EDUCATION 4.17
Chancengerechtigkeit
Chancengerechtigkeit
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Thema | Dossier<br />
zahlen.» 8 Eltern mit wenig Wissen und wenig Zeit, mit geringen<br />
emotionalen und finanziellen Möglichkeiten könnten<br />
ihr Kind nicht gleich unterstützen wie gebildete und<br />
wohlhabende Eltern, die alles daransetzten, dass ihr Kind<br />
erfolgreich durch die Schule kommt.<br />
Chancengerechtigkeit: mehr als «nice to have»<br />
Weil Chancengleichheit ein ziemlich utopisches Ziel ist,<br />
sprechen heute viele Bildungsforscherinnen und -forscher<br />
lieber von Chancengerechtigkeit: Jede Schülerin und<br />
jeder Schüler soll nach ihren, seinen Fähigkeiten individuell<br />
gefördert werden; Aufstiegschancen sind dadurch entsprechend<br />
der Fähigkeiten möglich.<br />
Chancengerechtigkeit in der öffentlichen Schule ist<br />
nicht bloss «nice to have», zumindest der Diskriminie-<br />
rungsschutz stellt eine rechtsstaatliche Aufgabe dar. In<br />
der von der Schweiz unterzeichneten «Salamanca-Erklärung»<br />
der UNESCO von 1994 9 wird das grundsätzliche<br />
Recht auf Bildung aller Kinder bekräftigt. Jedes Schulsystem<br />
solle den Eigenschaften, Fähigkeiten und Lernbedürfnissen<br />
der Kinder gerecht werden. Dies vor allem durch<br />
eine integrative Ausrichtung der Schule. Auch die Bundesverfassung<br />
verbietet klar, Kevins und Bekirs, Mädchen<br />
gegenüber Knaben oder umgekehrt sowie Kinder mit<br />
einer Beeinträchtigung und mit besonderem Bildungsbedarf<br />
zu diskriminieren. «Niemand darf diskriminiert werden,<br />
namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des<br />
Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung,<br />
der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen<br />
oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen,<br />
geistigen oder psychischen Behinderung.» 10<br />
Derselbe Artikel pocht auf die Gleichberechtigung der<br />
Geschlechter (Absatz 3) und verlangt Massnahmen zur<br />
Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten (Absatz<br />
4). Weiter hält die Bundesverfassung fest, dass sich<br />
alle Kinder und Jugendlichen «nach ihren Fähigkeiten<br />
bilden, aus- und weiterbilden können» 11 .<br />
8 Beobachter, Schlechte Bildung ist quasi erblich,<br />
Jessica King, 12. April 2016, www.beobachter.ch,<br />
Stichworte Bildung, erblich<br />
9 Die Salamanca Erklärung und der Aktionsrahmen zur<br />
Pädagogik für besondere Bedürfnisse, www.unesco.at/<br />
bildung/basisdokumente/salamanca_erklaerung.pdf<br />
10 Bundesverfassung, Artikel 8, Absatz 2 Rechtsgleichheit<br />
11 Bundesverfassung, Artikel 41, Absatz 1f<br />
12 Empfehlungen und Beschlüsse, Schweizerische Konferenz<br />
der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) Bern 1995,<br />
S. 15–17, https://edudoc.ch/record/24416/files/D36A.pdf ▶<br />
Massnahmen für mehr Chancengerechtigkeit<br />
Dass Kinder mit Migrationshintergrund vor Ungerechtigkeit<br />
in der Schule geschützt werden müssen, erkannte auch die<br />
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />
(EDK) früh. Am 2. November 1972 gab die EDK<br />
ihre «Grundsätze zur Schulung der Gastarbeiterkinder» 12<br />
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