zds#54a
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gespräch | 21<br />
„Das unterscheidet<br />
sich<br />
ganz krass“<br />
Benjamin Eichler hat diese Ausgabe der<br />
Zeitschrift der Straße gestaltet. Ein Gespräch<br />
über Perfektionismus, Religion und andere<br />
Fragen des Journalismus<br />
Warum sollte es unbedingt die Linie 1 sein, Ben?<br />
Ich finde sie spannend, weil sie ganz viele Stadtteile<br />
miteinander verbindet, die sonst nicht viel<br />
miteinander zu tun haben. Zwischen Tenever und<br />
Schwachhausen liegen Welten – und das merkt<br />
man, wenn man aus der Bahn aussteigt. Die Linie 1<br />
ist die Verbindung zwischen diesen Kulturen.<br />
Und wo haben dir mehr Leute ihr Bett gezeigt?<br />
In der Neustadt. Aber viele von denen kannte ich<br />
Interview: Philipp Jarke, Jan Zier<br />
Foto: Christian Holtmann<br />
vorher, da war das einfacher. Ist ja doch sehr intim.<br />
Hättest du anderen dein Bett gezeigt? (überlegt)<br />
Ich glaube, ja.<br />
Hattest du das Gefühl, dass die Leute aufgeräumt<br />
hatten, eh du kamst? So gut wie alle! Nur<br />
eine Frau habe ich morgens um acht wachgeklingelt.<br />
Bei den anderen war das Bett nicht mehr im<br />
Originalzustand, als ich mit der Kamera kam. Das<br />
hast du gemerkt.<br />
Normalerweise dreht sich die Zeitschrift der<br />
Straße ja um einen einzigen, eng begrenzten Ort.<br />
Warum sollte das in dieser Ausgabe anders sein?<br />
Ich wollte mal etwas von dem Konzept abrücken,<br />
dass wir seit sechs Jahren praktizieren. Es sollte<br />
etwas sein, das heraussticht, schon auf dem Titel.<br />
Und die Zeitschrift der Straße bietet eine supertolle<br />
Spielwiese, um sich auszuprobieren.<br />
Warum passt dein Heft trotzdem zur Zeitschrift<br />
der Straße? Weil es Themen abdeckt, die auch in<br />
anderen Ausgaben des Magazins stehen könnten.<br />
Eigentlich hättest du an der Hochschule ja journalistisches<br />
Schreiben lernen sollen. Jetzt bist du<br />
trotzdem Fotograf geworden. Warum? Mein Weg<br />
in den Journalismus begann schon mit der Fotografie.<br />
Ich komme aus Achim, da hab ich mit 18 bei<br />
der Dorfpresse angefangen, einem Anzeigenblatt.<br />
Die konnten sich nicht Schreiberling und Fotograf<br />
leisten – also musste ich auch schreiben. Das war<br />
der Einstieg. Später habe ich Gefallen am Schreiben<br />
gefunden und neben dem Studium für Zeitungen<br />
und Magazine geschrieben. Trotzdem hat die<br />
Fotografie irgendwann Überhand genommen.<br />
Und jetzt ist Schreiben eine Notlösung? Nein.<br />
Aber es ist viel aufwendiger, bedarf viel mehr der<br />
Recherche. Und je länger ich wenig geschrieben<br />
habe, desto länger brauche ich, um wieder reinzukommen.<br />
Außerdem bin ich perfektionistisch,<br />
was Texte angeht, sitze lange an einzelnen Formulierungen.<br />
Fotos sind manchmal geiler, wenn sie<br />
spontaner, ungestellter und nicht so perfekt sind.<br />
Das unterscheidet sich bei mir ganz krass.<br />
Mit Fotos kannst du also schneller Geld verdienen.<br />
Das klingt so unterstellend (lacht). Aber da ist<br />
was dran.<br />
Dieses Heft beschäftigt sich auf sechs Seiten<br />
mit Religionen. Bist Du ein religiöser Mensch?<br />
Nein. Meine Art von Glauben würde ich eher Humanismus<br />
nennen. Ich finde aber das Thema spannend.<br />
Ich bin in den letzten Jahren viel gereist und<br />
war oft an religiös geprägten Orten wie Israel und<br />
Palästina. Ich denke, anhand des Glaubens kann<br />
man viel über Leute und Kulturen lernen.<br />
Was hast du bei der Arbeit am Heft zur Linie 1<br />
über Bremen gelernt? Ich war überrascht, wie offen<br />
die Leute waren! Viele haben sofort zugesagt,<br />
als ich zu ihnen kam. Das würde ich schon auch<br />
der Stadt zuschreiben – sie sind offener und leben<br />
nicht ganz so anonym wie in größeren Städten. Nur<br />
bei den Religionsgemeinschaften war es schwieriger,<br />
aufwendiger: In einer Moschee beispielsweise<br />
habe ich vier Stunden auf den Imam gewartet und<br />
am Ende trotzdem eine Absage kassiert.<br />
Fotografierst du auch privat? Gar nicht! Ich<br />
mache keine Urlaubsfotos und verstehe auch nicht,<br />
wie Handyfotos geil aussehen können.<br />
Wo siehst du dich in zehn Jahren? Ich hoffe,<br />
dass ich weiter das tun kann, was ich gerade mache<br />
und von der Fotografie leben kann. Ich würde<br />
gern längere Zeit im Ausland unterwegs sein und<br />
Reportagen machen. Nicht als Kriegsberichterstatter<br />
an der Front, aber auf Nebenschauplätzen.<br />
Anzeige<br />
Anzeige<br />
Die soziale Stadtführung<br />
DIE ZEITSCHRIFT<br />
DER STRASSE<br />
Besonders geeignet für<br />
Schulklassen und Hochschulgruppen<br />
PERSPEKTIV<br />
WECHSEL<br />
Volles Engagement für Bremens Zukunft<br />
Die Förderung von Kindern und Jugendlichen liegt uns seit jeher am Herzen. Gemeinsam mit<br />
starken Partnern engagieren wir uns für Bildungs-, Sport-, Kultur- und Umwelt projekte, von denen<br />
junge Bremerinnen und Bremer profitieren. Sie sind die Zukunft unserer Stadt.<br />
Mehr unter www.sparkasse-bremen.de/foerderung<br />
Ein neuer Blick aufs Bahnhofsviertel: Zeitschrift-der-Strasse.de/PW<br />
Stark. Fair. Hanseatisch.<br />
191-529-17_wir-fuer-kinder_az_150x101.indd 1 08.11.17 12:47