30 ZOOM chern der Ultra-Gruppierungen, aus jeder Liga einer. Und man konnte feststellen, dass es durchaus Themen gibt, in denen man einen Konsens finden kann, von dem alle Seiten profitieren können. Das Treffen in Erfurt hat also schon einiges an Wind aus den Segeln genommen und durch einen weiteren Dialog kann sich die Situation nur verbessern. Die Fans von Schalke 04 beteiligten sich übrigens nicht an der Aktion und haben ihrerseits den sogenannten „Blauen Brief“ öffentlich gemacht? Stand das für Euch in <strong>Augsburg</strong> auch zur Debatte? Ultras: Nein. Denn alle <strong>Szene</strong>n haben die gleichen Interessen und nur, wenn man diese bündelt, kommt mehr dabei raus, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Alles was ihr sagt klingt sehr reflektiert und zielgerichtet. Einige Leute werfen aber den Ultras vor, sich manchmal nur selbst produzieren zu wollen. Ultras: Wir haben doch auch keinen Bock, ständig immer nur hier gegen dies und dort gegen das zu protestieren. Im Endeffekt wollen wir im Stadion stehen, unsere Mannschaft anfeuern und am Ende den FCA siegen sehen. Dann sind wir alle am glücklichsten. Ströll: Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Am Ende geht es darum, das Vertrauen wieder aufzubauen, das bei der Diskussion um die Legalisierung von Pyro verloren gegangen ist. Das war der Knackpunkt in der Thematik. Und jetzt gehört es eben dazu, dass man nicht über Pyro spricht, sondern über zielgerichtete Dinge. Es sollte allen um die Sache gehen. Diesen Eindruck habe ich im Moment. Genauso wird es den Fans auch umgekehrt gehen und man muss sich dieses Vertrauen dann einfach gegenseitig zurückbezahlen. Normalerweise sprechen Ultras nicht mit der Presse. Warum genau habt Ihr Euch dafür entschieden, diesem Interview beizuwohnen? Ist das auch ein Beleg für die Ernsthaftigkeit Eures Ansinnens? Ultras: Nach dem plakativen Start unserer Kampagne wollen wir einfach unsere Inhalte vermitteln und diese soweit wie möglich in die Öffentlichkeit tragen. Würdet Ihr dafür auch mit der hiesigen Tageszeitung sprechen? Ultras: Im Normalfall nicht. Hier spielt tatsächlich das persönliche Vertrauen, man kennt sich ja immerhin schon seit vielen Jahren, eine Rolle und wir haben wie über alles demokratisch darüber abgestimmt. Außerdem haben wir unsere eigenen Medien, die wir bevorzugt nutzen und aus der Erfahrung heraus kann man sagen, dass die wenigsten Journalisten an etwas anderem interessiert sind als an Effekthascherei. Und was nützt uns heute ein toller Artikel in der AZ, wenn man uns dann in den nächsten zwei Jahren wieder ordentlich durch den Dreck zieht. Haben vermeintlich kleine Aktionen des DFB, wie Helene Fischer in der Halbzeitshow oder die geplante Teilnahme der chinesischen U20-Nationalmannschaft an der Regionalliga, am Ende tatsächlich das Fass zum Überlaufen gebracht? Ultras: Allerdings. Dadurch hat doch der DFB am Ende alle Fans restlos gegen sich aufgebracht. Obwohl uns das Thema mit den Chinesen eigentlich nicht tangiert, so ist die Solidarität mit Clubs aus dem Südwesten wie Koblenz oder Mannheim oder Saarbrücken wichtig. Und es ist dadurch tatsächlich eine Deutschland weite Solidarität entfacht worden. Heute betrifft es noch exklusiv die Regionalliga und morgen findet dann die Bundesliga-Eröffnung zur besseren Vermarktung in China statt, oder was? Ströll: Mittlerweile reichen eben auch schon kleine Steilvorlagen, um eine Eskalation auszulösen. Beim FCA wird soweit wie möglich immer der Fußball im Vordergrund stehen. Wir möchten weder groß an der Preisschraube drehen, noch werden wir es mit den Showelementen am Spieltag übertreiben. Könnt ihr das unterschreiben? Ultras: Uns wäre es natürlich am liebsten, wenn es so ablaufen würde, wie bei der U23 des FCA im Rosenaustadion, also Fußball in seiner reinsten Form. Aber verglichen mit anderen Bundesliga-Clubs könnte es schon deutlich schlimmer sein. Das perfekte Beispiel für einen Spieltag war der FCA in der Regionalliga vor 2006, abschreckend ist dagegen ein Heimspiel des AEV im Curt-Frenzel-Stadion in der DEL, weil es hier nur noch um Vermarktung, Werbung und Show geht. Hier in <strong>Augsburg</strong> sitzen heute die Beteiligten an einem Tisch und schaffen es, über bestehende Probleme zu sprechen und das passiert ja nicht zum ersten Mal. Wie könnte man Euer Verhältnis untereinander beschreiben? Ströll: Wir kennen und seit über acht Jahren, wir sind alle per Du und auf Augenhöhe, die Wege sind halt sehr kurz hier. Wenn Probleme auftreten, dann suchen wir das Gespräch. Was sagt die Ultra-Seite? Ist das eine Selbstverständlichkeit? Ultras: Wir halten es schon für selbstverständlich. Es hat sich zwar in den letzten Jahren auch hier durch den zunehmenden Erfolg und den Wachstum einiges verändert, aber weil man sich kennt, sind die Dienstwege tatsächlich sehr kurz. Und obwohl beide Seiten oft andere Herangehensweisen haben, sind die Ziele am Ende doch die gleichen und deswegen funktioniert das schon auch ganz gut zusammen. Die führenden Köpfe der FCA-Ultras im Gespräch mit dem FCA-Geschäftsführer Michael Ströll im VIP-Bereich der WWK Arena
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