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Hinz&Kunzt 297 November 2017

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Das Hamburger<br />

Straßenmagazin<br />

Seit 1993<br />

N O <strong>297</strong><br />

Nov.17<br />

2,20 Euro<br />

Davon 1,10 Euro<br />

für unsere Verkäufer<br />

Kakerlaken,<br />

Schimmel,<br />

Mietwucher<br />

Mitten in Hamburg leben<br />

Menschen unter den<br />

übelsten Bedingungen


FOTO: PHILIPP RATHMER<br />

„Ich lese , weil<br />

die einen besonderen Blick<br />

auf Hamburg haben.“<br />

Michel Abdollahi, Künstler<br />

Spendenkontonummer:<br />

IBAN: DE56 2005 0550 1280 1678 73, Haspa<br />

Das Original seit 1993


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Inhalt<br />

„Ich lese Hinz&<strong>Kunzt</strong>, weil …“<br />

Künstler Michel Abdollahi<br />

(links) ist einer der<br />

Prominenten, die bald<br />

großflächig für das Straßenmagazin<br />

werben. Sich ausgedacht<br />

und umgesetzt haben<br />

die Kampagne Sybille Arendt<br />

(Öffentlichkeitsarbeit),<br />

Fotograf Philipp Rathmer und<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Geschäftsführer<br />

Jens Ade (nicht im Bild).<br />

Fiese Kakerlaken, coole Kampagne<br />

So ein krasses Titelblatt wie das mit der Kakerlake<br />

hatten wir noch nie. Aber es ist ein Skandal, unter<br />

welchen Bedingungen Menschen in unserer Stadt<br />

leben müssen (ab S. 6). Da ist die Seehafenstraße<br />

kein Einzelfall. Wir wussten davon, wurden von<br />

Bewohnern aber darum gebeten, nichts darüber zu<br />

schreiben. Denn für viele ist die Seehafenstraße<br />

besser als nichts – und ein Sprungbrett in eine bessere<br />

Zukunft. Wie für Elena und ihre Familie (S. 8).<br />

Haben Sie den Mann auf Seite 2 und oben links<br />

im Bild erkannt? Künstler Michel Abdollahi ist seit<br />

Jahren Freund des Hauses – und einer der Prominenten,<br />

die bald auf riesigen Plakaten begründen,<br />

warum sie Hinz&<strong>Kunzt</strong> lesen. Mit dabei sind auch<br />

Fernsehmoderatorin Judith Rakers, die Miniaturwunderland-Gründer<br />

Gerrit und Frederik Braun,<br />

Koch Tim Mälzer und Stylist Jorge Gonzáles. Fotografiert<br />

wurde die Kampagne von Philipp Rathmer,<br />

auch Freund des Hauses, der findet, „dass viel zu<br />

wenig gegen Obdachlosigkeit getan wird“. Danke<br />

euch allen für diese tolle Unterstützung! •<br />

Ihre Birgit Müller Chefredakteurin<br />

(Schreiben Sie uns doch an info@hinzundkunzt.de)<br />

TITELBILD: NUWATPHOTO/ISTOCK<br />

Inhalt<br />

Stadtgespräch<br />

04 Gut&Schön<br />

14 Die Räumung<br />

Titelgeschichte: Kakerlaken,<br />

Schimmel und Mietwucher<br />

06 Der Skandal in der Seehafenstraße<br />

08 Sie haben es geschafft!<br />

Drei Familien erzählen, warum die<br />

Seehafenstraße für sie wichtig war<br />

12 Warum leben Menschen so?<br />

Antworten von Hinz&<strong>Kunzt</strong>-<br />

Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer<br />

Geschafft! Elena sah<br />

die Seehafenstraße<br />

immer als Durchgangsstation.<br />

Jetzt<br />

hat sie zwei Jobs und<br />

eine Wohnung. S. 8<br />

Spurensuche: Olaf S. starb einsam<br />

auf einer Parkbank. Warum? S. 24<br />

Fotoreportage<br />

16 Zirkus im Ausnahmezustand<br />

Leben&Tod<br />

24 Was geschah in den letzten Jahren<br />

vor Olafs Tod? Eine Spurensuche<br />

30 Zahlen des Monats: Durchschnittlich<br />

starben Hinz&Künztler mit 51 Jahren<br />

32 Kairo: Leben auf dem Friedhof<br />

36 Anregungen zu Tod und Trauer<br />

Die Besser-Verdiener<br />

38 Goldeimer: Mit Komposttoiletten<br />

und Klopapier Gutes tun<br />

Freunde<br />

42 Was Leser und Spender für uns tun<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

46 Interview mit Gloria über Musik,<br />

Politik und ihr Engagement<br />

50 Illustratorin Jutta Bauer und ihr<br />

Jugendbuch über Armut<br />

52 Tipps für den <strong>November</strong><br />

56 Comic mit Dodo Dronte<br />

58 Momentaufnahme<br />

Rubriken<br />

05, 15 Kolumnen<br />

22, 37 Meldungen<br />

44 Leserbriefe<br />

57 Rätsel, Impressum<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk


Kunst<br />

Straße als Galerie<br />

Wer mit offenen Augen durch Hamburg geht,<br />

kennt die Tierbilder von Sven Rosé. Er malt auf<br />

Schallplatten, Jutesäcke und Obstkisten. Neu<br />

sind die Briefmarken-Bilder „Deutsche Rosé-<br />

Post“. Der 49-Jährige verkauft auf Hamburgs<br />

Straßen. Vor der Leinwand hat Sven Rosé zu<br />

sich selbst zurückgefunden. Schon mit 16 schlug<br />

er sich als fahrender Händler allein durch. Das<br />

hat Spuren hinterlassen, sagt er: Er entwickelte<br />

Wahnvorstellungen und landete in der Psychiatrie.<br />

Innere Ruhe fand er bei einer Maltherapie.<br />

Nun macht der Künstler „Straßenverkauf in<br />

großem Stil“, wie er sagt. Bis zum 17.11. stellt er<br />

im Kultur laden St. Georg aus. ATW<br />

•<br />

Info: liebersven.de


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Gut&Schön<br />

St. Georg<br />

Initiative für<br />

Wohnstifte<br />

Johannes Jörn ist Vorstand der<br />

Patriotischen Gesellschaft in Hamburg.<br />

FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE (S. 4), KATRIN REGELSKI (OBEN), DPA/AP/MARKBLINCH (UNTEN LINKS),<br />

DPA/CHRISTIAN CHARISIUS, KOLUMNE: HAMBURGER ABENDBLATT/HANNA KASTENDIECK<br />

Integration<br />

Fliesen kleben für die Freundschaft<br />

Flüchtlings- und Harburger Kinder haben sechs<br />

Monate lang die Fassade des Treffpunkthauses<br />

Heimfeld mit Mosaiken verschönert – und sich dabei<br />

über alle Sprachbarrieren hinweg kennengelernt.<br />

Auch Maya aus Syrien (rechts) und Tamy, beide<br />

zwölf Jahre alt, waren dabei. Jetzt ist das Kunstwerk<br />

zu besichtigen. ABI<br />

•<br />

Treffpunkthaus Heimfeld, Friedrich-Naumann-Str. 9–11<br />

Ehe für alle!<br />

Seit dem 1. Oktober dürfen homosexuelle<br />

Paare in Deutschland heiraten.<br />

Schwule und Lesben haben<br />

jahrzehntelang für Gleichberechtigung<br />

gekämpft. Bis 1994 galten<br />

„homosexuelle Handlungen“ noch<br />

als Straftat. Erst da wurde Paragraf<br />

175 gestrichen. Die Hamburger<br />

Ehe erlaubte gleichgeschlechtlichen<br />

Paaren seit 1999, ihre Beziehung<br />

bei Standesämtern eintragen zu lassen<br />

– Vorreiter für das Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

des Bundes. ABI<br />

•<br />

Ehre für einen Straßenkehrer<br />

Rührend: Hamburg hat den Platz<br />

Ecke Jungfernstieg/Neuer Jungfernstieg<br />

an der Binnenalster nach<br />

Yüksel Mus benannt. Der Mitarbeiter<br />

der Hamburger Stadtreinigung<br />

verließ angeblich sogar die Hochzeit<br />

seiner Tochter, um „mit Besen,<br />

Schaufel und Kehrmaschine für<br />

Sauberkeit“ in seinem Bezirk zu<br />

sorgen. Nachdem Mus 2015 im<br />

Alter von 50 Jahren plötzlich verstorben<br />

war, setzten sich Kollegen<br />

für seine Würdigung ein. ABI<br />

•<br />

Mehr als 100 Wohnstifte gibt<br />

es heute noch in Hamburg.<br />

Dort leben etwa 5000 Menschen.<br />

Vor allem ältere, die<br />

sich andernorts die Mieten<br />

nicht mehr leisten können,<br />

erklärt Johannes Jörn. Das<br />

Vorstandsmitglied der Patriotischen<br />

Gesellschaft engagiert<br />

sich für den Erhalt. Zusammen<br />

mit Stattbau Hamburg<br />

und der Homann-Stiftung<br />

gründete er die Initiative<br />

„Perlen polieren“. Viele der<br />

eigentlich so wunderschönen<br />

Häuser müssen saniert werden,<br />

sagt Jörn. Doch kleinen<br />

Stiftungen fehlen die Mittel<br />

und das nötige Wissen. Jörn<br />

befürchtet, dass Stiftungen,<br />

wenn sie auf sich allein<br />

gestellt sind, gar über einen<br />

Verkauf ihrer Immobilien<br />

nachdenken. Dem will die<br />

Initiative entgegenwirken<br />

und bietet mit dem Projektentwickler<br />

Stattbau auch<br />

die nötige Expertise. Erste<br />

Erfolge: Im Stiftsviertel in<br />

St. Georg erneuern Amalie-<br />

Sieveking- und Hartwig-<br />

Hesse-Stiftung gemeinsam<br />

ihren Bestand. Ersatzwohnungen<br />

haben sie nicht, aber<br />

die Bewohner können durch<br />

die Kooperation während<br />

der Arbeiten von einem Stift<br />

in das andere umziehen. „Gemeinsam<br />

können wir auch<br />

künftig günstige Wohnungen<br />

anbieten“, sagt Jörn. JOF<br />

•<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.perlen-polieren.de<br />

5


Ende September kontrollierten<br />

die Behörden mithilfe der<br />

Polizei dieses Haus in Heimfeld.<br />

Titelgeschichte<br />

Der<br />

Skandal<br />

Mietwucher, Kakerlaken, Schimmel – für die Mieter in der<br />

Seehafenstraße 9 in Heimfeld sind die Zustände desaströs.<br />

Das hat eine groß angelegte Kontrolle der Immobilie gezeigt.<br />

Der Eigentümer muss jetzt Konsequenzen fürchten.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTO: VOLKER SCHIMKUS/HAMBURGER MORGENPOST,<br />

NUWATPHOTO/ISTOCK<br />

MONTAGE: GRAFIKDEERNS<br />

6


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Titelgeschichte<br />

Sie zahlen Mietpreise, wie man<br />

sie sonst nur aus dem feinen<br />

Harvestehude oder Szenevierteln<br />

wie Ottensen und St. Pauli<br />

kennt. Tatsächlich aber leben die Mieter<br />

in der Seehafenstraße 9 beengt, ohne<br />

eigene Küche und Bad, am Rande<br />

des Harburger Industriehafens. Sie klagen<br />

über Schimmel, Kakerlaken und<br />

Ratten.<br />

Niemand käme auf die Idee, dort<br />

freiwillig hinzuziehen (siehe hierzu das<br />

Interview auf Seite 12). Wer allerdings<br />

auf dem Wohnungsmarkt keine Chance<br />

hat, der landet schnell in solch einer<br />

Schrottimmobilie wie in der Seehafenstraße.<br />

Für den Eigentümer ist das ein<br />

Segen. Er vermietet zimmerweise und<br />

kommt schlussendlich auf Mietpreise,<br />

die in keinerlei Verhältnis mehr zur<br />

Lage und dem Zustand der Wohnungen<br />

stehen.<br />

Den Vorwurf<br />

der Abzocke<br />

bestreitet der<br />

Eigentümer.<br />

In der Seehafenstraße 9 waren zuletzt<br />

99 Mieter behördlich gemeldet. Verteilt<br />

auf zehn Wohnungen. So viele Menschen<br />

konnten nur deshalb in dem<br />

maroden Altbau leben, weil sich bis zu<br />

vier Familien eine Wohnung teilen.<br />

Auf Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Nachfrage erklärt<br />

der Eigentümer, dass er nur mit 43 Erwachsenen<br />

Mietverträge abgeschlossen<br />

habe.<br />

Wirklich überrascht haben dürfte<br />

ihn trotzdem nicht, dass aktuell deutlich<br />

mehr Menschen in dem Haus wohnen.<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> liegt ein Mietvertrag vor,<br />

den der Eigentümer im Frühjahr 2013<br />

für ein Zimmer mit vier Erwachsenen<br />

abgeschlossen hat.<br />

Sein Geschäftsgebaren hält der Eigentümer<br />

offenbar nicht für anstößig. Er<br />

kündigt „umfangreiche Renovierungsmaßnahmen“<br />

für das kommende Jahr<br />

an. Dass bei einer solch massiven Überbelegung<br />

die Anzahl der Mülltonnen<br />

nicht ausreichen könnte, kommt dem<br />

Eigentümer nicht in den Sinn. Dass sich<br />

inzwischen Kakerlaken und Ratten in<br />

den Häusern tummeln, hätten vielmehr<br />

die Mieter zu verantworten. Denen<br />

wirft er „nicht sachgemäße Müllentsorgung“<br />

vor.<br />

Mit dieser Haltung steht der Eigentümer<br />

inzwischen allein auf verlorenem<br />

Posten. Er hat Bezirk, Behörden und<br />

Zoll gegen sich aufgebracht. Ende September<br />

führten sie eine ausführliche<br />

Kontrolle in der Seehafenstraße 9 und<br />

dem Nachbarhaus durch. Es habe Hinweise<br />

bezüglich möglicher Überbelegung,<br />

Unbewohnbarkeit von Wohnraum<br />

sowie nicht korrekter Angaben in<br />

Mietverträgen gegeben, ließ die Sozialbehörde<br />

verlauten.<br />

Neu sind diese Hinweise eigentlich<br />

nicht. Bereits 2014 berichtete Spiegel<br />

TV über Wuchermieten, bauliche<br />

Mängel und eine Überbelegung. Doch<br />

nichts passierte. Dieses Mal allerdings<br />

müssen die Eigentümer beider Häuser<br />

laut Hamburger Morgenpost mit „ernsten<br />

Konsequenzen“ rechnen.<br />

Den Mietern wiederum will die Sozialbehörde<br />

helfen. Als etwa das Gesundheitsamt<br />

Schimmel im Bad feststellte,<br />

wurde eine zeitlich befristete<br />

alternative Unterbringung angeboten,<br />

damit der Vermieter den Schaden beseitigen<br />

konnte. 30 Bewohner zogen<br />

umgehend aus beiden Häusern aus. Sie<br />

fanden Platz in einem Containerdorf in<br />

Poppenbüttel.<br />

Welche Auflagen der Eigentümer<br />

am Ende tatsächlich erfüllen muss, ist<br />

noch unklar. Frühestens im <strong>November</strong><br />

sei mit einem Ergebnis der Überprüfungen<br />

zu rechnen, teilt Behördensprecher<br />

Marcel Schweitzer Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

mit. Ein zentraler Vorwurf lautet: Der<br />

7<br />

Eigentümer habe das Jobcenter abgezockt,<br />

da Mieten von Hilfeempfängern<br />

im Haus auf falschen Quadratmeterangaben<br />

basierten.<br />

Den Vorwurf der Abzocke bestreitet<br />

der Eigentümer allerdings. Ein Zimmer<br />

mit circa 27 Quadratmetern koste<br />

kalt lediglich 310 Euro. Die hohen<br />

Neben kosten von 265 Euro resultierten<br />

aus dem Umstand, dass Mieter „ohne<br />

Einverständnis“ weitere Bewohner in<br />

ihre Wohnungen geholt hätten.<br />

Der Eigentümer<br />

hat Bezirk,<br />

Behörden und<br />

Zoll gegen sich.<br />

Komisch nur, dass auch in Mietverträgen,<br />

die nur mit einer Person abgeschlossen<br />

wurden, solch hohe Nebenkostenzahlungen<br />

vereinbart wurden.<br />

Das zeigt ein aktueller Mietvertrag, der<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> vorliegt. So als habe der<br />

Eigentümer eingeplant, dass später<br />

weitere Menschen mit einziehen. Doch<br />

selbst wenn eine höhere Bewohnerzahl<br />

mehr Strom und Wasser verbraucht,<br />

bezweifelt der Mieterverein zu Hamburg<br />

die Rechtmäßigkeit der Nebenkosten.<br />

Allerdings müssten für eine<br />

Überprüfung erst einmal Abrechnungen<br />

des Vermieters vorliegen.<br />

Und was machen derweil die verbliebenen<br />

Mieter? Die sind längst verzweifelt<br />

auf der Suche nach neuen<br />

Wohnungen (siehe auch Seite 8). Sollte<br />

das nicht funktionieren, steht nach<br />

Angaben der Sozialbehörde der städtische<br />

Unterkunftsbetreiber fördern und<br />

wohnen bereit, der für alle Bewohner<br />

zumindest Platz in einem Wohncontainer<br />

bereithält. •<br />

Kontakt: jonas.fuellner@hinzundkunzt.de


Elena, Rebeca und<br />

Ionel sind glücklich: Das<br />

Leben in der Seehafenstraße<br />

haben sie hinter sich<br />

gelassen. Heute wohnen<br />

sie in einer richtigen<br />

Wohnung in Steilshoop.


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Titelgeschichte<br />

Sie haben<br />

es geschafft<br />

Die Rumänen Elena, Ionel und Tochter Rebeca haben in der<br />

Seehafenstraße 9 gelebt. Kakerlaken, Ratten, Müll und Enge nahmen<br />

sie in Kauf, denn sie hatten die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.<br />

In ihrer neuen Wohnung in Steilshoop haben sie sie gefunden.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Ein Knopfdruck. Dann öffnet<br />

sich im Treppenhaus der<br />

Aufzug und fährt hinauf in<br />

den sechsten Stock. Hier<br />

oben wohnen Elena und Ionel mit<br />

Tochter Rebeca. In einer sauberen, großen<br />

Wohnung. An den Wänden hängen<br />

Fotos der Kinder, von gemeinsamen<br />

Ausflügen und Erinnerungen an die rumänische<br />

Heimat. Die Einrichtung ist<br />

schlicht und praktisch. Der Kühlschrank<br />

surrt leise, ansonsten herrscht<br />

Ruhe. Dabei ist ein Fenster im Esszimmer<br />

leicht geöffnet. Man sieht Hochhäuser,<br />

blickt über Bäume, einen Park,<br />

und weit in der Ferne kann man den<br />

Hamburger Flughafen erahnen.<br />

„Gott sei Dank wohnen wir jetzt<br />

hier in Steilshoop und nicht mehr in<br />

der Seehafenstraße“, sagt Elena. Die<br />

29-Jährige arbeitet als Reinigungskraft<br />

und verkauft zusätzlich Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Ihr Mann Ionel wiederum hat noch keine<br />

Arbeit gefunden. Bislang verkauft<br />

auch er Hinz&<strong>Kunzt</strong>. So kommt genug<br />

Geld zusammen, um die Miete zu<br />

bezahlen und der neunjährigen Tochter<br />

auch mal einen Wunsch erfüllen zu können.<br />

Rebeca sei ihr Ein und Alles, sagt<br />

Elena. „Sie soll es später besser haben.“<br />

Ein erster Schritt war ihr Umzug<br />

vor zwei Jahren. Weg von Kakerlaken,<br />

die über den Boden huschten. Weg von<br />

Ratten, die auf der Suche nach Essensresten<br />

durch das Treppenhaus hasteten.<br />

Weg von überquellenden Mülltonnen<br />

im Hinterhof und dem Ausblick auf die<br />

benachbarten Ölwerke im Harburger<br />

Industriehafen. „Es stank ganz hässlich<br />

hinter den Häusern“, erzählt die Neunjährige<br />

und hält sich bei der Erinnerung<br />

die Nase zu.<br />

Ein Jahr lang lebten die drei in der<br />

„Kaker laken-Hölle von Harburg“. So<br />

hat die Hamburger Morgenpost ihr altes<br />

Wohnhaus tituliert, als Bezirk und Sozialbehörde<br />

Ende September eine Kontrolle<br />

in der Seehafenstraße 7 und 9<br />

durchführten (siehe Seite 6). Anlass für die<br />

groß angelegte Kontrolle waren nach<br />

Angabe der Sozialbehörde Hinweise, die<br />

„darauf schließen lassen, dass die Notlage<br />

von Menschen aus genutzt wird“.<br />

Neu sind diese Hinweise nicht.<br />

Spiegel TV berichtete bereits 2014<br />

darüber, geändert hatte sich aber nichts.<br />

Die Ergebnisse der jetzt vollzogenen<br />

Kontrolle liegen noch nicht vor. Fest<br />

steht nur, dass man die Häuser nicht für<br />

unbewohnbar erklärte.<br />

Loredana und Izvoras (Foto Seite 11)<br />

sind ebenfalls Mieter in der Seehafenstraße<br />

– und erleichtert. Die beiden<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer wohnen mit ihren<br />

zwei Kindern und der Oma oben<br />

unter dem Dach im Haus Nummer 9.<br />

Im April sind sie dort eingezogen. Vater<br />

Izvoras tapezierte als Erstes alle Zimmer,<br />

dichtete den Boden ab und erneuerte<br />

poröse Dichtungen. „In unserer<br />

Wohnung gibt es keinen Dreck, keine<br />

Kakerlaken“, sagt der 33-Jährige nicht<br />

ohne Stolz.<br />

Ihre kleine, irgendwie heimelig eingerichtete<br />

Wohnung steht tatsächlich<br />

im krassen Kontrast zum verdreckten,<br />

9<br />

lärmigen Treppenhaus. Aber ihre<br />

„Wohnung“ ist nicht mehr als ein<br />

großes Zimmer. Für fünf Menschen viel<br />

zu klein. Das Bad und die Küche<br />

müssen sie sich zudem mit einer weiteren<br />

rumänischen Familie teilen, die im<br />

Nachbarzimmer lebt.<br />

Genauso lebte Elena mit ihrer Familie<br />

früher auch in der Seehafenstraße:<br />

Tagsüber wurden die Schlafsofas<br />

umgeklappt, damit überhaupt für alle<br />

Platz war. Ihre Wohnung war allerdings<br />

schlimmer als Loredanas und Izvoras’<br />

Zwei Familien unter einem Dach in einer<br />

großen Wohnung: Elena mit Rebeca und<br />

Ionel. Ihre Nichte Laura (hinten Mitte) mit<br />

ihrer Mutter und ihrer Schwester Andreea.


Titelgeschichte<br />

Zimmer. Sie lag im Erdgeschoss. Es gab<br />

viele Kakerlaken und sogar Ratten. Teilen<br />

mussten sie sich die Vierzimmerwohnung<br />

mit zwei fremden Paaren und<br />

der Familie ihres Bruders. Jedes Zimmer<br />

kostete warm etwa zwischen 450<br />

und 700 Euro. Kein Zimmer war größer<br />

als 30 Quadratmeter.<br />

Elenas Familie hat das hinter sich<br />

gelassen. In die neue Wohnung in<br />

Steilshoop zog sie zusammen mit ihrem<br />

Bruder, dessen Frau und den Töchtern<br />

Andreea und Laura (Foto Seite 9).<br />

Das haben die beiden Familien<br />

dem großen Unterstützerkreis von Elena<br />

zu verdanken. Kunden hatten der<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäuferin bereits bei<br />

der Suche nach einem Kita- und<br />

Grundschulplatz geholfen.<br />

Im Dezember 2015, kurz vor Weihnachten,<br />

gab es dann die große Überraschung:<br />

Eine Kundin bot Elena eine<br />

große Wohnung an, in der beide Familien<br />

leben können. Eine ehemalige Sozialwohnung<br />

für Großfamilien in Steilshoop.<br />

Jede Familie hat dort jetzt zwei<br />

Zimmer. Mit einer gemeinsamen<br />

Wohnküche und einem Bad für jede<br />

Familie. Und für Rebeca und ihre beiden<br />

Cousinen Laura und Andreea gibt<br />

„Meine Tochter<br />

Rebeca ist mein<br />

Ein und Alles“,<br />

sagt Elena. Mit<br />

ihren Jobs als<br />

Reinigungskraft<br />

und Hinz&<strong>Kunzt</strong>-<br />

Verkäuferin<br />

vedient sie den<br />

Lebensunterhalt<br />

für die Familie.<br />

es drei Schreibtische, an denen sie nachmittags<br />

für die Schule lernen.<br />

In der Seehafenstraße hingegen hat<br />

Loredanas neunjährige Tochter nur<br />

dann Ruhe, wenn ihr kleiner Bruder ein<br />

Nickerchen hält. Das ist zu wenig. „Unsere<br />

Tochter will hier weg“, sagt die<br />

26-Jährige. „Aber wir finden keine<br />

Zweizimmerwohnung.“ Nicht einmal<br />

über das städtische Wohnungsunternehmen<br />

Saga.<br />

Sie wollen nicht<br />

auf der Straße<br />

schlafen. Nicht<br />

mit den Kindern.<br />

Die Kontrolle der Polizei und der Behörde<br />

hat Loredana nachhaltig verunsichert.<br />

Sie befürchtet, dass sie doch<br />

noch ihre Wohnung verlieren könnten.<br />

Sie sagt verzweifelt: „Mein Mann und<br />

ich, wir könnten ja zur Not auf der<br />

Straße schlafen. Aber mit Kindern<br />

10<br />

geht das nicht.“ Immerhin hat sich die<br />

Sozialbehörde um Ersatz für alle Bewohner<br />

bemüht. Unbefristet und unabhängig<br />

davon, ob die Mieter einen<br />

rechtlichen Anspruch auf eine Unterkunft<br />

haben, betont Behördensprecher<br />

Marcel Schweitzer.<br />

Tatsächlich zogen nach der Kontrolle<br />

umgehend etwa 30 Menschen aus.<br />

Viele allerdings blieben in den Häusern.<br />

Vor allem die rumänischen Familien.<br />

Als Alternative stehen keine Wohnungen,<br />

sondern Wohncontainer im<br />

weit entfernten Poppenbüttel bereit, erklärt<br />

Loredana. „Meine Tochter geht<br />

aber in Harburg zu Schule. Wie soll sie<br />

denn dann zum Unterricht kommen?“<br />

Trotzdem sind sie und ihr Mann<br />

hin- und hergerissen. Seit der Berichterstattung<br />

in der Hamburger Morgenpost<br />

geht ihre Tochter nicht mehr gerne<br />

in die Schule. Mitschüler hatten in der<br />

Zeitung ein Foto ihrer Eltern entdeckt.<br />

„Meine Tochter hat nie Freunde mitgebracht.<br />

Sie hat sich geschämt“, sagt<br />

Loredana. Jetzt würden Mitschüler sie<br />

hänseln und sagen: „Du schläfst mit<br />

Kakerlaken in einem Bett.“ Loredana<br />

ist empört: „Aber das stimmt nicht.“<br />

Es muss schrecklich sein für das<br />

Kind. Dabei war die Welt für die Familie<br />

auch vorher nicht in Ordnung. Die<br />

Wohnung war zu klein. Die Lage im Industriegebiet<br />

alles andere als ideal. Aber<br />

die Wohnung sollte ja auch nur eine<br />

Übergangslösung sein (siehe das Interview<br />

Seite 12). Und ihre Tochter hat viele<br />

Freunde hier. „Im Haus wohnen ja viele<br />

rumänische Kinder“, sagt Loredana.<br />

Wenn es etwas Schönes in der Seehafenstraße<br />

gab, dann der Zusammenhalt<br />

der Kinder. In Steilshoop denkt<br />

Laura (Foto Seite 9), die 14-jährige Nichte<br />

von Elena, deswegen gerne zurück<br />

an die Zeit mit den anderen rumänischen<br />

Kindern. Sie kannten sich alle<br />

noch aus der Heimat.<br />

Die rumänischen Bewohner der<br />

Seehafenstraße stammen aus einem<br />

kleinen Dorf – keine 100 Kilometer<br />

von der Grenze zu Moldawien entfernt.<br />

In der ländlichen Region gibt es praktisch<br />

keine Arbeit mehr. „Mein Vater<br />

konnte nur an ganz wenigen Tagen arbeiten“,<br />

erzählt Laura. Ansonsten<br />

herrschten Langeweile – und Armut. In<br />

ihrem Heimatdorf seien viele Eltern


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Titelgeschichte<br />

ausgewandert, sagt Laura. Während die<br />

Kinder bei den Großeltern zurückblieben,<br />

mussten die Erwachsenen ihr<br />

Glück in Spanien, Italien oder eben<br />

Deutschland suchen. Auch Laura und<br />

ihre Schwester blieben im Dorf zurück.<br />

„In Rumänien habe ich mir mit Oma<br />

das Bett geteilt“, sagt sie.<br />

In Hamburg fand ihr Vater eine<br />

Anstellung in einer Reinigungsfirma.<br />

Die Nächte verbrachten ihre Eltern in<br />

überfüllten Zimmern. Bezahlt wurde<br />

pro Bett. Erst als sie dann endlich ein eigenes<br />

Zimmer und einen echten Mietvertrag<br />

in der Seehafenstraße erhielten,<br />

holten sie ihre Töchter nach. Es klingt<br />

absurd, aber der Einzug in der Seehafenstraße<br />

war somit ein kleiner Aufstieg.<br />

„Und ich war natürlich froh, meine<br />

Eltern und Freunde wiederzusehen“,<br />

sagt Laura, die nach zwei Jahren in<br />

Deutschland bereits fließend Deutsch<br />

spricht und teilweise als Übersetzerin<br />

für die gesamte Familie fungiert. Darauf<br />

ist sie richtig stolz.<br />

So viel Glück hatten Loredana und<br />

Izvoras aus der Seehafenstraße bislang<br />

nicht. Abwechselnd begleiten sie morgens<br />

ihre Tochter zur Schule. Der Weg<br />

ist nicht weit, aber die Durchquerung<br />

„In Rumänien<br />

habe ich mir mit<br />

Oma das Bett<br />

geteilt.“ LAURA<br />

des Industriegebiets ist einfach zu gefährlich.<br />

Weil direkt vor der Haustür<br />

Autos und Lastwagen im Sekundentakt<br />

vorbeirauschen, dürfen die Kinder<br />

nicht mal am Wochenende vor dem<br />

Haus spielen.<br />

Damals in der Seehafenstraße hätte<br />

sie ihre Tochter auch nie alleine rausgelassen,<br />

erinnert sich Elena. Nicht nur<br />

wegen des Verkehrs. In den Häusern<br />

hätten zahlreiche Alkoholiker gelebt.<br />

Damit habe sie ihre Tochter nicht<br />

konfrontieren wollen.<br />

Während sie das erzählt, ertönt unten<br />

auf der Straße ein Klingeln. Aufgeregt<br />

bestürmt Rebeca ihre Mutter.<br />

„Mama, darf ich ein Eis haben?“, ruft<br />

sie. Elena verdreht die Augen, aber sie<br />

merkt, dass Gegenrede heute keine<br />

Chance hat. Sie kramt ein paar Euro<br />

aus der Tasche, drückt sie ihrer Tochter<br />

in die Hand, die in Windeseile zum<br />

Aufzug flitzt und verschwunden ist.<br />

Wenig später sitzen Rebeca, Andreea<br />

und Laura mit strahlenden Augen<br />

im Wohnzimmer. Die Besucher aus<br />

der Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Redaktion sind vergessen.<br />

Stattdessen startet ein Expertengespräch<br />

über Eissorten und Lieblingsstreusel.<br />

Die Welt ist gerade so was von<br />

in Ordnung. •<br />

Kontakt: jonas.fuellner@hinzundkunzt.de<br />

Loredana (Mitte) lebt<br />

mit ihrem Mann<br />

Izvo ras, ihren Kindern<br />

und ihrer Mutter in der<br />

See hafenstraße.<br />

Kakerlaken gebe es in<br />

ihrer Wohnung nicht,<br />

sagt Izvoras, denn nach<br />

dem Einzug<br />

hat er sie komplett<br />

renoviert.<br />

11


Stephan Karrenbauer ist<br />

Sozialarbeiter und Projektleiter<br />

bei Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Die Seehafenstraße<br />

und das Prinzip Hoffnung<br />

Auch Hinz&Künztler leben oder lebten unter übelsten Bedingungen<br />

in der Schrottimmobilie. Warum leben Menschen so? Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter<br />

Stephan Karrenbauer beantwortet Fragen, die sich wohl jeder stellt.<br />

TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />

FOTO: LENA MAJA WÖHLER<br />

12


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Titelgeschichte<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Einige Hinz&<strong>Kunzt</strong>-<br />

Verkäufer leben zwar nicht auf der Straße,<br />

aber unter miesen Wohnbedingungen.<br />

Das Haus in der Seehafenstraße beispielsweise<br />

ist heruntergekommen, es gibt<br />

Schimmel, Kakerlaken und Ratten – und die<br />

Miete ist horrend. Warum leben Menschen so?<br />

STEPHAN KARRENBAUER: Das ist natürlich<br />

grauenvoll. Hier wird ausgenutzt, dass<br />

Menschen in Not sind. Aber für viele<br />

Bewohner ist das leider immer noch<br />

besser als die Alternative: ein Leben im<br />

Elend und perspektivlos in Rumänien<br />

oder gar auf der Straße. Wir wissen ja,<br />

dass sie zu Hause keine Aussicht auf<br />

einen Job haben. Die Seehafenstraße ist<br />

deshalb für sie eine Durchgangsstation,<br />

bis sie es geschafft haben, hier Fuß zu<br />

fassen. So wie im Fall von Elena, die<br />

inzwischen zwei Putzjobs hat und eine<br />

richtige Wohnung (Seite 6). Und sie<br />

haben Kinder und wollen, dass sie in<br />

die Schule gehen. Vieles, was diese<br />

Familien machen, läuft unter dem<br />

Motto: Unseren Kindern soll es einmal<br />

besser gehen. Ehrlich gesagt: Ich würde<br />

es genauso handhaben, wenn ich in<br />

ihrer Situation wäre.<br />

„Ehrlich gesagt:<br />

Ich würde es<br />

auch so machen.“<br />

Auch Hinz&<strong>Kunzt</strong> hat von den<br />

Zuständen gewusst. Hätte man nicht<br />

längst einschreiten müssen?<br />

Verkäufer haben uns davon erzählt und<br />

gleichzeitig gesagt: Bitte tut nichts, wir<br />

wissen sonst nicht wohin! Wenn ich eine<br />

gute Alternative gewusst hätte, wäre ich<br />

der Erste, der gerne eingeschritten wäre.<br />

Ich würde einer Familie mit drei<br />

Kindern mindestens eine Zweizimmerwohnung<br />

wünschen. Aber die gibt es ja<br />

derzeit nicht. Als wir vor Jahren eine<br />

bulgarische Familie unter der Kennedybrücke<br />

kennengelernt haben, haben wir<br />

es zwar geschafft, sie in einer Kirchenkate<br />

unterzubringen. Aber wir haben<br />

drei Jahre gebraucht, um eine Wohnung<br />

für sie zu finden. 465 Euro für ein Zimmer<br />

von 15 Quadratmetern ist zwar<br />

auf den Quadratmeter umgerechnet<br />

Mietwucher. Aber das Schlimme ist<br />

doch: Knapp 500 Euro kostet inzwischen<br />

ja schon ein Studentenzimmer.<br />

Wie finanzieren sich denn die Bewohner?<br />

Bekommen die Hartz IV?<br />

Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt<br />

einige Familien, bei denen wenigstens<br />

ein Elternteil eine Arbeit hat. Einige<br />

Leute beziehen Arbeitslosengeld II,<br />

weil sie hier schon gearbeitet haben.<br />

Es gibt andere Familien, die sagen:<br />

Wir teilen uns die Miete: Der eine<br />

macht Musik, der andere geht betteln,<br />

wieder einer verkauft Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

und sammelt Flaschen.<br />

Nach der Kontrolle in der Seehafenstraße hat<br />

die Sozialbehörde den Bewohnern eine Alternativunterbringung<br />

angeboten. Viele haben<br />

das nicht angenommen. Warum nicht?<br />

Die Bewohner, die wir kennen, wollten<br />

es ihren Kindern nicht zumuten, aus<br />

der Klasse gerissen zu werden. Sie<br />

hatten es wegen ihrer Sprachschwierigkeiten<br />

anfangs sowieso schwer. Und<br />

jetzt, wo sie sich eingelebt und Freunde<br />

gefunden haben, sollten sie nicht schon<br />

wieder für ein neues Provisorium umziehen<br />

müssen.<br />

Es gibt ja viele Obdachlose aus Osteuropa,<br />

die hier auf der Straße schlafen. Sie haben<br />

oft keinen Rechtsanspruch auf Hilfe,<br />

und man kann zusehen, wie sie verelenden.<br />

Was müsste man tun, um das zu verhindern?<br />

Keiner hat das Patentrezept. Ich kann<br />

erst mal sagen, was nicht funktioniert:<br />

Es funktioniert nicht, auf Abschreckung<br />

zu setzen, die Leute zu verjagen<br />

und nicht ins Winternotprogramm zu<br />

lassen, in der Hoffnung, sie reisen alle<br />

wieder aus. Das hört sich so an, als<br />

hätten diese Menschen eine echte<br />

Alternative. Aber das haben sie nicht.<br />

Es müsste so eine Art Ankunftshäuser<br />

geben. Viele Jahrzehnte hatten wir<br />

Ankunftsviertel. Ein großes Ankunftsviertel<br />

war Ottensen, das kann sich<br />

heute niemand mehr vorstellen. Das<br />

letzte große Ankunftsviertel war Wilhelmsburg.<br />

Wo Portugiesen, Türken<br />

und Bulgaren lebten und leben. Und<br />

13<br />

viele von ihnen haben anfangs bestimmt<br />

auch zu überteuerten Preisen<br />

in echten Bruchbuden gelebt.<br />

„Es müsste eine<br />

Art Ankunftshäuser<br />

geben.“<br />

Aber man kann doch derartige<br />

Verhältnisse nicht hinnehmen. Auch dass so<br />

viele Menschen in einem Zimmer leben …<br />

Dass Menschen mit wenig Geld beengter<br />

leben als unsereins, ist klar. Da<br />

müsste es aber trotzdem Standards und<br />

Richtwerte geben. Gut fände ich, wenn<br />

es Häuser gäbe, wo Menschen erst mal<br />

ankommen und sich orientieren können.<br />

Solche Häuser könnten der Staat<br />

oder die Wohlfahrtsverbände betreiben.<br />

Immerhin darf sich jeder EU-<br />

Bürger mindestens drei Monate in<br />

einem Land aufhalten. Und wenn er<br />

dort Arbeit sucht, muss er über Rechte<br />

und Pflichten aufgeklärt werden und<br />

Deutsch lernen. Vielleicht gäbe es dort<br />

auch eine Jobbörse, womöglich in<br />

Kooperation mit der Handwerkskammer<br />

oder Landwirtschaftsbetrieben.<br />

Das Thema Wanderarbeiter und Ausbeutung<br />

ist ja uralt. Nur die Gruppe ist neu.<br />

Es gab schon immer Menschen in prekären<br />

Arbeitsverhältnissen, früher waren<br />

es die Wandergesellen. Und da ich<br />

katholisch bin, musste ich natürlich<br />

gleich an die Kolpinghäuser denken. Die<br />

hatte Adolph Kolping (1813–1865) gegründet.<br />

Die Gesellen hatten früher oft<br />

im Handwerks betrieb gewohnt, in dem<br />

sie gearbeitet hatten. Und oft wurden sie<br />

ausgebeutet und schikaniert. Sie konnten<br />

nichts machen, weil sie sonst alles<br />

verloren hätten: Arbeit und Unterkunft.<br />

Später gab es in jeder größeren Stadt<br />

solche Kolpinghäuser. Das hat den<br />

Gesellen die notwendige Freiheit gegeben<br />

– und die Arbeitgeber haben sich<br />

dann schon genau überlegt, wie sie ihre<br />

Gesellen behandeln. •<br />

Kontakt: birgit.mueller@hinzundkunzt.de


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

„Wo sollen wir<br />

schlafen?“<br />

Elena und Atonas packen<br />

ihre Sachen (Foto links).<br />

Cristi und Petr können<br />

das nicht mehr: Ihr Hab<br />

und Gut wurde entsorgt.<br />

Auch noch kurz vor Beginn des Winternotprogramms<br />

vertreibt die Stadt Obdachlose aus Grünanlagen. Im Bezirk<br />

Nord verlieren zehn Rumänen dabei ihren ganzen Besitz.<br />

TEXT: BENJAMIN LAUFER, SIMONE DECKNER<br />

FOTOS: BENJAMIN LAUFER, ANDREI SCHWARTZ<br />

Wenigstens bis zum Start des<br />

Winternotprogramms hätten<br />

sie warten können. Dann<br />

hätten die Obdachlosen, die der Bezirk<br />

Mitte im Oktober aus dem Park an der<br />

Kennedybrücke verscheucht hat, dorthin<br />

umziehen können. Jetzt stehen<br />

Elena und Atonas neben ihren gepackten<br />

Sachen. „Wo sollen wir die nächsten<br />

zwei Wochen schlafen?“, fragt<br />

Elena. „Ich habe keine Ahnung.“<br />

Männer in knallorangenen Anzügen<br />

schmeißen den Teil ihrer Sachen,<br />

den die beiden Obdachlosen nicht wegtragen<br />

können, in ein Fahrzeug der<br />

Stadtreinigung. Mehrere Zelte von Obdachlosen<br />

werden so entsorgt, andere<br />

lässt der Bezirk einlagern. Die Obdachlosen<br />

könnten sie abholen, heißt es. Der<br />

Grund für den Einsatz: Laut Grünanlagenverordnung<br />

ist Zelten in Parks verboten<br />

– und durch die Herbststürme<br />

noch gefährlicher als ohnehin.<br />

Auch die staubige Fläche unter einer<br />

Brücke am Rübenkamp ist nach<br />

Ansicht des Bezirksamts Nord eine<br />

Grünanlage. Deswegen ließ es Anfang<br />

Oktober den Schlafplatz von zehn Obdachlosen<br />

dort räumen. Rigoros wurde<br />

ihr Hab und Gut entsorgt: Matratzen,<br />

Kleidung, alles. „Wir haben gar nichts<br />

mehr anzuziehen, nur noch das, was<br />

wir gerade anhaben“, sagt ein 52-Jähriger.<br />

Die Obdachlosen hätten genug Zeit<br />

gehabt, ihre Sachen zu sichern, rechtfertigt<br />

sich das Bezirksamt. Schließlich<br />

seien sie zwei Mal vorgewarnt worden.<br />

Am Rübenkamp habe es Beschwerden<br />

über die Obdachlosen gegeben,<br />

auch über die an der Kennedybrücke<br />

14<br />

gab es Klagen. Dort hätten sich Passantinnen<br />

unsicher gefühlt, hieß es.<br />

Deswegen mussten auch die Obdachlosen,<br />

die ihre Zelte direkt am Alsterwasser<br />

aufgereiht hatten, umziehen.<br />

Obwohl der Bezirk sie eigentlich dort<br />

ganz offiziell duldet. Das soll jedoch<br />

nun nur noch für die direkt unter der<br />

Kennedybrücke Schlafenden gelten.<br />

„Vor ein paar Wochen hieß es noch:<br />

Unter der Brücke ist tabu“, ärgert sich<br />

der Obdachlose Raphael. „Jetzt kommen<br />

die und sagen das Gegenteil.“<br />

Obdachlose werden in Hamburg<br />

oft vertrieben. Eine Nachfrage beim Bezirk<br />

Altona ergab: Am Nobistor wurde<br />

zuletzt am 6. September geräumt. Sie<br />

kommen aber stets wieder. •<br />

Kontakt: benjamin.laufer@hinzundkunzt.de


Winternotprogramm<br />

„Zwei-Klassen-Prinzip“<br />

für Obdachlose<br />

Am 1. <strong>November</strong> startet die Sozialbehörde wieder<br />

das Winternotprogramm. Für die rund 2000<br />

Obdachlosen stellt sie bis März insgesamt 760<br />

Plätze in Mehrbettzimmern am Schaarsteinweg<br />

und in der Friesenstraße zur Verfügung. Allerdings<br />

befürchtet Dirk Ahrens, Diakoniechef und<br />

Herausgeber von Hinz&<strong>Kunzt</strong>, dass trotzdem<br />

„Menschen in der kalten Jahreszeit erfrieren“.<br />

Denn seit vergangenem Winter gebe es ein<br />

„Zwei-Klassen-Prinzip“.<br />

Obdachlose Polen, Rumänen oder Bulgaren,<br />

die im Herkunftsland eine Unterkunft haben,<br />

dürfen nämlich nicht mehr ins Winternotprogramm.<br />

Auch wenn sie monatelang in<br />

Hamburg Platte machen. Für sie bietet die Stadt<br />

nur noch eine Wärmestube an, in der sie die<br />

Nacht auf einem Stuhl verbringen können.<br />

Nach Erfahrung der Diakonie-Straßensozialarbeiter<br />

wird die Wärmestube deshalb kaum genutzt.<br />

Einige osteuropäische Obdachlose kehren<br />

in ihr Herkunftsland zurück. Aber die meisten<br />

kommen wieder zurück oder gehen gleich auf<br />

die Straße, weil sie zu Hause kein Geld verdienen<br />

und ihre Familien nicht ernähren können.<br />

Das Winternotprogramm ist jedes Jahr Anlass<br />

für Auseinandersetzungen zwischen der<br />

Sozialbehörde und Wohlfahrtsverbänden. In<br />

den beiden Großunterkünften dürfen die<br />

Obdach losen nur nachts bleiben und müssen<br />

tagsüber wieder raus. Egal wie kalt oder nass es<br />

ist. Und das, obwohl es nicht genug Plätze in<br />

Tagesaufenthaltsstätten gibt. Selbst eine Online-<br />

Petition von Hinz&<strong>Kunzt</strong> im Winter 2016 mit<br />

mehr als 55.000 Unterzeichnern änderte daran<br />

nichts.<br />

Anderer Kritikpunkt am Winternotprogramm:<br />

Jahrelang mussten im Frühling die meisten<br />

Obdachlosen wieder zurück auf die Straße.<br />

Hier wollen die Sozialbehörde und Unterkunftsbetreiber<br />

fördern und wohnen allerdings mehr<br />

tun. Im vergangenen Winter bekamen 278 Menschen<br />

eine Dauerunterkunft, deutlich mehr als<br />

in den Jahren zuvor.<br />

Zusätzlich zu den Großunterkünften stellen<br />

Kirchengemeinden im Winter insgesamt 113<br />

Wohncontainer auf ihrem Gelände zur Verfügung.<br />

Diese Schlafplätze sind bei Obdachlosen<br />

besonders beliebt, weil man dort maximal zu<br />

zweit untergebracht ist und tagsüber drinnen<br />

bleiben darf. Wermutstropfen: In diesem Jahr<br />

sind es deutlich weniger Container als in den<br />

Vorjahren. Immerhin: Eine Kirchengemeinde<br />

nimmt nicht mehr am Winternotprogramm teil,<br />

weil sie inzwischen Container aufgestellt hat, in<br />

denen Obdachlose ganzjährig wohnen. BIM<br />

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Jonglieren zwischen<br />

zwei Welten<br />

Urlaub vom Ausnahmezustand: Die Berliner Fotografin Johanna-Maria Fritz<br />

dokumentiert das Zirkusleben im Nahen und Mittleren Osten.<br />

TEXT: ANNETTE WOYWODE<br />

Alltägliches Bild in Gaza Stadt:<br />

Ein Akrobat der Zirkusschule<br />

blickt bewaffneten<br />

Hamas-Kämpfern hinterher.


Fotoreportage<br />

Gerade noch rechtzeitig erwischen wir<br />

Johanna-Maria Fritz per Telefon auf dem<br />

Istanbuler Flughafen, bevor sie weiterfliegt<br />

nach Afghanistan. Dort, in Kabul, wird<br />

die 23-jährige Fotografin eine Zirkusschule besuchen.<br />

Seit Jahren reist sie an den Hindukusch und in<br />

den Nahen Osten, um das dortige Zirkusleben zu<br />

dokumentieren. Dabei entstehen Bilder, die von der<br />

Hoffnung auf Normalität in einem vom Ausnahmezustand<br />

geprägten Leben erzählen.<br />

Da steht zum Beispiel, mitten auf der staubigen<br />

Straße, ein bunt bekleideter Clown auf Stelzen. In der<br />

Hand hält er Jonglierkeulen. Gleich könnte er mit<br />

seinem Training für die Zirkusschule in Gaza Stadt<br />

beginnen, doch erst mal hält er inne – um einen mit<br />

vermummten und bewaffneten Hamas-Kämpfern voll<br />

besetzten Pick-up passieren zu lassen.<br />

Wo solche Szenen zum Alltag gehören, ist es<br />

logisch, dass Politik im Zirkus eine Rolle spielt. So auch<br />

in der Zirkusschule Bir Zaid im Westjordanland. Einer<br />

der Palästinenser, der Zirkuskünstler Mohammad<br />

Faisal Abu Sakha, saß zwei Jahre in israelischer Haft –<br />

laut Amnesty International ohne Anklage oder Gerichtsverfahren.<br />

Erst Ende August kam der 25-Jährige<br />

wieder frei. Bis dahin bauten die Artisten den abwesenden<br />

Kollegen so in ihr Programm ein, dass sein Fehlen<br />

für alle sichtbar war.<br />

Besonders beeindruckt ist Johanna-Maria Fritz immer<br />

wieder von dem starken Zusammenhalt, der im<br />

17


Kurz vor der Show in Kabul, Afghanistan: Das Mädchenteam des mobilen<br />

Kinderzirkus wärmt sich auf. Die Kinder zeigen auch vor<br />

männlichem Publikum, was sie draufhaben – und sind mächtig stolz darauf.<br />

Zirkus herrsche. „Egal was passiert oder wo man hingeht, die<br />

Leute helfen sich“, erzählt die Berlinerin. „Es ist eine kleine<br />

Welt. Und deshalb gibt es auch immer jemanden, der jemanden<br />

aus einem anderen Zirkus kennt.“ Dieser Umstand half<br />

ihr auch dabei, im traditionsreichen Iraner Zirkus Khalil<br />

Oghab fotografieren zu dürfen.<br />

Als junger Mann wurde der 1924 geborene Khalil Oghab<br />

„The Iron Man from Iran“ genannt. Vor Tausenden von<br />

Menschen schleuderte er riesige Metallkugeln durch die<br />

Manege. Er ließ sich von Lkws überrollen und konnte angeblich<br />

sogar Babyelefanten stemmen. Später trat Oghab in<br />

England auf, reiste nach Japan und Italien, bis er 1991 mit<br />

18


Die 21-jährige Basan arbeitet als eine von zwei Clowndoktoren<br />

in Gaza Stadt. Kinder glücklich zu sehen, ist ihr das Wichtigste – dabei<br />

würde sie eigentlich auch gerne Journalistin werden.<br />

seinem Sohn in den Iran zurückkehrte und dort eine eigene<br />

Zirkustruppe gründete. Noch heute, mit 94 Jahren, lebt<br />

Khalil Oghab im Zirkuswagen mitten unter den Artisten.<br />

Auftreten tut er auch noch, allerdings selten.<br />

Als Johanna-Maria Fritz in Teheran vor dem Zirkuszelt<br />

stand und ihr Vorhaben schilderte, hielt sich die Begeisterung<br />

der Künstler in Grenzen. Doch dann telefonierten die Iraner<br />

mit Zirkusdirektoren, bei denen die Fotografin vorher gearbeitet<br />

hatte. Die legten ein gutes Wort für sie ein, und so war<br />

das Eis gebrochen.<br />

Zwei Mal für jeweils einen Monat lebte Johanna-Maria<br />

Fritz im Iran in einem Zirkuswagen und dokumentierte die<br />

19


Nadia (13) und<br />

Rabia (14) trainieren<br />

für die Zirkusschule<br />

in Kabul (Foto oben).<br />

Die Jungs lassen<br />

sich die Gelegenheit<br />

nicht entgehen,<br />

den Mädels<br />

zuzuschauen.<br />

Osama Mkheimar<br />

(unten) bereitet<br />

sich auf seine<br />

Clownshow vor.<br />

Er tritt in einem<br />

Wasserpark für<br />

Kinder im Süden<br />

der Westbank auf.


Fotoreportage<br />

Arbeit der Artisten. Frauen ist es dort verboten aufzutreten.<br />

Während der Abendveranstaltungen, so Fritz,<br />

sei die Polizei vor Ort und schaue, dass die Zuschauerinnen<br />

Kopftücher tragen und es keinen Kontakt<br />

zwischen ihnen und den Männern gibt. Aber am Nachmittag,<br />

bei den Schülerveranstaltungen, „da rasten die<br />

Mädchen aus, schreien und kreischen – das ist schon<br />

toll“. Vor allem war die Fotografin aber davon fasziniert,<br />

dass bei Khalil Oghab „alle Leute, egal ob Perser,<br />

Aserbaidschaner oder Kurden, Leute aus dem Ausland,<br />

egal von welcher Religion, darauf hinarbeiten, am<br />

Abend ihre gemeinsame Show zu bestreiten“.<br />

Menschen aller<br />

Nationen und Religionen<br />

arbeiten für die<br />

gemeinsame Show.<br />

<br />

Museumsfrachter auf große Fahrt:<br />

Donnerstag, den 10. Mai 2018<br />

Einlaufparade zum<br />

829. Hafengeburtstag<br />

Freitag, den 15. Juni 2018<br />

Fahrt auf der Elbe:<br />

Hamburg — Cuxhaven<br />

Samstag, den 16. Juni 2018<br />

Fahrt auf der Elbe und dem<br />

Nord-Ostsee-Kanal:<br />

Cuxhaven — Rendsburg<br />

Sonntag, den 17. Juni 2018<br />

Fahrt auf dem Nord-Ostsee-<br />

Kanal und der Kieler Förde:<br />

Rendsburg — Kiel<br />

... unsere<br />

Gästefahrten<br />

unter Ihrem<br />

Weihnachtsbaum!<br />

Freitag, den 29. Juni 2018<br />

Fahrt auf der Kieler Förde und<br />

dem Nord-Ostsee-Kanal:<br />

Kiel — Rendsburg<br />

Samstag, den 30. Juni 2018<br />

Fahrt auf dem Nord-Ostsee-<br />

Kanal und der Elbe:<br />

Rendsburg — Cuxhaven<br />

Sonntag, den 01. Juli 2018<br />

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Im kommenden Jahr will Johanna-Maria Fritz noch<br />

mal in den Iran reisen. Doch nun erst mal nach Afghanistan.<br />

Dort ist es eine Nichtregierungsorganisation<br />

(NGO), die eine Zirkusschule betreibt. Ihr Stammsitz<br />

ist in Kabul, aber Zweigstellen liegen weit über das<br />

Land verstreut. „Da machen unfassbar viele Mädchen<br />

mit“, erzählt die Fotografin, „und die sind so stolz, in<br />

ihrer von Männern dominierten Welt zeigen zu dürfen,<br />

was sie alles können.“ Oft würden die Vorstellungen<br />

außerhalb Kabuls wegen der angespannten Sicherheitslage<br />

nicht lange vorher angekündigt. Doch wenn<br />

die Auftritte starten, gebe es vom „Kleinkind bis zum<br />

Ältesten im Dorf, der sich seinen eigenen Stuhl mitgebracht<br />

hat“, nur positive Reaktionen. Dass die NGO<br />

nach der Show noch Gesundheitsaufklärung und<br />

demokratische Bildung betreibt oder Eltern zu überreden<br />

versucht, ihre Kinder zur Schule zu schicken,<br />

nehmen die Zuschauer gern in Kauf. •<br />

Kontakt: annette.woywode@hinzundkunzt.de<br />

Johanna-Maria Fritz, 23<br />

ist Absolventin der Ostkreuzschule<br />

für Fotografie in Berlin.<br />

Mehr Infos über ihre Arbeit stehen<br />

unter www.johannamariafritz.de<br />

21<br />

Ansichten einer Stadt<br />

um 1900<br />

BIS 21.01.2018<br />

www.hamburgmuseum.de


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Meldungen (1)<br />

Politik & Soziales<br />

Mit einem „Cold Dinner“<br />

protestierten Ende Oktober<br />

Obdachlose und Sozialarbeiter<br />

am Fischmarkt – gegen<br />

Obdachlosigkeit. Der Einladung<br />

des Aktions bündnisses<br />

gegen Wohnungsnot folgten<br />

etwa 150 Menschen.<br />

Statistik<br />

Hamburg will Obdachlose zählen<br />

Endlich will die Stadt die Obdachlosen zählen, die auf Hamburgs Straßen leben.<br />

Nach der letzten Erhebung im Jahr 2009, bei der 1029 Obdachlose registriert<br />

wurden, waren Forderungen nach einer neuen Zählung in der Bürgerschaft<br />

regelmäßig von der Regierungsmehrheit abgeblockt worden. Nun bereitet die<br />

So zialbehörde eine Erhebung für kommenden März vor. Hinz&<strong>Kunzt</strong> fordert<br />

im Anschluss daran einen Hilfeplan für alle Obdachlosen: „Die Zählung könnte<br />

dabei helfen, Lösungen für die Menschen zu finden, die auf Hamburgs Straßen<br />

verelenden“, sagt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. BELA<br />

•<br />

2000 Euro Belohnung<br />

Polizei sucht Zeugen für Brandstiftung<br />

auf Obdachlose<br />

2000 Euro Belohnung hat die Staatsanwaltschaft<br />

für Hinweise ausgelobt,<br />

die zur Aufklärung der mutmaßlichen<br />

Brandstiftung auf den Schlafplatz<br />

eines Obdachlosen in St. Georg am<br />

19. September führen. Der Mann<br />

hatte sich dabei an der Hand verletzt.<br />

Am 11. Oktober brannte an den<br />

Landungsbrücken wieder die Matratze<br />

eines Obdachlosen, der unverletzt<br />

blieb. Die Polizei verdächtigt einen<br />

57-Jährigen der Brandstiftung. BELA<br />

•<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.hinzundkunzt.de/thema/feuer<br />

Bergedorf<br />

Mord unter Wohnungslosen?<br />

In einer Bergedorfer Wohnungslosenunterkunft<br />

ist vermutlich ein Mord<br />

geschehen. Die Polizei glaubt, eine<br />

Bewohnerin habe gemeinsam mit anderen<br />

ihre 65-jährige Nachbarin umgebracht.<br />

Verdächtig sind neben der<br />

37-Jährigen ihr 25-jähriger Partner,<br />

ihre 15-jährige Tochter sowie deren<br />

18-jähriger Freund. Zuvor hätten alle<br />

gemeinsam mit dem Opfer Alkohol<br />

getrunken, hieß es im Polizeibericht.<br />

Alle sind in U-Haft. BELA<br />

•<br />

FOTO: LENA MAJA WÖHLER<br />

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Stadtgespräch<br />

Veranstaltung<br />

Zwischen Elendsverwaltung<br />

und politischem Mandat<br />

Für Mitarbeiter in der Wohnungslosenhilfe<br />

sind die Grenzen der<br />

Zumutbarkeit erreicht. Obdachlosen<br />

können sie oftmals nicht helfen, weil<br />

es für sie keine Wohnungen gibt. Und<br />

vor einem Jahr mussten Sozialarbeiter<br />

erstmals osteuropäische Obdachlose<br />

an den Türen des Winternotprogramms<br />

abweisen. Doch an<br />

wen sollen sie ihre Kritik richten?<br />

Und wie könnten Lösungen aussehen?<br />

Über diese Fragen diskutieren Sozialarbeiter<br />

gemeinsam mit Wissenschaftlern<br />

aus dem Bereich der sozialen<br />

Arbeit auf Einladung der Reihe<br />

„Hamburg. Gerechte Stadt“. JOF<br />

•<br />

Tagesaufenthaltsstätte, Bundesstraße<br />

101, Di, 21.11., 17.30 Uhr, Eintritt frei<br />

Veranstaltung<br />

Auf der Suche nach Antworten<br />

auf die Wohnungsnot<br />

Dass es zu wenige günstige Wohnungen<br />

in Hamburg gibt, ist hinlänglich<br />

bekannt. Was aber müsste passieren,<br />

damit Obdachlose eine Bleibe finden<br />

und Menschen – wie die Bewohner<br />

aus der Seehafenstraße (siehe Titelgeschichte)<br />

– nicht länger ausgebeutet<br />

werden? Über diese Frage diskutieren<br />

auf Einladung der Beratungsstelle<br />

verikom Vertreter der Wohnungslosenund<br />

Flüchtlingshilfe mit Mitarbeitern<br />

der Behörden und dem städtischen<br />

Wohnungsunternehmen Saga. JOF<br />

•<br />

Diakonisches Werk, Königstraße 54,<br />

Do, 9.11., 17 Uhr, Eintritt frei<br />

Veranstaltung<br />

Welttag der Armen in Hamburg<br />

Vor einem Jahr verkündete Papst Franziskus zum Abschluss des Heiligen Jahres<br />

der Barmherzigkeit, dass es „keine Gerechtigkeit noch sozialen Frieden geben<br />

kann, solange Lazarus vor der Tür unseres Hauses liegt“. Die Gestalt des<br />

obdachlosen Lazarus stammt aus dem Lukasevangelium (Lk 16,19–31 EU).<br />

Seiner und anderer Armen soll künftig am 19. <strong>November</strong> gedacht werden,<br />

dem neuen „Welttag der Armen“. Die Unterstützung, die Lazarus nicht erhielt,<br />

soll heutzutage Armen und Obdachlosen zukommen. Auch in Hamburg.<br />

Dort startet der Welttag der Armen in der Katholischen Akademie mit einem<br />

Mittagsimbiss. Anschließend bleibt Zeit für einen Austausch. „Wir hoffen, dass<br />

an diesem Tag möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Schichten<br />

miteinander ins Gespräch kommen“, sagt Pater Jan Roser, der im vergangenen<br />

Winter Obdachlose zum Papstbesuch nach Rom begleitete (siehe H&K 286). JOF<br />

•<br />

Katholische Akademie Hamburg, Herrengraben 4, So, 19.11., 11.30 Uhr, Eintritt frei<br />

Wachsende Stadt<br />

Geringe Spendenbereitschaft<br />

Augen ist das nur ein Zeichen der<br />

www.hinzundkunzt.de<br />

Ratlosigkeit der Politik.“ JOF<br />

•<br />

Senat plant Wohnungsbau Hamburger Tafel benötigt<br />

an Hauptverkehrsachsen<br />

dringend mehr Lebensmittel<br />

Auf Initiative von SPD und Grünen Kurz vor dem Start des Winternotprogramms<br />

hat die Bürgerschaft Mitte Oktober<br />

hat die Hamburger<br />

beschlossen, dass künftig auch an Tafel Alarm geschlagen. Das Lager<br />

Hauptverkehrsstraßen gebaut wird. in Barmbek sei erschreckend leer.<br />

Allein im Bezirk Altona könnten „Wir benötigen dringend Spenden“,<br />

dadurch 20.000 neue Wohnungen sagt Geschäftsführer Christian Tack.<br />

entstehen. Laut Olaf Duge, stadtpolitischer<br />

Viele Supermarktketten hätten<br />

Sprecher der Grünen, führen Abläufe optimiert. Dadurch lande<br />

Elektromobilität und Flüsterasphalt weniger Essen auf dem Müll und<br />

dazu, dass Wohnen und Leben an bei der Tafel. Tack hofft, mit seinem<br />

Verkehrsachsen attraktiver wird. Appell weitere Einzelhändler für<br />

Das sei bloß Zukunftsmusik, kritisiert die Zusammenarbeit mit der Tafel<br />

der Mieterverein zu Hamburg. Lärm gewinnen zu können. JOF<br />

und Abgase an Hauptstraßen seien Mehr Informationen unter:<br />

•<br />

aktuell für niemanden zumutbar, sagt www.hamburger-tafel.de<br />

der Vorsitzende Siegmund Chychla.<br />

Hamburg brauche zwar mehr Wohnungen.<br />

Aber nicht so. „In meinen<br />

Mehr Infos und Nachrichten unter:<br />

Ihr Makler<br />

aus Altona<br />

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- und wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>!


Leben&Tod<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

24


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Leben&Tod<br />

„Wir hätten<br />

ihm so gerne<br />

geholfen“<br />

Der Obdachlose Olaf S. starb vor einem Jahr auf einer Parkbank<br />

beim Michel. Gemeinsam mit Hinz&<strong>Kunzt</strong> versuchen zwei alte Freunde,<br />

seinen Absturz zu begreifen. Eine Spurensuche in Hamburg.<br />

TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />

FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Die letzte Nachricht von Olaf<br />

S. kommt im Oktober 2013<br />

per Facebook-Chat. „Hab<br />

hier nen neuen tollen job<br />

und eine tolle frau, ein haus und endlich<br />

ein schönes leben“, schrieb er seiner<br />

Patentochter. „hamburg ist so anders<br />

und so geil. Und die arbeit ist einfach<br />

perfekt.“<br />

Die letzte Nachricht über Olaf S.<br />

erscheint im Dezember 2016 auf der<br />

Homepage von Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Sie war<br />

überschrieben mit „Obdachloser stirbt<br />

auf Parkbank“.<br />

Was ist in den drei Jahren dazwischen<br />

geschehen? Ute (57) und Klaus<br />

(58) Müller, die mit Olaf einst zur Schule<br />

gegangen sind, wollen das gemeinsam<br />

mit dem Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Reporter herausfinden.<br />

Jetzt stehen wir vor der Parkbank<br />

oberhalb des Portugiesenviertels, auf der<br />

Olaf gestorben ist. Durch die Bäume sehen<br />

wir die Turmspitze der Michaeliskirche.<br />

Wie war das hier vor einem Jahr?<br />

„Ein Spaziergänger mit Hund hatte<br />

eine leblose Person gemeldet“, erzählt<br />

Dirk Matthies. Er ist Polizist und saß in<br />

dem Streifenwagen, der daraufhin zum<br />

Venus berg gerufen wurde. Für die<br />

Müllers nimmt er sich die Zeit, noch einmal<br />

hierhin zurückzukommen. Er war<br />

sofort dazu bereit – weil es ihm wichtig<br />

ist, Olafs Freunden zu helfen.<br />

Es war der 20. <strong>November</strong> 2016,<br />

nachts um eins. Olaf, 58 Jahre alt, saß<br />

auf der Bank und war zur Seite umgekippt.<br />

Um ihn herum lagen einige kleine<br />

Schnapsflaschen. „Dort liegen sie ja<br />

Auf dem Friedhof<br />

in Öjendorf liegt<br />

Olaf begraben. Mit<br />

vielen Hundert<br />

anderen, die dort<br />

„von Amts wegen“<br />

bestattet sind,<br />

weil sie keine Angehörigen<br />

hatten.<br />

25


noch“, sagt Polizist Matthies und zeigt<br />

auf ein Boonekamp-Fläschchen im Gebüsch.<br />

Olafs Tod wird für seine Freunde<br />

greifbar, Ute Müller weint. „Wir hätten<br />

ihm so gerne geholfen“, sagt sie.<br />

Woran Olaf gestorben ist, weiß<br />

niemand so genau. „Es ist keine Obduktion<br />

erfolgt, weil keine Hinweise auf<br />

eine Straftat vorlagen“, erklärt ein Polizeisprecher.<br />

„Wahrscheinlich“ sei die<br />

Todes ursache multiples Organversagen<br />

ge wesen. Staatsanwältin Nana Frombach<br />

hatte vor einem Jahr noch andere<br />

Worte gefunden: „Mutmaßlich ist der<br />

Mann nach extremem Alkoholabusus<br />

verstorben“, schrieb sie Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Die Parkbank<br />

am Venusberg,<br />

auf der Olaf starb.<br />

Daneben liegen<br />

die kleinen<br />

Schnapsflaschen,<br />

die Polizist Dirk<br />

Matthies schon<br />

an Olafs<br />

Todestag dort<br />

gefunden hatte.<br />

Wahrscheinlich, mutmaßlich: So genau<br />

will man es nicht wissen, wieso ein Obdachloser<br />

auf offener Straße verstorben<br />

ist. Gerade im Winter ist es oft die verhängnisvolle<br />

Mischung aus Kälte und<br />

Alkohol, die Menschen auf der Straße<br />

das Leben kostet, nachdem sie durchs<br />

soziale Netz gefallen sind. „Er war wetterfest<br />

gekleidet, aber nicht ausreichend,<br />

um stundenlang draußen zu<br />

sein“, erinnert sich Dirk Matthies. War<br />

Olaf also ein Kältetoter? Ist das nicht<br />

von öffentlichem Interesse? Es gab keine<br />

Pressemitteilung der Polizei, niemand<br />

außer Hinz&<strong>Kunzt</strong> berichtete<br />

darüber. Olaf starb für sich allein.<br />

26<br />

Sein Leben begann im Juni 1958 in<br />

Osnabrück. Olafs Kindheit sei „ganz<br />

normal“ gewesen, erzählt Ute Müller:<br />

der Vater ziemlich streng, die Mutter<br />

dafür umso lieber. Seine Wünsche hätten<br />

sie ihm immer erfüllt.<br />

Die Müllers kannten Olaf seit den<br />

frühen 1970ern. Damals kam er in dieselbe<br />

Schule wie Ute und Klaus. Er war<br />

begeisterter Basketball-Spieler, die beiden<br />

gingen oft in die Sporthalle und<br />

schauten seine Spiele an. Anschließend<br />

feierten sie die Siege ausgiebig gemeinsam<br />

in der Kneipe. Die Aufmerksamkeit<br />

durch den Sport genoss Olaf: „Er<br />

wollte immer im Mittelpunkt stehen“,<br />

sagt Ute. „So war er immer schon.“<br />

Es war kein Leben, bei dem ein<br />

Ende auf einer Parkbank absehbar gewesen<br />

wäre. Nach seiner Schlosserlehre<br />

blieb Olaf noch eine Zeit lang bei<br />

seinen Eltern wohnen. 1983 lernte er<br />

Margarete kennen, seine große Liebe.<br />

Drei Jahre später heirateten die beiden.<br />

Finanziell war es anfangs knapp, denn<br />

als Schlosser verdiente Olaf nicht viel.<br />

„Aber sie haben sich durchgekämpft“,<br />

erzählt Ute Müller.<br />

Und es ging weiter bergauf, Olaf<br />

landete beim Theater. Ein Bekannter<br />

hatte ihm einen gut bezahlten Job als<br />

Bühnentechniker verschafft, später


„Er war immer<br />

sofort da, wenn<br />

man Hilfe<br />

brauchte.“ UTE MÜLLER<br />

war nur noch sich selber wichtig“, sagt<br />

Ute. Immer wieder habe er sich über<br />

Kontaktanzeigen und das Internet neue<br />

Frauen gesucht, doch die Beziehungen<br />

zerbrachen wieder. Und auch die<br />

Freundschaft zu Ute und Klaus zerbrach<br />

über die Jahre. Beruflich lief es<br />

letztlich auch schlecht für Olaf, er verlor<br />

seine Anstellung beim Theater.<br />

Dann der Neustart in Hamburg.<br />

Olafs neuer Job hier sollte im Januar<br />

2013 beginnen. Er schrieb, dass er eine<br />

Anstellung in der renommierten Staatsoper<br />

gefunden hätte: „Nur noch büro,<br />

keine schlepperei mit instrumenten.“<br />

Eine Spur. Vielleicht wissen seine früheren<br />

Kollegen, wieso Olaf auf der Straße<br />

gelandet ist. Michael Bellgardt, Pressesprecher<br />

der Staatsoper, schaut für<br />

uns in die Personalakten. Ergebnis: Olaf<br />

hat dort nie gearbeitet. „Vielleicht hat<br />

er etwas erzählt, das er sich wünschte,<br />

aber nicht der Realität entsprach“, sagt<br />

Bellgardt.<br />

Ein Schwindel also. Passt das zu<br />

Olaf ? Früher habe er zwar immer gerne<br />

dick aufgetragen: „Er wollte immer besser<br />

dastehen, als er war“, sagt Ute Müller.<br />

Einmal habe er sogar einen Kredit<br />

aufgenommen, um den Müllers zu zei-<br />

wurde er dort Orchesterwart. „Er<br />

brauchte Leute um sich, sonst wäre er<br />

zugrunde gegangen“, erzählt Ute. Deswegen<br />

habe er den Job am Theater so<br />

geliebt: wegen der vielen Menschen!<br />

„Das fand er richtig toll!“<br />

Die Freundschaft mit den Müllers<br />

war intensiv. Sie fuhren gemeinsam in<br />

den Urlaub und übernahmen gegenseitig<br />

Patenschaften für die Kinder. „Er<br />

war wirklich ein guter Freund“, sagt<br />

Ute. „Immer sofort da, wenn man Hilfe<br />

brauchte.“<br />

20 Jahre lang. „Und irgendwann<br />

ging das dann kaputt.“ 1995 starb Olafs<br />

Ehefrau Margarete. Die große Wende<br />

in seinem Leben. Danach fing er an,<br />

immer mehr zu trinken und seinen<br />

Freunden Geschichten zu erzählen, die<br />

sich später als unwahr erwiesen. „Er<br />

Regelmäßig<br />

besuchte Olaf<br />

die Alimaus am<br />

Nobistor (oben).<br />

Im Januar 2015<br />

hat er drei Wochen<br />

lang in der Notunterkunft<br />

Pik As<br />

übernachtet.<br />

27


gen, dass er auch in den Urlaub fliegen<br />

kann. „Aber Lügen? Nein!“, sagt sie.<br />

Vielleicht hat er sich geschämt, dass er<br />

keinen Job mehr hatte, vermuten seine<br />

Freunde. Vielleicht brach Olaf den<br />

Kontakt zu ihnen ab, weil sein Lügengebäude<br />

einzustürzen drohte. Denn seine<br />

Patentochter Nadine, die Tochter von<br />

Ute und Klaus, fragte Olaf, ob sie ihn in<br />

Hamburg besuchen könnten. Anfang<br />

2014 war das. Eine Antwort kam nie.<br />

Das Thermometer zeigte keine drei<br />

Grad, als Olaf im <strong>November</strong> 2016<br />

starb. Das Winternotprogramm kann<br />

man von der Bank am Venusberg fast<br />

sehen, so nah ist es. Hier hätte er ein<br />

„Er ist mal hier gewesen“:<br />

Im Cafée<br />

mit Herz (oben) war<br />

Olaf bekannt. An<br />

seinem Grab auf<br />

dem Öjen dorfer<br />

Friedhof<br />

kommen Ute und<br />

Klaus die Tränen.<br />

Bett für die kalte Nacht bekommen<br />

können. Manchmal hat er dort übernachtet.<br />

Auch in der Notunterkunft Pik<br />

As war er mal drei Wochen lang. Wieso<br />

in dieser <strong>November</strong>nacht nicht? Man<br />

kann nur spekulieren. „Vielleicht hat er<br />

nicht mehr klar gedacht und mitbekommen,<br />

wie gefährlich es war, draußen zu<br />

sein“, glaubt sein Freund Bruno, der<br />

mit ihm ein halbes Jahr lang Platte gemacht<br />

hat. Denn Alkohol hat Olaf<br />

auch in Hamburg viel getrunken.<br />

Inzwischen antwortet Olafs Freund<br />

nicht mehr auf Nachfragen, aber ein<br />

paar Informationen haben wir von ihm<br />

bekommen. Die beiden seien jeden Tag<br />

28<br />

in der Alimaus gewesen, einer Essensausgabe<br />

für Obdachlose nahe der<br />

Reeper bahn. „Vielleicht wissen sie dort<br />

ein wenig mehr“, schrieb Bruno.<br />

Und tatsächlich: Alimaus-Leiterin<br />

Christiane Hartkopf kann sich noch<br />

gut an Olaf erinnern und lädt die Müllers<br />

ans Nobistor ein. „Er war einer, der<br />

mit seinen Geschichten gerne mal einen<br />

ganzen Tisch unterhalten hat“, sagt sie.<br />

„Ja, Geschichten erzählen, das hat er<br />

gerne gemacht“, pflichtet ihr Klaus<br />

Müller bei. Früher schon, wenn sie mit<br />

den Basketballern in der Kneipe waren.<br />

Olaf konnte aber auch ganz anders:<br />

„Sobald wir draußen im Park gesessen<br />

haben, war er ein ganz ruhiger und<br />

ernsthafter Mensch“, erzählt Hartkopf.<br />

Dann habe er von seinem Alltag auf<br />

der Straße berichtet, „wie beschissen er<br />

das alles findet“.<br />

Manchmal habe er auch versucht,<br />

vor seinem Alltag zu fliehen. „Er war<br />

an guten Tagen bemüht, sich abzugrenzen“,<br />

sagt Hartkopf. Dann sei er in<br />

einen anderen Stadtteil gefahren, raus<br />

aus St. Pauli, weg von seinen Trinkerfreunden.<br />

Manchmal sei er aber auch<br />

so betrunken gewesen, dass er sich aus<br />

Scham nirgends habe blicken lassen.<br />

Olaf hatte Christiane Hartkopf<br />

auch eine Geschichte dazu erzählt, wie


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Leben&Tod<br />

ENGAGIEREN<br />

TAUFEN<br />

An den Magellan-<br />

Terrassen in der<br />

Hafencity hat Olaf<br />

angeblich Platte<br />

gemacht. „Wenn<br />

man vernünftig<br />

angezogen ist,<br />

fällt man hier nicht<br />

auf“, sagt Klaus.<br />

SINGEN<br />

PFLEGEN<br />

TRAUERN<br />

INFORMIEREN<br />

HEIRATEN<br />

Das Leben<br />

steckt voller<br />

Fragen.<br />

er angeblich auf der Straße gelandet ist:<br />

„Eine Frau hat ihn aus der Wohnung<br />

geschmissen und er kam dann an seine<br />

Sachen nicht mehr ran“, sagt sie. „Auch<br />

an seine Finanzen nicht.“ Seiner Patentochter<br />

hatte Olaf geschrieben, dass<br />

„sein Schatz“ Bankkauffrau sei und wisse,<br />

„was richtig ist“. Deswegen wolle er<br />

sein angelegtes Geld mit nach Hamburg<br />

nehmen. Gab es diese Frau wirklich?<br />

Hat sie ihn tatsächlich um sein Erspartes<br />

gebracht? „Das wäre ja Wahnsinn.<br />

Dann hätte er von heute auf morgen<br />

nichts mehr gehabt“, sagt Klaus. „Abgestürzt“,<br />

sagt Ute.<br />

„Es tut richtig<br />

gut, dass sich<br />

Leute an ihn<br />

erinnern.“ UTE MÜLLER<br />

Die beiden gehen über die Reeperbahn,<br />

vorbei an vielen Obdachlosen,<br />

die vor den Häusern liegen. Dass ihr<br />

Freund Olaf am Ende auch so gelebt<br />

hat, kann sich das Ehepaar kaum<br />

v orstellen. Beim Cafée mit Herz, einer<br />

Obdachloseneinrichtung am anderen<br />

Ende vom Kiez, fragen wir nach Olaf.<br />

Ein tätowierter Mann namens Locke<br />

erkennt ihn auf dem Foto, das wir dabeihaben.<br />

„Er ist mal hier gewesen,<br />

aber das ist lange her“, sagt Locke.<br />

Damals habe Olaf Hilfsangebote abgelehnt.<br />

Sogar eine Wohnung wollten sie<br />

ihm organisieren, doch Olaf habe das<br />

nicht gewollt: „Da hat er ’ne Mauer<br />

gemacht.“ Ute Müller wundert sich.<br />

„Das passt doch gar nicht“, sagt sie.<br />

Olafs Zuhause ist in den letzten<br />

Jahren offenbar die Hafencity gewesen.<br />

Hier hat die Polizei mal hier, mal<br />

dort seine Personalien überprüft, meist<br />

weil es Streit gab. Alimaus-Leiterin<br />

Hartkopf hat er erzählt, dass er an den<br />

Magellan-Terrassen Platte gemacht habe.<br />

Von dort blicken Ute und Klaus<br />

Müller nun auf die Elbphilharmonie,<br />

rechts und links die Luxuswohnungen<br />

der Hafencity. „Vielleicht ist Olaf hier<br />

hingegangen, um dahinten mal rauszukommen“,<br />

sagt Klaus. Und Ute vermutet:<br />

„Vielleicht brauchte er das Gefühl,<br />

nicht ganz unten angekommen zu sein.“<br />

Näher kommen wir an Olaf nicht<br />

heran. Gerne hätten die Müllers noch<br />

mehr über das Schicksal ihres Freundes<br />

erfahren. Zum Beispiel, was er in den<br />

letzten Monaten seines Lebens gemacht<br />

hat. Denn in der Alimaus wurde er<br />

zuletzt im Sommer 2016 gesehen. „Ein<br />

bisschen fehlt noch“, sagt Ute.<br />

Im <strong>November</strong> will sie mit ihrer<br />

Familie noch einmal nach Hamburg<br />

kommen, dann wird an Olafs Tod bei<br />

einem Gottesdienst für verstorbene<br />

Wohnungslose gedacht. „Es tut richtig<br />

gut, dass sich Leute an ihn erinnern können“,<br />

sagt Ute Müller. Olaf starb zwar<br />

allein, aber vergessen ist er nicht. •<br />

benjamin.laufer@hinzundkunzt.de<br />

Wie können wir Ihnen helfen?<br />

WIR<br />

BRAUCHEN<br />

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Wir suchen einen<br />

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Verkäufern hilft.<br />

• ein Mal pro Woche<br />

vormittags<br />

• ehrenamtlich<br />

Bitte melde dich<br />

bei Interesse bei<br />

jens.ade@hinzundkunzt.de,<br />

Telefon 040/32 10 83 11<br />

29


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Zahlen des Monats<br />

Die Straße macht krank<br />

Obdachlose sterben<br />

viel früher<br />

Durchschnittlich<br />

51 Jahre<br />

waren die Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer alt, die in den vergangenen Jahren starben. Das ergibt sich aus<br />

einer internen Auswertung der Lebensdaten von 97 Hinz&Künztlern, die zwischen 2011<br />

und 2016 verstorben sind. Laut einer Studie des Hamburger Instituts für Rechtsmedizin<br />

von 2006 beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung Hamburger Obdachloser<br />

sogar nur 46,5 Jahre (aktuellere Daten liegen nicht vor). Zum Vergleich:<br />

Der Durchschnitts-Hamburger stirbt laut Statistischem Landesamt mit 78 Jahren.<br />

„Das Leben auf der Straße ist extrem ungesund“, sagt Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter<br />

Stephan Karrenbauer. „Die Menschen sind permanent Wind, Regen, Kälte, Schmutz<br />

und der Gefahr von Überfällen ausgesetzt, haben keine Tiefschlafphasen.<br />

Manche konsumieren Drogen wie Alkohol, um das zu ertragen. Und vielen ist das<br />

Gefühl für den eigenen Körper komplett abhanden gekommen.“<br />

Etwa die Hälfte aller Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer lebt wieder in einer Wohnung,<br />

zudem bedeutet der Verkauf des Straßenmagazins soziale Anbindung. Beides dürfte die im<br />

Vergleich zu Obdachlosen etwas höhere Lebenserwartung erklären. „Auf der Straße können<br />

Krankheiten zum Tod führen, die eigentlich leicht behandelbar sind. Da wird aus einer<br />

harmlosen Erkältung schnell eine Lungenentzündung“, sagt Stanislaw Nawka. Der Allgemeinmediziner<br />

arbeitet seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich für das Krankenmobil der Caritas,<br />

eine rollenden Arztpraxis, die Obdachlosen kostenlose medizinische Grundversorgung anbietet.<br />

Zwar gibt es in Hamburg inzwischen sogenannte Schwerpunktpraxen, die sich speziell<br />

um Obdachlose kümmern. Das Kernproblem lösen können sie jedoch nicht,<br />

so Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter Karrenbauer: „Auf der Straße kann eine Krankheit nicht<br />

auskuriert werden.“ Die 18 Betten, die die Caritas-Krankenstube speziell Obdachlosen anbietet,<br />

sind deshalb im Einzelfall Gold wert – reichen aber bei Weitem nicht aus und<br />

sind eben nur Akuthilfe. Karrenbauer fordert: „Obdachlose brauchen eine Wohnung,<br />

in der sie zur Ruhe kommen können – wie jeder andere Mensch auch.“ •<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />

Kontakt: ulrich.jonas@hinzundkunzt.de<br />

31


Leben&Tod<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Leben auf<br />

dem Friedhof<br />

In einem riesigen Friedhofsviertel mitten in<br />

Kairo haben sich Tausende Menschen angesiedelt –<br />

um dort Seite an Seite mit den Toten zu leben.<br />

TEXT UND FOTOS: REUTERS/ASMAA WAGUIH<br />

Zu Hause in der Stadt der<br />

Toten: Eine Frau säubert<br />

eine Grabstelle. Ihre Küchenutensilien<br />

trocknen derweil<br />

an der frischen Luft.<br />

32


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Leben&Tod<br />

Stadt der Toten – so nennen die Ägypter<br />

den weitläufigen Friedhof inmitten<br />

der Hauptstadt Kairo. Dabei ist es eine<br />

Stadt der Lebenden: Tausende von Menschen<br />

haben sich zwischen den Gräbern<br />

angesiedelt. Denn es herrscht Wohnungsnot<br />

in Kairo. 22 Millionen Einwohner leben<br />

hier und in den Einzugsgebieten, Tendenz<br />

steigend. Und so ziehen auch immer mehr<br />

Menschen in die Nekropole.<br />

Vor rund 1000 Jahren wurde der Friedhof<br />

in der Nähe der Al-Azhar-Moschee gegründet.<br />

Er ist somit der älteste Friedhof der<br />

Einige Familien<br />

leben hier seit drei<br />

Generationen.<br />

Stadt. Heute bildet er für viele seiner Bewohner<br />

die Lebensgrundlage: Sie kümmern sich<br />

um die Gräber, heben neue Gräber aus oder<br />

verkaufen Blumen an die Besucher, die am<br />

Freitag den Toten ihre Referenz erweisen.<br />

Andere, die inmitten der Grabsteine leben,<br />

sind Kupferschmiede und Teppichweber, die<br />

ihr Kunsthandwerk auf dem Kairoer Touristenmarkt<br />

Chan el-Chalil verkaufen. Wieder<br />

andere verdienen ihr Geld damit, dass sie die<br />

Menschen in der Stadt der Toten versorgen.<br />

Wie der Barbier, der die männlichen Anwohner<br />

vor dem Freitagsgebet rasiert. Ein Mann<br />

verkauft frisches Gemüse von seinem Pferdewagen<br />

herunter, ein Motorradfahrer handelt<br />

mit Milch.<br />

33


34


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Leben&Tod<br />

Ein Barbier rasiert<br />

einem Nekropolis-<br />

Bewohner den Bart,<br />

und frisch gewaschene<br />

Wäsche trocknet<br />

auf der Leine, während<br />

in der Nähe ein<br />

Toter bestattet wird.<br />

Ein Mann schläft<br />

draußen zwischen den<br />

Grabsteinen. Dass die<br />

Toten direkt neben ihm<br />

ruhen, stört ihn nicht.<br />

Einige Familien leben hier, weitab von<br />

der Hektik der Hauptstadt, schon seit<br />

drei oder mehr Generationen. So wie<br />

„Ein Leben mit<br />

den Toten ist<br />

einfach und<br />

komfortabel.“<br />

NASSRA MUHAMED ALI<br />

Hisham, der vor 45 Jahren mit seiner<br />

Mutter in die Gegend zog. Er wohnt<br />

seither auf dem Friedhof und stellt<br />

Teppiche her, um seinen vier Söhnen<br />

35<br />

eine Ausbildung zu ermöglichen. Einer<br />

von ihnen hat inzwischen ein IT-Studium<br />

abgeschlossen.<br />

Nassra Muhamed Ali lebt seit ihrer<br />

Geburt in der Stadt der Toten. Ihre<br />

Eltern zogen nach der Hochzeit hierher,<br />

um als Friedhofspfleger zu arbeiten.<br />

Jetzt wohnt Nassra noch mit ihren<br />

zwei Brüdern und ihrer 16 Jahre alten<br />

Tochter zwischen den Gräbern. „Das<br />

Leben mit den Toten ist sehr einfach<br />

und komfortabel“, sagt die 47-Jährige.<br />

„Es sind die Lebenden, die einem Schaden<br />

zufügen.“<br />

Doch Nassra gibt zu, dass die relative<br />

Ruhe der Gegend auch ihre Schattenseiten<br />

hat. Einige von außerhalb des<br />

Viertels würden den Friedhof nutzen,<br />

um mit Drogen zu handeln. Auch Diebstahl<br />

sei hier ein Problem. Trotzdem<br />

beurteilen viele das Leben in der Stadt<br />

der Toten positiv: Eine Frau erzählt,<br />

dass sie ihre beiden Töchter besucht<br />

hat, die in den Elendsvierteln am Rand<br />

von Kairo wohnen. Seither wisse sie<br />

den Platz und die Ruhe erst richtig zu<br />

schätzen, hier, in ihrem Zuhause in der<br />

Nekropole.<br />

•<br />

Kontakt: redaktion@hinzundkunzt.de<br />

Danke:<br />

Mit freundlicher Genehmigung von INSP<br />

News Service www.INSP.ngo / Reuters<br />

Übersetzt aus dem Englischen<br />

ins Deutsche von Brita Fiess, M.A.


Leben&Tod<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

1. D a de los Muertos<br />

Nicht nur in seinem Ursprungsland<br />

Mexiko, auch in Hamburg wird<br />

jedes Jahr der Día de los Muertos<br />

gefeiert: Am 4. und 5.11. kann man<br />

im Museum für Völkerkunde bei<br />

3. Buch Epuriel<br />

Wie kann man Kindern einfühlsam<br />

den Tod erklären? Die Autorin Marion<br />

Burs und die Illustratorin Angela<br />

Brandt-Migge wählen dafür in<br />

ihrem Buch „Epuriel“ einen kleinen<br />

Engel, der sich auf himmlische Mission<br />

begibt. Von jedem verkauften<br />

Buch geht 1 Euro als Spende an das<br />

Kinder-Hospiz Sternenbrücke.<br />

Mehr Infos: www.epuriel.de<br />

Unser Gedenkbaum<br />

auf dem<br />

Öjendorfer Friedhof.<br />

Traditionell werden<br />

am Día de los<br />

Muertos bunte<br />

Kostüme getragen …<br />

mexikanischem Essen nächtliche<br />

Totenwache feiern oder bunte<br />

Zuckertotenköpfe selbst herstellen.<br />

Mehr Infos: www.huklink.de/ddm<br />

2. Friedhofsf hrung<br />

Das Hamburger Bestattungsforum<br />

lädt am 6.11. zu einer kostenlosen<br />

Führung ein, bei der alle Fragen<br />

zum Thema letzte Ruhestätte<br />

beantwortet werden sollen. Gezeigt<br />

werden die Abschiedshallen und<br />

-räume, die Urnenkrypta und das<br />

Kolumbarium. Auch in das Krematorium<br />

kann man hineinschauen.<br />

Dauer: 1,5 Stunden. Anmeldung erbeten<br />

unter 59 38 87 04<br />

… und aus Zuckerwürfeln<br />

kleine Totenköpfe<br />

gebastelt.<br />

Trost &<br />

Trauer<br />

Anregungen für<br />

den Umgang mit einem<br />

schwierigen Thema.<br />

4. Beratungsstelle Charon<br />

Seit 1989 beraten hier sozialpädagogische<br />

Fachkräfte Menschen, die<br />

trauern oder Angehörige haben,<br />

die schwer krank sind. Das Angebot<br />

reicht vom „Letzte Hilfe Kurs“ über<br />

Trauerbegleitung am Arbeitsplatz<br />

bis zur Unterstützung bei individuellen<br />

Fragen.<br />

Mehr Infos: www.huklink.de/charon<br />

5. Friedhofsgefl ster<br />

Wie sind unsere Vorfahren mit den<br />

Themen Sterben, Tod und Trauer<br />

umgegangen? Warum musste man<br />

damals bis zur Beerdigung Wache<br />

am Toten halten? Solche Fragen<br />

klärt die Grabrednerin Anja<br />

Kretschmer bei ihren Führungen<br />

über den Ohsldorfer Friedhof<br />

in Hamburg oder über andere<br />

Fried höfe im ganzen Land.<br />

Erkenntnis gewinn garantiert.<br />

Termine: www.anja-kretschmer.de<br />

6. Trauern um Obdachlose<br />

Jedes Jahr an Totensonntag gedenken<br />

wir der Hinz&Künztler, die in<br />

diesem Jahr gestorben sind. Musik<br />

erklingt, eine kurze Andacht wird<br />

gehalten und die Namen aller Verstorbenen<br />

werden noch einmal laut<br />

vorgelesen. Treffpunkt ist am 26.11.<br />

um 14 Uhr am Feierraum Nord auf<br />

dem Öjendorfer Friedhof. Am selben<br />

Tag findet um 15 Uhr in der<br />

Hauptkirche St. Petri, Bei der Petrikirche<br />

2, ein Gottesdienst zum Gedenken<br />

an einsam Verstorbene statt.<br />

Um 18 Uhr wird in St. Bonifatius,<br />

Am Weiher 29, bei einem ökumenischen<br />

Gottesdienst Wohnungsloser<br />

gedacht, die <strong>2017</strong> verstorben sind.<br />

7. Death Caf<br />

Frei von der<br />

Leber weg<br />

über den Tod<br />

reden: Beim<br />

Death Café<br />

des Netzwerks<br />

Trauerkultur<br />

geht das.<br />

Bis zu fünf Mal<br />

jährlich findet es in<br />

Hamburg statt. Das nächste Death<br />

Café ist für Ende Januar 2018 geplant.<br />

Ort: siehe Website. Eintritt:<br />

kostenlos.<br />

Infos: www.netzwerk-trauerkultur.de<br />

36


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Meldungen (2)<br />

Politik & Soziales<br />

Bundesagentur für Arbeit<br />

Geflüchtete in Norddeutschland<br />

Immer mehr Menschen<br />

Hamburg lehnt deutlich<br />

haben Zweitjobs<br />

mehr Asylanträge ab<br />

Knapp 3,2 Millionen Menschen in Im Vergleich zu den benachbarten<br />

Deutschland reicht ein Job nicht Bundesländern gewährt Hamburg<br />

mehr zum Leben aus. Aktuelle Zahlen<br />

zeigen, dass so viele Menschen im teten aus Syrien, Afghanistan, Irak<br />

prozentual deutlich weniger Geflüch-<br />

März <strong>2017</strong> mindestens zwei Arbeitsplätze<br />

hatten. Das geht aus einer Ant-<br />

Im ersten Halbjahr <strong>2017</strong> wurden in<br />

und Eritrea Schutz in Deutschland.<br />

wort der Bundesagentur für Arbeit Hamburg nur 45,5 Prozent der<br />

auf eine Anfrage der Linken im Bundestag<br />

hervor. „Die scheidende Bun-<br />

entschieden. In Bremen wiederum<br />

Asylanträge von Afghanen positiv<br />

desregierung hinterlässt den Arbeitsmarkt<br />

in krasser Schieflage, mit 63,3 Prozent, in Schleswig-Holstein<br />

lag die Zahl im gleichen Zeitraum bei<br />

Millionen Menschen, die in prekären bei 54,5 Prozent. Deutlich höher als<br />

Verhältnissen leben müssen“, kritisiert in Hamburg ist die Ablehnungsquote<br />

die arbeitsmarktpolitische Sprecherin nur in Sachsen, Brandenburg, Bayern<br />

Sabine Zimmermann. Die Entwicklung<br />

sei dramatisch. Noch vor<br />

obwohl in ihrer Heimat Bürgerkrieg<br />

und Baden-Württemberg. Und<br />

zehn Jahren wäre etwa eine Million herrscht, wurde in diesem Jahr sogar<br />

Menschen weniger auf eine zweite sieben Syrern das Recht auf Asyl<br />

Arbeit angewiesen gewesen. JOF<br />

•<br />

abgesprochen. JOF<br />

•<br />

Die EZ-App<br />

FOTOS: MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE HAMBURG/STEFAN WIRBLAT, THIES IBOLD,<br />

MAURICIO BUSTAMANTE; LOGO: DEATH CAFÉ HAMBURG<br />

IG Metall<br />

Forderung nach<br />

28-Stunden-Woche<br />

Die Einführung einer 28-Stunden-<br />

Woche und sechs Prozent mehr<br />

Lohn. Nicht mehr und nicht weniger<br />

fordert die IG Metall in der anstehenden<br />

Tarifrunde in der Metall- und<br />

Elektroindustrie mit ihren 3,9 Millionen<br />

Beschäftigten. Die Arbeitgeber<br />

sind aufgebracht. Der Präsident des<br />

Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall,<br />

Rainer Dulger, bezeichnet die Forderung<br />

als „rückwärtsgewandt statt zukunftsorientiert“.<br />

Doch anders als in<br />

den Arbeitskämpfen um die 35-Stunden-Woche<br />

in den 1980er-Jahren<br />

geht es heutzutage nicht mehr um<br />

weniger Arbeit bei gleichem Lohn.<br />

Die IG Metall will lediglich erreichen,<br />

dass Arbeitnehmer bestimmen<br />

können, wann sie wie viel arbeiten.<br />

Wie viele Arbeitnehmer bei geringerem<br />

Verdienst tatsächlich auch weniger<br />

arbeiten würden, ist unklar. JOF<br />

•<br />

37<br />

Ombudsfrau<br />

Stoltenberg kritisiert Umgang<br />

mit jungen Geflüchteten<br />

Nach 100 Tagen im Amt hat die<br />

Ombudsfrau in der Flüchtlingsarbeit<br />

den Umgang der Stadt mit jungen<br />

Geflüchteten kritisiert. Sie würden<br />

ab ihrem 18. Geburtstag oft direkt<br />

als Erwachsene behandelt, obwohl<br />

eigent lich Übergangszeiten eingeräumt<br />

werden könnten, sagte die<br />

frühere Landespastorin und H&K-<br />

Herausgeberin Annegrethe Stoltenberg:<br />

„Es ist sehr schwierig, wenn ein<br />

junger Mensch dann aus seiner WG<br />

gerissen wird und in eine öffentlichrechtliche<br />

Unterkunft kommt.“ Sie<br />

kritisierte auch, dass viele Geflüchtete<br />

viel länger in engen Erstaufnahmen<br />

leben müssten als vorgesehen. BELA<br />

•<br />

Mehr Infos und Nachrichten unter:<br />

www.hinzundkunzt.de<br />

Genießen Sie die App<br />

der Evangelischen Zeitung.<br />

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0431-55 77 99


Toiletten für alle!<br />

Die Leute von Goldeimer haben eine Mission: Sie kämpfen für<br />

eine bessere Welt – mithilfe von Komposttoiletten und Klopapier.<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

FOTOS: LENA MAJA WÖHLER (S. 40) UND GOLDEIMER<br />

38


SERIE<br />

Die Besser-Verdiener<br />

Kleine, geile Firmen,<br />

die sozial wirtschaften<br />

Besser-Verdiener<br />

Jetzt kann man auf manchen Festivals<br />

Gutes tun, wenn man aufs Klo geht:<br />

Zwei Euro kostet der Gang auf<br />

die „Goldeimer“-Komposttoilette<br />

mit gleichnamigem Klopapier.<br />

Am Anfang steht ein fieser<br />

Durchfall im tiefsten Westafrika:<br />

Malte Schremmer,<br />

Geografiestudent aus Kiel,<br />

bekommt 2011 die Gelegenheit, vor<br />

Ort die Arbeit der Welthungerhilfe<br />

kennenzulernen. Seit Jahren engagiert<br />

er sich für deren Partner „Viva con<br />

Agua“, veranstaltet Benefizpartys für<br />

Trinkwasserprojekte. Nun lernt er einen<br />

Teil der Welt kennen, in dem Klos<br />

keine Selbstverständlichkeit sind, sondern<br />

eine Rarität. „Das war krass: Ich<br />

habe noch nie so viele Menschen öffentlich<br />

auf Toilette gehen sehen“, erinnert<br />

sich Schremmer. „Im Gebüsch, am<br />

Straßenrand, neben dem Bus …“ Als<br />

ihn ein heimtückischer Magen-Darm-<br />

Virus erwischt, erfährt der Student den<br />

Mangel am eigenen Leib, bricht die<br />

Reise vorzeitig ab – und beginnt, über<br />

Toiletten nachzudenken.<br />

39<br />

Sechs Jahre später sitzt der 30-Jährige<br />

auf einem Sofa in der „Alten Mu“ in<br />

Kiel – sein Arbeitsplatz, wenn er nicht<br />

in Hamburg ist – und lässt die Geschichte<br />

schmunzelnd Revue passieren. Ein<br />

paar Schritte weiter, in der Holzwerkstatt<br />

der ehemaligen Kunsthochschule,<br />

hat Schremmer mit Mitstreitern den<br />

ersten Prototyp einer mobilen Komposttoilette<br />

gebastelt – sozusagen die<br />

Geburtsstunde der Firma „Gold eimer“.


In dieser Serie<br />

bereits erschienen<br />

Bridge&Tunnel (Mai <strong>2017</strong>)<br />

LemonAid (Juni <strong>2017</strong>)<br />

tricargo (Juli <strong>2017</strong>)<br />

FahrradGarderobe (September <strong>2017</strong>)<br />

Weberei Hamburg (Oktober <strong>2017</strong>)<br />

Vom Geografiestudent zum Start-up-Unternehmer: Malte Schremmer<br />

hatte erst Durchfall und dann die Idee zu Goldeimer. Jetzt wollen er und seine<br />

Mitstreiter Komposttoiletten für den Katastrophenschutz entwickeln.<br />

Möglich machten das die 3000 Euro<br />

Preisgeld eines Uni-Ideenwett bewerbs<br />

und Schremmers Professor, der die Gedanken<br />

des Studenten zuvor in die richtigen<br />

Bahnen gelenkt hatte: „Schau mal,<br />

wo hier die Probleme liegen!“, meinte er<br />

trocken, als Schremmer erzählte, er wolle<br />

seine Bachelorarbeit über die Sanitärversorgung<br />

in Westafrika schreiben.<br />

Schremmer forscht also zum Potenzial<br />

von Komposttoiletten auf hiesigen<br />

Open-Air-Veranstaltungen – und stellt<br />

fest, dass „dort ganz schön viel Scheiße<br />

passiert“. Der Klassiker auf dem Festival<br />

ist die Dixie-Toilette: praktisch,<br />

hässlich und wegen der Chemikalien<br />

und der energieaufwendigen Entsorgung<br />

eine Umweltsünde. Die gute<br />

Alternative dazu, so die Erkenntnis des<br />

Studenten, sind eine Komposttoilette<br />

und ein Becher Sägespäne nach jedem<br />

Klogang – „so entsteht nicht der bissige<br />

Geruch des Ammoniaks“. Zwar ist die<br />

Entsorgung des Toiletteninhalts kein<br />

Selbstgänger – die deutsche Abfallverordnung<br />

hat dafür bis heute keine<br />

Bezeichnung – doch gibt es immerhin<br />

einige Verwertungsanlagen, die ihn abnehmen<br />

und daraus Kompost machen.<br />

Es geht Schremmer aber um mehr:<br />

„Goldeimer“ kompakt<br />

Standort: Hamburg<br />

Gründung: 2014 (als Social Business innerhalb von „Viva con Agua“)<br />

Motto: Toiletten für alle, alle für Toiletten!<br />

Mitarbeiter/Bezahlung: Zwei Vollzeit-Geschäftsführer mit 1330 Euro Bruttolohn<br />

monatlich, zwei Teilzeitkräfte, 25 Saisonarbeiter (Studenten) mit 11 Euro Stundenlohn,<br />

gut 200 Ehrenamtliche<br />

Finanzierung: Für den Bau von 80 Komposttoiletten bekam „Goldeimer“ über<br />

die Beteiligungsgesellschaft von „Viva con Agua“ 145.000 Euro Darlehen von Großspendern,<br />

die in Raten zurückgezahlt werden sollen. Jahresumsatz rund 200.000<br />

Euro, zuletzt schrieb „Goldeimer“ erstmals eine schwarze Null in der Bilanz.<br />

Internet: www.goldeimer.de und www.vivaconagua.org<br />

Er will „die Toilette aus der Schmuddelecke<br />

rausholen“, sagt: „Man muss jeden<br />

Tag aufs Klo gehen. Warum hat das<br />

dann so ein schlechtes Image?“<br />

Also basteln die Uni-Preisträger eine<br />

Prachttoilette aus Holz, kaufen sich<br />

einen alten VW-Transporter – und<br />

überreden Festival-Veranstalter, ihrer<br />

Idee eine Chance zu geben: eine Toilette,<br />

die nicht nur ökologisch, sondern<br />

angenehm ist. Die im Innern nach<br />

Lavendel duftet und von außen mit ausgewählter,<br />

selbst aufgelegter Musik bespielt<br />

wird. Die Veranstalter kostet das<br />

nichts, die Gäste sollen zwei Euro pro<br />

Toilettengang zahlen oder 15 Euro<br />

„Flatrate“ fürs gesamte Festival. Die<br />

ersten Reaktionen waren heftig, erzählt<br />

Schremmer: „Was? Zwei Euro? Das ist<br />

ja frech!“ Doch mit der Zeit änderte<br />

sich die Resonanz. Immer häufiger hieß<br />

es: „So geil hab ich noch nie gekackt!“<br />

Die „Wohlfühloase“ ist Mittel zum<br />

Zweck. So will Malte Schremmer mit<br />

Menschen ins Gespräch kommen über<br />

die Themen, die ihn bewegen, die er<br />

den „globalen Kontext“ nennt. Also<br />

klären „Goldeimer“-Aktivisten Festivalbesucher<br />

nach dem Klogang darüber<br />

auf, dass ein Drittel der Weltbevölkerung<br />

keine Toilette hat. Dass Durchfal-<br />

40


Besser-Verdiener<br />

lerkrankungen in Afrika bei Kindern unter vier Jahren<br />

die Todesursache Nummer eins sind. Und dass laut<br />

Weltbank jeder Dollar, der in Klos investiert wird, auf<br />

lange Sicht 20 Dollar einbringt. „Das Wichtigste ist, dass<br />

wir darüber reden“, sagt Schremmer. „Denn bei der<br />

Toilette fängt vieles an. Zum Beispiel Gesundheit.“ Kein<br />

Wunder, dass „Viva con Agua“ das Projekt 2014 unter<br />

seine Fittiche nahm: Ohne vernünftige Sanitärversorgung<br />

kann es kein sauberes Trinkwasser geben.<br />

Auf gut 20 Festivals sind sie diesen Sommer gewesen,<br />

haben mit Zehntausenden gesprochen. „Wenn nur<br />

jeder Zehnte sich erinnert, bleibt was hängen“, sagt<br />

Malte Schremmer. Um seine Botschaften noch breiter<br />

streuen zu können, hat „Goldeimer“ 2016 ein eigenes<br />

Toilettenpapier auf den Markt gebracht – erhältlich in<br />

jeder „Budni“-Filiale und im Internet. Zu 100 Prozent<br />

„Hier geht es darum,<br />

ob Menschen<br />

leben oder sterben.“<br />

MALTE SCHREMMER<br />

aus Recyclingpapier, klar, und 20 Cent pro verkaufter<br />

Packung fließen in den Bau von öffentlichen Toiletten<br />

in Ländern wie Äthiopien. Und weil die Nachfrage so<br />

groß ist, entwickelt die „Goldeimer“-Crew derzeit auch<br />

einen Toiletten-Prototypen speziell für Kleingärtner.<br />

Der ist „Testballon“ und gleichzeitig Teil eines<br />

ehrgeizigen Plans: Schremmer und Mitstreiter wollen<br />

Komposttoiletten entwickeln, die in der Katastrophenhilfe<br />

einsetzbar sind, etwa um den Ausbruch von Cholera-Epidemien<br />

zu verhindern. Der Weg ist noch weit,<br />

vor allem die Entsorgung bereitet Probleme, weil in<br />

Krisengebieten die Kooperationspartner fehlen. Eine<br />

selbst entwickelte, mobile Anlage, die den Toiletteninhalt<br />

vor Ort verarbeitet, könnte die Lösung sein.<br />

Doch was kann „der Motor“ der Anlage sein? Temperatur?<br />

Mikro-Organismen? „Wir sind am Recherchieren“,<br />

sagt Schremmer und weiß: Der Einsatz lohnt. „Hier<br />

geht es darum, ob Menschen leben oder sterben.“ •<br />

Kontakt: ulrich.jonas@hinzundkunzt.de<br />

Am 19.11. ist Welttoilettentag der UNO.<br />

Infos unter www.welthungerhilfe.de/welttoilettentag.html<br />

ZWEI SCHNAUZEN<br />

FÜR EIN HALLELUJA!<br />

Die Redaktionshunde Bronwyn und Barney saßen Modell für<br />

den Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Adventskalender. Auch wenn sich hinter den<br />

24 Türchen keine Leckerlis verbergen, sondern Schokolade.<br />

24 Türchen mit Bio-Fairtrade-Schokolade,<br />

ohne Plastik-Inlay, also komplett als Altpapier recycelbar.<br />

Von Postalo. Preis: 11,90 Euro. Schnell bestellen unter<br />

www.hinzundkunzt.de/shop<br />

41


Freunde<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Im Jahr 2030 soll die<br />

Köhlbrandbrücke abgerissen<br />

werden. Bis dahin<br />

kann man noch ein Mal<br />

jährlich drüberjoggen.<br />

Sich selbst und<br />

anderen Gutes tun<br />

Immer wieder lassen sich Menschen Tolles einfallen, um die Arbeit von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> zu unterstützen. Dabei kann man sich sogar ganz gut amüsieren.<br />

Fest steht: Jeder noch so kleine Betrag hilft. Vier Beispiele.<br />

TEXT: ANNETTE WOYWODE<br />

FOTO: CHRISTOPH SEEMANN<br />

Auf die Brücke, fertig, los!<br />

Schietwetter, aber egal: Tausende Hamburger<br />

haben auch in diesem Jahr<br />

wieder beim Köhlbrandbrückenlauf<br />

mitgemacht. Beim Joggen konnten sie<br />

obendrein Gutes für andere tun, denn<br />

wer wollte, hat auf der Strecke ein<br />

Spendentor passiert. Es zu durchqueren<br />

bedeutete in diesem Jahr die automatische<br />

Einwilligung, zwei Euro an<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> zu spenden. Rund 5000<br />

Euro kamen so für das Projekt zusammen.<br />

Eine stolze Summe, die der Organisator<br />

des Laufs, die Marathon Hamburg<br />

Veranstaltungs GmbH, auf 6000<br />

Euro aufstockte.<br />

Warum Hinz&<strong>Kunzt</strong>? „Wir sind<br />

Hamburger“, so Jessica Hardtmann.<br />

Da habe das Straßenmagazin nahegelegen.<br />

Zwar gäbe es viele tolle Projekte,<br />

aber „wir wollen den Betrag lieber<br />

gezielt einsetzen und nicht in mehrere<br />

kleine Teile stückeln“.<br />

Für den sportlichen Einsatz bedanken<br />

wir uns sehr herzlich. •<br />

Infos zum Köhlbrandbrückenlauf 2018<br />

unter www.koehlbrandbrueckenlauf.de<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk<br />

42


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Bücherschätze für wenig Geld<br />

In Büchern stöbern, hier und da mal<br />

reinlesen und für wenig Geld was zum<br />

Schmökern mit nach Hause nehmen:<br />

Das war möglich beim ersten Bücherflohmarkt<br />

von Hinz&<strong>Kunzt</strong> und der<br />

Rathauspassage. Das gemeinnützige<br />

Projekt wurde ebenfalls von Ex-Landespastor<br />

Stephan Reimers gegründet. Da<br />

die Rathauspassage im U- und S-Bahntunnel<br />

Jungfernstieg unter anderem ein<br />

Antiquariat betreibt, ist sie ein perfekter<br />

Partner für einen Bücherflohmarkt.<br />

Dass der ein Erfolg wurde, verdanken<br />

wir aber vor allem Ihnen – unseren<br />

Lesern! Sie haben so viel gut erhaltene<br />

und interessante Lektüre zum Verkauf<br />

beigesteuert, dass 240 Euro für die Rathauspassage<br />

und Hinz&<strong>Kunzt</strong> zusammengekommen<br />

sind. Danke auch an alle<br />

Helfer: unser Ehrenamtlichen-Team,<br />

die Mitarbeiter der Rathauspassage<br />

und Hinz&Künztler Uwe, der seit Jahren<br />

vor der Passage seinen Verkaufsplatz<br />

hat. •<br />

Eingelocht in Buxtehude<br />

Kleiner Club, großes Herz: 40 Sportler<br />

kamen Anfang Oktober zum Golfen<br />

Freunde<br />

auf Gut Immenbeck zusammen, um<br />

zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong> die Schläger<br />

zu schwingen. Das Benefizturnier<br />

wurde von Irmhild und Lutz Heller<br />

s owie dem Vorsitzenden des Buxtehuder<br />

Clubs, Heiko Schüßler, organisiert.<br />

Bestes Wetter, eine Extra-Tombola und<br />

top motivierte Teilnehmer brachten<br />

2280 Euro ein. Wir bedanken uns für<br />

das tolle Ergebnis!<br />

•<br />

Rebellion auf der Bühne<br />

Turid Müller ist zwar Diplompsychologin.<br />

Ihr Therapieansatz ist aber vor<br />

allem, Menschen zum Lachen zu<br />

bringen: mit Musikkabarett. In ihrem<br />

Programm „Teilzeitrebellin“ greift die<br />

ausgebildete Schauspielerin politische<br />

und gesellschaftliche Themen auf. Bei<br />

zwei Vorstellungen im Sprechwerk hatte<br />

sie obendrein Hinz&<strong>Kunzt</strong> auf dem<br />

Schirm: Nach jeder Show ging der<br />

Spendenhut für uns herum. Dabei wurden<br />

insgesamt 330 Euro gesammelt.<br />

Wir danken der Künstlerin, Stephan<br />

Sieveking am Klavier und dem Publikum<br />

für die Unterstützung! •<br />

Infos zu Turid Müller unter<br />

www.chanson-kabarett.de<br />

JA,<br />

ICH WERDE<br />

MITGLIED<br />

IM HINZ&KUNZT-<br />

FREUNDESKREIS.<br />

Damit unterstütze ich die<br />

Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Meine Jahresspende beträgt:<br />

60 Euro (Mindestbeitrag für<br />

Schüler/Studenten/Senioren)<br />

100 Euro<br />

Euro<br />

Datum; Unterschrift<br />

Ich möchte eine Bestätigung<br />

für meine Jahresspende erhalten.<br />

(Sie wird im Februar des Folgejahres zugeschickt.)<br />

Meine Adresse:<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ, Ort<br />

Telefon<br />

E-Mail<br />

Beruf<br />

Geburtsjahr<br />

Einzugsermächtigung:<br />

Ich erteile eine Ermächtigung zum<br />

Bankeinzug meiner Jahresspende.<br />

Dankeschön<br />

Ich zahle: halbjährlich jährlich<br />

IBAN<br />

Wir danken allen, die im Oktober an<br />

uns gespendet haben, sowie allen Mitgliedern<br />

im Freundeskreis von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

für die Unterstützung unserer Arbeit!<br />

DANKESCHÖN EBENFALLS AN:<br />

• IPHH • wk it services<br />

• Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />

• Hamburger Tafel • Axel Ruepp Rätselservice<br />

• Hamburger Kunsthalle<br />

• bildarchiv-hamburg.de<br />

• Tobias Freund und seinen Gästen anlässlich<br />

der Geburtstagsfeier zum 40.!<br />

• Unser neuer Kinospot kommt von der<br />

Werbeagentur Kolle Rebbe und dem<br />

Fotografen Sven Schrader.<br />

Außerdem waren das Studio Funk für die<br />

Vertonung/Mischung und Harvest Digital<br />

Agriculture GmbH für Grading und Erstellung<br />

der Kinokopie zuständig.<br />

NEUE FREUNDE:<br />

• Karl-Dieter Beer • Robin Drexler<br />

• Diana Hafemann • Dr. Marius Hoßbach<br />

• Lino Kolb • Harri Küchenmeister<br />

• Katja Losleben • Dagmar Mahlstedt<br />

• Georg Wenetiadis • Hetta Witt<br />

• Desirée Hansmeier<br />

BIC<br />

Bankinstitut<br />

Wir versichern, dass Ihre Angaben nur für interne<br />

Zwecke bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> verwendet werden. Ihre<br />

Mitgliedschaft im Freundeskreis ist jederzeit kündbar.<br />

Bitte Coupon ausschneiden und senden an:<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Freundeskreis<br />

Altstädter Twiete 1-5, 20095 Hamburg<br />

Oder online im Freundeskreis anmelden unter<br />

www.hinzundkunzt.de/freundeskreis<br />

43<br />

HK <strong>297</strong>


Buh&Beifall<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Was unsere Leser meinen<br />

„Es gibt Dinge, für die der Staat Geld ausgeben sollte.“<br />

Unsichtbare Zelte<br />

H&K Online und Seite 14, „Wo sollen wir<br />

schlafen?“<br />

Man muss leider davon ausgehen,<br />

dass die Zelte unter der Brücke toleriert<br />

werden, weil sie dort für die meisten<br />

Touristen und Hamburger unsichtbar<br />

sind. Das erinnert ein wenig an das Verhalten<br />

von Olaf Scholz nach dem G20-<br />

Gipfel, der ja auch als Einziger keine<br />

Polizeigewalt erkennen konnte. Wie ein<br />

Kind, das sich die Hand vor die Augen<br />

hält und dann denkt, nun könnte man<br />

es nicht mehr sehen. Die Probleme der<br />

„Kennedys“ zu lösen wäre vielleicht ein<br />

sinnvollerer Ansatz als Vertreibung und<br />

Repression.<br />

CLAUS<br />

In den Niederlanden ist Obdachlosigkeit<br />

verboten. Es sind falsche Gesetze,<br />

die die Menschen auf der Straße<br />

schlafen lassen. Die Wohncontainer<br />

könnten 365 Tage im Jahr Tag und<br />

Nacht für Obdachlose zur Verfügung<br />

gestellt werden. Sicherlich ist das teuer<br />

– keine Frage. Aber es gibt Dinge, für<br />

die der Staat Geld ausgeben kann und<br />

sollte.<br />

IRA KATJUSHA KIBERMANIS<br />

Ich habe gelesen, dass die Behörde<br />

Obdachlose vertreiben will. Können<br />

Sie nicht bei den Zelten gegen den Umgang<br />

mit den Obdachlosen protestieren?<br />

Dann dürfte doch erst mal nicht<br />

geräumt werden, wenn die Obdachlosen<br />

Protestschilder haben. Eine Demo<br />

ist in der Demokratie erlaubt, und das<br />

allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

würde vor der Räumung schützen. Der<br />

Umgang mit Obdachlosen in Deutschland<br />

ist eine Frechheit. Obdachlosigkeit<br />

ist weder ein Verbrechen noch eine<br />

Schande.<br />

DAVID HESSE<br />

Nur ein Erfrierungsschutz<br />

H&K online und Seite 15, „Zwei-Klassen-<br />

Prinzip für Obdachlose“<br />

Wenn ich das Wort Winternotprogramm<br />

lese, gehen bei mir die Alarmglocken<br />

an. Wir sollten es meiden, von<br />

einem Programm zu sprechen oder zu<br />

schreiben. Das ist nur ein Erfrierungsschutz,<br />

nicht mehr und nicht weniger.<br />

Politische Programme haben Hand und<br />

Fuß, ein Erfrierungsschutz nicht.<br />

ERICH HEEDER<br />

Viele Denkanstöße<br />

H&K 295 Dodo Dronte<br />

Als begeisterter Gelegenheitsleser<br />

Ihrer Zeitschrift fiel mir in obiger Ausgabe<br />

zum ersten Mal Dodo Dronte auf<br />

– eine tolle Idee. Comicseiten wie diese<br />

sind nicht selten, aber selten erlebe ich<br />

einen Comic, der nicht nur eine derartig<br />

überraschende Wendung nimmt,<br />

sondern mir dermaßen viele Denkanstöße<br />

gibt. Warum reagieren wir peinlich<br />

berührt auf Fragen von Kindern,<br />

warum verstellen wir uns, wenn wir jemanden<br />

mögen?<br />

SÖNKE JÄGER<br />

Leserbriefe geben die Meinung des<br />

Verfassers wieder, nicht die der Redaktion.<br />

Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />

DER ETWAS<br />

ANDERE STADTRUNDGANG<br />

MIT CHRIS UND HARALD<br />

Wir trauern um<br />

Enrico Cinque<br />

28. März 1957 – September <strong>2017</strong><br />

Enrico war seit 2005 Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer. Seit langer Zeit hatte<br />

er seinen Verkaufsplatz vor Erdkorn in der Sülldorfer Landstraße.<br />

Mitte September erlag er seiner schweren Krankheit.<br />

Die Verkäufer und das Team von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

Hamburg hat viele Seiten – wir zeigen eine, die in keinem<br />

Reiseführer steht. Unsere Stadtführer zeigen Anlaufstellen<br />

für Obdachlose in der Hamburger Innenstadt. Die beiden<br />

Hinz&Künztler kennen das Leben auf der Straße aus eigener<br />

Erfahrung und geben bei der zweistündigen Tour authentische<br />

Einblicke in den Alltag von Wohnungslosen.<br />

Anmeldung: Bequem online unter<br />

www.hinzundkunzt.de oder<br />

Telefon: 040/32 10 83 11<br />

Kostenbeitrag: 10/5 Euro<br />

Nächste Termine:<br />

12. und 26.11.<strong>2017</strong>, 15 Uhr<br />

trostwerk<br />

andere bestattungen<br />

Tel: 040 / 43 44 27 11<br />

Osterstraße 149, HH Eimsbüttel


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Nachzuhören: Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol zeigen mit der Band Gloria klare Kante (S. 46).<br />

Nachzulesen: Jutta Bauer erklärt Jugendlichen in einem Buch, wieso es Armut gibt (S. 50).<br />

Nachzufühlen: Hinz&Künztler Adam hat sich beim Verkaufen verliebt – und ist Vater geworden (S. 58).<br />

Breakdancer aus ganz Europa treten<br />

am 18. <strong>November</strong> im Mojo Club an<br />

der Reeperbahn gegeneinander an.<br />

Wer sich traut, kann mitmachen:<br />

Der Wettbewerb ist offen für alle (S. 55).<br />

FOTO: SASCHA NIETHAMMER


„Nicht so die<br />

Rumhäng-Typen“:<br />

Wenn Klaas Heufer-<br />

Umlauf (links) und<br />

Mark Tavassol an<br />

Songs ihrer Band<br />

Gloria feilen, wird<br />

hart gearbeitet.


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

IMMER<br />

NOCH DA!<br />

Als Klaas Heufer-Umlauf mit dem „Wir sind Helden“-Musiker Mark Tavassol<br />

eine Band gründete, dachten viele: Das wird ein kurzer Spaß. Nun hat<br />

„Gloria“ das dritte Album veröffentlicht. Ernst nehmen die Freunde auch ihr soziales<br />

Engagement abseits der Bühne. Zeit für Scherze bleibt trotzdem.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTO: ANDREAS HORNOFF<br />

Aufblende, das Video zu „Immer<br />

noch da“: Irgendein<br />

Gemeindesaal in irgendeinem<br />

Kaff irgendwo in<br />

Deutschland. Zwischen anderen Dorfbewohnern<br />

sitzen Klaas Heufer-Umlauf<br />

und Mark Tavassol an einem Holztisch,<br />

da rauf stehen zwei halbleere<br />

Gläser Bier, in ihrem Rücken klebt eine<br />

Raufasertapete mit Blumendruck an<br />

der Wand. Der bürgerliche Muff<br />

kriecht in der fiktiven Szene aus allen<br />

Ritzen.<br />

Vorn machen zwei Jugendliche<br />

Musik, sie tragen Masken. Ein Trick,<br />

aus der Not geboren: Der glatzköpfige,<br />

deutschlandfahnenliebende und bieraufoffenerdorfstraßesaufende<br />

Vater des<br />

einen hat etwas dagegen, dass sein<br />

Junge sich mit einem gleichaltrigen Geflüchteten<br />

abgibt. „Was soll der rechte<br />

Winkel in deinem Garten? Was haben<br />

die Quadrate auf unseren Karten nur<br />

verloren. Wir wurden doch anders geboren“,<br />

singt Gloria im Off. Als das<br />

Lied endet, ziehen die Jugendlichen<br />

langsam ihre Masken vom Kopf. Ihre<br />

Väter im Saal gucken sie an, fragend.<br />

Ist da ein Lächeln zu erkennen?<br />

Ortswechsel: ein Hinterhofbüro in<br />

einer ehemaligen Fabrik in Altona.<br />

Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol<br />

sitzen jetzt an einem Tisch, vermutlich<br />

Ikea. Statt Biergläsern stehen<br />

darauf Wasserflaschen von Viva con<br />

Agua, keine Raufasertapete, es riecht<br />

nach gar nichts.<br />

Sie wollen über ihr neues Album<br />

reden: „DA“ heißt es, in Großbuchstaben,<br />

damit auch jeder kapiert, dass die<br />

jetzt so schnell nicht mehr weggehen.<br />

Als erste Single haben sie „Immer noch<br />

da“ ausgekoppelt, mit diesem Video, in<br />

dem sie sich klar positionieren: gegen<br />

Rechts. „Die Aussage könne leider ja<br />

nicht aktueller sein“, sagt Klaas und<br />

schüttelt den Kopf, ganz so, als könnte<br />

er die negativen Gedanken damit loswerden.<br />

Gerade erst hat die AfD mit<br />

Parolen wie „Wir holen uns unser Land<br />

zurück“ Wahlkampf gemacht. Dass sie<br />

drittstärkste Kraft werden, steht erst<br />

nach dem Interview fest.<br />

Politisch war Gloria schon immer:<br />

In Liedern wie „Geister“ zeigen der<br />

34-jährige Heufer-Umlauf und Mark<br />

Tavassol (43), was sie von Neonazis und<br />

anderen Rechtsaußen halten. 2015<br />

brachten sie beim Bundesvision Song<br />

Contest mehrere als Rostock-Lichtenhagen-Nazis<br />

ausstaffierte Posaunisten in<br />

Nationalelf-Trikot und mit vollgepisster<br />

Jogginghose auf die Bühne.<br />

Als Klaas Anfang des Jahres in der<br />

NDR Talkshow eine spontane Brandrede<br />

über den drohenden Zerfall der<br />

47<br />

Europäischen Union hielt („Wir sind<br />

die dümmste Generation, wenn wir Europa<br />

kaputtmachen“), erntet er viel Zuspruch<br />

und Respekt von jenen, die den<br />

gelernten Friseur noch immer nur als<br />

durchgeknallte Type kannten, der sich<br />

aus Übermut schon mal Botox in Form<br />

eines Donuts unter die Stirn spritzen<br />

lässt oder auf einem aktiven Vulkankrater<br />

Ski fährt – alles geschehen für<br />

ENGAGIERT:<br />

GLORIA ZEIGT<br />

KLARE KANTE<br />

GEGEN RECHTS.<br />

seine Show „Duell um die Welt“ an der<br />

Seite von Joko Winterscheidt. Bei langen<br />

Autofahrten während der Dreharbeiten<br />

spielte Klaas ihm zuletzt die<br />

neuen Gloria-Songs vor.<br />

Klaas und Mark lernten sich auch<br />

durch den Job kennen (als Mark noch<br />

bei „Wir sind Helden“ spielte) und<br />

merkten schnell: Da verbindet uns<br />

noch mehr. Das Interesse für Politik,<br />

gesellschaftliche Veränderungen, die


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Das Video zu Glorias Song „Immer noch da“<br />

spielt in der deutschen Provinz. Der Vater<br />

eines Jungen hat etwas dagegen, dass sein<br />

Sohn sich mit einem Geflüchteten abgibt.<br />

Deswegen machen die beiden heimlich Musik.<br />

Und lassen die Masken erst beim Konzert fallen.<br />

leisen Töne – dass sie über ähnliche<br />

Dinge lachen können, schadete auch<br />

nicht. Immer wieder werfen sie sich<br />

während des Interviews die Bälle zu,<br />

wie es nur Menschen machen, die sich<br />

blind verstehen. Sie reden viel, so entstehen<br />

auch ihre Texte. Da macht es<br />

auch nichts, dass Klaas mit seiner Familie<br />

in Berlin und Mark mit seiner in<br />

Hamburg lebt. Sie wissen ihre Zeit zu<br />

nutzen. „Wir sind beide nicht so die<br />

Rumhäng-Typen, dann fangen wir<br />

eben um 9 Uhr morgens an“, sagt<br />

Klaas. „Heute war er hier der Erste:<br />

eine halbe Stunde zu früh“, lobt Mark<br />

seinen Bandkollegen.<br />

„Alles, was ich brauche, ist deine<br />

Angst, komm schließ deine Augen und<br />

gib mir die Hand, denn jemand wird<br />

sich freu’n wenn ich mein böses Blut<br />

verbreite, meine Lügen sind die erste<br />

Wahl, und hinter meinem Rücken sind<br />

eure Tränen so egal“, heißt es in „Erste<br />

Wahl“, einem weiteren, neuen Song.<br />

„Wir spielen mit dem Begriff ,Erste<br />

Wahl‘“, sagt Mark Tavassol und nimmt<br />

einen Schluck aus der Wasserflasche.<br />

„Es geht dabei nicht nur um Erstwähler,<br />

es geht auch darum: Was ist die<br />

erste Wahl von Menschen? Wir haben<br />

ein enormes Defizit an politischer Bildung.<br />

Das spiegelt sich wider in einer<br />

absurden Entscheidung, wen man<br />

wählt, einer menschenverachtenden<br />

Entscheidung – und da kann man auch<br />

ganz klar AfD sagen.“<br />

Klaas konnte sich kürzlich sogar ein<br />

persönliches Bild von der AfD machen,<br />

genauer: von Spitzenkandidatin Alice<br />

Weidel. Vor der Wahl schickte ihn Pro<br />

Sieben für die Sendung „Ein Mann,<br />

eine Wahl“ zu Martin Schulz, Christian<br />

Lindner, Cem Özdemir – und zu Weidel.<br />

Doch die Begegnung machte den<br />

erklärten SPD-Anhänger nicht schlauer:<br />

„Frau Weidels Überzeugung und<br />

ihre Motivation sind mir weiterhin sehr<br />

unklar“, sagt er. Sie habe kontrolliert<br />

gewirkt, übervorsichtig. „Sie ist dafür<br />

FILMSTILLS: GRÖNLAND RECORDS / WWW.HUKLINK.DE/GLORIA<br />

48


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

angestellt, das Bürgerliche und Sympathische<br />

zu präsentieren“, sagt er. Das<br />

stehe jedoch im krassen Widerspruch<br />

zu ihren Reden, die eine Mischung aus<br />

„Ausländer raus!“ und „Wir rocken<br />

Deutschland!“ seien. „Ich habe den<br />

Eindruck, dass sie nicht echt ist.“<br />

Kein Fake ist hingegen, dass Mark<br />

und Klaas sich abseits der Bühne sozial<br />

engagieren. Mark, der noch während<br />

„WIR HABEN<br />

EIN GROSSES<br />

DEFIZIT AN<br />

POLITISCHER<br />

BILDUNG.“<br />

KLAAS HEUFER-UMLAUF<br />

der Anfänge von „Wir sind Helden“ als<br />

Arzt im Praktikum arbeitete, ist Gründungsstifter<br />

von Viva con Agua. Der<br />

Hamburger lernte die Non-Profit-<br />

Organisation um den Ex-St.-Pauli-Profi<br />

Benny Adrion kennen, als er bei einem<br />

Benefizspiel für sie kickte. Eine Begegnung,<br />

die ihn nachhaltig beeindruckte.<br />

Klaas unterstützt die Stiftung Deutsche<br />

Knochenmarkspende und machte Werbung<br />

für die Aktion „Freude fürs Leben“,<br />

die Suizidprävention stärker in<br />

die Öffentlichkeit bringen will. „Da<br />

geht es um Hilfe zur Selbsterkenntnis,<br />

für Freunde und Familienangehörige“,<br />

sagt Klaas, der seinen Prominentenstatus<br />

dazu nutzen möchte, „dieses Thema<br />

aus der dunklen Ecke zu holen“. Kaum<br />

jemand etwa wisse, dass jedes Jahr mehr<br />

Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle<br />

sterben.<br />

Seinen Freund Mark hält es bei<br />

diesen Sätzen kaum auf seinem Stuhl:<br />

„Wenn man im Internet in Foren zum<br />

49<br />

Thema herumstöbert, kommt immer<br />

schnell einer, der sagt: ,Selber schuld, so<br />

ein Lappen! Feige!‘ Man sieht es auch<br />

beim Fußball, wie der Mensch tickt. Einer<br />

bringt sich um, alle sind betroffen.<br />

Drei Wochen später werden wieder<br />

Leute auf dem Platz durchgehend beschimpft<br />

und ausgepfiffen, nur weil sie<br />

mal eine Schwalbe gemacht haben. Das<br />

ist so sinnbildlich für die Meise, die<br />

die meisten Leute haben: diese Unaufgeklärtheit!“<br />

Mark hat sich in Rage geredet.<br />

Klaas sitzt neben ihm, hört aufmerksam<br />

zu, nickt zustimmend. Über<br />

ihre Musik haben sie schon seit 20<br />

Minuten nicht mehr geredet.<br />

Das überlassen sie jetzt wieder den<br />

anderen. Im Dezember gehen sie auf<br />

große Deutschlandtour, machen auch<br />

in Hamburg halt. Hier hatten sie 2013<br />

ihren ersten Auftritt auf dem Reeperbahnfestival,<br />

kurze Zeit später traten sie<br />

beim 20. Geburtstag von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

auf. Spielten sie anfangs noch vor ein<br />

paar Hundert Neugierigen, buchen sie<br />

jetzt die größeren Hallen. „Das hätte<br />

auch ganz anders gehen können“, ist<br />

sich Mark jedoch bewusst. „Die erste<br />

Platte war die große Weiche. Die hat<br />

den Leuten gefallen, wobei das nicht<br />

heißt: eine fette, ausverkaufte Tour mit<br />

Goldstatus, sondern: hinten anstellen.“<br />

Klaas lacht: „Ich kann mich an ein<br />

Konzert erinnern in Stuttgart. Da war<br />

viel Platz und man konnte genau sehen,<br />

wer mit wem da ist, weil so Grüppchen<br />

zusammenstanden.“ Diese Zeit ist vorbei.<br />

Die Zeit von Gloria? Noch lange<br />

nicht, wenn man Mark und Klaas so<br />

reden hört.<br />

•<br />

Kontakt: simone.deckner@hinzundkunzt.de<br />

Das Album DA ist bereits erschienen bei<br />

Grönland (Rough Trade). Konzert am<br />

Fr, 15.12., in der Großen Freiheit, Große<br />

Freiheit 36, 19 Uhr, Tickets ab 33,35 Euro<br />

<br />

ANATHEMA<br />

<br />

KASABIAN<br />

<br />

HENNING WEHLAND<br />

<br />

WOLFGANG HAFFNER & BAND<br />

<br />

BANKS<br />

<br />

CAPO<br />

<br />

MARCUS MILLER<br />

<br />

STARSAILOR<br />

<br />

CONCHITA<br />

<br />

PVRIS<br />

<br />

ROMANO<br />

<br />

THE IRISH FOLK FESTIVAL<br />

<br />

ÜBERJAZZ FESTIVAL<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

SEVEN<br />

<br />

PUBLIC SERVICE BROADCASTING<br />

<br />

MAGNUS LINDGREN<br />

<br />

FIVE FINGER DEATH PUNCH / IN FLAMES<br />

<br />

IVY QUAINOO<br />

<br />

JOHANNES OERDING<br />

<br />

STONE SOUR<br />

<br />

ENTER SHIKARI<br />

<br />

ELTON JOHN & BAND<br />

<br />

TORFROCK<br />

<br />

JAKE BUGG<br />

<br />

STEREOPHONICS<br />

<br />

A-HA<br />

<br />

GALANTIS<br />

<br />

ERASURE<br />

<br />

AT THE DRIVE IN<br />

<br />

JASON DERULO<br />

<br />

DEINE FREUNDE<br />

<br />

THE SCRIPT<br />

<br />

LUDOVICO EINAUDI<br />

<br />

MICHAEL PATRICK KELLY<br />

TICKETS: KJ.DE


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Selbst schuld<br />

oder was?<br />

Öffentlich über Armut und Reichtum zu sprechen, ist zunächst eines: heikel. Und ein bisschen<br />

peinlich. Für ein Buchprojekt hat die Illustratorin Jutta Bauer Schüler gebeten, trotzdem unangenehme<br />

Fragen zu stellen – an Politiker, Promis, Wissenschaftler, Straßenkids oder Hinz&Künztler.<br />

TEXT: FRANK KEIL<br />

ILLUSTRATIONEN: JUTTA BAUER; FOTO: LENA MAJA WÖHLER<br />

Warum gibt es Armut?<br />

Wie wird man reich?<br />

Dürfen Arme klauen<br />

und sind sie selbst<br />

schuld an ihrer Lage? Lange trug sich<br />

die Illustratorin Jutta Bauer mit der<br />

Idee, mal ein schönes Frage-Antwort-<br />

Buch zum Thema Armut mit Jugendlichen<br />

für Jugendliche zu machen.<br />

Die Idee dazu kam ihr schon 2008.<br />

Damals plante sie mit der Kinder- und<br />

Jugendbuchautorin Kirsten Boie das<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Kinderbuch „Ein mittelschönes<br />

Leben“. Es erklärt, warum es<br />

Menschen gibt, die mitten unter uns<br />

auf der Straße leben.<br />

Nun wurde die Idee wieder wach:<br />

Jutta Bauer fand am Goethe-Gymnasium<br />

in Lurup Schüler, die sich Dutzende<br />

von Fragen ausdachten – schnörkellos<br />

und direkt. Schwieriger war es, unterschiedliche<br />

Antwortgeber aus Politik,<br />

Wirtschaft und Gesellschaft zu finden.<br />

Erst nach und nach<br />

trauten sich einige der<br />

Angeschriebenen aus<br />

der Deckung: Prominente<br />

wie der Musiker<br />

Samy Deluxe, Sozialsenatorin<br />

Melanie Leonhard<br />

oder die Politikerinnen<br />

Ulla Jelpke<br />

von der Linken und<br />

Katja Suding von der<br />

FDP schrieben den<br />

Schülern zurück. Ein<br />

Bischof antwortete,<br />

ein Armutsforscher,<br />

ein Wirtschaftswissenschaftler,<br />

eine Islamwissenschaftlerin.<br />

Und<br />

jemand, der sich mit<br />

dem Buddhismus bestens auskennt: wo<br />

es die Auffassung gibt, dass man arm<br />

wird, wenn man in seinem früheren Leben<br />

etwas falsch gemacht hat.<br />

„Wir hätten so<br />

gerne Antworten<br />

von richtig Reichen<br />

gehabt, auch von<br />

doofen Reichen; die<br />

sagen: ,Hauptsache,<br />

mir geht es gut.<br />

Und ich hätte gerne<br />

noch einen vierten<br />

Porsche!‘“, sagt Jutta<br />

Bauer. Besonders<br />

Auskünfte von Fußballprofis<br />

aus der<br />

Bundesliga hätten<br />

die Schüler sehr interessiert.<br />

Aber –<br />

nichts zu machen.<br />

Nur Absagen. „Vor<br />

allem Leute, die viel<br />

50<br />

Geld haben, möchten nicht darüber reden“,<br />

ergänzt sie.<br />

Immerhin ist es gelungen, Basketballstar<br />

Dirk Nowitzki als Antwortgeber<br />

zu gewinnen. Der in schöner Offenheit<br />

bekennt, er würde sich immer wieder<br />

wundern, dass man fürs Körbewerfen<br />

so viel Geld bekommt. Der aber auch<br />

viel von seinem Geld gleich wieder abgibt:<br />

für seine beiden Stiftungen, die er<br />

gegründet hat. So wie auch der Unternehmer<br />

Michael Horbach vom Erlös<br />

seiner verkauften Firma etwa Brunnen<br />

in Afghanistan bauen lässt. Die Reichen,<br />

die im Buch Auskunft geben,<br />

„sind alles die guten Reichen, die wohltätig<br />

sind“, lacht Jutta Bauer.<br />

Das Buch präsentiert aber nicht nur<br />

in leicht verständlicher Form verschiedene<br />

Meinungen, wie Armut entsteht<br />

und wie man sie abschaffen könnte.<br />

Vor allem im ersten Teil merkt man<br />

vielen Antworten an, dass man Beden-


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

ken hatte, etwas Falsches zu sagen!<br />

Öffentlich über Armut und Reichtum zu<br />

sprechen, ist zunächst eines: heikel. Und<br />

auch ein bisschen unangenehm.<br />

Im zweiten Teil wird es entschieden<br />

rauer. Jetzt kommen Hinz&Künztler zu<br />

Wort, Besucher des Cafée mit Herz<br />

oder die Straßenkinder, die beim Träger<br />

„Kids“ eine Anlaufstation gefunden<br />

haben. „Verkrachtes Elternhaus, Heim,<br />

Knast. Typische Karriere“, benennt etwa<br />

Hinz&Künztler Michael seinen bisherigen<br />

Lebensweg. Hinz&Künztlerin<br />

Sonny erzählt: „Ich habe früher einmal<br />

sehr viel geerbt. Eine halbe Million.<br />

Alles versoffen.“ Im Gegenzug haben<br />

sie genauso klare Wünsche, sollten sie<br />

zu Geld kommen: eine Badewanne, ein<br />

kleines Häuschen. Oder 30 Katzen oder<br />

abhauen nach Thailand ins Warme.<br />

„Manchmal haben wir kurz überlegt, ob<br />

wir die Antworten so abdrucken, wie sie<br />

kamen“, gibt Jutta Bauer zu. Wie bei<br />

der Antwort des einstigen Straßen kindes<br />

Hassan, der bekennt, er würde sein<br />

Gangsterleben vermissen: „Scheiße<br />

bauen, dealen, Leute erpressen.“ Das<br />

sei doch das spannendere Leben, auch<br />

wenn er damit abgeschlossen habe.<br />

Und wie so ein Buch bebildern?<br />

„Es wird schnell langweilig, wenn man<br />

einen Armen zeichnet, dann vielleicht<br />

einen Armen, der friert, dann einen<br />

dicken Reichen – wobei, so dick sind<br />

unsere Reichen ja gar nicht“, sagt sie.<br />

Also hat sie es bei wenigen Menschenabbildungen<br />

belassen, lässt lieber Tiere<br />

durch die Seiten wieseln. „Wenn man<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

51<br />

statt eines Menschen<br />

einen Hund zeichnet,<br />

dann kann man auch<br />

mal albern sein.“<br />

Das Buchdesign hat<br />

übrigens die Grafikerin<br />

Katharina J. Haines<br />

übernommen, mit der<br />

Jutta Bauer verwandt<br />

ist. Sie ist die Tochter<br />

einer ihrer Schwestern.<br />

„Wir kommen aus einem<br />

Nest, wir kennen<br />

uns gut, das war sehr<br />

hilfreich“, sagt sie. Und<br />

Katharina J. Haines<br />

sagt: „Ich habe bei der<br />

Arbeit an dem Buch gelernt,<br />

dass ich nicht<br />

peinlich berührt sein muss, wenn ich mal<br />

jemandem, der mich um Geld bittet,<br />

nichts gebe. Und dass ich überhaupt<br />

ganz vernünftig mit ihm reden kann, wie<br />

mit jedem anderen auch.“ •<br />

Kontakt: frank.keil@hinzundkunzt.de<br />

Ein gutes Team: Grafikerin Katharina J.<br />

Haines (links) und Illustratorin Jutta Bauer<br />

(rechts) mit Hinz&Künztlerin Elzbièta,<br />

die für das Buch auf viele Fragen der<br />

Schüler geantwortet hat.<br />

Jutta Bauer (Hrsg.): „Armut – Schüler<br />

fragen nach“, Carlsen Verlag,<br />

160 Seiten, 14,99 Euro.<br />

Buchpremiere: Montag, 13.11.,<br />

18 Uhr; Goldbekhaus, Moorfurthweg 9.<br />

Mit dabei: Jutta Bauer, Sozialarbeiter<br />

Stephan Karrenbauer (Hinz&<strong>Kunzt</strong>),<br />

Stifter Michael Horbach, Pastor Helmer-<br />

Christoph Lehmann, Hinz&Künztler,<br />

Schüler des Goethe-Gymnasiums und<br />

die Band „Rock die Straße“, Eintritt frei<br />

Die<br />

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Kult<br />

Tipps für <strong>November</strong>:<br />

subjektiv und<br />

einladend<br />

Konzert<br />

Omer Klein spielt Jazz ohne Grenzen<br />

In seiner Heimat Israel ist der Jazzpianist<br />

Omer Klein längst ein Star, inzwischen<br />

wird er auch in der internationalen<br />

Szene als aufstrebendes Talent<br />

gefeiert. Mit beeindruckender Lässigkeit<br />

schlägt er den Bogen zwischen traditionellen<br />

Klängen seiner Kindheit im<br />

Nahen Osten und Modern Jazz. Als<br />

musikalischer Kosmopolit macht er sich<br />

einen Namen. Die meiste Zeit des Jahres<br />

tourt er durch die Welt, dazwischen<br />

sind sechs Alben entstanden – zuletzt<br />

„Sleepwalkers“ mit seinem Omer Klein<br />

Trio. Ausgewählte Stücke daraus spielt<br />

der Pianist nun live und solo in einem<br />

Altonaer Kirchenschiff. Außerdem darf<br />

52<br />

Groove und Romantik, Ost und West: Der Pianist<br />

Omer Klein ist in vielen Welten zu Hause.<br />

sich das Publikum beim Konzert in<br />

der Reihe „JazzAmen“ auf schillernde,<br />

federleicht gespielte Improvisationen<br />

und überraschende Neufassungen von<br />

Jazz-Klassikern freuen. •<br />

Kulturkirche Altona, Bei der Johanniskirche<br />

22, Di, 14.11., Einlass 19 Uhr,<br />

Eintritt 27/15 Euro, www.kulturkirche.de


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Ausstellung<br />

Das Tier und wir<br />

Fair sein zu Tieren – was heißt das?<br />

Das MK&G greift mit der Ausstellung<br />

„Tiere“ aktuelle Fragen auf und<br />

gibt Anregungen, über den Respekt<br />

gegenüber Mastvieh oder Schoßhündchen<br />

neu nachzudenken. •<br />

Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz,<br />

ab Fr, 3.11., Di–So, 10–18 Uhr,<br />

Do bis 21 Uhr, Eintritt 8–12 Euro,<br />

www.mkg-hamburg.de<br />

FOTOS: ALEXANDER HEIL, THE YES MEN, ANGERER KRAFFT<br />

Workshop<br />

Lernen von den „Yes Men“<br />

Wie verbessern wir die Welt? Mit List, Witz und Chuzpe versuchen es „The<br />

Yes Men“ – und sind dabei verdammt erfolgreich. Seit ihrem Coup gegen „Dow<br />

Chemicals“, bei dem sich die Aktivisten nach einem Umweltskandal als Konzernvertreter<br />

ausgaben und die verantwortliche Firma vor Millionenpublikum übertölpelten,<br />

gelten Andy Bichlbaum und Mike Bonanno (Pseudonyme) als Kommunikations-Guerilleros<br />

ersten Ranges. In einem Workshop zeigen The Yes Men,<br />

wie ihre Form von Protest funktioniert und was Kommunikationsguerilla in<br />

Krisenzeiten bewirken kann, wenn andere politische Strategien ins Leere laufen. •<br />

Kampnagel, Jarrestraße 20, Di, 7.11., 15 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung unter<br />

kasse@kampnagel.de erforderlich, www.kampnagel.de<br />

Theater<br />

Die Rote Zora schlägt sich durch<br />

Auch Politik kann Spaß<br />

machen. Die „Yes Men“<br />

zeigen, wie’s geht.<br />

Wer zu lange nachdenkt,<br />

tut meistens gar<br />

nichts, sagt die Rote<br />

Zora. Auch die anderen<br />

Für die Rote<br />

Straßenkinder in ihrer<br />

Zora gilt nur<br />

Bande fackeln nicht<br />

ein Gesetz:<br />

lange: Sie klauen,<br />

Die Bande<br />

machen kaputt, was<br />

lässt keinen<br />

im Stich.<br />

ihnen im Weg ist, und<br />

reizen die Ordnungshüter<br />

des kroatischen<br />

Hafenstädtchens Senj<br />

bis aufs Blut. Branko<br />

Babi , der neue<br />

Waisenjunge in der<br />

Stadt, ist entsetzt. Doch<br />

schnell merkt er, dass auch er sich an das harte Straßenleben gewöhnen muss.<br />

Und dass Zoras anarchistische Bande seine Rettung sein kann – solange alle<br />

zusammenhalten. Das Thalia inszeniert die Geschichte für alle ab zehn Jahren.<br />

Thalia Theater, Alstertor, ab So, 5.11., 12 Uhr, Eintritt 29/6,50 Euro, www.thalia-theater.de<br />

•<br />

Aktion<br />

Tauschen statt Wegwerfen<br />

Nimm mit! Im temporären Tauschraum<br />

werden Gerümpelstücke zu<br />

gefundenen Schätzen. Während der<br />

Aktion darf jeder fünf Teile – vom<br />

Teppich bis zur Lampe – hinbringen<br />

und fünf für sich selbst aussuchen.<br />

Ein Güterkreislauf ohne Geld. •<br />

Tauschraum, Nordkanalstraße 23,<br />

Mo, 6.11., bis Sa, 18.11., Mo–Fr, 8.30–<br />

17.30 Uhr, Sa, 9–13 Uhr, Eintritt frei,<br />

www.myplace.de<br />

Literatur<br />

Katrin Seddig liest „Das Dorf“<br />

Von wegen ländliche Idylle: In Katrin<br />

Seddigs Buch „Das Dorf“ hat fast<br />

jeder eine Leiche im Keller. Mit<br />

ironischem Witz entlarvt die Autorin<br />

das Kaff als sozialen Brennpunkt.<br />

Zur NDR-Aktion „Der Norden liest“<br />

tritt sie in Hamburg auf. •<br />

Literaturhaus, Schwanenwik 38,<br />

Di, 14.11., 19.30 Uhr, Eintritt 10 Euro VVK,<br />

www.huklink.de/dorf<br />

Unter allen, die bis zum 10.11. eine Mail<br />

an info@hinzundkunzt.de schicken<br />

(Stichwort „Dorf“), verlosen wir zwei mal<br />

zwei Karten.<br />

Konzert<br />

Rockmusik für Freigeister<br />

„Traveller“ heißt die erste Platte der<br />

neuen Hamburger Band „Fheels“,<br />

und so klingt sie auch. Jetzt gibt es die<br />

melancholischen Rockstücke live. •<br />

Hebebühne, Barnerstraße 30, Fr, 10.11.,<br />

Einlass 19 Uhr, Eintritt 10 Euro,<br />

www.fheels.de<br />

53


Kunst<br />

Starthilfe für Künstler und Sammler<br />

„Kunst für alle“ verspricht die Affordable<br />

Art Fair in den Messehallen: 80<br />

Galerien aus Deutschland und anderen<br />

Ländern stellen eine große Bandbreite<br />

an Kunstwerken aus und bieten sie für<br />

„kleines“ Geld zum Kauf an. Starthilfe<br />

gibt die Messe aber nicht nur Sammlern<br />

und solchen, die es werden wollen<br />

– auch aufstrebende Nachwuchskünstler,<br />

teils Studierende, sollen von dem<br />

niedrigschwelligen Zugang zum Kunstmarkt<br />

profitieren. In der Ausstellung<br />

„Emerging Artists“ zeigen drei von<br />

ihnen ihre Werke: Lorenz Goldstein<br />

inszeniert Kommunikationspannen<br />

zwischen einem Wohnungssuchenden<br />

54<br />

Erschwinglich ist relativ: Die Kunst werke bei der<br />

„Affordable Art Fair“ kosten zwischen 100 und 7500 Euro.<br />

und dem vermeintlichen Ver mieter,<br />

Suse Itzel erweckt in einer Videoinstallation<br />

Tapeten und Betten zum Leben,<br />

und Daniel Vier spielt mit der<br />

Sehnsucht nach weiten Landschaften. •<br />

Affordable Art Fair, Messeplatz 1,<br />

16.–19.11., ab 11 Uhr, Eintritt 13–20 Euro,<br />

affordableartfair.com


BILD: TIMO VON EICKEN; FOTOS: EISISDOKU, PRIVAT<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Film<br />

Doku über Obdachlose in Ottensen<br />

„Ein Indianer stirbt im Sitzen“, sagt Lutz, ein Obdachloser vom Hamburger<br />

Kemal-Altun-Platz. Mitten im Winter 1991 beschließt er zu sterben – im Sitzen.<br />

Aber dann bekommt er Hunger und lebt halt weiter. „Ich bin eben kein Indianer“,<br />

sagt Lutz und muss dann doch lachen. So erzählt es der Dokumentarfilm von<br />

Thorsten Siefert, Frank Uphus und Martin Zeschke, bei dem auch ein<br />

Bürgernaher Beamter, der damalige Sozialdezernent und Anwohner zu<br />

Wort kommen. Bei der Vorführung im Lichtmess-Kino sind die Filmemacher<br />

dabei und können erzählen, wie sie damals bei minus sieben Grad auf dem<br />

Kemal-Altun-Platz übernachtet haben. •<br />

Lichtmess-Kino, Gaußstraße 25, Fr, 17.11., 19.30 Uhr, Eintritt 5 Euro, www.eisis-doku.de<br />

Ausstellung<br />

Kunst gegen das Verdrängen<br />

„Kunst trotz(t) Armut“ heißt eine<br />

Wanderausstellung, die im doppelten<br />

Sinn Bilder von Menschen ohne Wohnung<br />

zeigt: Hier hängen die Werke<br />

renommierter Künstler wie Joseph<br />

Beuys und Sigmar Polke gleichberechtigt<br />

neben den Bildern von Künstlern,<br />

die selbst keine Bleibe haben. Gemeinsam<br />

ist ihnen der Anspruch, Armut<br />

und Ausgrenzung der Öffentlichkeit<br />

vor Augen zu führen und Impulse<br />

dagegen zu setzen. Nach jahrelanger<br />

erfolgreicher Tournee – unter anderem<br />

wurde die Ausstellung auf der<br />

Documenta 2012 gezeigt – feiert nun<br />

die Jacobikirche die Vernissage in<br />

Hamburg. Kurator Andreas Pitz führt<br />

durch die Ausstellung. •<br />

St. Jacobi, Jakobikirchhof 22,<br />

ab Do, 23.11. 15 Uhr, Eintritt frei,<br />

www.kunst-trotzt-armut.de<br />

Die Doku „Ein<br />

Indianer stirbt<br />

im Sitzen“ zeigt<br />

das Leben von<br />

Obdachlosen<br />

ohne falsche<br />

Scheu.<br />

Bühne<br />

Starke Moves von der Straße<br />

B-Boys und B-Girls, dies ist euer<br />

Gipfeltreffen: Bei „Enter The Circle“<br />

treten internationale Breakdance-<br />

Combos an, um die Schwerkraft<br />

für ungültig zu erklären. Dass es für<br />

Headspins und Freezes kein Mindestalter<br />

gibt, zeigen die U16-Tänzer<br />

beim 2vs2-Junior.Battle. Beim 3vs3-<br />

Bboy-Battle gehört die Tanzfläche<br />

den Älteren. Bis zum 17. <strong>November</strong><br />

können sich Teams anmelden. •<br />

Mojo Club, Reeperbahn 1, Sa, 18.11.,<br />

15 Uhr, Eintritt 10 Euro (unter 14 Jahren<br />

7 Euro), Anmeldung: enterthecircle@<br />

gmx.de, www.huklink.de/breakdance<br />

Über Veranstaltungstipps bis zum<br />

10. <strong>November</strong> freut sich Annabel<br />

Trautwein: redaktion@hinzundkunzt.de<br />

Kinofilm des Monats<br />

Schlaumeier<br />

ante portas<br />

Der Spruch, man wachse im<br />

Scheitern am besten, ist wie<br />

die Teilnehmerurkunde nach<br />

den Bundesjugendspielen:<br />

ein Trostpflaster. Der Türsteher<br />

des Erfolgs: „Heute nur<br />

mit Clubkarte.“ Auch der<br />

Autor dieser Kolumne kennt<br />

das. Nach meiner Ausbildung<br />

sagte ein Berufsschullehrer<br />

auf die Information,<br />

ich wolle doch gern studieren:<br />

„Nun ja, ich sag es mal<br />

so: Ein Nobelpreisträger wird<br />

nicht aus dir werden.“ Jetzt<br />

erst recht! Ich werde zurückkommen<br />

und mit dem Examen<br />

wedeln! Habe ich gedacht.<br />

Aber nie gemacht.<br />

Was passiert, wenn man<br />

den Gedanken doch in die<br />

Tat umsetzt, zeigt der spanisch-argentinische<br />

Film<br />

„Der Nobelpreisträger“. Als<br />

solcher reist der Autor Daniel<br />

Mantovani in seinen Heimatort,<br />

um die Ehrenbürgerschaft<br />

anzunehmen. Es gibt<br />

Ego-Schnittchen und Seelen-<br />

Balsam, eine Büste wird enthüllt.<br />

Doch nach und nach<br />

zeigt sich, dass nicht jeder im<br />

Ort Mantovani feiert – am<br />

wenigsten die, die sich in seinen<br />

Geschichten wiederzuerkennen<br />

glauben.<br />

Zynisch, teils urkomisch<br />

und mit Gespür für Entfremdung<br />

spielt das Regieduo<br />

Gastón Duprat und Mariano<br />

Cohn die emotionale Polka.<br />

Dafür und für das grandiose<br />

Spiel von Hauptdarsteller<br />

Oscar Martínez gab es mehr<br />

Auszeichnungen als Orden<br />

an der Brust nordkoreanischer<br />

Generäle. Respekt! •<br />

André Schmidt<br />

geht seit vielen<br />

Jahren für<br />

uns ins Kino.<br />

Er arbeitet in der<br />

PR-Branche.<br />

55


<strong>Kunzt</strong>&Comic<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

56


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rätsel<br />

ILLUSTRATION (BLEISTIFT IM IMPRESSUM): BERND MÖLCK-TASSEL<br />

Symbol<br />

der bischöfl.<br />

Würde<br />

jetzt<br />

(altes<br />

Wort)<br />

Gewicht<br />

der Hülle<br />

oder Verpackung<br />

Redekünstler<br />

österreichisch:<br />

Kneipe<br />

vernünftig<br />

9<br />

6<br />

3<br />

1<br />

plötzlich<br />

auftretend<br />

(Krankh.)<br />

5<br />

9<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

asiatische<br />

Völkergruppe<br />

zärtl.<br />

Beisammensein<br />

(franz.)<br />

3<br />

4<br />

4<br />

9<br />

1<br />

5<br />

2<br />

nicht<br />

konzentriert,<br />

abgelenkt<br />

Internat.<br />

Bankkontonummer<br />

(Abk.)<br />

2<br />

4<br />

8<br />

4<br />

5<br />

trockene<br />

Getreidehalme<br />

erschütterndes<br />

Geschehen<br />

englisch:<br />

elf<br />

8<br />

7<br />

2<br />

1<br />

3<br />

Schande<br />

5<br />

2<br />

7<br />

völlig,<br />

vollständig<br />

unechter<br />

Schmuck<br />

Gottheit<br />

der Germanen<br />

englischer<br />

Artikel<br />

geistige<br />

Wesensart,<br />

Gesinnung<br />

Anfängerin<br />

auf<br />

einem<br />

Gebiet<br />

6<br />

Flugnavigator<br />

Stadt in<br />

Österr.<br />

(... an<br />

der Thaya)<br />

griechischer<br />

Buchstabe<br />

Ureinwohner<br />

Japans<br />

Dreschboden<br />

Naumburger<br />

Domfigur<br />

süddeutsch:<br />

schneefrei<br />

Fingerschmuck,<br />

Reif<br />

Kurzform<br />

abscheulich<br />

von:<br />

Maria<br />

aromatisches<br />

Getränk<br />

frühere<br />

Einheit<br />

d. Druckes<br />

(Abk.)<br />

Teil<br />

eines<br />

Schlafmöbels<br />

schweizerisch:<br />

Lohn,<br />

Gehalt<br />

Kosename<br />

eines<br />

Elternteils<br />

ältester<br />

Sohn<br />

Noahs<br />

(A. T.)<br />

dt. Hochgeschwindigkeitszug<br />

(Abk.)<br />

ein<br />

Schiff<br />

erobern<br />

Sohn<br />

des Agamemnon<br />

Kunstkniff,<br />

Dreh<br />

Ausruf<br />

des Erstaunens<br />

früher:<br />

Nebenfrau<br />

Geröllwüste<br />

(hamit.)<br />

Lösungen an: Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />

per Fax an 040 32 10 83 50 oder per E-Mail an info@hinzundkunzt.de.<br />

Einsendeschluss: 27. <strong>November</strong> <strong>2017</strong>. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Wer die korrekte Lösung für eines der beiden Rätsel einsendet, kann<br />

zwei Karten für die Hamburger Kunsthalle gewinnen oder eines von drei<br />

Büchern „Ich bin mal eben wieder tot“ von Nicholas Müller (Knaur Verlag).<br />

Das Lösungswort beim Kreuzworträtsel war: Geldschein.<br />

Die Sudoku-Zahlenreihe war: 416 287 539.<br />

9<br />

4<br />

7<br />

5<br />

1<br />

2<br />

7<br />

7<br />

6<br />

8<br />

7<br />

9<br />

8<br />

1<br />

10<br />

10<br />

AR1115-0617_4<br />

Füllen Sie das Gitter so<br />

aus, dass die Zahlen von<br />

1 bis 9 nur je einmal in<br />

jeder Reihe, in jeder<br />

Spalte und in jedem<br />

Neun-Kästchen-Block<br />

vorkommen.<br />

Als Lösung schicken<br />

Sie uns bitte die<br />

unterste, farbig gerahmte<br />

Zahlenreihe.<br />

Impressum<br />

Redaktion und Verlag<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH<br />

Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg<br />

Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 32 10 83 50<br />

Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01<br />

E-Mail info@hinzundkunzt.de, www.hinzundkunzt.de<br />

Herausgeber<br />

Landespastor Dirk Ahrens, Diakonisches Werk Hamburg<br />

Externer Beirat<br />

Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW-Hamburg),<br />

Mathias Bach (Kaufmann), Dr. Marius Hoßbach (Rechtsanwalt),<br />

Rüdiger Knott (ehem. NDR 90,3-Programmchef),<br />

Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),<br />

Thomas Magold (BMW-Niederlassungsleiter i.R.),<br />

Beate Behn (Lawaetz-Service GmbH), Karin Schmalriede (Lawaetz-Stiftung),<br />

Dr. Bernd-Georg Spies (Russell Reynolds),<br />

Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)<br />

Geschäftsführung Dr. Jens Ade<br />

Redaktion Birgit Müller (bim; v.i.S.d.P.),<br />

Annette Woywode (abi; Stellv., CvD),<br />

Mitarbeit Simone Deckner (sim), Jonas Füllner (jof), Ulrich Jonas (ujo),<br />

Frank Keil (fk), Benjamin Laufer (bela), Annabel Trautwein (atw),<br />

Uta Sternsdorff und Kerstin Weber<br />

Redaktionsassistenz Sonja Conrad, Dina Fedossova<br />

Online-Redaktion Simone Deckner, Jonas Füllner, Benjamin Laufer<br />

Artdirektion grafikdeerns.de<br />

Öffentlichkeitsarbeit Sybille Arendt, Friederike Steiffert<br />

Anzeigenleitung Sybille Arendt<br />

Anzeigenvertretung Christoph Wahring,<br />

Wahring & Company, Tel. 040 284 09 40, info@wahring.de<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 20 vom 1. Januar 2015<br />

Vertrieb Christian Hagen (Leitung), Marcus Chomse,<br />

Sigi Pachan, Jürgen Jobsen, Meike Lehmann, Sergej Machov,<br />

Frank Nawatzki, Elena Pacuraru, Reiner Rümke, Cristina Stanculescu,<br />

Marcel Stein, Cornelia Tanase, Silvia Zahn<br />

Rechnungswesen/Systemadministration Frank Belchhaus<br />

Spendenmarketing Gabriele Koch<br />

Spendenverwaltung Susanne Wehde<br />

Sozialarbeit Stephan Karrenbauer (Leitung), Ana-Maria Ilisiu, Isabel Kohler<br />

Das Stadtrundgang-Team Stephan Karrenbauer (Leitung),<br />

Chris Schlapp, Harald Buchinger<br />

Das BrotRetter-Team Stephan Karrenbauer (Leitung), Stefan Calin,<br />

Adam Csizmadia, Gogan Dorel, Alexa Ionut, Ionel Lupu<br />

Das Team von Spende Dein Pfand am Airport Hamburg<br />

Stephan Karrenbauer (Leitung), Uwe Tröger, Jonas Gengnagel,<br />

Klaus Petersdorfer, Herbert Kosecki<br />

Litho PX2@ Medien GmbH & Co. KG<br />

Produktion Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />

Druck A. Beig Druckerei und Verlag,<br />

Damm 9–15, 25421 Pinneberg<br />

Umschlag-Druck Neef+Stumme premium printing GmbH & Co. KG<br />

Verarbeitung Delle und Söhne, Buchbinderei<br />

und Papierverarbeitungsgesellschaft mbH<br />

Spendenkonto Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

IBAN: DE56 200505501280167873<br />

BIC: HASPDEHHXXX<br />

Die Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den aktuellen<br />

Freistellungsbescheid des Finanzamts Hamburg-Nord, Steuernummer<br />

17/414/00797, vom 15.11.2013 nach §5 Abs.1 Nr. 9<br />

des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer und nach<br />

§3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit.<br />

Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist als<br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH im Handelsregister<br />

beim Amtsgericht Hamburg HRB 59669 eingetragen. Wir bestätigen,<br />

dass wir Spenden nur für die Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong> einsetzen.<br />

Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.<br />

Beachten Sie unsere Datenschutzerklärung, abrufbar auf www.hinzundkunzt.de.<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist ein unabhängiges soziales Projekt, das obdachlosen und<br />

ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />

Das Magazin wird von Journalisten geschrieben, Wohnungslose und<br />

ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter<br />

unterstützen die Verkäufer.<br />

Das Projekt versteht sich als Lobby für Arme.<br />

Gesellschafter<br />

Durchschnittliche monatliche<br />

Druckauflage 3. Quartal <strong>2017</strong>:<br />

65.000 Exemplare<br />

57


Momentaufnahme<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>297</strong>/NOVEMBER <strong>2017</strong><br />

Schwer verknallt: Adam hat<br />

seine große Liebe auf seinem<br />

Verkaufsplatz kennengelernt.<br />

Jetzt wurde der 26-Jährige Papa.<br />

Pures Glück<br />

für ein paar Tage<br />

Adam, 26, verkauft Hinz&<strong>Kunzt</strong> vor Penny in der Friedensallee.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Es waren einmal ein junger Obdachloser<br />

und eine junge Supermarkt-Verkäuferin.<br />

Während sie hinter der Kasse saß,<br />

verkaufte er draußen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Erst<br />

trafen sich nur ihre Blicke. Später wurde<br />

es Liebe. Jetzt haben sie ein Baby<br />

bekommen.<br />

Klingt wie ein modernes Märchen?<br />

Ist es aber nicht. Es ist die Geschichte<br />

unseres Verkäufers Adam und seiner<br />

Freundin Amanda. „Er kam immer mal<br />

wieder zum Einkaufen rein und hat sich<br />

nur an meiner Kasse angestellt“, erzählt<br />

die 22-Jährige und muss ein wenig<br />

kichern. „Ja, das stimmt“, pflichtet<br />

Adam ihr bei und läuft bei der Erinnerung<br />

rot an. Er sei einfach „geflasht“<br />

gewesen, schiebt der gutaussehende<br />

26-Jährige mit einem Grinsen hinterher.<br />

Trotzdem vergingen Wochen. „Erst<br />

als er mitbekommen hat, dass ich auch<br />

Polnisch kann, hat er mich angesprochen“,<br />

führt die gebürtige Polin, die mit<br />

zehn Jahren nach Hamburg kam, für<br />

ihren Freund aus.<br />

Das war im August 2016. Es folgte<br />

ein erstes Date in einem Café. In den<br />

Tagen danach zahlreiche gemeinsame<br />

Raucherpausen und schließlich der erste<br />

Kuss. Wäre ihre Liebesgeschichte ein<br />

Märchen, dann wäre es so weitergegangen.<br />

In Wirklichkeit aber fingen Amandas<br />

Kolleginnen hinter ihrem Rücken<br />

an zu tuscheln. Und ihre Chefin machte<br />

Druck. Am liebsten hätte sie wohl die<br />

Treffen der beiden verboten. Adam<br />

wechselte sogar extra mehrfach seinen<br />

Verkaufsplatz. Er steht jetzt in der<br />

Friedensallee in Ottensen. Abends verkauft<br />

er zusätzlich in der Gastronomie<br />

im Eppendorfer Weg. Dort hat er keine<br />

Pro bleme. Aber Amanda wurde der<br />

Druck auf der Arbeit zu viel. Schließlich<br />

kündigte die 22-Jährige.<br />

Amanda verlor allerdings nicht nur<br />

ihre Arbeit, sondern auch ihren Schlafplatz.<br />

Zuletzt hatte sie bei ihrem Vater<br />

gelebt. Doch der setzte sie vor die Tür,<br />

als er von der Beziehung und der Kündigung<br />

erfuhr. Amanda hat das nicht<br />

überrascht. Ihr Verhältnis zum Vater sei<br />

immer schon schwierig gewesen. „Aber<br />

wir zwei finden keine Wohnung“, klagt<br />

Amanda. Und Adam keine Arbeit. Er<br />

spricht nur gebrochen Deutsch.<br />

Als Amanda dann auch noch<br />

schwanger war, wurde die Situation kritisch.<br />

Etwa 500 Euro hat Adam zuletzt<br />

monatlich für ein Bett in einem Hostel<br />

gezahlt. Eine normale Mietwohnung<br />

wäre kaum teurer. Aber ohne Arbeitsvertrag<br />

und ohne ausreichende Sprachkenntnisse<br />

hat Adam mit seiner Freundin<br />

auf dem Wohnungsmarkt ohne<br />

Hilfe keine Chance.<br />

Hilfe wiederum erhielt schließlich<br />

Amanda. In der letzten Phase ihrer<br />

Schwangerschaft durfte sie in eine Mutter-Kind-Einrichtung<br />

ziehen. Auch<br />

wenn Adam sie dort nur gelegentlich<br />

besuchen durfte, war der werdende Vater<br />

froh, seine Freundin in Sicherheit zu<br />

wissen. Als Amanda Ende September<br />

ihr gemeinsames Kind gesund zur Welt<br />

brachte, war ihr Glück perfekt. Für ein<br />

paar Tage.<br />

Denn die Probleme sind die alten.<br />

Sie benötigen eine Wohnung. Dringender<br />

als zuvor. Und Adam braucht eigentlich<br />

eine reguläre Arbeit, damit<br />

auch er versichert ist. Gearbeitet hat er<br />

schließlich schon viel in Hamburg. Nur<br />

selten habe er aber auch Geld ausgezahlt<br />

bekommen, erzählt er. „Oft betrogen“,<br />

sagt Adam bedrückt. Doch dann<br />

bekommt er wieder ein Leuchten in<br />

den Augen: „Amanda ist Rettung für<br />

mich“, sagt er in seinem gebrochenen<br />

Deutsch. Sie spreche ja Polnisch und<br />

Deutsch. Gemeinsam könnten sie es<br />

schaffen. Auch zu dritt. Da ist Adam<br />

zuversichtlich. •<br />

58


KUNZT-<br />

KOLLEKTION<br />

BESTELLEN SIE DIESE UND WEITERE PRODUKTE BEI: Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH,<br />

www.hinzundkunzt.de/shop, shop@hinzundkunzt.de, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />

Tel. 32 10 83 11. Preise zzgl. Versandkostenpauschale von 2,50 Euro bis 4 Euro,<br />

Ausland auf Anfrage. Versand ab 100 Euro Warenwert kostenlos.<br />

1. „Gegens Abstempeln“<br />

Zehn selbstklebende 70-Cent-Briefmarken mit<br />

Porträts von Hinz&Künztlern im DIN-A5-Heftchen.<br />

Konzeption: Agentur Lukas Lindemann Rosinski.<br />

Preis: 12 Euro<br />

4.<br />

2. „Mein Hamburg“<br />

Zwölf Hinz&Künztler waren unter Anleitung<br />

von Fotografi n Lena Maja Wöhler<br />

auf Fotosafari in Hamburg.<br />

Die besten Motive haben wir in einem<br />

DIN-A4-Wandkalender zusammengefasst.<br />

Preis: 4,80 Euro<br />

5.<br />

1.<br />

2.<br />

3. Frühstücksbrettchen<br />

Exklusiv für Hinz&<strong>Kunzt</strong> aus der<br />

Serie „Schöne Aussichten“, Pension<br />

für Produkte Hamburg.<br />

Design: Wolfgang Vogler,<br />

Material: Esche geölt (aus heimischen Wäldern),<br />

lasergraviert. Jedes Brett ist ein Unikat,<br />

in Deutschland gefertigt.<br />

Preis: 15,90 Euro<br />

4. Mütze „Kopf hoch!“<br />

Farbe: Anthrazit,<br />

hergestellt in Norddeutschland,<br />

100 % Merinowolle.<br />

Preis: 19,90 Euro<br />

6.<br />

3.<br />

5. „Heiße Hilfe“<br />

Bio-Rotbuschtee, aromatisiert mit<br />

Kakao-Orangen-Note. Zutaten: Rotbuschtee<br />

(k. b. A.), Kakaoschalen, Zimt, Orangenschalen,<br />

natürliches Orangenaroma<br />

mit anderen natürlichen Aromen.<br />

Dose, 75 g, abgefüllt<br />

von Dethlefsen&Balk, Hamburg.<br />

Preis: 7,50 Euro<br />

6. Tasse „Fischkopp“<br />

Sonderedition für Hinz&<strong>Kunzt</strong> von der<br />

Hamburger Firma AHOI MARIE.<br />

Qualitätsporzellan von Kahla aus Thüringen.<br />

Design: Jan-Hendrik Holst.<br />

Keramischer Siebdruck.<br />

Maße: D: 9 cm, H: 9 cm,<br />

mikrowellen- und spülmaschinentauglich.<br />

Preis: 13,90 Euro<br />

7. „Ein mittelschönes Leben“<br />

Eine Geschichte für Kinder<br />

über Obdachlosigkeit von Kirsten Boie,<br />

illustriert von Jutta Bauer.<br />

Preis: 4,80 Euro<br />

7.


Eine der wichtigsten<br />

Wärmequellen für Hamburg<br />

Am Guten soll man festhalten. So halten wir es auch mit unserem<br />

Einsatz für Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Seit April 2000 unterstützt E.ON Hanse das<br />

Hamburger Straßenmagazin. Und daran wird sich nichts ändern.<br />

Auch als HanseWerk werden wir unser Engagement fortsetzen. Mehr<br />

menschliche Wärme – eine der wichtigsten Energien für den Norden.<br />

Energielösungen für den Norden

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