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Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa_markiert

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rungserfolgs. Kratochwil und Schwabe (2001)<br />

grenzen „Leitarten“ als solche, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em oder<br />

wenigen Lebensräumen signifikant höhere Stetigkeiten<br />

und oft auch höhere Abundanzen als <strong>in</strong><br />

allen anderen Lebensräumen erreichen, klar <strong>von</strong><br />

den „Zielarten“ (target species) ab, die e<strong>in</strong>deutig<br />

<strong>von</strong> Relevanz für den Naturschutz s<strong>in</strong>d (Kapitel<br />

9). Zielarten können besonders gefährdete Arten<br />

(Rote-Liste-Arten), Arten mit e<strong>in</strong>er besonderen<br />

funktionellen Bedeutung für das Ökosystem bzw.<br />

die Lebensgeme<strong>in</strong>schaft (key species bzw. keystone<br />

species), Leitarten oder umbrella species („Schutzschirmarten“)<br />

se<strong>in</strong>, die mit ihren Habitatansprüchen<br />

und ihrem hohen Raumbedarf den gleichzeitigen<br />

Schutz <strong>von</strong> vielen anderen Arten der<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaft erwarten lassen (Kratochwil<br />

und Schwabe 2001).<br />

1.5 Abgrenzung <strong>von</strong><br />

Ökologie, Naturschutz,<br />

<strong>Renaturierung</strong>sökologie<br />

und anderen Diszipl<strong>in</strong>en<br />

Die Ökologie (ecology) ist e<strong>in</strong>e vergleichsweise<br />

junge, aber vielfältige Wissenschaft, für die <strong>in</strong> den<br />

Lehrbüchern ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Def<strong>in</strong>ition zu f<strong>in</strong>den<br />

ist. Haeckel (1866) def<strong>in</strong>ierte die Ökologie als<br />

die Wissenschaft <strong>von</strong> den Beziehungen der Organismen<br />

zue<strong>in</strong>ander und zu ihrer gesamten<br />

Umwelt. Dies geschah aus der Auffassung heraus,<br />

dass es e<strong>in</strong>e solche Wissenschaft damals nicht gab,<br />

sie jedoch notwendig war. Spätere Autoren haben<br />

versucht, Haeckels Def<strong>in</strong>ition zu präzisieren,<br />

kamen aber oft gleichfalls nur zu sehr allgeme<strong>in</strong>en<br />

Aussagen (z. B. Odum 1973: Ökologie ist »the<br />

study of structure und function of nature« oder »the<br />

study of ecosystems«). Krebs (2001) betont die<br />

Notwendigkeit der Quantifizierbarkeit <strong>von</strong> Aussagen<br />

auch <strong>in</strong> der Ökologie: Ökologie ist »the<br />

scientific study of the <strong>in</strong>teractions which determ<strong>in</strong>e<br />

the distribution and abundance of organisms«.<br />

E<strong>in</strong>e weitere E<strong>in</strong>engung <strong>in</strong> dieser Richtung gibt<br />

Peters (1991), für den nur wenige Kenngrößen,<br />

zudem ausschließlich unter dem Gesichtspunkt<br />

der Vorhersagequalität erforschungswürdig s<strong>in</strong>d:<br />

Ökologie »deals with the prediction of biomass,<br />

productivity and diversity«.<br />

1 E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die <strong>Renaturierung</strong>sökologie<br />

Nach Begon et al. (2005) beschäftigt sich die<br />

Ökologie mit der Beschreibung, Erklärung und<br />

Vorhersage der qualitativen und quantitativen<br />

Eigenschaften <strong>von</strong> Individuen, Populationen und<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> Raum und Zeit. Dies<br />

trägt der Tatsache Rechnung, dass unterschiedliche<br />

Betrachtungsebenen zum Gegenstand der<br />

Ökologie gehören: Individuen, Populationen und<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaften mit deren funktionalem<br />

und räumlichem Kontext im Ökosystem und <strong>in</strong><br />

der Landschaft. Zudem müssen die beobachtbaren<br />

Prozesse auf unterschiedlichen räumlichen<br />

und zeitlichen Skalen untersucht werden, was den<br />

Gültigkeitsbereich <strong>von</strong> wissenschaftlichen Aussagen<br />

<strong>in</strong> der Ökologie bestimmt. Autökologie,<br />

Populationsökologie, Biozönologie, Geobotanik,<br />

Ökosystemforschung und Landschaftsökologie<br />

haben sich seither zu eigenständigen Teildiszipl<strong>in</strong>en<br />

der Ökologie entwickelt, die auch <strong>in</strong> enger<br />

Beziehung zur <strong>Renaturierung</strong>sökologie stehen.<br />

Naturschutz (nature conservation) war <strong>von</strong><br />

se<strong>in</strong>er ursprünglichen Ausrichtung <strong>in</strong> Deutschland<br />

auf Erhaltung (Konservierung) vor<strong>in</strong>dustrieller<br />

Landschaften bzw. Landschaftselemente<br />

ausgelegt. Dieses Ziel der Erhaltung spiegelt sich<br />

auch im angelsächsischen Sprachgebrauch <strong>in</strong> den<br />

Begriffen conservation, preservation und protection<br />

wider. Dabei waren seit dem 19. Jahrhundert<br />

sowohl Kultur- als auch Naturlandschaftselemente<br />

Schutzobjekte (Rudorff 1888, Conwentz<br />

1904; vgl. Ott 2004 und Potthast 2006 zur<br />

Geschichte des Naturschutzes). Allerd<strong>in</strong>gs haben<br />

sich die Arbeitsfelder seither stark erweitert.<br />

Naturschutz im S<strong>in</strong>ne der Naturschutzgesetze<br />

kann sowohl abwehrend (z. B. Vermeidungsgebot),<br />

bewahrend (z. B. durch Schutzgebietsausweisung)<br />

als auch entwickelnd (mit e<strong>in</strong>er breiten<br />

Palette <strong>von</strong> Instrumenten) betrieben werden.<br />

Gleichwohl existiert für den Begriff Naturschutz<br />

ke<strong>in</strong>e gängige Def<strong>in</strong>ition. Die World<br />

Conservation Union (IUCN 2000) erklärt e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl <strong>von</strong> Naturgütern zu möglichen Schutzgütern,<br />

<strong>in</strong>sbesondere Arten, Habitate und Ökosysteme<br />

als räumliche oder funktionale E<strong>in</strong>heiten<br />

sowie ökologische Prozesse. Dabei bleibt allerd<strong>in</strong>gs<br />

offen, unter welchen Zielvorgaben diese<br />

Schutzgüter zu behandeln s<strong>in</strong>d. Das bisher ungelöste<br />

Problem ist, dass Naturschutzziele untere<strong>in</strong>ander<br />

weder logisch noch kausal verknüpft s<strong>in</strong>d<br />

(vgl. Fischer-Kowalski et al. 1993, Blumrich et al.<br />

1998, Encyclopedia of Applied Ethics 1998,

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