s'Magazin usm Ländle, 19. November 2017
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BIO-LANDWIRTSCHAFT<br />
FORTSETZUNG<br />
auchnicht durch Mut gekennzeichnet<br />
–gerade auf politischer Ebene.<br />
Den Mut braucht es aber?<br />
Ja, denninunserem Bereichmuss sehr<br />
langfristig geplant werden. Investiere<br />
icheinen Euro,dauerteseben, bis der<br />
wieder zurückfließt.<br />
Nun sind Sie mit dem Klimaschutzpreis<br />
für das Projekt „Gemüsekiste“ ausgezeichnet<br />
worden. Wie klimafreundlich<br />
ist ihreLandwirtschaft tatsächlich?<br />
Wir haben sowohl Anpassungs- als<br />
auch Vermeidungsstrategien. Wie<br />
schaffen wir es, weniger CO2 auszustoßen?<br />
Dasbeginnt beiden Gewächshäusern,<br />
die im Winter nicht geheizt<br />
werden. Wir passen nicht das Klima<br />
an die Pflanzen an,sonderndie Pflanzen<br />
an das Klima. Wir bauen Salate<br />
an, die speziell in der Spitzengastronomie<br />
sehr gefragt sind. Das ist auch<br />
die ökonomischere Variante. Wir sind<br />
ja keine Öko-Hippies, sondern müssen<br />
Geld verdienen. Spannend ist,<br />
Modelle zu entwickeln,wie Klima und<br />
Geldunter einen Hut zu bringen sind.<br />
Auch auf Feldern kann man klimaschonend<br />
arbeiten, mit Fruchtfolge<br />
etwa.<br />
Warum ist die Fruchtfolge so wichtig?<br />
Weil Böden extrem viel CO2 binden<br />
können –dafür muss der Boden aber<br />
richtig bewirtschaftetwerden. Wirhaben<br />
auch Rinder amHof. Rinder gelten<br />
alsCO2-Produzenten erster Güte.<br />
Aber:Ein Viertel der landwirtschaftlichenBöden<br />
ist für den Ackerbau nicht<br />
geeignet. Da bleibtnur Grünlandnutzung.<br />
Das Rind ist ideal. Es wandelt<br />
etwas, das ich nicht essenkann –Gras<br />
–, in etwas um, das ich essen kann –<br />
Fleisch. Problematisch ist, dass mittlerweile<br />
das System pervertiert worden<br />
ist und Rinder zuNahrungsmittelkonkurrenten<br />
geworden sind. Da<br />
wird dann Soja um die halbe Weltgeschifft.<br />
Eine der größtenFehlentwicklungen<br />
in derLandwirtschaft.<br />
Man setzt ja auch vorwiegend auf hoch-<br />
STECK<br />
BRIEF<br />
Geboren 1984, Auslandszivildienst<br />
in SierraLeone,Studium ander BO-<br />
KU Wien, Eintritt in den elterlichen<br />
Betrieb in Lustenau. Mittlerweile<br />
bekannt für die Gemüsekiste und<br />
andereehrgeizige Projekte.<br />
·········································································································································<br />
gezüchtete Rassen, die mehr Futter<br />
brauchen.<br />
Auchhier gilt: Muss ich den Standort<br />
der Kuh anpassen oder vielleicht umgekehrt?<br />
Die Väter der Vorarlberger<br />
Kühestehen nichtbei uns,sondernin<br />
Texasoder Idaho.<br />
Welche Rinder stehen bei Ihnen am<br />
Hof?<br />
Original Braunvieh und Grauvieh –<br />
gekreuzt mit Aubrac, einer französischen<br />
Fleischrinderrasse, die vielfach<br />
in Naturschutzprojekten eingesetzt<br />
wird, weil sie ihre Leistung ausschließlich<br />
aus Gras erbringt. Siesind<br />
kleinere Tiere, passen gut inunsere<br />
Berge, sind vitalund gesundund bringen<br />
superFleisch!<br />
Wie viel Potenzial hat die Landwirtschaft<br />
noch in Sachen Klimafreundlichkeit?<br />
Enormes Potenzial. Es braucht quantitativen<br />
und qualitativen Bodenschutz.<br />
Nur Boden ist zu wenig. Wissen<br />
Sie, woman den besten Ackerboden<br />
Vorarlbergs findet? Unterm Golfplatz<br />
Rankweil! Das sagt recht viel<br />
über den Umgang unserer Gesellschaft<br />
mit Boden. Redet man bei uns<br />
über Boden, meint man den Marktwert.Das<br />
ist aber nur ein fiktives System.Die<br />
exorbitanten Bodenpreise erklärensichdurchdieFeigheitderPolitik,<br />
die nicht eingreifenwill.<br />
Was würden Sie ändern, wenn sie eine<br />
Woche lang Agrar-Landesrat wären?<br />
Ich würde mich des Bodenschutzgesetzes<br />
annehmen. Es braucht rechtliche<br />
Rahmenbedingungen, eine Handhabe.Man<br />
muss diskutieren, wieeine<br />
Fruchtfolge auszusehen hat. Das hat<br />
nichts mitBevormundungzutun. Boden<br />
ist ein öffentliches Gut. Das gehört<br />
nicht einem alleine. Eigentum<br />
verpflichtet. Letztlich fußt unsere gesamte<br />
Zivilisation auf diesen fruchtbaren<br />
20Zentimetern Bodenkruste.<br />
Zweitens würde ich das hermetisch<br />
abgeriegelte System Landwirtschaft<br />
öffnen. Es gibt in Vorarlberg die 3-G-<br />
Strategie: geboren, gemästet, geschlachtet<br />
in Vorarlberg. Das kann<br />
man aber auch anders auslegen: geboren,<br />
geheiratet, geerbt. Das sind die<br />
drei Zugänge zur Landwirtschaft. Es<br />
gibt in der Landwirtschaftskammer<br />
kein Gründerservice. Gleichzeitig verlieren<br />
wir jährlich Betriebe –und ich<br />
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s’Magazin