LS_DEZ_JAN
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sie diesen Zeitverlust locker bergab<br />
wieder herausfahren werden. Jetzt bin<br />
ich aber erst einmal klar im Vorteil.<br />
Und das trotz meines schweren Rucksacks<br />
auf dem Kreuz.<br />
Im Glauben an den richtigen Weg folge<br />
ich an einer Weggabelung automatisch<br />
den Radspuren, die sich sichtbar<br />
in den weichen Boden gedrückt<br />
haben. Zum Glück kommt mir recht<br />
bald ein Gedanke in den Kopf, denn<br />
der Weg neigt sich unmerklich wieder<br />
talwärts. Ich denke mir so: „Du warst<br />
doch noch gar nicht an der Burg. Die<br />
soll doch oben auf dem Berg liegen<br />
und hier geht es schon wieder runter?<br />
Irgendwo muss du was übersehen haben!“<br />
Ich laufe wieder retour und an<br />
der Weggabelung angekommen bin<br />
ich mir immer noch nicht sicher, ob<br />
der andere Weg zur Burg weiterführt.<br />
Wie eine stark frequentierte Zufahrt<br />
zur Krayenburg sieht er hier nicht aus.<br />
Trotzdem folge ich ihm und werde<br />
nicht enttäuscht. Das Einzige, was mich<br />
wirklich überrascht, ist die zunehmende<br />
Steilheit. Vor mir eine ordentliche<br />
Rampe, immer noch kein Ziel, aber dafür<br />
ordentliche Schwüle in der Luft, die<br />
mir den Schweiß nur so aus den Poren<br />
treibt.<br />
Nach einer gefühlten Unendlichkeit<br />
stehe ich dann endlich oben auf dem<br />
Berg. Rechts grüßt das Gasthaus mit<br />
seinem Turm und links zeigen sich die<br />
Ruinen der ehemaligen Krayenburg.<br />
Zwischen zwei Außenmauern führt ein<br />
Gang in ein verstecktes Gewölbe. Auf<br />
diesen Weg verzichte ich und schaue<br />
mir stattdessen noch etwas die alten<br />
Mauerreste an, die sich seit der Zerstörung<br />
im 30-jährigen Krieg so präsentieren.<br />
August Trinius macht u.a. folgende<br />
Notizen zur Krayenburg:<br />
Außer gewaltigen Trümmerhaufen,<br />
Mauerresten, Kellern finden wir nur<br />
noch eine Wand des Palas mit leeren<br />
Fensterhöhlen. (…) Von bedeutendem<br />
Umfange muss diese Veste gewesen<br />
sein, die wie ein Falk sich zwischen<br />
Werra und der belebten Heerstraße,<br />
scharf aus-lugend, festgesetzt hatte.<br />
Mit seinen 429 Metern Höhe in der<br />
sonst flachen Werraebene ist der<br />
Bergkegel dafür auch prädestiniert. Im<br />
Gasthaus frage ich nach einer alternativen<br />
Strecke hinunter nach Kieselbach<br />
und bekomme eine solche auch angeboten.<br />
Sie ist zwar steiler, aber dafür<br />
wesentlich kürzer. Kurz vor der Kirche<br />
erreiche ich das Örtchen am Fuße des<br />
Berges. Über den gepflegten Friedhof,<br />
an der ehemaligen Wehrkirche und<br />
dem davor stehenden Kriegerdenkmal<br />
vorbei, durchquere ich den größten<br />
Teil von Kieselbach. Mit dem Tipp eines<br />
Einwohners finde ich auch den herrlichen<br />
Weg durch die Auen, rechtsseitig<br />
entlang der Werra, hinüber nach Dorndorf.<br />
Schon von hier aus sehe ich den<br />
weiß-braunen Turm der Vachaer Kirche.<br />
Er wird von nun an bis zu meinem Eintreffen<br />
mein ständiger Begleiter sein.<br />
Darüber leuchtet mit seiner weißen<br />
Oberfläche die Kaliabraumhalde von<br />
Philippsthal über die grünen Wiesen<br />
und Wälder.<br />
Text/Foto: Thomas Niedlich<br />
Fortsetzung folgt