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erzählt. Es ging um die Mutter meiner Gesprächspartnerin<br />

und darum, wie schwer ihr Leben war.<br />

Sie brachte ihre erste Tochter auf den Hügeln rund<br />

um Spielfeld zur Welt, wo sie „Dirn“ war. Ein Nachbarsbub,<br />

damals vier oder fünf Jahre alt, rannte ins<br />

Dorf, um die Hebamme zu holen. Bald darauf sind<br />

Mutter und Tochter von dort weggegangen und das<br />

Leben nahm seinen Lauf. Diese Geschichte stand in<br />

einem meiner Bücher. Tage nach dem Erscheinen<br />

meldete sich ein Mann bei mir und sagte: „I bin der<br />

Bua, der die Hebamm ghult hot“. So lernte meine<br />

Erzählerin nach über 60 Jahren jenen „Bub“ kennen,<br />

der damals für ihre Geburt ins Tal gerannt war.<br />

Für mich war es wunderschön zu sehen, dass mein<br />

„Steirerland“ nicht nur Generationen, sondern auch<br />

Menschen verbindet.<br />

Manche Dinge sind einfach vorbestimmt; eine weitere<br />

Bestätigung dafür erhielt ich bei unserer diesjährigen<br />

Sommerausgabe. Kurzfristig musste ich ins<br />

Krankenhaus und als es mir wieder besserging, hielt<br />

ich mich auf dem Balkon auf. Als ich in den Besucherraum<br />

kam, saß dort ein alter Mann in einem<br />

Rollstuhl und mühte sich mit der Fernbedienung des<br />

TV-Geräts ab. Ich fragte, ob ich helfen kann, und er<br />

bat mich, den Fernseher auszuschalten. „Brauchst<br />

sunst noch wos“, fragte ich ihn, und er meinte: „I<br />

wissat so vül zum Dazöhln, owa koana hot Zeit zum<br />

Zualosn“. Da hatte er den Richtigen erwischt; ich<br />

antwortete: „I houm Zeit“, setzte mich zu ihm und<br />

lauschte seinen Erzählungen.<br />

Natürlich wusste er<br />

nichts von meiner Arbeit<br />

und meinen Geschichten,<br />

aber mir war klar, dass ich seine<br />

niederschreiben muss. Tage<br />

später besuchte ich ihn wieder,<br />

er erzählte aufs Neue und ich nahm<br />

seine Erlebnisse kurzfristig in die aktuelle<br />

Ausgabe auf. Das „Steirerland“ ging in<br />

Druck und am Montag sollte die Auslieferung<br />

erfolgen. Montagmorgen fand ich ein E-Mail vom<br />

Sonntag vor, in dem eine Dame ganz vorsichtig anfragte,<br />

ob ich denn der sei, der mit dem Vater geredet<br />

hat. Im ersten Moment verwundert, las ich<br />

weiter, dass sie mich um diesen Text bitte, denn dieser<br />

sei die letzte Dokumentation vom Vater; er war<br />

nämlich zwei Tage vorher gestorben. Mir lief der<br />

kalte Schauer über den Rücken; tausend Menschen<br />

waren in diesem Krankenhaus und durch Gottes<br />

Fügung fand genau derjenige, der erzählen will, zu<br />

demjenigen, der zuhört. Ich bin dankbar dafür, dass<br />

ich einen kleinen Teil seiner Geschichten bewahren<br />

durfte.<br />

Mehr Geschichten aus und über 10 Jahre …der Steirer<br />

Land… gibt es bei meinen Weihnachtsveranstaltungen<br />

im Dezember. Dazu, in bewährter Manier,<br />

Mundartgeschichten, über die gedacht und gelacht<br />

werden darf.<br />

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