AgentNews Ausgabe 2/2017
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nicht die erstellte Vertragsschablone, sondern<br />
wie dieser Vertrag in der jahrelang<br />
dauernden Vertragsbeziehung tatsächlich<br />
gelebt wurde, also die konkrete Vertragsbeziehung<br />
im Einzelfall.<br />
Sollte in dem, dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden<br />
Vertrag zwar korrekt<br />
auf das HVertrG abgestellt werden, dies<br />
aber unter Ausschluss oder Beschränkung<br />
des Ausgleichsanspruches, so sei in aller<br />
Kürze auf den §27 des HVertrG verwiesen,<br />
welcher normiert, dass weder eine<br />
Beschränkung noch ein Ausschluss des<br />
§24 und damit des Ausgleichsanspruches<br />
möglich ist. Es handelt sich hierbei um<br />
zwingendes Recht, welches trotz der im österreichischen<br />
Recht herrschenden Privatautonomie<br />
der Vertragsfreiheit entzogen<br />
ist. Grund hierfür ist es, eine Benachteiligung<br />
des Handelsvertreters grundlegend<br />
zu unterbinden.<br />
Man darf sich daher nicht von vertraglichen<br />
Formulierungen beirren lassen,<br />
sondern muss auf die im geschäftlichen Alltag<br />
tatsächlich gelebte Vertragsbeziehung<br />
abstellen. Nur hieraus ergibt sich die Anwendbarkeit<br />
des HVertrG und damit eines<br />
Anspruch gem. §24 HVertrG.<br />
Zur Wahrung des Ausgleichsanspruchs<br />
des Handelsvertreters nach § 24 HVertrG<br />
genügt die rechtzeitige Mitteilung an den<br />
Unternehmer, dass ein Ausgleichsanspruch<br />
geltend gemacht werde; eine Bezifferung<br />
dieses Anspruchs ist zu diesem Zeitpunkt<br />
nicht nötig. Auch ist für die Geltendmachung<br />
keine bestimmte Form vorgeschrieben;<br />
eine gerichtliche Geltendmachung ist<br />
nicht erforderlich. Rechtzeitig bedeutet in<br />
diesem Zusammenhang, dass die Mitteilung<br />
innerhalb eines Jahres nach Beendigung<br />
des Vertragsverhältnisses dem Unternehmer<br />
zugehen muss.<br />
Unabdingbare Voraussetzung zur erfolgreichen<br />
Durchsetzung eines Ausgleichsanspruches<br />
im Sinne des HVertrG ist es<br />
daher, den Beweis erbringen zu können,<br />
dass fristgerecht eine Mitteilung an den<br />
verpflichteten Unternehmens ergangen ist,<br />
dass man den Ausgleichsanspruch geltend<br />
macht.<br />
In rechtlicher Hinsicht einseitig diese<br />
Mitteilung der Geltendmachung des Ausgleichsanspruches<br />
als eine empfangsbedürftige,<br />
einstige Willenserklärung zu<br />
qualifizieren. Wer sich im Prozess auf den<br />
Zugang einer solchen empfangsbedürftigen,<br />
einseitigen Willenserklärung beruft,<br />
hat den Zugang dieser Erklärung zu behaupten<br />
und zu beweisen. In der Regel<br />
scheitert der Handelsvertreter nicht am<br />
Umstand der Behauptung - regelmässig<br />
aber am Beweis, dass diese empfangsbedürftig,<br />
einstige Willenserklärung dem<br />
Unternehmer auch binnen der Frist tatsächlich<br />
zugegangen ist. Hier gilt es daher<br />
Nachstehendes zu beachten:<br />
Es gibt keinen Rechtssatz, dass bei bewiesenem<br />
Absenden eines Briefes mit der Post,<br />
der Zugang beim Adressaten zu vermuten<br />
wäre. Trotz der Verlässlichkeit der Briefbeförderung<br />
durch die Österreichische Post<br />
kann es hin und wieder zu Verlusten von<br />
Sendungen kommen. Die Tatsache der Abgabe<br />
einer Sendung an die Post begründet<br />
daher nicht eine Wahrscheinlichkeit des<br />
Zuganges an den Adressaten in einem solchen<br />
Ausmaß, dass hierdurch eine Umkehr<br />
der Beweislast bewirkt werden müsste.<br />
Nicht einmal die Versendung per Post<br />
mittels eines eingeschrieben Briefs erfüllt<br />
daher das Beweiserfordernis, da mit der<br />
Aufgabebestättigung nicht unter Beweis<br />
gestellt werden kann, dass die besagte Mitteilung<br />
im Sinne des § 24 Absatz 5 HVertrG<br />
dem Unternehmer tatsächlich zugegangen<br />
ist, sondern nur eine postalische Versendung.<br />
Versendet man daher die besagte<br />
Mitteilung postalisch, dann mittels eines<br />
rekommandierten Schreibens, dessen Zugang<br />
mittels Rückschein dokumentiert und<br />
sodann als Beweismittel zur Verfügung<br />
steht. Dem Rückschein kann entnommen<br />
werden, wann im besagten Unternehmen<br />
wer die Mitteilung entgegengenommen<br />
hat.<br />
Die betreffend der postalischen Versendung<br />
gewonnene Erkenntnis aus der in<br />
diesem Zusammenhang zitierten Judikatur<br />
lässt sich dem Grunde nach auf jegliche<br />
Versendeart umlegen. Augenmerk ist auf<br />
die Beweisbarkeit des fristgerechten Zuganges<br />
der Mitteilung im Sinne des §24 Absatz<br />
5 HVertrG zu legen und nicht auf den<br />
Beweis der Versendung.<br />
Sendebestätigungen von E-Mails teilen das<br />
Schicksal der einschreibebrieflichen Versendung<br />
in diesem Zusammenhang - ergo<br />
sie sind wertlos. Bei einer Versendung via<br />
E-Mail ist darauf Augenmerk zu legen, dass<br />
eine Empfangsbestätigung vorliegt.<br />
Als letzte, dem Beweiserfordernis entsprechende<br />
Übermittlungsart ist auf eine<br />
direkte Abgabe der Mitteilung beim bezugshabenden<br />
Unternehmen zu verweisen,<br />
welche man sich durch einen Vermerk -<br />
Eingangsstempel - auf einer Gleichschrift<br />
bestätigen lässt, welche auch datiert sein<br />
sollte.<br />
Verantwortlich für den Artikel:<br />
Fortsetzung in der<br />
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AGENT NEWS | <strong>2017</strong> | <strong>Ausgabe</strong> 2 | 7