zds#54a
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ezeichnet sich selbst als protestierenden<br />
AfD-Anhänger. Lösungen<br />
hat er nicht zu bieten, dafür viel<br />
Hetze gegen „die Ausländer“ und<br />
„die ganze Lügenpresse“. Dass ich<br />
in seiner Logik einer von diesen<br />
„linksversifften, von Merkel manipulierten<br />
Medienaffen“ bin, verschweige<br />
ich lieber.<br />
Diesen Mann können wir uns<br />
nicht mal sympathisch trinken!<br />
Während Kim noch versucht, mit<br />
ihm zu diskutieren, tickt mich Lisa<br />
von der Seite an. Sie erträgt es hier<br />
nicht mehr und hat Angst, dass der<br />
Typ noch aggressiver als ohnehin<br />
schon wird. Wir verlassen das Lokal<br />
und nehmen die Entschuldigung<br />
der Dame hinter dem Tresen<br />
gerne an.<br />
Auf den Schreck erst mal ein<br />
Bier und dann ab an die nächste<br />
Haltestelle. Es ist mittlerweile halb<br />
vier, die Straßenbahnen fahren<br />
schon lange nicht mehr. Wir nehmen<br />
also ein Taxi und fahren in die<br />
Neustadt, wo die Welt für uns noch<br />
in Ordnung ist. Schließlich landen<br />
wir in der „Auszeit“, einer kleinen,<br />
muckeligen Rock-Kneipe, in<br />
der ich schon die ein’ oder andere<br />
Nacht verbracht habe.<br />
Beim Blick in den Spiegel auf<br />
dem Herrenklo bin ich erschrocken<br />
über die Auswirkung des Alkohols<br />
in meinem müden Gesicht. Noch<br />
eine weitere Kneipe übersteh ich<br />
heute Nacht nicht. Wir machen uns<br />
auf den Rückweg, mit der bösen<br />
Vorahnung auf die Kopfschmerzen<br />
von morgen. Danke, Linie 1, diese<br />
Nacht werden wir so schnell nicht<br />
vergessen!<br />
Expedition | 29<br />
Piotr und ich möchten unbedingt<br />
nach Tenever weiter, den<br />
Mädels aus dem eher bürgerlichen<br />
Oldenburg einen kleinen Kulturschock<br />
verpassen. An der Haltestelle<br />
„Schweizer Eck“ steigen wir aus,<br />
irren einige Zeit umher und finden<br />
keine geöffnete Kneipe. Scheinbar<br />
trinkt man hier unter der Woche<br />
nicht. Schließlich finden wir doch<br />
noch etwas. Eine alte Arbeiterkneipe<br />
mitten im Herzen des Multikulti-Stadtteils.<br />
Wir setzen uns direkt<br />
an die Bar. Kim schlägt vor, diesen<br />
spanischen Schnaps zu probieren.<br />
Ich bestelle eine Runde. Der erste<br />
Schluck zieht mir fast den Boden<br />
unter den Füßen weg, das Zeug<br />
schmeckt furchtbar! Auch ein großer<br />
Schluck Bier zum Nachspülen<br />
ändert nichts. Währenddessen haben<br />
sich zwei Männer neben uns<br />
niedergelassen. Ich sehe meine<br />
Chance, den ekligen Schnaps loszuwerden<br />
und biete ihnen großzugig<br />
etwas an. So kommen wir ins<br />
Gespräch. Einer von ihnen sei russischer<br />
Soldat gewesen, daher auch<br />
seine Tattoos am Arm. Ich frage<br />
ihn, ob ich diese fotografieren dürfe.<br />
Er willigt ein.<br />
Dann kommt der Moment, den<br />
wir alle gefürchtet haben. Drei<br />
Tage vor der Bundestagswahl wird<br />
das Gespräch politisch. Polternd<br />
beginnt der zweite Mann neben<br />
uns einen endlosen Monolog von A<br />
wie Antifa bis Z wie Zionisten. Er