sport & fitness EUROPAS ERFOLGS- MODELL TEXT: RAPHAEL HONIGSTEIN GRÖSSTER SPORTEVENT DER WELT, GELDMASCHINE, STRASSENFEGER, MYTHOS: DIE UEFA CHAMPIONS LEAGUE. kivnl / Shutterstock.com 62 <strong>sportslife</strong>
EGAL WIE MAN DIE UEFA CHAMPIONS LEAGUE SIEHT, DER 1992 ERSCHAFFENE WETTBE- WERB IST EIN ERFOLGSMODELL. VERBÄNDEN, VEREINEN UND SPIELERN GARANTIERT SIE SATTE EINNAHMEN, WELTWEIT ZIEHT DIE KÖNIGSKLASSE MEHR ZUSCHAUER AN ALS EINE WM ODER OLYMPIA UND SPONSOREN STEHEN SCHLANGE. MANCHMAL ABER HAT DIE SACHE IHRE TÜCKEN. Fußballtrainer sollen die Champions League im Laufe ihrer 25-jährigen Geschichte verflucht haben. Nach einem Vierteljahrhundert ist es zum Zwang für große Klubs, ihre Coaches und Starkicker geworden, den Königsklassenpokal zu gewinnen. Nehmen wir Carlo Ancelotti. Der Italiener verdankt seinen Vertrag beim FC Bayern München auch seiner Erfahrung im Champions-League-Gewinnen. Dreimal hat der 57-Jährige das Kunststück vollbracht – als einziger Trainer. Dass daraus eine erdrückende Erwartungshaltung entsteht, zeigte die vergangene Saison. Für viele stand vor dem ersten Spiel fest: Wenn es jemandem gelingt, dem fünfmaligen Sieger Bayern einen sechsten Titel zu schenken, dann ihm. Es blieb ein Gefühl der Enttäuschung zurück, als es nur zum Single (Meisterschaft) reichte. Bis zum nächsten Versuch, denn die Champions League verliert niemals ihren Reiz. Das mag daran liegen, dass es erst <strong>2017</strong> mit Real Madrid dem ersten Verein gelang, den im Vorjahr errungenen Titel zu verteidigen. Oder Gianluigi Buffon. Der 39 Jahre alte Torwart von Juventus Turin hat es oft versucht und nie geschafft. Fünf vergebliche Anläufe von Juve und eine Portion Ernüchterung sind das Ergebnis. Weltmeister war er, UEFA-Cup-Sieger, Meister, Pokalsieger und Welttorhüter – aber es klafft die Lücke, in die der Champions- League-Pokal so gut passen würde. Woran liegt es, dass es fast zur Sucht geworden ist, den Pott zu holen? Die Champions League ist zum wichtigsten Wettbewerb im Klubsport der Welt geworden. Von 1955 bis 1992 lief der Event unter der Bezeichnung Europapokal der Landesmeister. Seit 2001 gibt es übrigens auch eine Champions League für Frauen-Teams. Immer mehr Vereine entdecken die internationale Bühne als Einnahmequelle und Betätigungsfeld. Die Champions League garantiert weltweit Aufmerksamkeit. Was manche die beste Idee Europas nennen, ist weltweit zum Publikumsmagneten aufgestiegen, der längst die Popularität einer WERBESPOTS IM TV ERZIELEN HÖCHSTPREISE VON WEIT ÜBER 1.000 EURO – PRO SEKUNDE. Weltmeisterschaft erreicht hat, wenn er sie nicht überholt hat. Wembley-Arena Mai 2013. Die Bayern schlagen Dortmund im ersten rein deutschen Finale 2:1. Über 360 Millionen schauen weltweit zu. Das Endspiel im American Football, das Super-Bowl-Finale, sehen im Durchschnitt nur etwa 150 Millionen. Beeindruckende Zahlen, die sich seit Jahren wiederholen. An jedem der 15 Spieltage einer Saison zieht es zwischen 105 und 228 Millionen Menschen vor einen Fernseher. Die Champions League ist zum globalen Sportereignis aufgestiegen, das anders als alle vier Jahre stattfindende WMs oder Olympische Spiele jedes Jahr Spannung und Nervenkitzel liefert. In den entlegensten Winkeln der Erde wird über Spiele diskutiert, die Kneipen sind voller Fans und Kinder tragen überall auf der Welt die Trikots der großen europäischen Klubs. Für den europäischen Fußball setzte die Champions League neue Maßstäbe und entwickelte sich zu einem Millionengeschäft und Medienspektakel, das sich in der Mitte der Gesellschaft etablierte. Die sechs Hauptsponsoren zahlen rund 30 Millionen Euro pro Saison, um zum erlauchten Kreis der Werbepartner zu gehören. Der Sportartikel-Produzent adidas zahlt eine ähnliche Summe, um den offiziellen Spielball zu stellen. Im Gegenzug steht ungeteilte Aufmerksamkeit an der Seite eines weltumspannenden Events, der einen enormen Imagegewinn und zusätzliche Einnahmen garantiert. So soll adidas mehrere Millionen Champions-League-Bälle zu je 120 Euro verkauft haben. Werbespots im TV erzielen Höchstpreise von weit über 1.000 Euro – pro Sekunde. Ein junger Wettbewerb ist die Champions League nach 25 Jahren nicht mehr. Dennoch kommt sie im modernen Gewand daher, wenn der europäische Verband UEFA stolz mitteilt, dass 4,8 Millionen Tweets über das Finale 2013 90 Minuten vor dem Anpfiff bis 30 Minuten nach dem Spiel abgesetzt wurden. Direkt nach dem Schlusspfiff waren es 117.601 – pro Minute. Auch soziale 63