gesundheit & ernährung AVOCA- DISSIMO! GESUNDE FETTSÄUREN UND VITAMINE SATT: AVOCADOS GELTEN ALS DAS SUPERFOOD SCHLECHT- HIN. SPORTSLIFE GEHT DER FRUCHT AUF DEN KERN. HENI OFFICIUS ESTEM NATIUNDIS SD- FEATIIS ES QUAE DOLUPIT LIQUI DIAE QUE ARCHITATUR SANDITIUNT OFFICIP 48 <strong>sportslife</strong>
ES IST NOCH GAR NICHT LANGE HER, DA SORGTE DIE AVOCADO WIEDER EIN- MAL FÜR SCHLAGZEILEN. DOCH DIESMAL WAREN ES KEINE LOBESHYMNEN AUF DIE GESUND- UND SCHLANKMACHERIN. NEIN, BRITISCHE CHIRURGEN FORDER- TEN STATTDESSEN WARN-AUFKLEBER AUF DEN BELIEBTEN BEEREN, WEIL SICH ZU VIELE MENSCHEN IN DIE HAND SCHNEI- DEN, WENN SIE BEIM SCHNIPPELN FÜRS FRÜHSTÜCK AM HARTEN KERN ABRUT- SCHEN. DIAGNOSE: „AVOCADO-HAND“ – UND DANN WIRD GENÄHT, GEKLEBT ODER MANCHMAL EBEN AUCH OPERIERT. Noch vor ein paar Jahren hätte man das nicht so überdramatisiert. Damals war die Avocado allerdings auch noch kein Massenprodukt, das in jedem unserer Supermärkte das ganze Jahr über verfügbar ist. In der Tat verlief der Aufstieg der Avocado zum Superfood äußerst langsam. Den ersten kurzen Hype erfuhr die Frucht schon vor über 1.000 Jahren am anderen Ende der Welt, im heutigen Mexiko. Dort war sie festes Programm auf dem Speiseplan der Azteken, die ihr wegen ihrer knubbeligen Oberfläche und weil sie immer paarweise am Baum hängt, den Namen „ahuacatl“ gaben – auf Deutsch: „Hoden“. Fun-Fact: Der heutige Begriff „Avocado“ ist nichts anderes als die altspanische Version davon. Nach der Eroberung des Gebiets durch die Spanier versuchten sich zunächst die Briten daran, die Hodenfrucht auf dem heimischen Markt einzuführen. Sie scheiterten. Der Grund: Sie gaben ihr den ebensowenig attraktiven Namen „Alligatorbirne“. Erst im frühen 20. Jahrhundert trat die Avocado wieder in Erscheinung: Mexikanische Einwanderer brachten sie (schon unter ihrem heutigen Namen) mit in die USA und verführten die Geschmacksnerven der Amerikaner mit Guacamole, dem leckeren Avocado-Mus mit Tomaten, Zitronensaft, Koriander und Salz. Im Grunde die besten Voraussetzungen, schon damals zum Shootingstar zu werden – wären Avocados nicht so teuer und damit ein Luxusprodukt gewesen. Der große Durchbruch kam schließlich erst Mitte der 90er dank eines putzigen Maskottchens namens Mr. Ripe Guy, das – wie sollte es auch anders sein – Guacamole als Snack promotete. Viel Fett und viele Vitamine Von da an war es mit Internet (später insbesondere Instagram) kein weiter Sprung mehr über den großen Teich nach Europa. Mit im Gepäck: viel Fett. Avocados gelten als die fettreichsten Früchte überhaupt und bringen pro 100 Gramm Fruchtfleisch 23 Gramm Fett auf die Waage – umgerechnet etwa 200 bis 250 Kilokalorien. Die Aerobic-Ladys aus den 80ern hätten vor lauter Fettangst das Weite gesucht. Heute aber weiß man, dass dieses Fett gesund ist, denn es ist pflanzlich und besteht aus einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Diese halten den Cholesterinspiegel im Lot, senken das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und können Ernährungsexperten zufolge sogar beim Abnehmen helfen. Grund für Letzteres ist das Enzym Lipase, das die Fettverbrennung während der Verdauung steuert und das Speichern des Avocado-Fetts verhindert. Ergo: Das Fett wird im Körper schneller abgebaut. Neben dem Fett stecken Avocados voller wichtiger Vitamine: Vitamin E als Antioxidans, das freie Radikale abwehrt und somit das Immunsystem unterstützt. Vitamin B6, das unter anderem beim Eiweißstoffwechsel und am roten Blutfarbstoff mitarbeitet. Und auch das Provitamin A ist enthalten, das wichtig für die Augen und den Aufbau der Haut ist. Immerhin muss die Avocado ja ihrem Ruf als Schönmacherin gerecht werden. Ein weiteres Plus: Sie schmeckt gut. Samtigweich, unaufdringlich, leicht nussig und ein bisschen süß. Und sie liegt so cremig auf der Zunge, dass man sie einfach am Gaumen zerdrücken kann. Also doch ein Superfood, trotz Verletzungsgefahr beim Aufschneiden? Definitiv – wäre da nicht dieser klitzekleine Makel in Sachen Umweltbilanz. Was für eine Diva! Avocados sind wählerisch. Sie wachsen nicht überall, sondern nur dort, wo der Boden frei von Steinen und wo es schön warm und sonnig ist. Zu viel Sonne darf es aber bitteschön auch nicht sein, das mögen die sensiblen Baumstämme nicht. Auf vielen Farmen werden sie daher mit Sunblocker bestrichen. Außerdem haben Avocados beim Wachsen viel Durst. Über 500 Liter Wasser schluckt eine einzelne, ca. 400 Gramm schwere Frucht, bis sie geerntet werden kann. Rechnet man das hoch, zum Beispiel auf all die großen Avocado-Farmen an der mexikanischen Westküste, werden dort 80 Prozent des ohnehin schon knappen Trinkwassers für die Avocado-Zucht verwendet. In Israel, wo unsere Avocados im <strong>Herbst</strong> und Winter herkommen, ist es rund die Hälfte des Trinkwasservorrats. Dazu kommt die hohe CO 2 -Belastung durch den Transport. Avocados sind empfindlich und fühlen sich nur bei einer Reisetemperatur von kühlen sechs Grad in einem strombetriebenen Container richtig wohl. Stöße sind ein No-go, also werden sie ordentlich in Watte gepackt – Pardon, in Verpackungsmaterial gepolstert. Und selbst dann sind sie noch nicht verzehrreif, wenn wir sie im Supermarkt kaufen. Die Reife ist ohnehin so eine Sache für sich. Der Übergang von unreif zu reif zu schrumpelig und nicht mehr genießbar verläuft so schnell, dass man entweder Glück haben muss oder sich einen Wecker stellen müsste. Zum Beschleunigen der Reifung ist der Tipp weitverbreitet, die harte Frucht für ein paar Tage zusammen mit einem Apfel in einer Papiertüte zu lagern. Für die bei uns gängige Sorte „Hass“ kann man sich außerdem merken: Ist die Schale schwarz und gibt auf Druck nach, schnell schmecken lassen. Der Umwelt zuliebe aber vielleicht nur einmal in zwei Wochen. Um die Gefahr der Avocado- Hand zu bannen, empfehlen wir übrigens, den Kern einfach per Löffel auszuhebeln. Oder ihr lasst ihn einfach in einer Hälfte stecken, wenn ihr nur eine halbe Frucht essen wollt. So bleibt sie länger frisch. Die andere Hälfte schmeckt uns am besten im Salat oder – na klar – als Guacamole! Text: Carina Mehlis 49