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12-2016 Vorlesung

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Sonntag, 22.10 Uhr, Kurfürstenanlage...<br />

`Ich bin jetzt 28 Jahre dabei, diesen Beruf zu machen. Ich verbringe manche<br />

Tage damit, Nutten von der Straße zu fischen oder Mörder zu jagen. Ja,<br />

wahrlich manchmal eine scheiß-Jagd! Es ist Sonntag Abend, irgendwann<br />

kurz nach 22 Uhr, ich weiß es nicht genau. Ich komme sowieso erst morgen<br />

früh aus der Karre, da muss ich nicht ständig nach der Uhr sehen. Gerade<br />

esse ich hier eins dieser fettigen Frikadellenbrötchen und starre aus dem<br />

Fenster. Dass ich nicht satt davon werde, weiß ich jetzt schon. Ich sitze also<br />

hier und starre aus einem nikotinverschmierten Fenster eines völlig<br />

unauffälligen roten 2008er Passat Kombi. „Bullenschaukel“ brüllten sie mir<br />

einmal auf der Straße nach. Tja, Bulle wollte ich schon immer werden.<br />

Gangsterjagd und so. Aber in so einer Stadt wie dieser, degeneriert man<br />

schnell zum Kleinstadtsheriff. Nicht, dass mich das nicht freuen würde. Es<br />

unterfordert eben sehr den edlen Geist eines Beamten wie mich. In der<br />

Wirtschaft hieße so was dann Ressourcenverschwendung. Meine Meinung<br />

interessiert zwar nie jemanden, nur würde ich den Leuten gerne sagen, wie<br />

sehr sie mich an öden. Kommen sich vor wie sonst wer und versuchen alles<br />

zu reglementieren. Ich bin da eher der pragmatische Typ. Okay, Theorie und<br />

Praxis beißt sich etwas. Ich meine, ... naja,... Einen Typen, der in der Stadt mit<br />

60 herum fährt, oder auf gerader freier Strecke nachts 70- Was soll´s?<br />

Machen wir das anders? Oder die Leute, die im Laden was klauen, weil sie<br />

kein Geld hatten, es zu bezahlen. Solange es für mich ersichtlich ist, dass es<br />

vielleicht „nur“ etwas zu essen war, oder ähnlich Notwendiges, ist es für mich<br />

schon fast okay, diese Leute gehen zu lassen und den Geschädigten eine<br />

Anzeige auszureden. Natürlich nur indirekt. Rechtsbeugung im Amt will ich<br />

mir ja nicht anhängen lassen! Solche Dinge gehen mir hin und wieder durch<br />

den Kopf. An manchen Tagen bin ich im Außendienst stundenlang mit<br />

Herumfahren beschäftigt, begleitet von einem „Frischling“, wie wir unsere<br />

Neulinge nennen. Die denken anfangs oft noch in zahllosen Idealen. Stellen<br />

sich vor, dass alle nett sind, sofern sie nett sind. Oft werden sie angeschnauzt<br />

und verstehen nicht, dass es einfach der Lauf der Dinge ist - eine Art<br />

Frustroutine. Manche stumpfen ab, sicher. Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht

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