RZ_DRG_Magazin_2_2017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
INTERVIEW<br />
Krankheiten<br />
erkennen, bevor sie<br />
ausbrechen<br />
Ein Gespräch mit PD Dr. Peter Bannas, der 2016 mit dem<br />
Wilhelm-Conrad-Röntgen-Preis ausgezeichnet wurde, über die Faszination<br />
und die Möglichkeiten der Molekular-Radiologie<br />
Foto: Melina Mörsdorf<br />
Sie beschäftigen sich mit molekularer<br />
Bildgebung. Was ist das?<br />
Die meisten Menschen kennen die<br />
makroskopische Radiologie aus eigener<br />
Erfahrung. Das sind die Bilder<br />
aus der CT oder MRT oder konventionelle<br />
Röntgenaufnahmen. Sie zeigen<br />
Strukturen, die man mit dem bloßen<br />
Auge erkennen kann, etwa einen<br />
Bandscheibenvorfall. Bis vor Kurzem<br />
gab es daneben noch die mikroskopische<br />
Bildgebung. Zum Beispiel, wenn<br />
der Pathologe sich eine Gewebeprobe<br />
unter dem Mikroskop ansieht. Die<br />
molekulare Bildgebung, mit der ich<br />
mich beschäftige, ist in zweierlei Hinsicht<br />
besonders. Zum einen stellt sie<br />
noch kleinere Einheiten dar: Mithilfe<br />
von spezifischen Sonden können wir<br />
einzelne Strukturen auf der Oberfläche<br />
von Zellen markieren und diese<br />
in der Bildgebung sichtbar machen.<br />
Zum anderen macht man die Untersuchungen<br />
in vivo. Man muss also<br />
keine Gewebeprobe nehmen, sondern<br />
kann diese molekularen Strukturen<br />
direkt am Patienten untersuchen,<br />
ohne invasiven Eingriff.<br />
Wozu dient diese Bildgebung?<br />
Stellen Sie sich vor, eine Patientin<br />
wurde wegen eines Tumors operiert.<br />
Der Tumor wurde entfernt. Danach<br />
kommt sie jedes Jahr zur Nachsorge<br />
und bekommt ein CT. Auf den Bildern<br />
würde man erkennen, wenn der Tumor<br />
wieder wächst. Man hofft natürlich,<br />
dass dem nicht so ist. Im ersten<br />
bis vierten Jahr sieht man tatsächlich<br />
nichts Auffälliges im CT. Doch im<br />
fünften Jahr sieht man plötzlich eine<br />
etwa drei Zentimeter große Struktur<br />
– offensichtlich ist erneut ein<br />
kleiner Tumor gewachsen. Dieses<br />
Rezidiv wäre also durchaus frühzeitig<br />
erkannt. Aber wir würden es gerne<br />
noch früher erkennen. Mit der molekularen<br />
Radiologie ist das möglich.<br />
Denn sicherlich waren bereits in den<br />
Jahren vor dem makroskopisch erkannten<br />
Befund im CT Tumorzellen<br />
an dieser Stelle – aber man konnte<br />
diese auf den Bildern des CT nicht sehen.<br />
Mithilfe neuer Verfahren kann<br />
man jedoch genau diese Vorstufen<br />
einer Tumorentwicklung darstellen –<br />
und könnte dementsprechend auch<br />
Diese<br />
Verbindung des<br />
Technischen<br />
und des<br />
Menschlichen<br />
ist für mich der<br />
ideale Beruf<br />
früher therapeutisch eingreifen. Zum<br />
Beispiel erlebt die Diagnostik und<br />
Nachsorge des Prostatakarzinoms<br />
durch den Einsatz der molekularen<br />
Bildgebung einen Durchbruch.<br />
Sie haben 2016 den Wilhelm-<br />
Conrad- Röntgen-Preis erhalten, der<br />
verliehen wird für eine hervorragende<br />
wissenschaftliche Arbeit, die dem<br />
Fortschritt der Radiologie dient.<br />
Ja. In unseren Studien wollten wir<br />
zeigen, dass man mit sogenannten<br />
Nanobodies als spezifischem Kontrastmittel<br />
insbesondere kleinste<br />
Tumoren effizienter markieren kann,<br />
als es bisher in der molekularen Radiologie<br />
möglich war. Nanobodies richten<br />
sich, genau wie konventionelle Antikörper,<br />
spezifisch gegen Oberflächenmarker<br />
der Krebszellen von Tumoren.<br />
Nano bodies sind jedoch sehr klein,<br />
zehnmal kleiner als konventionelle<br />
Antikörper, die man bisher einsetzt,<br />
um Tumorgewebe zu identifizieren.<br />
Aufgrund ihrer geringen Größe können<br />
unsere Nanobodies das Gewebe<br />
viel besser passieren und insbesondere<br />
kleine Tumoren effizienter markieren.<br />
Wir konnten in unseren präklinischen<br />
Studien zeigen, dass man mit unserer<br />
Methode tatsächlich bereits einzelne<br />
Krebszellen und Tumoren sichtbar<br />
machen kann, die erst wenige Millimeter<br />
groß sind.<br />
••<br />
2/<strong>2017</strong> DURCHBLICK 13