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Herzlichen Glückwunsch<br />

DER KOMMENTAR<br />

Kai Ertel<br />

Zum G7 Gipfel am 08.07.1992 gab<br />

es den sogenannten „Münchner<br />

Kessel“; zum G 20 Gipfel 08.07.2017<br />

gab es das „Fiasko von Hamburg“. Lassen<br />

wir mal die Randalierer und Radikalen, die<br />

durch die Straßen ziehen und Körperverletzungen,<br />

Vandalismus und Sachbeschädigungen<br />

in Millionenhöhe verursachen,<br />

außer Acht, denn dass dies nicht im Sinne<br />

einer Demonstration von rechtschaffenen<br />

Bürgern ist, bleibt unumstritten! Etwas finde<br />

ich dennoch seltsam: rund 21000 Polizisten<br />

bekommen 800 Randalierer nicht in<br />

den Griff? Da scheint etwas schiefgegangen<br />

zu sein.<br />

Was mich stört ist, dass die Regierung gegen<br />

geltendes Grundrecht verstößt, wenn<br />

sie dem Bürger verbietet, gegen etwas,<br />

das ihm missfällt, zu demonstrieren.<br />

Alle Deutschen haben das grundsätzliche<br />

Recht, sich „ohne Anmeldung oder Erlaubnis<br />

friedlich und ohne Waffen zu versammeln“<br />

(Art. 8 GG). Für Versammlungen und<br />

Demonstrationen unter freiem Himmel gilt<br />

nach dem Versammlungsgesetz zusätzlich:<br />

Sie müssen bei der Ordnungsbehörde<br />

(Polizei) angemeldet werden und die<br />

Demonstrationsteilnehmer dürfen sich nicht<br />

uniformieren oder vermummen. Gegen das<br />

polizeiliche Verbot einer Demonstration<br />

können Rechtsmittel eingelegt werden.<br />

(Quelle: Thurich, Eckart: pocket politik.<br />

Demokratie in Deutschland, überarb. Neuaufl.<br />

Bonn: Bundeszentrale für politische<br />

Bildung 2011).<br />

Demonstrationen haben doch meistens<br />

einen „Guten Grund“. Dieser „Grund“ ist<br />

der unzufriedene Bürger. Verbote, wie<br />

die vom G 20 Gipfel, zeigen doch, dass<br />

ein Verbot Randalierer auf den Plan ruft<br />

und alles eskaliert. Nun ist ja Deutschland<br />

nicht alleine mit dem Verbieten von<br />

Demonstrationen. Spanien ist darin auch<br />

sehr gut. Am 01.07.2015 trat in Spanien<br />

das „Gesetz zum Schutz des Bürgers“, im<br />

Volksmund „Knebelgesetz“ (ley mordaza)<br />

auf den Plan. Dieses Gesetz liefert die<br />

Bürger tatsächlich der Willkür der Staatsgewalt<br />

aus und erstreckt sich von der<br />

Straße bis ins Internet. Unangemeldete<br />

Versammlungen und Demonstrationen<br />

vor öffentlichen Gebäuden, seien es<br />

Krankenhäuser, Verwaltungen oder das<br />

spanische Parlament, werden von jetzt an<br />

mit bis zu 30.000 Euro geahndet. Protestaktionen<br />

innerhalb öffentlicher Gebäude<br />

kosten bis zu 600.000 Euro. Wer unautorisiert<br />

Bilder oder Videos von Sicherheitskräften<br />

verbreitet, muss ebenfalls mit<br />

Strafen von über einer halben Million Euro<br />

rechnen.<br />

Ich frage mich, was es soll, dass unsere<br />

Politiker uns einfach weg-ignorieren.<br />

1992 monierten sie, dass sie wegen der<br />

Demonstranten Blasmusik, die ihnen<br />

kredenzt wurde, nicht ungestört hören<br />

konnten. 2017 lauschte die Politik-Elite<br />

ungestört Beethovens Neunte, da die<br />

Demonstrationen kilometerweit entfernt<br />

stattfanden. Nach dem Motto „was stört<br />

uns der Pöbel“ wird einfach ignoriert,<br />

was der Bürger zu sagen hat. Ich kann<br />

mich nicht erinnern, dass es jemals eine<br />

Demonstration in Deutschland gegeben<br />

hätte, die dann letztendlich Erfolg hatte,<br />

die Politik positiv beeinflusst hätte und<br />

aufgrund der im Sinne des Begehrens<br />

des Bürgers entschieden wurde. Sind wir<br />

am Ende selber schuld, denn die Volksvertreter<br />

haben wir ja selber gewählt!?<br />

Verbieten, ignorieren und ggf. unverhältnismäßige<br />

Aktionen der Polizei gegenüber<br />

friedlichen Demonstranten, löst die<br />

Unzufriedenheit der Bürger doch nicht<br />

auf. Die Unzufriedenheit bleibt. Wie kann<br />

sich etwas ändern? Denn wir scheinen uns<br />

Stück für Stück von der Demokratie zu<br />

verabschieden. Es ist der Gipfel, dass wir<br />

nach der Wahl eigentlich keinen Einfluss<br />

mehr auf die Politik haben und uns zu<br />

fügen haben, ob es uns nun passt oder<br />

nicht!<br />

In diesem Sinne: herzlichen Glückwunsch!<br />

6<br />

www.spanienaktuell.es - August 2017

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