Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
Aurelius Augustinus: Bekenntnisse
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Als daher von Mailand nach Rom an den Präfekten der Stadt um einen Lehrer der<br />
Beredsamkeit geschrieben und damit die kostenfreie Reise verbunden wurde, bewarb ich<br />
mich, durch die von manichäischen Irrtümern Trunkenen - ich ging hinweg, um sie<br />
loszuwerden, aber beiderseits wußte man es nicht - empfohlen, sobald ich auch durch eine<br />
Proberede ausgewiesen hatte, daß Symmachus mich nach Mailand schicken möchte. So kam<br />
ich nach Mailand zum Bischof Ambrosius, einem der besten Männer, die auf dieser Erde<br />
wandelten, einem frommen Verehrer von dir, dessen Predigten deinem Volke kräftig<br />
darreichten deinen besten Weizen und Freudenöl und des Weines nüchterne Trunkenheit. Zu<br />
ihm aber ward ich durch dich geführt ohne mein Wissen, damit ich durch ihn zu dir gerührt<br />
würde mit meinem Wissen. Väterlich nahm mich der Gottesmann auf und an meiner<br />
Übersiedelung hatte er ein bischöfliches Wohlgefallen. Und ich lernte ihn lieben, anfänglich<br />
zwar nicht als einen Lehrer der Wahrheit, die in deiner Kirche zu finden ich ganz aufgegeben<br />
hatte, sondern nur als einen mir wohlwollenden Mann. ich hörte fleißig seine Vorträge, zwar<br />
nicht in der Absicht, die mir geziemt hätte, sondern gewissermaßen nur, um seine<br />
Beredsamkeit zu prüfen, ob sie seinem Ruhme entspräche, ob sie herrlicher oder dürftiger<br />
ströme, als man sie pries. Von seinen Worten wurde meine Aufmerksamkeit gefesselt; ich<br />
bekümmerte mich aber nicht um den Inhalt, den ich verachtete; ich freute mich über die<br />
Anmut seiner Rede, die, obwohl gehaltreicher, aber weniger erheiternd und einschmeichelnd<br />
als die des Faustus war, was die Worte an sich betraf. In Hinsicht des Gegenstandes selbst<br />
konnte natürlich kein Vergleich stattfinden, jener war ja von den manichäischen Fallstricken<br />
irregeführt, dieser aber lehrte heilsamst das Heil. Aber das Heil ist fern von den Gottlosen,<br />
wie ich damals einer war, und dennoch näherte ich mich ihm allmählich und unvermerkt.<br />
Fünftes Buch - Vierzehntes Kapitel<br />
Denn obwohl es mir nicht darum zu tun war zu lernen, was er sprach, sondern nur zu hören,<br />
wie er sprach - denn nur diese eitle Sorge war nur geblieben, mir, der ich daran verzweifelte,<br />
daß den Menschen überhaupt ein Weg zu dir offenstehe -, kam doch in meine Seele zugleich<br />
mit den Worten, die ich gern hörte, noch der Inhalt, den ich geringschätzte, denn ich konnte<br />
beides nicht voneinander trennen. Während ich nun mein Herz auftat, um zu erfassen, was er<br />
also beredt sprach, ging zugleich auch das mit ein, was er so wahr gesprochen, aber freilich<br />
auch nur allmählich. Zuerst kam es mir so vor, als ob auch diese Lehren zu verteidigen wären,<br />
denn es sei nicht unverschämt, die Wahrheit des kirchlichen Glaubens zu behaupten, die mir<br />
bis dahin gegen die Angriffe der Manichäer unhaltbar erschienen war, besonders nachdem ich<br />
die eine und die andere dunkle Stelle im Alten Testamente öfters hatte erklären hören,<br />
während ich, der am Buchstaben festhielt, den Geist verlor. Daher tadelte ich, nachdem so<br />
manche dieser Schriftstellen meinem Verständnis näher gebracht waren, meine Verzweiflung,<br />
die mich glauben ließ, Gesetz und Propheten vermöchten sich nicht gegen ihre Feinde und<br />
Spötter zu halten. Keineswegs aber glaubte ich deshalb schon den Weg der Kirche betreten zu<br />
müssen, weil er seine gelehrten Verteidiger haben konnte, die beredt und vernünftig die<br />
Einwürfe zurückwiesen, und nicht deshalb schon könne die Richtung, die ich eingeschlagen,<br />
verdammt werden, weil die Verteidigung in ihren Gründen einander gleichstand. Der<br />
kirchliche Glaube erschien mir nicht mehr als besiegt, aber doch auch noch nicht als Sieger.<br />
Nun aber strengte ich meinen Geist an, ob es mir nicht gelänge, die Manichäer durch gewisse<br />
Beweise des Irrtums zu überführen. Hätte ich mir eine geistige Substanz denken können, so<br />
wären mit einem Male alle jene Trugwerke zerstört und aus meinem Geist entfernt worden.<br />
Aber ich vermochte es nicht. Ich fand aber, daß von der Körperwelt und der ganzen Natur,<br />
soweit sie der Sinn des Geistes erfaßt, die meisten Philosophen weit richtigere Ansichten<br />
hatten, je mehr ich mich mit ihnen beschäftigte und sie verglich. Als ich daher nach Art der