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bauer haben die ergebnisse der studie möglicherweise weitreichende<br />

Konsequenzen, wenn es gelingen könnte, den speichel<br />

der mottenlarven gezielt zur ertragssteigerung zu nutzen. Generell<br />

zeigen Pflanzen eine reihe von reaktionen auf Fraßschäden,<br />

beispielsweise einen veränderten stoffwechsel und eine erhöhte<br />

Produktion von Giftstoffen, die Pflanzenfresser abschrecken sollen.<br />

Im Gegenzug haben die Pflanzenfresser – wie die Guatemala<br />

Kartoffelmotte – strategien, um diese Giftstoffe abzuwehren. Wo<br />

sich Pflanzen und Pflanzenfresser zeitgleich entwickelt haben,<br />

ergeben sich durch die gemeinsame evolution manchmal sogar<br />

Vorteile für beide seiten. Die studie der Göttinger Wissenschaftler<br />

gibt Hinweise auf eine solche gelungene Ko-evolution bei Wirt<br />

und schädling: Die Kartoffelpflanze gleicht den Fraßverlust durch<br />

besonders schwere Knollen aus – und der motte steht so mehr<br />

nahrung zur Verfügung. Außerdem glauben die Forscher, dass der<br />

Fraßschaden der Kartoffelmotte die Photosyntheserate der Kartoffelpflanze<br />

beeinflusst. eine erhöhung der Photosynthese könnte<br />

auch die stärkeproduktion der Pflanze steigern und dadurch zur<br />

Produktion von größeren Knollen führen.<br />

Originalpublikation: Poveda, K. et al. (2010) The enemy as ally: herbivore-induced<br />

increase in crop yield. Ecological Applications online. doi: 10.1890/09-1726.1.<br />

Den Widerstand<br />

von Bakterien brechen<br />

multiresistente Bakterien stellen ein immer größeres medizinisches<br />

Problem dar. Antibiotika zeigen bei ihnen keine Wirkung<br />

mehr, was insbesondere in Krankenhäusern und Altenheimen zu<br />

„superinfektionen“ mit kaum behandelbaren Lungenentzündungen,<br />

Blutvergiftungen und anderen Leiden führen kann. Viele Antibiotika<br />

hemmen die Zellwandsynthese von Bakterien, während<br />

andere dieser Wirkstoffe in die Proteinsynthese der erreger eingreifen.<br />

Dies ist ein lebenswichtiger Prozess in den ribosomen,<br />

den Proteinfabriken der Zelle. Dabei wird die erbinformation der<br />

DnA über das Botenmolekül rnA – eine der DnA verwandte<br />

nukleinsäure – in lange Ketten von Aminosäuren übertragen. Am<br />

ende dieses mehrstufigen Prozesses stehen Proteine, die wichtigsten<br />

Funktionsträger der Zelle. sogenannte makrolid-Antibiotika<br />

spielen bei der Bekämpfung resistenter Bakterienstämme eine<br />

wichtige rolle. sie hemmen die Proteinsynthese, indem sie verhindern,<br />

dass die Aminosäureketten um weitere Bausteine verlängert<br />

werden. ein Forscherteam hat jetzt erstmals nachgewiesen, dass<br />

sogenannte makrolid-Antibiotika, die im Tunnel der ribosomen<br />

andocken, je nach Art des bakteriellen ribosoms unterschiedlich<br />

effektiv wirken. Das Team untersuchte, wie makrolid-Antibiotika<br />

sich mit Bestandteilen des ribosomalen Tunnels verbinden und die<br />

Herstellung neuer Proteine verhindern. Dazu synthetisierten die<br />

moskauer Wissenschaftler verschiedene makrolid-Antibiotika, die<br />

jeweils unterschiedliche Aminosäuren und Peptide – kurze Ketten<br />

von Aminosäuren – enthielten. Die Wissenschaftler konnten beobachten,<br />

dass die Antibiotika die maschinerie der ribosomen<br />

tatsächlich hemmen können. Überraschenderweise treten aber<br />

nur bestimmte Aminosäure- und Peptidketten in Wechselwirkung<br />

mit dem ribosomalen Tunnel und ermöglichen so, dass das Antibiotikum<br />

seine Wirkung entfalten kann. In manchen Fällen aber<br />

entfernten die neu entstehenden Aminosäureketten bestimmte<br />

makrolid-Antibiotika aus dem ribosom – und verhinderten so<br />

deren therapeutischen effekt. Dieser mechanismus könnte zur<br />

entwicklung von resistenzen beitragen, vermuten die Forscher.<br />

Denn wenn das Antibiotikum im ribosom erkannt ist, löst dies<br />

möglicherweise einen mechanismus aus, der das Bakterium<br />

gegen den Wirkstoff unempfindlich macht. Diese erkenntnisse<br />

könnten zur entwicklung neuartiger Antibiotika beitragen, die<br />

bestimmte Bakterientypen – und möglicherweise auch multiresi-<br />

stente stämme – gezielt angreifen. sogar weitere resistenzen<br />

könnten auf diesem Weg verhindert werden: Wird bei einer Infektion<br />

immer das jeweils effektivste Antibiotikum eingesetzt, sinken<br />

auch die Überlebenschancen von erregern, die nicht auf den Wirkstoff<br />

ansprechen.<br />

Origibalpublikation: Starosta, AL et al. (2010) Interplay between the Ribosomal<br />

Tunnel, Nascent Chain, and Macrolides Influences Drug Inhibition. Chemistry<br />

& Biology, Band 17, S. 504-514. doi:10.1016/j.chembiol.2010.04.008.<br />

Per Anhalter durch<br />

die Wassersäule<br />

Tiefe seen weisen meist Zonen mit unterschiedlichen Lebensbedingungen<br />

auf. so finden sich nahe der Wasseroberfläche Bereiche<br />

mit erhöhten Konzentrationen von sauerstoff und organischem<br />

material (beispielsweise von Algen), während in der Tiefe anorganische<br />

nährstoffe in höherer Konzentration vorliegen. Die meisten<br />

größeren Lebewesen im Gewässer können sich je nach ihren<br />

Bedürfnissen in der Wassersäule bewegen, nicht so Kleinlebewesen,<br />

z.B. Bakterien. Für mi kro organismen sind viele Grenz schichten<br />

im Gewässer, die sich beispielsweise entlang von Temperatur- oder<br />

salzgradienten bzw. von chemischen Gradienten ausbilden, ohne<br />

fremde Hilfe unüberwindbar. Die Bakterien, so klein sie auch sind,<br />

bilden die Hauptlebensform biologischer Vielfalt. In Gewässern<br />

nehmen sie wichtige Funktionen ein und tragen wesentlich zum<br />

stoffumsatz und daher zur selbstreinigung von seen bei. Doch wie<br />

bewegen sich die Winzlinge zwischen Wasserschichten, die für sie<br />

alleine unüberwindbar sind? ein internationales Team von Gewässerökologen<br />

hat dazu eine „Förderband-Hypothese“ aufgestellt,<br />

die sie nun belegen konnten. Die Forscher untersuchten in so<br />

genannten migrationssäulen (siehe Abbildung) untersucht, wie<br />

Gewässerbakterien<br />

durch -für sie alleineunüberwindbareGrenzschichtengelangen<br />

können,<br />

indem sie Wasserflohkrebse(Daphnia<br />

magna) aktiv als<br />

Transportmittel<br />

nutzen. sie isolierten<br />

drei unterschiedlicheBakterienarten<br />

aus dem<br />

Schematische Darstellung des Versuchsansatzes:<br />

Migrationssäulen mit einem oberen (salzfreien) Wasserkörper<br />

und einem unteren (salzhaltigen, dichteren)<br />

Wasserkörper. Die Bewegung der Wasserflohkrebse<br />

wurde durch Licht induziert (Grafik: IGB).<br />

Wissenschaft kompakt<br />

stechlinsee, markierten<br />

sie mittels<br />

grün fluoreszierendem<br />

Protein (GFP)<br />

und gaben sie entweder<br />

in die obere<br />

oder in die untere<br />

Wasserschicht. Die<br />

Wasserflöhe fungierten als effektives Transportmittel. Die ergebnisse<br />

zeigen, dass Bakterien sich aktiv durch das Aufspringen auf<br />

Wasserflöhe transportieren lassen. Dabei wechseln täglich bis zu<br />

einem Prozent der Bakterien die Wasserschicht. Die Wissenschaftler<br />

konnten zudem zeigen, dass sich die Zusammensetzung der<br />

auf Wasserflöhen angehefteten Bakteriengemeinschaften entsprechend<br />

ihrer Tag- und nachtwanderung deutlich voneinander<br />

unterscheidet. Im nehmitzsee in Brandenburg konnte die „Förderband-Hypothese“<br />

auch im Freiland belegt werden.<br />

Originalpublikation: Grossart, H-P et al. (2010) Bacteria dispersal by hitchhiking<br />

on zooplankton. PNAS vol. 107 no. 26, S. 11959-11964. doi: 10.1073/<br />

pnas.1000668107.<br />

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