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Proteine mit Hilfe eines GFP-bindenden<br />
Antikörpers durch einen sogenannten „Pull-<br />
Down“ aus der Zelle herausfischen. Dabei<br />
dient das GFP-Fusionsprotein als Köder, um<br />
gleichzeitig alle daran bindenden Proteine<br />
zu angeln.<br />
Abbildung 1 zeigt schematisch den<br />
Ablauf vom Tagging eines Gens bis hin zur<br />
experimentellen Anwendung.<br />
Interaktionsmessung durch<br />
quantitative Massenspektrometrie<br />
Die Beute, die am Köder hängenbleibt, ist<br />
ein Abbild des Interaktionsnetzwerks des<br />
jeweiligen Köder-Proteins. Führt man nun<br />
solche experimente für eine große Zahl an<br />
Köder-Proteinen durch, so lässt sich daraus<br />
schließlich ein komplexes Protein-Protein-<br />
Interaktionsnetzwerk der gesamten Zelle<br />
erstellen.<br />
Die Herausforderung ist nun die Identifizierung<br />
der ins netz gegangenen Proteine.<br />
Hochauflösende massenspektrometrie<br />
ist dafür die methode der Wahl. Dabei werden<br />
die Proteine erst enzymatisch in kleinere<br />
stücke (Peptide) gespalten und dann mit<br />
dem massenspektrometer analysiert. Dieses<br />
fragmentiert die Peptide weiter und<br />
identifiziert sie anhand ihrer masse und<br />
dem charakteristischen muster ihrer Bruchstücke.<br />
später werden die identifizierten<br />
Peptide am Computer mit einer Datenbank<br />
abgeglichen und so die zugehörigen Proteine<br />
rekonstruiert.<br />
Die massenspektrometrie ist eine<br />
außerordentlich sensitive messmethode,<br />
die bereits kleinste mengen eines Proteins<br />
nachweisen kann. so werden leicht mehrere<br />
Hundert Proteine in einem Pull-Down<br />
identifiziert, die zusammen mit dem Köder<br />
herausgefischt werden. nur ein Teil davon<br />
sind tatsächlich echte Interaktionspartner.<br />
Viele sind molekularer „Beifang“, d. h. Proteine,<br />
die unspezifisch vom eigentlichen Kö -<br />
der binden, etwa an das reaktionsgefäß<br />
und einen messhintergrund darstellen. Aus<br />
diesem Grund wurden Pull-Downs in der<br />
Vergangenheit meist unter sehr harschen<br />
Waschbedingungen durchgeführt, was<br />
zwar den Beifang reduzierte, allerdings<br />
auch den Verlust echter Interaktionspartner<br />
mit sich brachte.<br />
Durch Fortschritte in der Technologie<br />
der massenspektrometrie und der Datenanalyse<br />
können heute neben qualitativen<br />
Daten auch quantitative Informationen ge -<br />
wonnen werden. so kann nicht nur das reine<br />
Vorhandensein eines Proteins nachgewiesen<br />
werden, sondern auch die menge<br />
eines identifizierten Proteins zwischen verschiedenen<br />
Proben verglichen werden.<br />
Abbildung 2 illustriert, wie man die<br />
quantitative Information nutzt, um spezifische<br />
von unspezifischen Interaktionspartnern<br />
zu unterscheiden: Beifang-Proteine<br />
binden unabhängig von der natur des<br />
Zelllinie mit<br />
GFP-getaggtem<br />
Köderprotein<br />
Abb. 2: Unterscheidung von spezifischen und unspezifischen Interaktionspartnern durch quantitative Massenspektrometrie:<br />
Ein GFP-getaggtes Köder-Protein wird mit einem GFP-bindenden Antikörper aus einer Zelle<br />
herausgefischt und zieht dabei seine Interaktionspartner mit. Der quantitative Vergleich zwischen einer Zelle mit<br />
und ohne getaggtem Köderprotein entlarvt den unspezifischen „Beifang“. Er bindet unabhängig vom Köder in<br />
gleicher Menge; echte Interaktionspartner dagegen werden im Vergleich zur Kontrolle stark angereichert.<br />
Köders – oder auch ganz ohne diesen – in<br />
gleicher menge. Die mengen echter Interaktionspartner<br />
dagegen sind im Vergleich<br />
zum Kontroll-experiment stark erhöht.<br />
stringentes Waschen zur entfernung der<br />
Bei fang-Proteine ist nicht mehr nötig und<br />
schwache Interaktionspartner können so -<br />
mit ebenfalls identifiziert werden.<br />
Aussicht auf das Interaktom<br />
Die gesamte Technologieplattform wurde<br />
in Zusammenarbeit mehrerer Forschungsgruppen<br />
in münchen, Dresden, Frankfurt,<br />
Bonn und Heidelberg entwickelt, die im<br />
DiGtoP-netzwerk organisiert sind. Dabei<br />
werden – ganz ähnlich wie in komplexen<br />
Proteinmaschinen in der Zelle – die verschiedenen<br />
Arbeitsschritte aufgeteilt: ein<br />
Partner stellt die getaggten Zelllinien her,<br />
ein zweiter führt die massenspektrometrische<br />
Analyse durch und ein dritter modelliert<br />
aus den Daten die zellulären Interaktionsnetzwerke.<br />
Die Arbeit des Konsortiums<br />
konzentriert sich dabei in erster Linie<br />
auf Proteine, denen eine rolle bei der entstehung<br />
von Krankheiten zugeschrieben<br />
wird. Ziel ist es, diese Proteine in bekannte<br />
signalwege einzuordnen oder neue regulationsmechanismen<br />
zu definieren. Weiterführende<br />
studien mit Hilfe von Zellkulturund<br />
Tiermodellen können anschließend zur<br />
entwicklung von Präventions-, Diagnoseund<br />
Behandlungsmethoden der Krankheiten<br />
beitragen.<br />
Das wahrscheinlich größte Potential<br />
der hier vorgestellten neuartigen Technolo-<br />
Kontroll-Zelllinie<br />
gie liegt jedoch nicht in ihrer Anwendung<br />
auf begrenzte Fragestellungen, sondern in<br />
ihrer skalierbarkeit: sie kann leicht auf eine<br />
sehr große Anzahl von Köder-Proteinen<br />
ausgeweitet werden. Damit ist die Wissenschaft<br />
einen entscheidenden schritt weiter<br />
auf dem Weg zur Aufklärung des menschlichen<br />
„Interaktoms“, des Gesamtnetzwerks<br />
aller molekularen Interaktionen in der Zelle.<br />
Das Interaktom ist der logische nächste<br />
schritt nach der entschlüsselung des<br />
menschlichen Genoms und der anhaltenden<br />
erforschung des Proteoms.<br />
Referenzen<br />
• Nina C. Hubner et al. (2010) Quantitative proteomics<br />
combined with BAC TransgeneOmics reveals<br />
in vivo protein interactions. JCB 189(4) 739-754; doi:<br />
10.1083/jcb.200911091 • Ina Poser et al. (2008)<br />
BAC TransgeneOmics: a high-throughput method<br />
for exploration of protein function in mammals.<br />
Nature Methods 5, 409-415; doi: 10.1038/ nmeth.<br />
1199<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. matthias mann<br />
max-Planck-Institut für Biochemie<br />
Abteilung für Proteomics und<br />
signaltransduktion<br />
Am Klopferspitz 18, 82152 martinsried<br />
e-mail: mmann@biochem.mpg.de<br />
Forschung<br />
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