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massivUMFORMUNG_September_2017 - Kopie

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TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Bild 4: Konturenvergleich (links) und makroskopische Verschleißdokumentation<br />

(rechts) einer 200-µm- und einer 500-µm-Nitrierung nach 500 Schmiedezyklen<br />

da die Nitrier schicht auf dem weicheren Gefüge durch lokales<br />

Über schreiten der Fließ spannung ab gleitet. Dies ist sowohl im<br />

Koordinatenvergleich (links) als auch in der makroskopischen<br />

Aufnahme (rechts) der 200-µm-Nitrierung zu erkennen.<br />

Erst eine Lang zeit-Nitrie rung mit einer NHT von 500 µm (Bild 4,<br />

unten) verhindert eine Materialverschiebung im Bereich des<br />

Dorn radius wirkungs voll, da sie den auftretenden ther mischen<br />

Entfestigungen vollständig entgegenwirkt. Die Stabilisierung<br />

des Radius geht jedoch einher mit einer starken Riss bildung.<br />

Auch ein deformationsfreier abrasiver Abtrag des Gesenkdorns<br />

kann durch die starke Nitrierung nicht vollständig verhindert<br />

werden. Dies korreliert mit den Er geb nissen des tri bo logisch belasteten<br />

Modellgesenks, wonach die entstehende Rissbildung<br />

den abrasiven Abtrag begünstigt. Aufgrund der geringen Gleitwege<br />

auf dem Dorn des ther misch be lasteten Ge senks ist der<br />

abrasive Verschleiß dieses Bereichs verhältnismäßig gering. Es<br />

überwiegt die stabilisierende Wirkung der tiefen Nitrierung und<br />

die damit einhergehende Reduzierung der Gesamtverschleißerscheinungen,<br />

weshalb in thermisch hochbelasteten Bereichen<br />

ohne große Gleitwege eine möglichst hohe Nitrierhärtetiefe<br />

gewählt werden sollte.<br />

ERKENNT NIS TRANSFER AUF INDUS TRIELLE SCHMIEDE-<br />

PROZESSE<br />

Um die an den Instituten durchgeführten Untersuchungen auf<br />

Schmiedeprozesse im industriellen Maßstab übertragen zu<br />

können, wurden produktionsbegleitende Schmiedeversuche<br />

durchgeführt. Hierfür wurde ein geeigneter Industrieprozess<br />

ausgewählt und die Schmiedegesenke dieses zweistufigen<br />

Prozesses umfassend charakterisiert. Auf Basis dieser Charakterisierung<br />

wurde eine lokale Behandlungsstrategie abgeleitet<br />

und auf jeweils vier Werk zeuge appli ziert, bevor diese re gulär in<br />

der Pro duktion einge setzt wurden. Nach Erreichen der Standmenge<br />

wurden diese ebenfalls untersucht und die Ergebnisse<br />

einander gegenübergestellt. Durch den lokalen Behandlungsansatz<br />

konnte die mittlere Standmenge der Vorgravur von durchschnitt<br />

lich 3.000 auf 5.200 Schmiede zyklen und die der Fertiggravur<br />

von 2.400 auf 3.200 Schmiede zyklen gestei gert werden.<br />

Dies entspricht einer Standmengensteigerung von zirka 70<br />

Prozent bei der Vor gravur be ziehungs weise knapp 30 Pro zent<br />

bei der Fertig gravur und be stätigt das hohe Po tenzial lokaler<br />

belastungsangepasster Behandlungen. Die bisherigen Ergebnisse<br />

müssen nun in weiter führenden Versuchs reihen und über<br />

einen längeren Zeit raum unter sucht werden, um ab schließende<br />

Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Verschleißschutzbehandlung<br />

treffen zu können.<br />

FAZIT<br />

Anhand ausgelegter Modellprozesse und experimenteller Untersuchungen<br />

konnten die Anforderungen an belastungsgerechte<br />

Verschleißschutzbehandlungen auf Basis von Oberflächenund<br />

Randschichtmodifikationen definiert und entsprechend<br />

entwickelt werden. Anschließend wurden die Behandlungen<br />

in Serienschmiedeversuchen eingesetzt und anhand von umfangreichen<br />

Analysen die bestmögliche Behandlung je Hauptbeanspruchung<br />

herausgearbeitet. Weiterhin wurden Möglichkeiten<br />

zur lokalen Appli kation und deren Ein fluss auf das Einsatz<br />

ver halten unter sucht. Es konnte gezeigt werden, dass lokale<br />

Behandlungen durch diffusionshemmende Pasten oder mechanische<br />

Abdeckungen realisiert werden können und das Einsatzverhalten<br />

nicht be einflussen. Weiter hin konnte sowohl der überwiegend<br />

tribologischen als auch der überwiegend thermischen<br />

Beanspruchung je eine geeignete Verschleißschutzmaßnahme<br />

zugeordnet werden. Unter überwiegend tribologischer Beanspruchung<br />

ist eine mög lichst geringe Nitrier härte tiefe in Kombi<br />

nation mit einer Be schichtung zu wählen, da die ent stehende<br />

starke Rissbildung hoher Nitrierhärtetiefen verschleißinitiierend<br />

wirkt, während thermisch beanspruchte Bereiche eine hohe<br />

Nitrierhärte erfordern, um der thermischen Entfestigung entgegen<br />

zu wirken. Die starke Riss bildung ist in diesen Be reichen<br />

nicht verschleißinitiierend, da die vorherrschenden Gleitwege<br />

zumeist gering sind. Die Übertragbarkeit der entwickelten lokalen<br />

Behandlungsstrategien auf die industrielle Praxis wurde<br />

durch zusätzliche prozessbegleitende Industrieversuche<br />

sichergestellt. Durch die lokale belastungsangepasste Behandlung<br />

der Werkzeuge ist es möglich, die erreichbare Standmenge<br />

deutlich zu steigern. Das Potenzial dieser Behandlungen<br />

konnte heraus ge arbeitet werden, ist jedoch vom Einzelfall, das<br />

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<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>

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