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Friedhof<br />

SCHWEIZER FRIEDHOF-<br />

REGLEMENTE IM WANDEL<br />

NEBST IHREN LOKALEN BESONDERHEITEN BESITZEN DIE ÜBER 2300 SCHWEIZER GEMEINDEN (STAND 2016)<br />

QUASI ALLE EIN EIGENES FRIEDHOFREGLEMENT. ES HANDELT SICH DABEI UM VERORDNUNGEN, DIE JE NACH<br />

GEMEINDE EINE ODER MEHRERE SEITEN UMFASSEN KÖNNEN. DEM ZEITGEIST ENTSPRECHEND SIND DIE MEISTEN<br />

HEUTZUTAGE ALS PDF ONLINE ABRUFBAR.<br />

Lambrini Koutoussaki<br />

Auch wenn sich Studien vorwiegend mit den Friedhofanlagen<br />

als solche beschäftigen, sind die dazugehörigen<br />

Friedhofreglemente ebenfalls von grosser<br />

Bedeutung. Sie gehören zu den Bestandteilen<br />

des Friedhofwesens allgemein und reflektieren in<br />

vieler Hinsicht unsere Gesellschaft der Lebenden.<br />

In den letzten Jahrzehnten sind viele dieser Reglemente<br />

angepasst, teilrevidiert oder in einigen Fällen<br />

gar neugeschrieben worden, der Hauptinhalt<br />

jedoch basiert für die meisten weitgehend auf den<br />

ursprünglichen, bei der Anlegung des Friedhofs<br />

verfassten Reglementen. Zur Erinnerung: Die Verwaltung<br />

der Friedhöfe ist in der Schweiz seit dem<br />

19. Jahrhundert nicht mehr der Pfarrgemeinde,<br />

sondern der politischen Gemeinde (Hochbauamt,<br />

Bauamt usw.) unterstellt! Das bedeutet, dass auch<br />

die sogenannten «Kirchhöfe», die heute noch in<br />

Gebrauch sind, nicht von den offiziellen Kirchgemeinden<br />

verwaltet werden. Ausnahmen bilden die<br />

jüdischen Friedhöfe, die nach Schweizer Recht als<br />

«private Friedhöfe» gelten und von den jeweiligen<br />

jüdischen Gemeinden verwaltet werden, sowie<br />

Klosterfriedhöfe und einige Privat- bzw. Familienfriedhöfe,<br />

die auf einem Privatgrundstück liegen.<br />

DIE URSPRÜNGE<br />

Seit den Anfängen der Menschheit liessen die<br />

Völker ihre Verstorbenen in einem von der Gemeinschaft<br />

bestimmten Raum beerdigen. Von<br />

Beginn an waren auch Bestattungsvorschriften<br />

im eigentlichen Sinne des Wortes notwendig. Sie<br />

entstanden unter anderem aus dem Wunsch, den<br />

notwendigen Respekt gegenüber der verstorbenen<br />

Person und dem Tod zu gewährleisten.<br />

Das ursprünglich von vrithof oder frithof (althochdeutsch)<br />

abstammende Wort «Friedhof»<br />

bezeichnete anfänglich einen eingefriedeten Begräbnisraum<br />

in, bzw. neben der oder um die Kirche.<br />

Die heutige Bedeutung als «Hof des Friedens»<br />

im engsten Bezug auf die Begräbnisstätte ist erst<br />

später in der neueren Geschichte als Begriff festgesetzt<br />

worden.<br />

Der «Kirchhof», der in den meisten europäischen<br />

Ländern über Jahrhunderte hinweg den<br />

Bestattungsort einer Siedlung bildete, wurde vor<br />

allem zur Zeit der Reformation heftig kritisiert. In<br />

den grossen Schweizer Städten wie Genf, Zürich<br />

oder Basel kam es zu grossen Änderungen (Neueinteilung<br />

im Namen der Gleichheit zwischen den<br />

Menschen z.B.), die schriftlich geregelt wurden.<br />

Ab dem 18. Jahrhundert wurden Beerdigungen<br />

in und um die Kirchen in Frage gestellt und aufs<br />

schärfste kritisiert. In den Streit zwischen Politikern<br />

und Theologen mischten sich auch die Ärzte<br />

ein, Grund dafür war vor allem die fehlende Hygiene.<br />

Es wird von überfüllten Kirchenfriedhöfen<br />

berichtet. Bekannt ist das Schreiben der Basler<br />

medizinischen Fakultät (1766), die auf das grosse<br />

Risiko von Epidemien aufmerksam machte und<br />

deshalb forderte, Friedhöfe ausserhalb der Tore<br />

der Stadt anzulegen. Zürich, geprägt von den Reformatoren,<br />

verbietet in einem Beschluss von 1770<br />

Beerdigungen in den Kirchen. Vermehrt werden<br />

auch die Kosten für die Begräbnisse vermögender<br />

Familien oder andere Begräbnissitten kritisiert.<br />

Auch in Bern wurden Stimmen laut, die mit Hinweis<br />

auf die Gesundheit der Bevölkerung und in Berufung<br />

auf ärztliche Kreise Änderungen verlangten.<br />

Die Idee von der Versetzung der Friedhöfe extra<br />

muros nahm in Bern etwa 30 Jahre später mit dem<br />

Monbijou-Friedhof Gestalt an.<br />

Auch wenn die Anfänge der Säkularisation in<br />

den protestantischen Städten im 18. Jahrhundert<br />

liegen, fasste sie erst im 19. und vor allem im<br />

20. Jahrhundert trotz Gegenströmungen richtig<br />

Fuss, auch in traditionell katholischen Gebieten.<br />

Die Verlegung der Friedhöfe ausserhalb der Städte<br />

wurde auch in der Schweiz Tatsache. Auch die Begräbnisbräuche<br />

wandelten sich. Somit entstand<br />

eine neue Begräbniskultur, in der dem Kultischen<br />

20 05/17

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