RZ_DRG_Magazin_2_2017
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RADIOLOGIE IM ALLTAG<br />
Die Auferstehung<br />
der Meritamun<br />
Mithilfe modernster Technik und einer Bildhauerin rekonstruierte<br />
ein Team von australischen Wissenschaftlern den Kopf einer ägyptischen<br />
Mumie. Das Ergebnis ist verblüffend lebensecht<br />
Schön ist sie, jung, ihr Gesicht<br />
symmetrisch, der Blick ein wenig<br />
entrückt. Die Wissenschaftler, die sie<br />
rund 2000 Jahre nach ihrem Tod zu<br />
neuem Leben erweckten, gaben ihr<br />
den Namen Meritamun. Für die alten<br />
Ägypter sei es enorm wichtig gewesen,<br />
dass ihr Name nach ihrem Tod<br />
ausgesprochen wurde, erklärt Dr.<br />
Janet Davey, forensische Ägyptologin<br />
an der Monash University in Melbourne.<br />
Meritamun bedeutet „Geliebte<br />
des Gottes Amun“.<br />
Das Meritamun-Projekt begann ganz<br />
unspektakulär. Etwa ein Jahrhundert<br />
lag der mumifizierte Kopf unbeachtet<br />
in den Archiven des „Harry Brookes<br />
Allen Anatomy und Pathology<br />
Museum“ der Universität Melbourne.<br />
Kurator Dr. Ryan Jefferies wollte<br />
zunächst nur herausfinden, in welchem<br />
Zustand sich der Schädel nach<br />
so langer Zeit befand.<br />
Das Entfernen der Bandagen<br />
wäre zu riskant gewesen, die Überreste<br />
hätten Schaden nehmen können.<br />
Zudem hätte es die Würde dieser Person<br />
verletzt, die ja einst für ein Leben<br />
nach dem Tod einbalsamiert worden<br />
war. Also wurde eine Computertomografie<br />
(CT) gemacht. CT-Scans werden<br />
schon seit den 1990er-Jahren<br />
für die Untersuchung von Mumien<br />
genutzt, und mit dem technischen<br />
Dr. Ryan Jefferies im Archiv der Universität<br />
Melbourne (o.); Dr. Janet Davey<br />
beim Scannen des Kopfes; Meritamun<br />
Fortschritt werden auch die Ergebnisse,<br />
die sie liefern, immer besser.<br />
Die Aufnahme zeigte, dass der<br />
Kopf in ungewöhnlich gutem Zustand<br />
war. Die Neugier der Wissenschaftler<br />
war geweckt – und sie erkannten,<br />
dass sich ihnen eine wunderbare<br />
Möglichkeit für eine interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit bot, um das Rätsel<br />
der unbekannten Mumie zu lösen.<br />
Anhand der Knochenstruktur<br />
bestimmte Dr. Janet Davey das<br />
Geschlecht als weiblich. „Sie war<br />
zum Zeitpunkt ihres Todes höchstens<br />
Anfang 20 und vermutlich etwa<br />
1,62 Meter groß“, so Dr. Davey weiter,<br />
die bei ihren Untersuchungen unter<br />
anderem von Experten der Zahnheilkunde,<br />
Radiologen und forensischen<br />
Anthropologen unterstützt wurde,<br />
auch Anthropologen aus Großbritannien<br />
wurden konsultiert.<br />
Der CT-Scan zeigte, dass die Zähne<br />
der Mumie in keinem guten Zustand<br />
waren, was entweder an der Ernährung<br />
oder an mangelnder Zahnhygiene<br />
gelegen haben könnte. „Wir<br />
konnten zudem sehen, dass ihr Gehirn<br />
entfernt wurde. Das deutet auf eine<br />
teure Art der Einbalsamierung hin,<br />
ein Hinweis darauf, dass sie aus einer<br />
Familie stammte, die über ausreichend<br />
finanzielle Mittel verfügte“,<br />
erklärt Dr. Davey.<br />
18 DURCHBLICK 2/<strong>2017</strong>