen
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 65<br />
Interview mit Professor Dr. Peter Fischer,<br />
Lehrstuhlinhaber für Arbeits-, Organisations-,<br />
Sozial- und Wirtschaftspsychologie an der<br />
Universität Regensburg.<br />
« Auch für<br />
den homo<br />
oeconomicus<br />
gilt: Der Mensch<br />
ist ein Gewohnheitstier.<br />
»<br />
allerdings systematisch erhöht. Was früher galt, muss<br />
nicht immer falsch sein.<br />
Fischer: Ich will es anders erklären. Eine der grundlegenden<br />
Theorien zum Verständnis von disruptivem Denken ist<br />
die kognitive Dissonanz von Leon Festinger (1957). Sie<br />
besagt grundsätzlich, dass Gedanken in einem konsonanten<br />
oder dissonanten Verhältnis zueinander stehen können.<br />
Konsonant sind sie dann, wenn zwei Gedanken miteinander<br />
vereinbar sind, zum Beispiel „Ich bin ein kreativer<br />
Mensch“ und „Ich habe für meine Firma schon viele hilfreiche<br />
Innovationen vorangetrieben“. Dissonant hingegen<br />
wären dieses Gedankenpaar: „Ich bin ein kreativer<br />
Mensch“ und „Leider scheitert meine Firma immer wieder<br />
daran, sich selbst neu zu erfinden“.<br />
+Die Entwicklung dieser Fähigkeit bringt den Unternehmen<br />
welchen konkreten Nutzen?<br />
Fischer: Der entscheidende Nutzen liegt in der Etablierung<br />
mehrgleisiger Denkprozesse. Es geht darum, das betriebliche<br />
Wunschdenken, sprich die Zielvorstellungen, auf die hin gearbeitet<br />
werden sollen, durch den Einbezug alternativer Betrachtungsweisen<br />
auf die breitest mögliche Erkenntnisbasis der<br />
Zukunftsvorhersagen zu stellen. So lassen sich Schritte in die<br />
falsche, die Existenz des Unternehmens gefährdende Richtung<br />
sicher nicht gänzlich ausschließen, aber doch deutlich in<br />
ihrem Gefahrenpotenzial verringern. Aus dieser Perspektive<br />
gesehen ist disruptives Denken ein Risiko senkendes, Fehlinvestitionen<br />
vermeidendes und die betriebliche Effizienz steigerndes<br />
Denken.<br />
Diese beiden Gedanken stoßen sich sozusagen im Raum,<br />
sie widersprechen sich, und sie lösen Unbehagen aus. Und<br />
genau dieses Unbehagen nennt die psychologische Forschung<br />
„Dissonanz“. Kognitive Dissonanz ist ein unangenehmer<br />
Gefühlszustand, ein geistiger Spannungszustand,<br />
der die von ihm heimgesuchten Menschen dazu motiviert,<br />
diese Dissonanz schleunigst abzubauen. Das Training von<br />
disruptivem Denken hilft nun, die Fähigkeit zu entwickeln,<br />
kognitive Dissonanzen auszuhalten, also Widersprüche beispielsweise<br />
im vorbereitenden Entscheidungsprozess zu<br />
ertragen, ohne dass darunter die rationale Entscheidungsfähigkeit<br />
leidet. Aus der eigenen Forschungsarbeit heraus<br />
haben wir Interventionen entwickelt, die die Fähigkeit von<br />
Führungskräften disruptiv zu denken fördern.<br />
+Und das lässt sich auf betrieblicher Ebene etablieren?<br />
Fischer: Sicher nicht von heute auf morgen. Sehr wohl aber<br />
ist es möglich, in zielstrebiger Übungsarbeit den Boden für<br />
neue Denkabläufe zu bereiten. Die über allem schwebende<br />
Aufgabe ist es, die das Selbstverständnis und die Handlungsgewohnheiten<br />
erschütternden Disruptionen in den Griff zu<br />
bekommen. Disruptives Denken ist weder Hexerei noch der<br />
alle Probleme lösende Zauberstab. Aber nach Lage der derzeitigen<br />
Erkenntnisse ist es der Schlüssel zur Unternehmenszukunft.<br />
+Herr Professor Fischer, haben Sie vielen Dank für dieses<br />
Interview.<br />
Interview: Hartmut Volk
66<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Blockchain:<br />
Vertrauens motor<br />
für die <strong>digital</strong>e<br />
Bankenwelt?<br />
Im <strong>digital</strong>en Zeitalter verändern disruptive Technologien wie Blockchain die Kunde-Bank-<br />
Beziehung. Für Banken ist das eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Diese<br />
müssen sie annehmen und neue Technologien adaptieren, frühzeitig die Potenziale durchdringen,<br />
ihr Leistungsangebot anpassen und dabei die Datensicherheit im Blick behalten.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 67<br />
Seit jeher spielt Vertrauen in der Bankenwelt die zentrale<br />
Rolle. Kunden geben ihr Vermögen in die Hände erfahrener<br />
Experten, damit sie es erhalten und mehren. Sie verlassen<br />
sich darauf, dass Bankgeschäfte sicher und unter Wahrung<br />
von Vertraulichkeit und Privatsphäre erfolgen. Gerade vermögensverwaltende<br />
Banken bauen ihr Geschäft auf diesem<br />
Prinzip auf und müssen täglich daran arbeiten, dem Vertrauensvorschuss<br />
ihrer Kunden gerecht zu werden.<br />
Überzeugende Produkte und Services sowie die verlässliche<br />
Abwicklung von Transaktionen sind dabei wichtige Ankerpunkte<br />
einer vertrauensvollen Kunde-Bank-Beziehung. In einer<br />
komplexen und sich schnell ändernden Welt müssen sich<br />
Banken aber konsequent weiterentwickeln, um ihre Kunden<br />
auch künftig zu überzeugen. Dabei kommt es für Banken auf<br />
drei Dinge an:<br />
• Sie müssen sich ein Stück weit neu erfinden. Nicht nur,<br />
weil niedrige Zinsen auf die Erträge drücken oder die Regulierung<br />
für zusätzliche Kosten sorgt, sondern auch, weil<br />
sich die Kundenbedürfnisse durch die Digitalisierung verändern.<br />
Viele Kunden wollen in Echtzeit ihre Konten selbst<br />
verwalten, <strong>digital</strong>e Produkte und Services nutzen, und sie<br />
erwarten ein einzigartiges Kundenerlebnis. Verstärkt wird<br />
diese Entwicklung, weil neue Wettbewerber mit attraktiven<br />
Angeboten in Konkurrenz zu den etablierten Banken<br />
treten. Diese müssen mithilfe neuer Technologien attraktive,<br />
sichere und kostengünstige Antworten geben.<br />
• Dazu müssen sich die Banken technisch einfacher und effizienter<br />
organisieren. Denn die weiter steigende Komplexität<br />
des Geschäfts – Stichwort zunehmende Regulierung<br />
– ist eine Herausforderung für traditionelle Banksysteme.<br />
Banken müssen ihre Infrastrukturen leistungsfähiger machen<br />
und die zugrunde liegenden Prozesse <strong>digital</strong>isieren,<br />
um Daten im Sinne ihrer Kunden noch verlässlicher und<br />
effizienter zu verarbeiten.<br />
• Eine <strong>digital</strong>e und vernetzte Welt ist anfällig für Cyberkriminalität<br />
und weitere neuartige Risiken, die das Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Banken und ihren Kunden beeinträchtigen<br />
können. Auch hier müssen Banken durch den<br />
Einsatz moderner und sicherer Technologien weiterhin für<br />
höchste Standards sorgen, um ihren Vertrauensvorsprung<br />
gegenüber neuen Wettbewerbern zu halten.<br />
Blockchain kann die Bankenwelt verändern<br />
Ein zentraler Baustein für den künftigen Erfolg von Banken<br />
ist also die konsequente Nutzung neuer Technologien. Neben<br />
der technischen und finanziellen Realisierbarkeit ist das<br />
Vertrauen in ihre Sicherheit und Zuverlässigkeit das entscheidende<br />
Erfolgskriterium.<br />
Die derzeit am heißesten diskutierte neue Technologie<br />
heißt Blockchain. Sie hält immer häufiger Einzug in die<br />
Finanzbranche. Zwar ist es angesichts der heutigen IT-<br />
Systeme vieler Banken und des disruptiven Potenzials der<br />
Technologie schwer abzuschätzen, wann und in welchem<br />
Umfang sie flächendeckend eingesetzt werden kann. Mittel-<br />
bis langfristig wird diese Technologie aber die Art und<br />
Weise, wie Banken Transaktionen abwickeln, grundlegend<br />
verändern. Denn sie hat das Potenzial, diese einfacher,<br />
schneller und sicherer zu machen.<br />
Um das disruptive Potenzial von Blockchain zu verstehen,<br />
muss man zunächst fragen: Wie gehen die Banken bislang<br />
mit Daten um? Bisher erfassen sie jeden einzelnen Vorgang<br />
separat, von der Überweisung über die Kreditkartenzahlung<br />
bis hin zum Immobilienkredit. Und das für jeden<br />
Kundenstamm. Die erfassten Vorgänge werden zentral in<br />
einer hauseigenen Datenbank hinterlegt. Jede einzelne<br />
Bank muss also mit einer riesigen Masse an Vorgängen<br />
verlässlich klarkommen und die Daten sicher mit anderen<br />
Akteuren des Finanzsystems austauschen. Das ist nicht<br />
nur komplex, sondern auch teuer.<br />
Was macht die Blockchain besser? Im Wesentlichen hat<br />
diese Technologie zwei entscheidende Vorteile:<br />
1. Blockchain bringt sichere und nicht-manipulierbare<br />
Transaktionen in Echtzeit<br />
Einerseits können zwei Akteure Transaktionen sicher untereinander<br />
abwickeln. Über verschlüsselte Identitäten können<br />
sie sich von der Vertrauenswürdigkeit des Gegenübers<br />
überzeugen. Werden sie handelseinig, wird ihre Privatsphäre<br />
dadurch geschützt, dass die Transaktion als anonymisierter<br />
Datenblock abgespeichert wird.<br />
Anderseits stellt die Blockchain den bisherigen Umgang<br />
mit Daten auf den Kopf. Die anonymisierten Datenblöcke<br />
würden nicht im hauseigenen System, sondern in einer<br />
Kette abgespeichert, die nicht verändert, aber von allen<br />
Teilnehmern des <strong>digital</strong>en Netzwerks eingesehen werden<br />
kann. In dieser Kette werden sie aber nur dann hinterlegt,<br />
wenn die Mehrzahl der Netzwerk-Teilnehmer die zugrunde<br />
liegende Transaktion als rechtens anerkennt.<br />
Der Clou: Durch diese Mechanismen würden heute übliche,<br />
langwierige Prozeduren zur Überprüfung von Transaktionen<br />
hinfällig, da sich alle Netzwerk-Teilnehmer jederzeit<br />
auf die Rechtmäßigkeit der abgespeicherten Blocks verlassen<br />
könnten.<br />
Banken könnten so nahezu alle Finanztransaktionen in Echtzeit<br />
abwickeln, die handelnden Akteure erhielten ihr Geld<br />
schneller. Unter dem Strich würden so das Gegenpartei-<br />
Risiko gesenkt, Kapital freigesetzt und Transaktionskosten
68<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Wertpapiere können Firmenkunden den Kapitalmarktzugang<br />
erleichtern und die Kosten der emittierenden Bank<br />
senken. Die Blockchain-basierte Automatisierung von Prozessen<br />
wie der Lohnabwicklung kann dabei helfen, Betriebskosten<br />
zu senken. Und nicht zuletzt können es die<br />
sicheren Identitäten den Banken ermöglichen, Kundendaten<br />
verlässlich und strukturiert zu sammeln, auszuwerten<br />
und zu verarbeiten.<br />
reduziert. Ein weiterer Vorteil: Auch Regulatoren könnten<br />
in das System integriert werden und so jederzeit zusätzlich<br />
überprüfen, ob es regelkonform arbeitet. So könnte kriminellen<br />
Bedrohungen und aufkommenden Krisen schnellstmöglich<br />
entgegengewirkt werden.<br />
2. Smarte Verträge können das <strong>digital</strong>e Kundenerlebnis<br />
und das Kundenvertrauen stärken<br />
Die Blockchain macht es technisch möglich, sogenannte<br />
smarte Verträge zu nutzen. Durch die bessere Aufzeichnung<br />
der finanziellen Verträge vom Wertpapierkauf bis<br />
zum Hauskauf wären künftig Applikationen denkbar, die<br />
lernen und selbst handeln. Kunden könnten dann vorgeben,<br />
welche Handelsentscheidungen – die Verträge – von<br />
der App autonom durchgeführt werden dürfen. Wichtig ist,<br />
dass Kunden diese Aktivitäten jederzeit kontrollieren können.<br />
Smarte Verträge könnten somit das <strong>digital</strong>e Kundenerlebnis<br />
verbessern und das Vertrauen in die Technologie<br />
stärken.<br />
Blockchain bietet vielfältige Geschäftspotenziale<br />
Transaktionen in Echtzeit können die Transaktionskosten<br />
so weit drücken, dass auch kleinste Micropayments – und<br />
damit neue Geschäftsmodelle – attraktiv werden. Smarte<br />
Hürden bis zur Marktreife<br />
Die Blockchain-Welt ist aber nicht nur rosarot. Blockchain<br />
bietet viele Chancen, birgt aber auch disruptive Risiken.<br />
Und damit die Technologie im Finanzsystem überhaupt<br />
Wirklichkeit werden und ihr ganzes Potenzial entfalten<br />
kann, müssen noch zahlreiche Voraussetzungen geschaffen<br />
werden.<br />
So sind technische Hürden zu überwinden. Nur auf einer<br />
gemeinsamen Blockchain-Basis können alle Marktteilnehmer<br />
ihre jeweiligen wertstiftenden Services aufbauen.<br />
Dazu muss die Finanzbrache bereit sein, eine gemeinsame<br />
Lösung mit gemeinsamen Standards zu erarbeiten.<br />
Außerdem muss die Finanzindustrie zum Beispiel festlegen,<br />
wie sie künftig die Identitäten von Personen und Institutionen<br />
behandeln will, wie gesetzliche Zahlungsmittel auf<br />
die Blockchain gebracht werden sollen und wie die zahlreichen<br />
rechtlichen und Governance-Themen im Zusammenhang<br />
mit einer solchen Plattform gelöst werden können.<br />
Banken treiben die Blockchain gemeinsam voran<br />
Die gute Nachricht ist: Viele Marktteilnehmer – von Banken<br />
über Zentralbanken und Regulatoren bis hin zu FinTechs<br />
– investieren signifikante Beträge in die Erschließung der<br />
Technologie und in die Entwicklung Blockchain-basierter<br />
Anwendungen. So haben sich zum Beispiel rund 80 globale<br />
Finanzinstitute und Regulatoren im R3 CEV-Konsortium<br />
zusammengeschlossen, um gemeinsame Standards zu<br />
entwickeln. Der Grundstein wird also bereits gelegt.<br />
Aber es braucht noch mehr, um der Technologie zum Erfolg<br />
zu verhelfen. Daher war UBS die erste globale Bank mit einem<br />
eigenen Blockchain-Programm. Für unseren „Crypto<br />
2.0 Pathfinder“ haben wir ein Innovationslabor beim Fintech<br />
Inkubator Level 39 in London gegründet. Hier teilen<br />
nicht nur unsere Experten Ideen und Erkenntnisse mit der<br />
FinTech-Community und loten die Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
aus. Vielmehr fungiert das Innovationslabor<br />
als Plattform, um Experimente durchzuführen und unsere<br />
Annahmen zu Blockchain zu testen.<br />
Mit Erfolg. Zum Beispiel haben wir mit dem sogenannten<br />
Smart Bond eine Anwendung entwickelt, die den Lebenszyklus<br />
einer Anleihe ohne Vermittler nachbildet, von der
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 67<br />
Ausgabe über die Zinsberechnung und die Couponzahlungen<br />
bis hin zur Fälligkeit. Noch sind das nur erste kleine<br />
Schritte. Aber wir sind davon überzeugt, dass sie auf das<br />
große Ganze einzahlen und die Basis für größere Schritte in<br />
eine Blockchain-Zukunft legen, in der Banken und Kunden<br />
auf eine einfachere, effektivere und noch sicherere Technologie<br />
vertrauen können.<br />
Autor<br />
Dr. Andreas Przewloka, Chief Operating Officer,<br />
UBS Europe SE.<br />
Fazit<br />
Es ist noch ein langer Weg, bis Blockchain flächendeckend<br />
die Bankenwelt verändern und ein Vertrauensmotor<br />
der <strong>digital</strong>en Bankenwelt werden kann.<br />
Aber Banken tun gut daran, solche disruptiven Technologien<br />
als Chance zu erkennen und voranzutreiben.<br />
Denn sie ermöglichen es auch ihnen, neue<br />
Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu erschließen<br />
und gleichzeitig auf eine sichere und vertrauenswürdige<br />
Basis zu stellen.<br />
Bei aller Technik-Euphorie dürfen wir aber nicht vergessen,<br />
dass Banking auch in Zukunft mehr ist als<br />
sichere Transaktionen. Es wird auch weiterhin vor<br />
allem um vertrauensvolle Kundenbeziehungen<br />
gehen, um Expertise, um exzellente Produkte und<br />
individuelle Beratung. Diese Stärken gilt es ebenfalls<br />
weiter auszubauen, wollen Banken ihre Kunden<br />
auch im <strong>digital</strong>en Zeitalter vom Mehrwert der<br />
eigenen Produkte und Services überzeugen. Denn<br />
nur, wenn neue Technologien und ein überzeugendes<br />
Leistungsangebot Hand in Hand gehen, kann<br />
der Vertrauensmotor auch in Zukunft reibungslos<br />
laufen.<br />
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<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
Eine (Asset-)<br />
Klasse für sich<br />
Institutionelle Investoren und Asset Manager haben durch eine neue Auktionsplattform<br />
erstmals die Möglichkeit, ohne vorherige Verbriefung direkt in Forderungen zu investieren.<br />
Der Wegfall der Verbriefungskosten und zeitlichen Verzögerungen kommt dabei allen<br />
Marktteilnehmern zugute.<br />
Seit dem Beginn der Finanzkrise vor rund einer Dekade sind<br />
die Zinsen stark zurückgegangen. Sie befinden sich seit mehreren<br />
Jahren auf einem niedrigen, zum Teil negativen Niveau.<br />
In diesem Umfeld ist es daher insbesondere für Lebensversicherungen<br />
und Pensionseinrichtungen, deren Anlagevolumen<br />
allein in Deutschland über eine 1 Bio. € umfasst, eine<br />
große Herausforderung, die mittleren Garantie- bzw. Rechnungszinsen<br />
im Bereich von zumeist 3 bis 4 Prozent p. a. zu<br />
erreichen. Daher investieren die Anleger risikobereiter und<br />
wenden sich zunehmend alternativen Anlageklassen wie<br />
den sog. Private Markets zu, um die entsprechenden Risikoprämien<br />
zu vereinnahmen. Unter Private Markets werden<br />
Anlagestrategien zusammengefasst, die nicht auf börsengehandelten<br />
Wertpapieren, sondern auf privaten Verträgen<br />
beruhen. Darunter fallen u. a. Private Equity, Infrastruktur,<br />
Erneuerbare Energien und auch Immobilienfinanzierungen.<br />
Insbesondere das Private-Debt-Segment, das aus der Substitution<br />
von herkömmlichem Bank-Kredit-Geschäft entstanden<br />
ist, hat Sub-Assetklassen wie Senior Loans, Infrastructure<br />
Debt und Real Estate Debt hervorgebracht. Allerdings sind<br />
auch in diesen Anlageklassen die Risikoprämien signifikant<br />
zurückgegangen, sodass die Anleger auf der Suche nach<br />
auskömmlichen Erträgen ihr Anlagespektrum erweitern und<br />
damit innerhalb des Private-Debt-Segments nun Handelsforderungen<br />
(Trade Receivables) das Interesse von institutionellen<br />
Anlegern geweckt haben.<br />
Warum erst jetzt?<br />
Neben dem Bankkredit als klassischem Finanzierungsinstrument<br />
ist der Verkauf von Forderungen für Unternehmen<br />
eine vielfach genutzte Alternative zur Liquiditätsgenerierung<br />
im Rahmen des Working Capital Management.<br />
Der regresslose Verkauf von Handelsforderungen (True Sale)<br />
reduziert Kredit- und Zahlungsrisiken und kann auch zu einer<br />
Bilanzverkürzung genutzt werden, die in der Regel eine Verbesserung<br />
der Kapital- und Bilanzkennzahlen zur Folge hat.<br />
Bisher lagen die verfügbaren Forderungsan- bzw. verkaufslösungen<br />
wie Factoring, Forfaitierung und Supply Chain<br />
Finance (SCF, Reverse Factoring oder Approved Payables<br />
Programs) primär in der Hand von Banken und Factoring-<br />
Unternehmen und waren für institutionelle Investoren nicht<br />
direkt oder nur sehr schwer zugänglich.<br />
Bis dato verlief die Investition in Handelsforderungen über<br />
ABCP (Asset Backed Commercial Papers)-Programme oder<br />
andere Verbriefungsmechanismen. Hier werden zahlreiche<br />
Handelsforderungen zunächst nach gleichen Fälligkeiten<br />
gebündelt und dann zu einem besicherten Wertpapier zusammengefasst.<br />
Allerdings ist hierfür ein Intermediär, z. B.<br />
in Form einer Bank oder einer Zweckgesellschaft (Special<br />
Purpose Vehicle, SPV), erforderlich, was aufgrund der geforderten<br />
Eigenkapitalrenditen, regulatorischen Anforderungen<br />
und Garantieversprechen wiederum entsprechende Kapitalkosten<br />
zur Folge hat. Durch diese teuren Strukturen waren<br />
die potenziellen Erträge für Investoren bisher vergleichsweise<br />
gering. Andererseits war der Verbriefungsweg bislang unumgänglich,<br />
da man bisher vor dem Problem stand, bei einer<br />
Direktinvestition in Handelsforderungen – bedingt durch die<br />
überschaubaren Nominalbeträge von Handelsforderungen<br />
– eine große Menge an Handelsforderungen verwalten zu<br />
müssen. Eine Herausforderung, für die erst die Digitalisie-
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 71<br />
rung eine Lösung ermöglicht hat. Mit dem Aufkommen und<br />
dem Zusammenspiel neuer Technologien in den Bereichen<br />
Echtzeit-Auktionen, Betrugsprävention und Zahlungsabwicklung<br />
werden nun fragmentierte Einzelmärkte zu einem umfassenden<br />
<strong>digital</strong>en Marktplatz zusammengeführt. Als eine<br />
in Deutschland entwickelte Finanzmarktinnovation bietet<br />
TrustBills eine transparente, schnelle und faire web-basierte<br />
Auktionsplattform für Handelsforderungen, die institutionellen<br />
Anlegern einen kostengünstigen und effizienten Direktzugang<br />
zu globalen Handelsforderungen ermöglicht. Hierbei<br />
können sowohl bestätigte als auch unbestätigte Handelsforderungen<br />
im Rahmen einer stillen oder offenen Zession auf<br />
Einzelbasis verauktioniert werden. Durch die direkte Verbindung<br />
zwischen Verkäufern und Käufern werden potenzielle<br />
Interessenkonflikte vermieden, was wiederum den beteiligten<br />
Parteien und damit der Realwirtschaft zugutekommt.<br />
Was macht Handelsforderungen für Investoren so<br />
attraktiv?<br />
Durch den Wegfall des Verbriefungserfordernisses und der<br />
damit verbundenen Friktionen können Investoren unmittelbar<br />
an einer neuartigen Risikoprämie partizipieren. Bisher<br />
wurde als Maß zur Beurteilung eines Schuldners dessen Rating<br />
herangezogen. Bei Handelsforderungen steht hingegen<br />
die Zahlungswilligkeit, d. h. das Zahlungsverhalten, im Vordergrund.<br />
Das Zahlungsverhalten ist weniger vom Rating geprägt<br />
als vielmehr von der Beziehung zwischen Lieferant und<br />
Schuldner und der Position der beteiligten Parteien innerhalb<br />
der Kundenbeziehung. Und diese korreliert nicht notwendigerweise<br />
immer mit der Kreditwürdigkeit.<br />
Niedrige Korrelationen<br />
Aufgrund der zuvor beschriebenen Diskrepanz zwischen<br />
Zahlungsfähigkeit (Rating) und Zahlungswilligkeit (Zahlungsverhalten)<br />
sind die zu erwartenden Korrelationen zum Credit<br />
Spread und zu anderen Anlageklassen vergleichsweise gering.<br />
Dieser Korrelationseffekt wird verstärkt durch die Granularität<br />
eines Forderungsportfolios, d. h. die Nutzung des<br />
Diversifikationspotenzials durch die Zusammenstellung der<br />
jeweiligen Einzelforderungen auf Basis individueller Investitionskriterien.<br />
Markt- und risikoadäquate Bewertung<br />
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Zahlungsverhalten<br />
innerhalb der Lieferanten-Schuldner-Beziehung bekannt<br />
und messbar ist. Da die Zahlungsabwicklung über<br />
eine Plattform erfolgt, wird das Zahlungsverhalten erfasst<br />
und protokolliert. Dadurch erhält man für das Zahlungsverhalten<br />
komplett neue, messbare Risikometriken wie Zahlungsverzögerung<br />
und Verwässerung. Auf Basis von Renditeerwartung<br />
und Gewichtung der Risikometriken können<br />
Investoren somit effizient risikoadäquate Gebote für eine<br />
Vielzahl von Forderungen abgeben. Diese neuen Risikometriken<br />
erlauben so ein effizientes und transparentes Portfolio-<br />
und Risikomanagement.<br />
Geringe Volatilität<br />
Aufgrund der kurzen Laufzeit (Duration) der Handelsforderungen,<br />
die im Mittel zwischen 30 und 90 Tagen liegt,<br />
ist das Zinsänderungsrisiko durch einen möglichen Zinsanstieg<br />
sehr gering. Neben der daraus resultierenden gerin-
72<br />
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7<br />
gen Volatilität hat die kurze Duration für Versicherungen<br />
noch den Vorteil einer geringeren Eigenkapitalanforderung<br />
unter Solvency II – selbst wenn es sich um Handelsforderungen<br />
ungerateter Unternehmen handelt – gegenüber<br />
(längerlaufenden) Unternehmensanleihen mit vergleichbarem<br />
Ertragspotenzial.<br />
« Ein weiterer<br />
großer Vorteil<br />
von Handelsforderungen<br />
ist die<br />
natürliche Selbstliquidation.<br />
»<br />
Absolute Return-Eigenschaft<br />
Ein gut diversifiziertes Portfolio von Handelsforderungen<br />
besitzt darüber hinaus Absolute-Return-Eigenschaften in<br />
Reinform, da ein Verlustpotenzial lediglich bei einer Verwässerung<br />
oder einem Ausfall besteht, das aber durch die<br />
Streuung über eine große Anzahl unterschiedlicher Handelsforderungen<br />
abgefedert werden kann. Eine verspätete<br />
Begleichung einer Forderung führt lediglich zu einer<br />
Renditeminderung, jedoch weiterhin zu einer (absoluten)<br />
positiven Rendite (Return).<br />
Natürliche Selbstliquidation<br />
Ein weiterer großer Vorteil von Handelsforderungen ist die<br />
natürliche Selbstliquidation. Im Gegensatz zu Investitionen<br />
in alternative Anlageklassen im Private-Debt-Bereich,<br />
bei denen aufgrund der langen Kapitalbindung ein vorzeitiger<br />
Ausstieg nur sehr schwer möglich ist, liquidiert sich<br />
ein Portfolio von Handelsforderungen bei Bedarf hingegen<br />
selbstständig ohne weiteres Zutun. Es fallen noch nicht<br />
einmal Transaktionskosten an, wie man sie beim Verkauf<br />
von Wertpapieren kennt. Die Herausforderung liegt vielmehr<br />
im Re-Investment der Gelder, die täglich aus beglichenen<br />
Handelsforderungen resultieren.<br />
Flexibilität<br />
Unternehmen oder Anleger, die kleine bis mittelgroße<br />
Geldbeträge kurzfristig parken wollen, ohne Negativzinsen<br />
zahlen zu müssen, können dies durch die direkte Investition<br />
in Handelsforderungen tun. Bei größeren Beträgen oder<br />
längerfristigen Investments bietet sich die Vorgehensweise<br />
an, die man bereits von anderen Anlageklassen, wie Renten<br />
und Aktien, kennt. Marktüblich ist: Man bedient sich<br />
eines dezidierten Asset Managers, der z. B. einen entsprechenden<br />
Spezialfonds für institutionelle Anleger aufsetzt,<br />
die optimale (Re-)Investition der Gelder vornimmt und das<br />
Portfolio gemäß den Risiko-Rendite-Vorgaben der Investoren<br />
verwaltet. Über Fonds auf Handelsforderungen können<br />
nicht nur Unternehmen und institutionelle Anleger in diese<br />
neue Anlageklasse investieren, sondern auch Banken ihr<br />
Anlagespektrum im Depot A erweitern.<br />
Autor<br />
Dr. Christian Schmitt ist Leiter des Bereichs<br />
Investor Solutions bei TrustBills.<br />
Fazit<br />
Das Zusammentreffen mehrerer Faktoren – insbesondere<br />
die Liquiditätsschwemme und das damit einhergehende<br />
Niedrigzinsumfeld, strengere Anforderungen<br />
sowie höhere Eigenkapitalunterlegungen<br />
durch die Regulierung – führt zu einer immer stärker<br />
werdenden Nachfrage nach Anlagealternativen, die<br />
ein angemessenes Rendite-Risiko-Verhältnis bieten.<br />
Der weltweite Handel, der vornehmlich auf offener<br />
Rechnungsbasis erfolgt, sowie die zunehmende Substitution<br />
von Bankaktivitäten (z. B. im Kreditgeschäft)<br />
durch institutionelle Anleger haben Handelsforderungen<br />
als Anlageklasse in den Fokus gerückt. Durch eine<br />
geringe Korrelation mit den bisherigen Assetklassen<br />
bieten sie Diversifikationsmöglichkeiten in bestehenden<br />
Portfolien, eine kurze Kapitalbindungsdauer von<br />
30 bis 90 Tagen sowie einen inhärenten Absolute-<br />
Return-Charakter. Durch die neue Auktionsplattform<br />
für Handelsforderungen TrustBills erhalten institutionelle<br />
Investoren und Asset Manager erstmals die<br />
Möglichkeit, direkt – d. h. ohne vorherige Verbriefung<br />
– in Forderungen zu investieren. Der Wegfall der Verbriefungskosten<br />
und zeitlichen Verzögerungen kommt<br />
dabei allen Marktteilnehmern zugute.
<strong>01</strong> | 2<strong>01</strong>7 73<br />
Digitalisierung im<br />
Projektmanagement<br />
Vor allem mit Blick auf die Digitalisierung wird die Liste der Einflussfaktoren in<br />
der Finanzbranche immer länger. Wie kann das Projektmanagement die Chancen dieses<br />
Wandels für sich nutzen und die Herausforderungen zu seinen Gunsten umwandeln?<br />
Ein Ansatzpunkt ist die Anwendung von Projektmanagement-Tools, die einen großen<br />
Mehrwert schaffen können.
74<br />
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Die geschickte Wahl des richtigen Projektmanagement Tools<br />
kann hierbei den besonderen Mehrwert bringen.<br />
« Dank der Digitalisierung<br />
kann das<br />
Projektmanagement<br />
durch effizienten<br />
Einsatz von<br />
Tools optimiert<br />
werden. »<br />
Dank Smartphones und Apps ist es möglich, das eigene<br />
Büro auch unterwegs immer dabeizuhaben. Was vor einigen<br />
Jahren noch undenkbar schien, ist zum Alltag geworden: uneingeschränkte<br />
Erreichbarkeit und die Möglichkeit, nicht nur<br />
von überall auf seine Daten zuzugreifen, sondern auch einfach<br />
per App ganze Projekte zu managen. Es scheint fast, als<br />
gäbe es für jedes Problem eine <strong>digital</strong>e Lösung.<br />
Dieser Wandel macht auch vor der Finanzbranche nicht halt.<br />
Allerdings bringt jede fundamentale Innovation nicht nur<br />
neue Möglichkeiten, sondern auch eine Vielzahl an Herausforderungen.<br />
So verwundert es nicht, dass viele Finanzinstitute<br />
dem Wandel der Zeit noch hinterherhinken. Dies bedeutet<br />
sowohl, dass potenzielle Chancen verpasst werden, als<br />
auch, dass noch einige Kosten durch die Implementierung<br />
neuer Prozesse und Methoden bevorstehen. Zusätzlich erhöht<br />
sich der Druck auf die Banken immer weiter durch die<br />
anhaltende Niedrigzinspolitik, die immer komplexer werdenden<br />
regulatorischen Anforderungen und die steigende Konkurrenz<br />
durch FinTech-Unternehmen. Dadurch stehen die<br />
strategischen Projekte der etablierten Häuser unter großem<br />
Erfolgsdruck, der durch Zeit- und Budgetbeschränkungen<br />
noch weiter verstärkt wird. Umso wichtiger ist es, dass Projekte<br />
von vornherein effektiv geplant und gemanagt werden,<br />
damit einer erfolgreichen Umsetzung nichts im Wege steht.<br />
Klassisches Projektmanagement<br />
Die Kompetenz des Projektmanagements stützt sich auf<br />
vier wichtige Pfeiler: Budget, Kommunikation, Zeitmanagement<br />
und Qualitätssicherung. Streng betrachtet kann jeder<br />
dieser Themenbereiche auch ohne technische Hilfe bewältigt<br />
werden. Allerdings können dank der Digitalisierung und<br />
der immer breiteren Angebotspalette auf dem Markt diese<br />
Bereiche durch den geschickten und effizienten Einsatz von<br />
Tools optimiert werden. Viele unerfahrene Projektmanager<br />
greifen jedoch noch immer auf klassische Office-Lösungen<br />
zurück. Beispielsweise werden die Budgetplanung und das<br />
spätere Controlling meist noch händisch mit Excel bewältigt.<br />
Die für den Projekterfolg äußerst wichtige Kommunikation<br />
wird klassischerweise häufig durch E-Mailketten und Telefonkonferenzen<br />
verwaltet. Zudem werden zur Darstellung<br />
von wichtigen Informationen und erreichten Meilensteinen<br />
in Status-Reports simple Office-Lösungen genutzt. Und auch<br />
die Qualitätssicherung beruht meist nur auf einem „Vier-<br />
Augen-Prinzip“.<br />
Digitales Projektmanagement<br />
Erfahrene Projektmanager greifen im <strong>digital</strong>en Zeitalter<br />
nicht mehr nur auf Standardtools zurück. Wie auch in anderen<br />
Branchen hat die Digitalisierung dazu geführt, dass<br />
Start-ups und Beratungsunternehmen unterschiedlichste<br />
Projektmanagement-Tools entwickelt haben. Diese können<br />
sich in Funktion und Umfang sehr unterscheiden, in der Regel<br />
gehören aber Terminverwaltung, Kommunikation, File<br />
Sharing, Aufgabenverwaltung und Budget Monitoring zu den<br />
essenziellen Features. Somit können viele alltägliche Projektmanagement-Aufgaben,<br />
wie die Organisation von Terminen,<br />
Budgetcontrolling und Verwaltung der nächsten Schritte,<br />
schneller, effizienter und zentraler bewältigt werden.<br />
Je nach Projektfokus bieten sich unterschiedliche <strong>digital</strong>e<br />
Tools für spezifische Features an. Manche legen ihren Fokus<br />
auf die Budgetierung und beinhalten praktische Features, mit<br />
denen Reporting, Invoicing oder die gesamte Budgetplanung<br />
erleichtert werden können. Rechnungen werden beispielsweise<br />
automatisch anhand der geleisteten Arbeit vorbereitet<br />
und kommuniziert oder Controlling Tools bestimmen KPIs,<br />
um eine Interpretation des Projektfortschritts zu erleichtern.<br />
Im Rahmen der Kommunikation werden vor allem kurze<br />
Wege immer wichtiger. So legen viele Tools explizit ihren<br />
Schwerpunkt auf die kurzfristige Interaktion und setzen auf<br />
Chatfunktionen und Pinnwände. Andere Tools haben sich hingegen<br />
auf die Qualitätssicherung spezialisiert. Durch die Vor-
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<strong>01</strong> Die vier wichtigsten Fragen bei der Projektmanagement-Tool-Auswahl<br />
1. Was sind die Ziele des Projekts?<br />
_____ Ziele definieren<br />
_____ Mindesanforderungen festlegen<br />
_____ Schwerpunkt der Tools erkennen<br />
2. Wie umfangreich ist das Projekt?<br />
_____ Komplexität und Dauer des Projekts<br />
abschätzen<br />
_____ All-in-one vs. Best-of-Breed<br />
Entscheidung treffen<br />
Wunsch-<br />
PM-Tool<br />
_____ Akzeptanz erkennen<br />
3. Was ist der aktuelle Standard?<br />
_____ Vorhandene Tools recherchieren und bewerten<br />
_____ Mögliche Synergien suchen<br />
3. Wie viel will ich investieren?<br />
_____ Budget festlegen<br />
_____ Benefits abwägen<br />
Quelle: KMPG.<br />
definition von Qualitätsmerkmalen ist es sogar stellenweise<br />
möglich, Ergebnisdokumente durch ein entsprechendes Tool<br />
bewerten zu lassen, um somit auf Missstände bzw. die Qualität<br />
hinzuweisen.<br />
Die richtige Auswahl<br />
Da die Finanzbranche selbst noch der Digitalisierung hinterherhinkt,<br />
ist es nicht verwunderlich, dass vielen der Mehrwert<br />
eines Projektmanagement-Tools noch nicht bewusst<br />
ist. Auch das Überangebot durch verschiedene Anbieter stellt<br />
ein weiteres Hindernis bei der Auswahl des bestmöglichen<br />
Tools dar. Um ein klareres Bild über die Marktsituation zu bekommen<br />
und somit effizient ein Projektmanagement-Tool zu<br />
implementieren, wird ein erfahrener Projektmanager benötigt,<br />
der das bevorstehende Projekt genau analysiert und die<br />
essenziellen Features herauskristallisieren kann.<br />
In einer ersten Marktanalyse haben wir 23 nennenswerte<br />
öffentliche <strong>digital</strong>e Projektmanagement-Tools analysiert. Bei<br />
dem Versuch, das Leistungsspektrum (gemessen z. B. an<br />
der Anzahl der einzelnen Features) zu einem entsprechenden<br />
Preis (gemessen in Kosten pro 25 Mitarbeitern pro Jahr) zu<br />
mappen, war erkennbar, dass kein linearer Zusammenhang<br />
besteht. Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Erstens erlaubt<br />
die Anzahl an Features keine Rückschlüsse auf deren Qualität<br />
oder Tiefe. So müssen günstigere Tools, die eine große<br />
Bandbreite von Features aufweisen und nur sehr granulare<br />
<strong>digital</strong>e Projektmanagement-Lösungen bieten, nicht zwingend<br />
besser sein als kostspieligere Tools mit starker Spezialisierung<br />
in einem Bereich.<br />
Zweitens ist auch der Preis allein kein aussagekräftiger Indikator<br />
für die Qualität eines Produkts. Schlussendlich zeigt<br />
unsere Analyse vor allem, wie wichtig eine kritische und individuelle<br />
Evaluierung des Projekts im Vorfeld ist, um das richtige<br />
Tool zu finden. Obwohl es kein perfektes Tool gibt, das<br />
allen Anforderungen entspricht, kann man mit dem richtigen<br />
Know-how und Erfahrung auf dem Gebiet des Projektmanagements<br />
die Auswahl stark eingrenzen. In der Darstellung<br />
› <strong>01</strong> sind vier wichtige Fragen zusammengefasst, die man<br />
sich bei der Auswahl stellen sollte:<br />
1. Was sind die Ziele des Projekts?<br />
Ein guter Projektmanager hat schon vor Beginn des Projekts<br />
die wichtigsten Meilensteine und Ergebnisse im Blick. Die<br />
daraus resultierenden Ansprüche sind essenziell, um die<br />
erforderlichen Funktionen des Projektmanagement-Tools<br />
bestimmen zu können. Hierbei können anhand eines Questionnaires<br />
gezielt die Mindestanforderungen des Projekts<br />
bestimmt werden. Ist beispielsweise eine fließende Kommunikation<br />
im Team besonders wichtig, da verschiedene<br />
Geschäftsbereiche einer Bank betroffen sind? Oder ist gerade<br />
bei diesem Projekt die Kosten- und Budgetplanung ein<br />
großes Problem, da das Projekt über einen langen Zeitraum<br />
läuft? Durch das Ermitteln von Kennzahlen kann man die Auswahl<br />
an Tools gezielt filtern und so den Prozess vereinfachen.
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2. Wie umfangreich ist das Projekt?<br />
Die Komplexität und Dauer des Projekts ist ein entscheidender<br />
Faktor, um einzuschätzen, welche Aufgaben das Tool bewältigen<br />
können muss. Das angebotene Leistungsspektrum<br />
kann man hauptsächlich in zwei Kategorien unterteilen: All-in-<br />
One, also ein Produkt, das alle möglichen Bereiche abdeckt,<br />
oder Best-of-Breed, die Features für ein spezifisches Problem<br />
anbieten. Der Vorteil eines All-in-One Tools ist die breite<br />
Palette an angebotenen Features. Dieses Produkt kann sinnvoll<br />
sein, wenn es bei mehreren Projekten gleichzeitig oder<br />
Projekten mit langer Laufzeit angewendet wird, da hier meistens<br />
der Bedarf nach unterschiedlichen Features besteht.<br />
Allerdings sind diese Tools oftmals sehr komplex, worunter<br />
die Benutzerfreundlichkeit leidet. Ist das Tool zu kompliziert,<br />
um es in angemessener Zeit verstehen zu können, werden<br />
die meisten doch wieder auf herkömmliche Lösungswege<br />
zurückgreifen. Andererseits können Best-of-Breed-Tools eine<br />
einfache Lösung für kleinere Projekte sein. Da man oft <strong>digital</strong>e<br />
Tools on-Demand nutzen kann, ist es möglich, für jedes<br />
neue Teilprojekt ein neues spezifisches Feature zu kaufen,<br />
das genau auf den Projektbedarf zugeschnitten ist. Problematisch<br />
hierbei ist, dass man sich bei jedem Projekt in ein<br />
neues Tool einarbeiten muss. Zudem kann man nicht flexibel<br />
auf unerwartete Probleme reagieren, da ein entsprechendes<br />
Feature möglicherweise nicht vorhanden ist. Welcher Weg<br />
der bessere ist, kann schlussendlich nur durch eine detaillierte<br />
Analyse entschieden werden.<br />
3. Was ist der aktuelle Standard?<br />
Sowohl Projektmanager als auch viele Mitarbeiter haben oft<br />
über die Projekthistorie hinweg Kontakt mit Projektmanagementaufgaben<br />
und Tools gehabt. Für viele Aufgaben, die in<br />
jedem Projekt wieder auftauchen, gibt es meist schon ein<br />
implementiertes Tool. Wenn dieses Tool den Ansprüchen des<br />
nächsten Projekts genügt, ist es nicht notwendig, diesen<br />
Bereich durch neue Software zu ersetzen. Man sollte Tools<br />
bevorzugen, die den Fokus auf Bereiche legen, die noch nicht<br />
abgedeckt sind. Außerdem ist es sinnvoll, darauf zu achten,<br />
ob es möglicherweise Synergien zwischen den vorhandenen<br />
Tools und der zukünftigen Software gibt. Wenn diese frühzeitig<br />
erkannt werden, kann für das Unternehmen noch ein<br />
weit größerer Nutzen – vor allem auch für zukünftige Projekte<br />
– erschlossen werden.<br />
4. Wie viel will ich investieren?<br />
Letztendlich stellt sich irgendwann immer die Kostenfrage.<br />
Es gibt viele günstige Tools, die meistens nur spezifische<br />
Features anbieten. Dementsprechend kann man von diesen<br />
nicht erwarten, dass sie flexibel für unterschiedliche Projek-<br />
« Vielen ist der<br />
Mehrwert eines<br />
Projektmanagement-Tools<br />
noch<br />
nicht bewusst. »<br />
te einsetzbar sind. Auf der anderen Seite sind einige All-in-<br />
One- Tools teurer und machen Unternehmen somit indirekt<br />
langfristig abhängiger. Schlussendlich muss jeder Projektmanager<br />
abwägen, ob der Preis eines Tools gerechtfertigt<br />
ist und wie viel ihm persönlich die Digitalisierung seiner Aufgaben<br />
wert ist.<br />
Autoren<br />
Roman Simschek, Senior Manager, und<br />
Rouven Litterscheidt, Senior Associate, beide bei der<br />
KPMG AG Wirtschaftsprüfungs gesellschaft, Projekt- und<br />
Programmmanagement, Financial Services.<br />
Fazit<br />
Die Finanzbranche steht vor vielen komplexen<br />
He rausforderungen und muss sich strategisch für die<br />
Zukunft aufstellen. Dabei ist das Umfeld durch regulatorische<br />
Anforderungen und vielen erforderlichen<br />
Einsparnissen äußerst ungünstig, um Ressourcen<br />
leichtfertig zu verschwenden. Die richtige Wahl eines<br />
Projektmanagement-Tools kann das Erreichen der<br />
Unternehmensziele erleichtern. Hierfür muss ein<br />
erfahrener Projektmanager die Ziele des Projekts klar<br />
definieren und den zu bewältigenden Umfang erkennen<br />
können. Erwägt er zudem sowohl die vorhandene<br />
Infrastruktur, die Einbindungsmöglichkeiten des<br />
Tools als auch den jeweiligen Preis, kann ein effizientes<br />
Tool zur Bewältigung aller kommenden Aufgaben<br />
ausgewählt werden, wodurch nicht nur das Unternehmen,<br />
sondern auch der Kunde direkt profitiert.
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6. – 12. November 2<strong>01</strong>7<br />
Eine Woche. Eine Stadt.<br />
Das Beste zur Zukunft<br />
der Finanzen.<br />
Die Fintech Week Hamburg legt nach.<br />
Vernetzung und Austausch über alle Bereiche hinweg<br />
Rund 40 Veranstaltungen in einer Woche, vom Netzwerk-Frühstück<br />
und der klassischen Konferenz bis zum Startup Weekend Fintech:<br />
Nach ihrem Debut im Vorjahr bringt die Fintech Week Hamburg<br />
wieder Akteure aus der Fintech- und Bankenbranche zusammen.<br />
Auf dem Laufenden bleiben<br />
Bis zum Start der #fwhh17 im November kommen jeden Monat<br />
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mit Ideen für Formate und Locations. Seid gespannt! Die erste<br />
Programm- Staffel findet ihr bereits auf unserer Website.<br />
www.fintechweek.de<br />
#fwhh17<br />
Eine Veranstaltungswoche von:<br />
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