MTD_DDG_2017_11+Diatec_2017_03
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20 Im Blickpunkt<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 11 · 22. November <strong>2017</strong><br />
Prävention und Früherkennung<br />
endlich zum Durchbruch verhelfen<br />
Deutsche Diabetes Stiftung verfolgt ihre weit gesteckten Ziele konsequent<br />
MÜNCHEN. Vor über 32 Jahren haben Mitglieder der <strong>DDG</strong> und<br />
des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB) die Deutsche Diabetes<br />
Stiftung (DDS) ins Leben gerufen. Früherkennung und Prävention<br />
des Diabetes waren und sind die Hauptziele der Stiftung. Die<br />
Arbeit der DDS ist aufgrund der stetig steigenden Zahl an Patienten<br />
mit Diabetes Typ 2 heute wichtiger denn je.<br />
Seit mehr als 32 Jahren<br />
klärt die DDS<br />
die Bevölkerung über<br />
die Gefahren des Diabetes<br />
Typ 2 auf und entwickelt<br />
und propagiert Ideen sowie<br />
Projekte zur Vorsorge.<br />
Dennoch scheinen die Ursachen<br />
für die Erkrankung<br />
und deren Folgen in den<br />
Köpfen vieler Menschen<br />
noch nicht angekommen<br />
zu sein, wie die stetig steigende<br />
Zahl der Patienten<br />
mit Typ-2-Diabetes belegt.<br />
Für Professor Dr. Hans Hauner,<br />
Vorsitzender der DDS, ist dies jedoch<br />
kein Grund zur Frustration,<br />
sondern vielmehr Ansporn, die<br />
Bemühungen zur Bekämpfung der<br />
Volkskrankheit Nr. 1 weiter zu verstärken.<br />
„Deutschland hat es bislang<br />
versäumt, der Primärprävention des<br />
Diabetes Typ 2 zum Durchbruch zu<br />
verhelfen“, sagt der Internist.<br />
Ein wesentlicher Grund hierfür sei,<br />
dass die Krankenkassen nach wie vor<br />
zu wenig Geld im Bereich der Gesundheitsförderung<br />
und Prävention<br />
des Diabetes mellitus Typ 2 ausgäben.<br />
„Daran hat sich auch nach der<br />
jüngsten Anpassung des Budgets<br />
für die Gesundheitsförderung und<br />
Vorsorge des Diabetes mellitus Typ<br />
2 auf der Basis des Präventionsgesetzes<br />
nichts geändert“, merkt der<br />
DDS-Vorsitzende kritisch an.<br />
Dabei sei spätestens seit der Veröffentlichung<br />
der Finnischen Diabetes<br />
Präventions-Studie aus dem Jahr<br />
2001 bekannt, dass sich ein Typ-<br />
2-Diabetes allein durch die Änderung<br />
des Lebensstils verhindern bzw.<br />
verzögern lasse.<br />
Wir müssen Risikopatienten<br />
gezielter als bisher ansprechen<br />
Mit innovativen Ideen, einer intensiveren<br />
Öffentlichkeitsarbeit und einer<br />
verstärkten Vernetzung innerhalb<br />
der Gesundheitsszene will die DDS<br />
daher versuchen, Risikopatienten<br />
künftig noch gezielter als bisher anzusprechen,<br />
um sie zu einer gesün-<br />
deren Lebensweise zu motivieren.<br />
Die Stiftung verfolgt dabei mehrere<br />
Ansätze. Neben Basisinformationen<br />
wie Aufklärungsbroschüren und<br />
Wegweisern zum Thema Diabetes<br />
spielt das Angebot des Gesundheitschecks<br />
„FINDRISK“ auf der<br />
Internetseite der DDS eine zentrale<br />
Rolle in der Arbeit der Stiftung.<br />
Der Fragebogen wurde ursprünglich<br />
am Public Health Institute in<br />
Helsinki entwickelt und später von<br />
der DDS gemeinsam mit Professor<br />
Prof. Dr.<br />
Hans Hauner<br />
Vorsitzender der DDS<br />
Foto: Michael-Stobrawe<br />
MRI - TU München<br />
Dr. Peter E. Schwarz<br />
und der Arbeitsgemeinschaft<br />
Prävention Diabetes<br />
Typ 2 in der <strong>DDG</strong><br />
weiterentwickelt und evaluiert.<br />
Der in neun Sprachen<br />
angebotene Check<br />
basiert auf acht Fragen<br />
unter anderem zu Größe,<br />
Gewicht, Taillenumfang,<br />
Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten<br />
und<br />
dauert nur wenige Minuten.<br />
„Auf diese Weise lässt<br />
sich schnell und einfach<br />
das persönliche Erkrankungsrisiko<br />
eines jeden Menschen für die nächsten<br />
zehn Jahre feststellen“, erläutert<br />
Prof. Hauner. Die hohen Zugriffsraten<br />
von rund 1000 Zugriffen pro<br />
Jahr belegten die Popularität des<br />
Tests. Was bislang jedoch fehle, sei<br />
eine konkrete Handlungsanleitung<br />
zu einem gesünderen Verhalten für<br />
diejenigen Nutzer, deren Diabetesrisiko<br />
erhöht ist.<br />
App mit FINDRISK-Checks<br />
bereits in Vorbereitung<br />
Diese Lücke will die DDS im kommenden<br />
Jahr mit einer speziell entwickelten<br />
App füllen. Der Inhalt der<br />
App und die Finanzierung stehen<br />
nach Aussage von Prof. Hauner bereits.<br />
„Damit wollen wir interessierten<br />
Nutzern ein niedrigschwelliges<br />
und kostengünstiges Instrument<br />
an die Hand geben, etwas gegen ihr<br />
Diabetesrisiko zu tun“, erklärt der<br />
DDS-Vorsitzende. Hierfür baut die<br />
DDS auch auf die Kooperation mit<br />
einem starken Partner. So ist für die<br />
Verbreitung der App eine Zusammenarbeit<br />
mit dem länderübergreifenden<br />
Diabetes-Präventionsprojekt<br />
„Dimini – Diabetes mellitus? Ich<br />
nicht!“ geplant (siehe Kasten).<br />
„Beim Dimini-Projekt ermitteln die<br />
teilnehmenden Ärzte mithilfe des<br />
FINDRISK-Checks zunächst das<br />
individuelle Diabetesrisiko ihrer<br />
Patienten und verweisen dann bei<br />
einem entsprechenden Ergebnis auf<br />
App, Wegweiser und Broschüren<br />
finden Sie bei diabetesstiftung.de<br />
Gespräch beim<br />
DiabetesMARKT<br />
der DDS 2016.<br />
Fotos: DZD/Jan Röder, DDS<br />
unsere App“, erläutert Prof. Hauner<br />
den Ansatz. Die Stiftung erhofft sich<br />
durch eine breite Anwendung des<br />
digitalen Helfers auch einen Einstieg<br />
in die Regelversorgung.<br />
Daneben verfolgt die Stiftung noch<br />
zahlreiche andere Ansätze, um einer<br />
weiteren Ausbreitung der Volkskrankheit<br />
Nr. 1 zu begegnen. Als<br />
sehr erfolgreich haben sich in der<br />
Vergangenheit z.B. die Diabetes-<br />
Märkte erwiesen. Auf diesen Openair-Veranstaltungen<br />
in zahlreichen<br />
deutschen Städten konnten sich<br />
bislang mehr als 350 000 Besucher<br />
über den Diabetes und seine Folgen<br />
informieren.<br />
Als sinnvolle Maßnahme vor allem<br />
im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />
von Unternehmen<br />
hat sich wiederum der<br />
von der Stiftung entwickelte Präventions-Parcours<br />
mit praktischen<br />
und alltagstauglichen Tipps zur<br />
Lebensstil änderung erwiesen.<br />
In den vergangenen Jahren sind zudem<br />
unter dem Dach der DDS weitere<br />
Stiftungen in Treuhänderschaft<br />
entstanden, wie die Stiftung „Der<br />
herzkranke Diabetiker“. „Künftig<br />
wollen wir auf unserer Internetseite<br />
noch stärker über unsere Themen<br />
informieren und zum Beispiel attraktive<br />
Projekte vorstellen“, kündigt<br />
Prof. Hauner an.<br />
Stiftung unterstützt<br />
zahlreiche Forschungsprojekte<br />
Der Internist hofft, dadurch auch<br />
wieder mehr finanzielle Mittel vor<br />
allem von privaten Spendern für<br />
die Stiftung akquirieren zu können.<br />
Denn als gemeinnützige Organisation<br />
ist die DDS auf regelmäßige<br />
Zuwendungen von Spendern und<br />
Förderern angewiesen. Zurzeit liegt<br />
das Spendenaufkommen zwischen<br />
50 000 bis 80 000 Euro pro Jahr. In<br />
den Anfangszeiten der Stiftung war<br />
das Fördervolumen nach Aussage<br />
von Prof. Hauner um einiges höher,<br />
da oftmals auch die Industrie Gelder<br />
spendete. Die Unabhängigkeit der<br />
»FINDRISK spielt<br />
zentrale Rolle in<br />
der DDS-Arbeit«<br />
Das Dimini-Projekt<br />
„Dimini“ ist ein auf drei Jahre angelegtes<br />
Präventionsprojekt unter Leitung der KV<br />
Schleswig-Holstein und des Projektinitiators<br />
Dr. Carsten Petersen aus Schleswig.<br />
Ziel ist die Stärkung der Gesundheitskompetenz<br />
von Menschen mit erhöhtem<br />
Risiko für Typ-2-Diabetes. Partner sind<br />
neben einigen Krankenkassen und der<br />
KV Hessen auch die <strong>DDG</strong>, die Deutsche<br />
Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation,<br />
das Pharmaunternehmen MSD,<br />
das Institut für angewandte Versorgungsforschung<br />
sowie die Bundesagentur für<br />
Arbeit. Das Projekt wird mit rund 4 Mio.<br />
Euro aus dem Innovationsfonds unterstützt.<br />
Hausärzte aus Schleswig-Holstein und<br />
Hessen haben die Möglichkeit, sich voraussichtlich<br />
ab Herbst einzuschreiben.<br />
Kontakt zum Dimini-Büro:<br />
Tel: (04621) 855425; Fax: (04621) 855426;<br />
E-Mail: info@dimini.net<br />
Am Informationsstand der DDS bei<br />
der Diabetes Herbsttagung 2015.<br />
Stiftung ist dem DDS-Vorsitzenden<br />
indes sehr wichtig.<br />
Ein weiteres wesentliches Element<br />
der Stiftungsarbeit ist die Forschungsförderung.<br />
Seit ihrem Bestehen<br />
hat die DDS bereits über<br />
100 Forschungsprojekte im Bereich<br />
Prävention und Versorgung<br />
des Typ-2-Diabetes mit einem Gesamtfördervolumen<br />
von mehr als<br />
drei Millionen Euro unterstützt,<br />
darunter sowohl medizinischwissenschaftliche<br />
Studien aus der<br />
Grundlagenforschung als auch aus<br />
der klinischen sowie der Versorgungsforschung.<br />
Darüber hinaus stellt die Stiftung<br />
Mittel für sozialmedizinische Pilotprojekte<br />
zur Verfügung, wie innovative<br />
Ernährungs- und Schulungsprogramme<br />
oder Projekte für<br />
bestimmte Zielgruppen wie Migranten<br />
oder Senioren.<br />
Wenn es nach Prof. Hauner ginge,<br />
sollten Projekte aus der angewandten<br />
Forschung sowie sozialmedizinische<br />
Ideen künftig verstärkt Gelder<br />
erhalten, da diese sich öffentlichkeitswirksamer<br />
als Projekte aus der<br />
Grundlagenforschung kommunizieren<br />
ließen. Petra Spielberg