EGO 174 - 1
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M E M E T I K<br />
Fezg<br />
„Ich probiere Meinungen an, so wie ich Kleider anprobiere“ so Ronja von Rönne – und<br />
sie kokettiert mit der Ernsthaftigkeit, die das Thema Meinung umweht. Denn jeder hat<br />
eine Meinung und wir halten unsere eigene für besonders wahr, richtig und wichtig. Aber<br />
wie kommt Meinung eigentlich zustande? Sind wir die Urheber, haben wir die Hoheit<br />
über unsere Meinungen? Oder werden wir fremdgesteuert durch die Medien<br />
(Meinungsmacher, Lügenpresse)? Die Memetik sagt nein, weder noch, und sieht uns alle<br />
als unbeteiligte „Wirte“ von Memen, sprich: kulturellen Informationseinheiten, die im<br />
Wettbewerb um das eigene Überleben und ihre Reproduktion kämpfen. Dieses<br />
Begriffsmodell entspricht der Genetik. Wo die Gene für die Weitergabe der eigenen<br />
Erbinformation sorgen (Hardware), bringen Meme die Kultur in eine Evolutionsdynamik<br />
(Software): Survival of the fittest gilt auch für Ideen, Gedanken, Werte, Melodien,<br />
Glaubenssätze und Vorlieben. Besonders erfolgreiche Meme werden also in höherem<br />
Maße verbreitet (reproduziert), als weniger gut angepasste. So betrachtet, haben wir keine<br />
Meinung, sondern die Meinung hat uns: Wir wurden von einem erfolgreichen Memplex<br />
(Gruppe von Memen) „befallen“ und tragen durch weitererzählen, liken, verlinken und<br />
retweeten zur weiteren Verbreitung bei.<br />
Memetik: Vom Erklärungsmodell zum Viralen Marketing zum Internet-Mem<br />
Mit der Konstruktion und Distribution von »Memen« wurde in der Werbung eigentlich<br />
immer schon gearbeitet, auch wenn Meme noch nicht Meme hießen und die benutzten<br />
Mechanismen nicht unbedingt die gleichen waren. Meme sind keine »Erfindung«,<br />
sondern ein Beschreibungsmodell. Wissenschaftliche Modelle dienen dazu, ein<br />
Phänomen zu beschreiben, um das, was es tut, wie es das tut und warum es das tut<br />
schlüssiger zu erklären als existierende Modelle. Dazu muß das Modell unter anderem<br />
auch in der Lage sein, verläßlich und wiederholbar Voraussagen zu treffen, wie das<br />
Phänomen sich unter welchen Bedingungen verhalten wird.<br />
Quellhinweise:<br />
Foto/Bild: Wikra / Fotolia.com<br />
Beitrag. Enno