«ALLES AUF EINE KARTE SETZEN UND HOFFEN – DIESE ANLAGESTRATEGIE KÖNNTE LEICHT INS AUGE GEHEN», WARNT SERGIO ESTEBAN VOM ECONOMIC RESEARCH. DIE ROSA BRILLE GEHÖRT INS ETUI Lieben Sie riskante Geldanlagen, erwarten aber keine entsprechende Rendite? Dann schicken Sie Ihren Finanzberater in die Wüste und stellen einen Schimpansen ein.
RISIKO Fotos: Thomas Schuppisser, Mathias Hofstetter VON SERGIO ESTEBAN, ECONOMIC RESEARCH Die Schweizer sind nach den Japanern das am besten versicherte Volk. Alleine für Privatversicherungen geben sie pro Kopf und Jahr 6300 Franken aus. Zu behaupten, Herr Rüdisühli und Frau Kawasaki tanzten mit ihrer Abneigung gegen alles Unvorhersehbare aus der Reihe, wäre jedoch verfehlt. Die meisten Menschen gehen Risiken – wenn immer möglich – aus dem Weg. Nur ungern stürzen sie sich Hals über Kopf ins Wagnis, schon gar nicht, wenns ums eigene Portemonnaie geht. Das beweisen, so paradox es klingen mag, Finanzderivate wie Optionen und Futures. Deren rasanter Aufschwung ist nicht etwa waghalsigen Spekulanten zu verdanken, sondern vielmehr dem Absicherungsbedürfnis vieler Anleger. Denn in erster Linie erlauben Derivate eine preiswerte Überwälzung von finanzwirtschaftlichen Risiken wie schwankende Zinsen, Wechselkurse oder Preise. Trotzdem bleiben vorwiegend negative Schlagzeilen im Gedächtnis vieler Investoren haften, so etwa die zwei Milliarden Mark, welche die amerikanische Tochter der deutschen Metallgesellschaft 1993 bei einem Engagement mit Ölderivaten in den Sand setzte. Chef weg, Aktien im Tief Allerdings ist dies nur eines von tausend möglichen Risiken beim Anlegen von Geld. Doch was versteht man überhaupt unter <strong>Risiko</strong> bei Anlagegeschäften? Im allgemeinen Sprachgebrauch wird <strong>Risiko</strong> oft mit einem Verlust gleichgesetzt. Die Finanztheorie schaut etwas genauer hin und teilt das <strong>Risiko</strong> in zwei Komponenten auf: Einerseits das titelbezogene <strong>Risiko</strong>, also die Gefahr, dass ein einzelner Titel an Wert verliert, anderseits das Marktrisiko. Damit gemeint ist die Gefahr einer insgesamt sinkenden Börse. Coca-Cola-Aktionäre bekamen das titelbezogene <strong>Risiko</strong> im letzten Jahr zu spüren, als der Konzernchef des Getränkeimperiums aus Atlanta überraschend zurücktrat und die Aktie am darauffolgenden Tag 5,5 Prozent an Wert einbüsste. Ein Anleger kann dieses <strong>Risiko</strong> vermeiden, indem er nicht nur Titel einiger weniger Unternehmen kauft, sondern sein Kapital aufteilt. Durch eine breite Diversifikation gleichen sich positive und negative Schwankungen einzelner Aktienkurse aus. Das gleiche Prinzip spielt bei verschiedenen Börsen und Anlagekategorien: So lassen sich Schwankungen kompensieren, die sich aus marktspezifischen Einflüssen ergeben. Damit eliminiert man den grösseren Teil des Gesamtrisikos. Das Marktrisiko hingegen lässt sich nicht beseitigen. Wenn der Rat der Europäischen Zentralbank eine Zinserhöhung vornimmt, reagieren die Märkte als Ganzes, denn die Refinanzierung in Euro verteuert sich für alle Firmen gleichermassen. In dieselbe Kategorie gehören Ereignisse, die das Finanzsystem tangieren, wie die plötzliche Zahlungsunfähigkeit eines grossen Staates oder der Zusammenbruch eines Zahlungsverkehrssystems. VON ZAHNARZTRECHNUNG ÜBERRUMPELT Brigitte Huber (36), alleinerziehende Mutter zweier Kinder im Alter von sechs und acht Jahren, arbeitet als Primarlehrerin und verdient monatlich 8000 Franken. Für ihre Altersvorsorge zahlt sie in ein 3.-Säule-Konto ein, und vor rund einem Jahr investierte sie 15000 Franken in einen Obligationenfonds. Ihr Liquiditätspolster auf dem Salärkonto beläuft sich momentan auf 10 000 Franken. <strong>Risiko</strong>fall: Bei ihrem Zahnarzt muss sich Brigitte Huber mehreren komplizierten Wurzelbehandlungen unterziehen. Die Rechnung über 15 000 Franken bringt sie in arge Zahlungsnöte: Auf ihrem Salärkonto liegen nur 10 000 Franken, und bei einem Verkauf des Obligationenfonds müsste sie einen Verlust in Kauf nehmen. Lösung: In Zukunft sollte Brigitte Huber ein höheres Liquiditätspolster halten. Um eine höhere Rendite zu erreichen, sollte sie im Rahmen der steuerbegünstigten Säule 3a die Wertschriftenlösung wählen – diese erlaubt einen maximalen Aktienanteil von 50 Prozent. Weitere Spargelder kann sie mit einem Fonds-Sparplan anlegen. 13 CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |00