Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
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ist; aber ich dankte dir nicht dafür. Deshalb gereichen sie mir auch nicht zum Heile, sondern<br />
vielmehr zum Verderben, weil ich nur darauf bedacht war, einen solch guten Teil meines<br />
Vermögens in meiner Gewalt zu haben, und ich berührte meine Kraft nicht zu deiner Ehre,<br />
sondern ich zog von dir in ein fernes Land, daß ich sie in buhlerischen Lüsten vergeudete.<br />
Was aber half mir so mein Vermögen, da ich es nicht gut verwandte, denn ich bemerkte nicht,<br />
daß jene Künste selbst von Fleißigen und Geistreichen nur mit großer Anstrengung erlernt<br />
wurden, wenn ich ihnen dieselben nicht erklärte, und das war unter ihnen der Trefflichste,<br />
welcher meiner Auslegung nicht gar zu langsam zu folgen vermochte.<br />
Welchen Gewinn aber brachte mir das, da ich glaubte, daß du, o Herr mein Gott, der du die<br />
Wahrheit bist, seiest ein unermeßlich großer leuchtender Körper, und ich wäre ein Teilchen<br />
davon? Welch große Verkehrtheit! Ich erröte nicht, dir deine Barmherzigkeit an mir zu<br />
bekennen und dich anzurufen, ich, der ich damals nicht errötete, meine Lästerungen vor den<br />
Menschen auszukramen und wider dich zu bellen. Was nützte mir damals mein Geist, der<br />
spielend jene Lehren bewältigte und ohne menschliche Lehrer jene vielfach verknoteten<br />
Schriften auflöste, während ich die Lehre deiner heiligen Liebe entstellte und in<br />
gotteslästerlicher Schande umherirrte? Oder schadete deinen Kindern der langsame Geist, da<br />
sie von dir sich nicht weit entfernten, um im Nest deiner Kirche flügge zu werden und um die<br />
Fittiche der Liebe durch die Nahrung des gesunden Glaubens erstarken zu lassen? O Herr,<br />
mein Gott, unter dem Schatten deiner Flügel rühme ich mich! Schirme und trage uns. Du<br />
willst uns tragen im Mutterschoß und willst uns tragen, bis daß wir grau werden. Denn unsere<br />
Kraft ist nur deine Kraft, wenn du sie bist; ist sie unser, so ist sie Unkraft. Bei dir lebt immer<br />
unser Gut; weil wir von ihm uns abkehrten, sind wir verkehret worden. Wiederkehren wollen<br />
wir nun, o Herr, damit wir nicht verkehret werden, weil bei dir unser Gut lebt ohne alle<br />
Gefährde, denn du bist es selbst. Und wir fürchten nicht, daß wir einst nicht haben, dahin wir<br />
zurückkehren können, weil wir von dort abfielen, denn uns, auch wenn wir fern sind, stürzt<br />
nicht ein unser Haus - deine Ewigkeit.<br />
Erstes Kapitel<br />
FÜNFTES BUCH<br />
Empfange das Opfer meiner <strong>Bekenntnisse</strong> aus der Hand meines Mundes und heile alle meine<br />
Gebeine, und sie müssen sagen: Herr, wer ist deinesgleichen? Denn wer vor dir bekennt, der<br />
lehrt dich nicht, wes Geistes Kind er ist, denn deinem Auge ist auch ein verschlossenes Herz<br />
offen, und der Menschen Härte drängt nicht zurück deine Hand, sondern du schmilzest sie,<br />
wenn du willst, sei es nun als Erbarmer oder als rächender Richter, und es bleibt nichts vor<br />
deiner Hitze verborgen. Aber meine Seele lobe dich, daß sie dich liebe; sie bekenne sich zu<br />
deinem Erbarmen, daß sie dich lobe. Nicht weicht noch schweigt vor deinem Lobe das All<br />
deiner Schöpfung; nicht des Menschen Geist, der durch sein Bekenntnis sich wendet zu dir,<br />
nicht die Tiere noch die Körper hören auf dich zu preisen durch den Mund der sie<br />
betrachtenden Menschen, auf daß unsere Seele sich erhebe aus ihrer Laßheit zu dir, gestützt<br />
von deiner Schöpfung, und sich hinaufringe zu dir, der du solches wundervoll schufest. Das<br />
aber ist Erquickung und wahre Stärke.